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Stellungnahme zur Sendung zur Sendung am 08.07.2008 - Angst vor dem Pflegeheim -:
Sehr geehrte Münchner Runde,
Angst ist begründet, Angst wurde in der Sendung diskutiert, doch keine entscheidenden Faktoren, wie die "Angst" der Bevölkerung genommen werden kann. Es wurden die längst bekannten Argumente "gebetmühlenartig" aufgezählt. Claus Fussek pedigt sie Tag für Tag, Jahr für Jahr, Pflegestammtisch für Pflegestammtisch. Auch er konnte keine schlagkräftigen Vorschläge aufzählen, die "Angst" zu vertreiben. Die Politik rühmt sich im neuen "Pflegequalitätsgesetz" Antworten gefunden zu haben. Wo sind sie denn ? Bei der Äußerungen der Vertreterin der Staatsregierung konnte ich als Zuhörer nur noch mehr "Angst" bekommen. Nichts konkretes jetzt für die Bewohnerinnen und Bewohner, wie aber auch für die Angehörigen. Neue Wohnformen hat die Politik in den Fokus gerückt, obwohl wir mit den alten noch nicht einmal fertig werden.
Die Finanzierung müsse kapitalorientiert ausgerichtet werden. Was hat das mit "Angst" zu tun. Es wurde nicht nachgefragt, wie denn die heutigen Mittelzuwendungen an die stationären Einrichtungen in der jeweilien stationären Einrichtung verwendet werden.
Claus Fussek plant eine "Sommerinitiative" gegen Hunger und Durst und erwartet, daß Günter Beckstein die Schirmherrschaft übernimmt. Was denn noch alles.
Bei einer derartigen Diskussion sind die 78 % Stimmen, die "Angst" haben, mehr als begründet.
Wir müssen an die Wurzel heran.
Für eine kleinen Augenblick ist das wahre Problem aufgeblizt. Die Pflegerin äußert:
Auf 33 Bewohnerinnen und Bewohner kommen pro Schicht 3 Pflegekräfte. Und da sind wir an der Wurzel. Es fehlt an Pflegekräften. Wie sollen 3 Pflegekräfte in einer Schicht die schwierige Arbeit verrichten - die Pflegestufen der Bewohnerinnen und Bewohner sind nicht genannt worden -. Das geht einfach nicht. Mit 3 Pflegekräften können sie die an den Bewohnerinnen und Bewohner täglich notwendigen Pflegeleistungen nicht erbringen.
Daran hängt die Pflege. Was nützen "Qualitätsstandards", wenn das notwendige Personal zur Durchführung nicht anwesend ist !!!
Warum wurde nicht gefragt, ob die stationären Einrichtungen die in den Pflegesatzverhandlungen geltend gemachten Personalkosten auch tatsächlich in vollem Umfange effektiv für Löhne des Personals ausgeben und zu welchen Konditionen. Dies ist bis heute im Dunklen.
Offenlegung der Bilanzen mit positionsbezogenen Erläuterungen ist das Gebot der Stunde.
Wir - das ist die arbeitende Bevölkerung mit ihren Beiträge in die Pflegekasse, das sind die Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren Renten, das sind die zuzahlenden Angehörigen, das sind die Steuerzahler über die Sozialhilfe für den Fall, dass keine Zuzahlungen geleistet werden können - sind die Auftraggeber des gesamten Systems und wir fordern, endlich Zahlen auf dem Tisch zulegen, um feststellen zu können,
verwenden die stationären Einrichtungen die "zweckgebunden" geleisteten Zahlungen auch in vollem Umfange in der jeweiligen stationären Einrichtung.
Solange wir diese Ergebnisse nicht kennen, müssen wir "Angst" haben, ob alles mit rechten Dingen zugeht und ob nicht die Gelder in andere Kanäle verschwinden. Erst wenn dieser Kassensturz gemacht wurde, können wir über eine anderweitige Finanzierung nachdenken.
Gerade dazu aber läßt uns die Politik im Regen stehen, wenn im neuen "Pflegequalitätsgesetz" der Gesetzgeber festschreibt, daß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der stationären Einrichtungen aus qualitätssicherder Deregulierung nicht mehr geprüft wird.
Warum weigern sich die stationären Einrichtungen eine Abrechnung nach dem § 105 SGB XI - dieser ist seit 01.01.1996 gesetzlich vorgeschrieben - zu erstellen. Damit könnte nachgewiesen werden, ob das tatsächliche anwesende Personal in Lage ist, die Pflegeleistungen der Bewohnerinnen und Bewohner nach deren Einstufung in die Pflegestufe zu erbringen ?
Der Gesetzgeber stützt sie dabei.
Die pauschale Forderung eines Claus Fussek, die Angehörigen sollen "hinschauen und in die Pflegeheime gehen" und sich dann bei Mißständen mit den Heimleitungen verständigen, ist geradezu grotesk und wirklichkeitsfremd. Gerade, wenn sich Angehörige und auch Pflegepersonal gegen Mißstände auflehnen, werden die Angehörigen mit "Hausverbot" belegt und die Pflegekräfte werden gekündigt - she. Urteil des LAB Berlin vom 28.03.2006, die Behauptungen der Altenpflegerin "hätten" sich nicht belegen lassen.
Das neue "Pflegequalitätsgesetz" stärkt den Angehörigen nicht den Rücken. Die Politik scheut sich, Klartext zu schreiben. Die Politik soll zur Kenntnis nehmen, daß wir die Auftraggeber und Finanziers des gesamtes Systems sind.
Der Gesetzgeber soll sich als erstes seiner Schutzfunkttion gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohner bewußt werden, bevor er sich dem Diktat der Heimleitungen und der Träger stationärer Einrichtungen unterwirft. So liest sich in weiten Teilen das neuen "Pflegequalitätsgesetz".
Daß eine qualitätsorientierte Pflege unerläßlich ist, ist seit Jahren gefordert.
Es ist nunan der Zeit, sich mit der "Transparenz" in Sachen "Geld" auseinanderzusetzen, um dem ständigen Vorwurf der Träger, die Pflege sei nicht finanzierbar, zu entkräftet. Es ist der Basis klar, daß dort wo kein Geld vorhanden ist, auch keine "gute" Pflege geleistet werden kann. Also jetzt endlich "Kassensturz", dann wird sich auch in der Pflege einiges ändern, zumindest könnte dann über Änderungen nachgedacht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Kirschner
Plattlinger Straße 15
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gerichtl. bestellter Betreuer
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