Pflege braucht mehr Zeit

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Pflegefan
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Pflege braucht mehr Zeit

Beitrag von Pflegefan » 11.09.2008, 17:24

Mit der Kampagne "Moderne Altenpflege ..." wird allen Pflegekritikern eine Absage erteilt, die sich aufgemacht haben, die Pflegekräfte pauschal zu 40% als ungeeignet zu erklären, eigentlich zu verleumden, was möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte:
Kampagne "Berufsfeld: Moderne Altenpflege"
viewtopic.php?t=9729

Das ist zweifelsfrei auch eine Antwort auf die Fussek`schen Engleistungen in Richtung Pflegekräfte! Dafür gilt allen Verantwortlichen ein dickes Lob!

Hier im Forum wurde über die Ungeeignetheitserklärung des "Oberpflegekritikers" aus München umfangreich geschrieben:

Fussek kritisiert Pflegende - `40 % sind ungeeignet`
viewtopic.php?t=8862
Claus Fussek - Robin Hood der Pflegebedürftigen
viewtopic.php?t=7133
Angst vor dem Pflegeheim! - Klamauk / Show
viewtopic.php?t=9214

Die derzeit laufenden Diskussionen um die Pflegekräftemisere zeigen doch deutlich auf, woran es bei uns hapert: an Menschen, die sich den Kranken und Pflegebedürftigen zuwenden können, mit ausreichend Zeit. Wenn sie das jetzt nicht vermögen, liegt es doch nicht am vorhandenen Personal, sondern eindeutig an den schlechten bis miserablen Arbeitsbedingungen. Daran muss sich etwas ändern.

Hoffentlich kapieren das in dieser Form auch bald unser "Oberpflegekritiker" und andere, die mit ihm sypathisieren.

Pflegefan
"Die Menschenwürde ist unanstastbar" (Art. 1 Grundgesetz). Dies muss in der Pflege oberste Handlungsmaxime sein - für alle!

Gaby Modig
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Zeitdruck in der Pflege

Beitrag von Gaby Modig » 12.09.2008, 06:20

Zum Thema fand ich einen interessanten und weiter erhellenden Beitrag:

Zeitdruck in der Pflege

Mitarbeiter in Pflegeberufen sind einer Vielzahl von physischen und psycho-mentalen Belastungen ausgesetzt. Neben Leistungsdruck und fehlenden Pausen ist das Arbeiten unter Zeitdruck einer der dominierenden Belastungsfaktoren.

Ursache dafür kann eine enge Personaldecke sein, insbesondere dann, wenn das real verfügbare Personal aufgrund von krankheits- oder anderweitig bedingten Fehlzeiten geringer ist als die „theoretische“ Personalbemessung. Eine weitere Ursache können („zeitfressende“) Mängel in der Arbeitsorganisation sowohl innerhalb des Pflegebereichs als auch in der übergreifenden Zusammenarbeit z.B. mit der Hauswirtschaft oder dem ärztlichen Personal sein. Auch administrative Aufgaben wie z.B. die Pflegedokumentation tragen zusätzlich zur Wahrnehmung von Zeitdruck bei. Schließlich kann auch ein Kenntnismangel über Techniken, die den Arbeitsalltag erleichtern, Ursache des erlebten Zeitdrucks sein.

In absehbarer Zeit werden sich die finanziellen und personellen Rahmenbedingungen für die Pflegemitarbeiter nicht verbessern. Aufgrund dieser Entwicklung ist es notwendig, die körperlichen und psycho-mentalen Belastungen der Mitarbeiter zu reduzieren.

Eigentlich sollte jede Einrichtung wissen, welche Gefährdungen und Belastungen in der Einrichtung vorhanden sind. Denn das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet alle Arbeitgeber dazu, Gefährdungen zu ermitteln und festzustellen, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind, um diese zu beseitigen oder zu minimieren. „Maßnahmen des Arbeitsschutzes“ beziehen sich dabei nicht nur auf die Verhütung von Unfällen, sondern umfassen auch „arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren“ und die „menschengerechte Gestaltung der Arbeit“ - also auch psychische Belastungen. Die Gefährdungsbeurteilung ist dabei eine gute Gelegenheit, den gesamten Betrieb sicherer, gesünder und auch effizienter zu gestalten. Denn eine Gefährdungsbeurteilung unter Einbezug der psychischen Belastungen kann unter anderem auch Informationen darüber liefern, wie verbreitet Zeitdruck in der Einrichtung ist, wie er entsteht, und welche Lösungswege möglich sind. Insofern bietet sich mit der Gefährdungsbeurteilung die Chance, sämtliche Belastungen zu ermitteln und zu beurteilen, um dann maßgeschneiderte Lösungen zum Belastungsabbau entwickeln zu können. Die Art und Weise der Gefährdungsbeurteilung ist nicht vorgeschrieben, empfehlenswert ist aber, die Beschäftigten als „Arbeitsplatzexperten“ einzubeziehen. Denn wer kennt die Mängel eines Arbeitsplatzes besser als derjenige, der sie tagtäglich erlebt? Um dieses Wissen zu nutzen, können z. B. Mitarbeiterbefragungen durchgeführt werden, mit denen erfasst werden kann, welche Belastungen besonders häufig vorkommen oder als besonders stark eingeschätzt werden. Für diese Belastungen können mit den Mitarbeitern gemeinsame praktikable Lösungen entwickelt werden. Dass ein solches Beteiligungsmodell erfolgreich ist, zeigen viele Beispiele aus der Praxis. Auch eine Analyse der anfallenden Arbeit im Tagesverlauf kann dabei helfen „Zeitfresser“ zu identifizieren und langfristig wirksame Maßnahmen zur Reduzierung des Zeitdrucks einleiten zu können. Bei solchen Tätigkeitsanalysen ist der Einsatz von unterstützenden Instrumenten, z.B. EDV-Programme, hilfreich.

Manchmal geht es um Kleinigkeiten, wie das Fehlen von Kopierer und Faxgeräten, wodurch unnötig lange Wege und Wartezeiten entstehen, die sich schnell abstellen lassen. Manchmal zeigen ich aber auch Mängel in der Organisation und in der Zusammenarbeit, die größere und längerfristige Maßnahmen (z.B. Aufgabenverteilung, Führungsverhalten) erfordern.

Zahlreiche Gründe sprechen dafür, dass Pflegeeinrichtungen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen einleiten: Diese sollten nicht nur nicht krank machen, sondern im Gegenteil ein langes und auch gesundes Berufsleben in der Pflege ermöglichen. Dabei ist die Gefährdungsbeurteilung ein gutes Hilfsmittel mit dem gleichzeitig die Pflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsschutzgesetz erfüllt wird.

Letztlich bleibt auch die Pflegebranche vom demographischen Wandel nicht verschont – auch das Durchschnittsalter der Pflegenden erhöht sich. Allein diese Entwicklung ist Anlass genug, sich über eine Entschleunigung des Arbeitsalltags in der Pflege intensiv Gedanken zu machen, da Zeitdruck mit zunehmendem Alter als zunehmende Belastung erlebt wird.

Quelle: Berufsforschungs- und Beratungsinstitut für interdisziplinäre Technikgestaltung e.V.
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

Ina Böhmer
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Ohne mehr Personal bleibt alles unzulänglich!

Beitrag von Ina Böhmer » 02.10.2008, 18:13

Pflegefan hat geschrieben: .... Die derzeit laufenden Diskussionen um die Pflegekräftemisere zeigen doch deutlich auf, woran es bei uns hapert: an Menschen, die sich den Kranken und Pflegebedürftigen zuwenden können, mit ausreichend Zeit. Wenn sie das jetzt nicht vermögen, liegt es doch nicht am vorhandenen Personal, sondern eindeutig an den schlechten bis miserablen Arbeitsbedingungen. Daran muss sich etwas ändern. ...
Menschenwürdige Pflege ist nur mit ausreichend Personal zu gewährleisten. Genau daran hapert es in allen Pflegeeinrichtungen. Ungeachtet dessen verstehen es manche Einrichtungen, ihre Dienstleistungen optimaler zu gestalten als andere. Das hat meist mit dem Engagement der Führungskräfte zu tun. Aber allen Einrichtungen ist unter dem Strich gemeinsam: Ohne mehr Personal bleibt alles unzulänglich!

Ina
Der Pflegeberuf verdient mehr Anerkennung!

Anja Jansen
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´Pflegemängel – Personalmangel Hauptursache`

Beitrag von Anja Jansen » 05.10.2008, 15:22

´Pflegemängel – Personalmangel Hauptursache`
viewtopic.php?t=9978

Das ist genau der Punkt! Da kann man doch nicht mehr ernstlich widersprechen.

Anja
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

johannes
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Beitrag von johannes » 13.10.2008, 19:08

Politiker widersprechen den Realitäten ja auch nicht. Sie machen einfach die Augen zu und sehen sie nicht.

Noch einmal:

in Pflegestufe 2 wird in Baden-Württemberg der Personalschlüssel auf max. 97 % des Mindestbedarfes für diese Pflegestufe begrenzt und in Pflegestufe 3 beträgt der Personalschlüssel gar nur 67 % des Mindestbedarfes für diese Pflegestufe! Das ist das politische Verbrechen an den Pflegebedürftigen und den Pflegekräften.

Des weiteren wird von den verantwortlichen Kostenträgern die Zeitbemessung nicht nach dem Gesetz getroffen - SB XI § 28 - die Fähigkeiten des Pflegebedürftigen sind zu erhalten und zu fördern -, sondern an den Fähigkeiten der Pflegekräfte. Diese sollen im Widerspruch zum Gesetz den Pflegebedürftigen entmündigen, seine Fähigkeiten vernichten, damit es schneller geht.

Die Politiker, die dies befürworten und die Kostenträger, die dies erzwingen, sind die wahren Gesetzesbrecher! Sie scheren sich einen feuchten Kehricht um ihre eigenen Gesetze.

Johannes
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

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