Pflegekollaps und jetzt?

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

Antworten
Cornelia Süstersell
Full Member
Beiträge: 116
Registriert: 14.11.2005, 08:53

Pflegekollaps und jetzt?

Beitrag von Cornelia Süstersell » 06.06.2008, 13:31

Hallo Forum,

in jüngster Zeit hat es Proteste gegen den Stellenabbau - also gegen den Pflegenotstand - gegeben. Am 5.6.2008 sind die gesammelten rd. 185.000 Unterschriften als Ausdruck des Protestes im BMG übergeben worden. In Köln gab es eine Demo.
Wie geht es nun weiter? Es kann doch wohl nicht sein, dass jetzt die Hände in den Schoß gelegt werden nach dem Motto: Protest durchgeführt und abwarten! Nein. Ich denke, jetzt muss es erst richtig losgehen. Lokführermentalität muss her. Die Zeit der braven Diskussionen muss als zurückliegend eingestuft werden. Pflege muss sich weiter klar positionieren!
Zahlreiche Beiträge dokumentieren die bisherigen Aktivitäten:
Pflegekollaps mit katastrophalen Folgen - Alarm !!!
viewtopic.php?t=7574
Personalbudgets in der Pflege aufstocken!
viewtopic.php?t=8930
Pflegetreff in Neuss-Erfttal am 29.01.2008, 18.00 Uhr
viewtopic.php?t=7540
„Uns reicht’s! Wir wehren uns gegen Stellenabbau ...
viewtopic.php?t=7626&highlight=unterschriften
Riskante Krankenpflege - Patienten in Gefahr!
viewtopic.php?t=6888&highlight=unterschriften
Jeder muss wissen, was Sache ist!

Was machen die Berufsverbände, die Gewerkschaften? Wer weiß etwas?

Gruß
Cornelia
Ich trete für eine menschenwürdige Pflege ein und halte für es zwingend, mehr Pflegepersonal einzustellen.

Bajuware
Jr. Member
Beiträge: 91
Registriert: 15.06.2008, 06:36

Kampf um bessere Pflegebedingungen muss beginnen!

Beitrag von Bajuware » 15.06.2008, 07:23

Fussek kritisiert Pflegende - `40 % sind ungeeignet`

Diese von CAREkonkret übermittelte Botschaft ist hier im Forum zurecht in aller Deutlichkeit kritisiert worden:
viewtopic.php?t=8862
Es kann nicht angehen, dass in dieser Form gegen Pflegekräfte agiert wird. Das darf man auch dann nicht, wenn man sich gern als Robin Hood der Pflege feiern lässt:
viewtopic.php?t=7133

Um es aus meiner Sicht noch einmal klar zu sagen:
Unser Pflegesystem, vor über 15 Jahren geschaffen und bis heute nicht wirkungsvoll reformiert, ist nicht geeignet, die pflegerischen Anforderungen für die hilfe- und pflegebedürftigen Menschen, orientiert am Verfassungsgebot "Menschenwürdegarantie" zu gewährleisten. Die Pflegekräfte sind also in einem System tätig, das sie das nicht tun lässt, was sie gelernt haben, dem Stand der aktuellen Pflegewissenschaft gemäß pflegen! Die Strukturen sind völlig unzulänglich und dabei haben auch Träger und Leitungskräfte Mitverantwortung. Arbeitsverdichtungen, kaputtmachende Arbeitsbedingungen, sind die Regel. So gesehen sind die Pflegekräfte auch die Opfer unzulänglicher Strukturen.
Wer unter diesen Umständen das gebeutelte Personal pauschal nieder macht, nahezu die Hälfte des Personalbestandes verteufelt, hat keine reale Lage beschrieben, sondern muss sich vorwerfen lassen, eine weitgehend gutwillige und engagierte Berufsgruppe zu diskretitieren.

Leider habe ich bisher kein Wort von Claus Fussek darüber gehört, dass er seine Behauptung relativiert oder sich gar entschuldigt!

Das muss ich als Bajuware, einer gewissen Deftigkeit nicht abgeneigt, als sehr bedaurenswert bezeichnen. Ich greife zur "roten Karte"!
Die Rahmenbedingungen des Pflegesystems stimmen nicht (mehr)! Dies gilt es zu beklagen. Pflegebedürftige und Pflegepersonal leiden unter dem System. - Verantwortungsträger sind gefordert!

Nursing-Neuss

Belastungen in der Pflege – kaum zu ertragen

Beitrag von Nursing-Neuss » 15.06.2008, 08:35

Belastungen in der Pflege – kaum zu ertragen!

Bajuware hat die Fussek`sche Pflegekräftebeschimpfung „auf die Hörner“ genommen und dabei die richtige Klarstellung gebracht. Dem schließe ich mich uneingeschränkt an.

Die in Düsseldorf erscheinende Rheinische Post, nicht unbedingt als pflegefreundliches Presseorgan aufgefallen, hat erst gestern (14.6.2008) auf die „Belastungen für Pfleger“ aufmerksam gemacht und sie als hoch bezeichnet. Dabei hat sich die Zeitung u.a. auf Bernhard Juchniewsicz, Präsident der Eurpean Coaching Association in Düsseldorf bezogen. Juchniewsciz hatte darauf hingewiesen, dass von Pflegekräften etwas verlangt werde, was sie nicht erfüllen könnten. Auf der einen Seite müssten Pflegekräfte einen engen Zeitplan einhalten, andererseits menschliche Unterstützung geben. Beides lasse sich aber angesichts der Umstände kaum vereinbaren.

In diesem Zusammenhang ist auch bedeutsam, dass die Pflegekräfte dem Bundesgesundheitsministerium eine Liste mit 185.000 Unterschriften ergeben haben. Sie haben damit gegen die Belastungen im Berufsstand protestiert, sie leiden häufig unter Belastungen und Burnout-Syndrom. Darauf wies die Rheinische Post ebenfalls hin.

Meine Botschaft an alle: Bitte nicht die Pflegekräfte durch Beschimpfungen attackieren, lieber auf die Politiker und Heimträger eindreschen. Denn die haben das System zu verantworten und drücken sich an vernünftigen Regelungen vorbei.

Krankenschwester, seit Jahrzehnten in der Pflege, und noch nicht mutlos!

johannes
Sr. Member
Beiträge: 309
Registriert: 05.08.2006, 21:31
Wohnort: Heddesbach
Kontaktdaten:

Die Pflegekräfte

Beitrag von johannes » 15.06.2008, 15:06

Die Pflegekräfte sind also in einem System tätig, das sie das nicht tun lässt, was sie gelernt haben, dem Stand der aktuellen Pflegewissenschaft gemäß pflegen! - Es ist noch schlimmer!

Die Pflegekräfte sind in einem System tätig, das sie zwingt, gegen das geltende Recht zu handeln.

Warum? Geltendes Recht ist für Pflegekräfte das SGB XI. In Pflegesatzvereinbarung durch die Vertreter der Pflegekassen und der öffentlichen Hand werden Pflegekräfte gezwungen, das Gesetz zu brechen.

Beweis? SGB XI, § 28, Abs. 4 schreibt zwingend vor, daß aktivierend gepfleget werden soll. Was das Gesetz darunter versteht ist daselbst ausgeführt.

Kostenträger legen allerdings die Personalbemessungszeiten so an, daß nicht einmal die Voraussetzungen für die Einstufung in eine Pflegestufe erfüllt werden, geschweige denn eine der individuellen Bedürftigkeit entsprechende Versorgung.

Solange sich die Kostenträger nicht am geltenden Recht orientieren müssen, wird sich in der Pflege nichts ändern. Alle Maßnahmen können nur als Makulatur bezeichnet werden. Warten wir also darauf, daß sich auf dieser Ebene was bewegt und die Politik endlich Farbe bekennt. Von der Hinhaltetaktik von einer Legislaturperiode zur nächsten wird Menschenwürde nicht respektiert. Von Kosmetik am System wird die reale Situation der Pflegenden und Gepflegten nicht besser.

Johannes
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

Presse
phpBB God
Beiträge: 14256
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Patientensicherheit in der Pflege gefährdet

Beitrag von Presse » 17.06.2008, 06:55

Patientensicherheit in der Pflege gefährdet
Montag, 16. Juni 2008

Berlin - Der anhaltende Personalabbau in der Pflege gefährdet die Sicherheit der Patienten. Darauf hat Michael Isfort, stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Pflegeforschung in Köln (dip), hingewiesen. „Es gibt einen evidenten Zusammenhang zwischen Pflegeausstattung und patient outcomes“, betonte der Pflegewissenschaftler Anfang Juni in Berlin.

Isfort bezog sich auf die Ergebnisse des dip-Pflege-Thermometers von 2007. Das Institut befragte erstmals bundesweit Pflegedirektionen zur Situation und zum Leistungsspektrum des Pflegepersonals sowie zur Patientensicherheit im Krankenhaus. 30 Prozent der Befragten gaben an, dass Mobilisationen bei Patienten häufiger nicht mehr im notwendigen Umfang erfolgten.

...
(weiter lesen unter)
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=32720

Service
phpBB God
Beiträge: 1828
Registriert: 14.09.2006, 07:10

Notstand der Pflegeberufe

Beitrag von Service » 19.06.2008, 17:41

Finanznot der Krankenhäuser beheben- Notstand der Pflegeberufe beenden

Anlässlich der Anhörung zur Finanzierung der Krankenhäuser im Bundestag warnt der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) e.V. vor den Folgen der Stellenstreichungen in der Pflege.

Der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages kommt morgen zu einer öffentlichen Anhörung angesichts der angespannten Finanzsituation der Krankenhäuser zusammen. Nach den jüngsten Tarifabschlüssen hatten die Krankenhäuser Alarm geschlagen und einen zu erwartenden Fehlbetrag von über 4 Mrd. Euro für 2008 und 2009 angekündigt. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) e.V. warnt ausdrücklich davor, weiterhin Finanzlücken im Krankenhaus durch Personalkürzungen im Pflegebereich zu schließen. Die Pflegekräfte sind in Deutschland seit Jahren schwierigsten Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Seit 1995 wurden mehr als 50 000 Stellen in der Pflege abgebaut, während gleichzeitig die Fallzahlen um fast eine Million Patienten gestiegen sind. Stellenabbau, hohe Arbeitsverdichtung, krankmachende Arbeitsbedingungen, sinkendes Berufsimage und fehlende Anerkennung der erbrachten Leistungen bringen die deutsche Pflege schon heute in die Gefahr, zu kollabieren.

Teil der Ursachen für diese Situation ist das enge Finanzkorsett der Krankenhäuser. Seit Jahren ist das Budget ‚gedeckelt’ und wird unzureichend, z.B. steigenden Ausgaben durch Tariferhöhungen oder Energiepreise, angepasst. Ein großer Teil des dadurch entstehenden Spardrucks wurde durch Einsparungen beim Pflegepersonal aufgefangen. Deshalb fordert der DBfK anlässlich der Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages am Mittwoch eine Soforthilfe für die Krankenhäuser durch Streichung des Sanierungsbeitrags von 0,5% und eine Steigerung des Budgets, die sich am realen Preisanstieg orientiert. Dadurch sollen die Krankenhäuser in die Lage versetzt werden, wieder mehr Pflegepersonal zu beschäftigen. Darüber hinaus erwartet der DBfK von der Bundesgesundheitsministerin eine rasche Umsetzung des von ihr angekündigten Förderprogramms zur Verbesserung der Personalsituation im Pflegedienst der Krankenhäuser.

Erst zu Beginn dieses Monats wurden 185.000 Unterschriften aus der Kampagne „Uns reicht’s“ an die Bundesgesundheitsministerin überreicht. Pflegekräfte aus ganz Deutschland hatten in Kliniken, ambulanten Pflegediensten und in Alten- und Pflegeheimen mit ihrer Unterschrift gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen und Stellenabbau protestiert.

Weitere Informationen:
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V.
Salzufer 6, 10587 Berlin
Tel.: 030-2191570
Fax: 030-21915777
dbfk@dbfk.de
http://www.dbfk.de
http://www.pflege-uns-reichts.de

Quelle: Pressemitteilung vom 17. Juni 2008
http://www.dbfk.de/presse/top.php?subac ... m=&ucat=10&
http://www.dbfk.de/presse/top.php?subac ... m=&ucat=10&

Antworten