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Verfasst: 17.03.2010, 22:07
von G. Fröhlich- Rockmann
Sehr geehrter Herr Paetzold,

wenn Sie es denn kennen ist mir Ihre Forderung nach Kontrollen in Wohnungen erst Recht nicht nachvollziehbar.

Ich vermute, dass alles was Ihnen nicht in den Kram passt als "Auftragswerk" eingestuft wird und wenn Ihnen diese genannte Studie nicht ausreicht fragen Sie die zahlreichen Berichte über Mängel in der Pflege im stationären Bereich in den zahlriehcn unabhängigen Organisationen nach. Auch hier im Forum finden Sie ausreichende "Insider"informatinen zum Thema.

Offensichtlich scheint Ihnen auch die Kenntnis abgegangen zu sein, dass 70% der Pflegebedürftigen in Deutschland zu Hause gepflegt werden und nachdem ich sicher (wie andere zahlreicher Leser hier) weiß, dass in unseren Heimen nicht nur Palliativpflege statt findet darf ich Sie doch bitten das Märchenbuch zuzuklappen.

Zu Ihrer Information möchte ich Ihnen noch zur Kenntnis bringen, dass pflegende Angehörige Ihre Pflegebedürftigen zwischen notwendiger Pflegehandlungen nicht irgenwo in eine Schließfach oder sonstwo deponieren, sondern 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und an 365 Tagen im Jahr zumindest Anwesenheitsdienst haben, ohne Feierabend, ohne freies Wochenende und ohne Urlaub.

Wenn Sie also Achtung und Respekt für Ihre Leistungen erwarten bringen Sie disen doch bitte auch den tatsächlichen Leistungsträgern von Pflege in Deutschland entgegen.

Gerd Fröhlich-Rockmann

Pflege muss sich auch überprüfen lassen

Verfasst: 18.03.2010, 08:29
von PflegeCologne
Hallo Diskutanten!

Ich bemerke gelegentlich, dass hier im Forum Beiträge aufgeschrieben werden, die doch ein wenig interessengeleitet erscheinen. Pflege findet Zuhause mittels der Angehörigen und der Pflegedienste und dann in den stationären Einrichtungen (Heimen) statt. Beide Bereiche sind wichtig. Für beide Bereiche gibt es Geld aus dem Solidartopf. Folgerichtig muss auch geprüft werden. Dabei können die ambulanten Versorgungssituationen nicht ausgeklammert bleiben. Allerdings müssen die Bewertungskriterien für das Prüfgeschehen vorrangig auf die Ergebnis- und Lebensqualität abstellen. Menschenwürdige Versorgung muss immer, gleich, wo gepflegt wird, oben an stehen. Struktur- und Prozessqualität mag am Rande wichtig sein, darf aber nicht dominieren.
Ein völlig anderes Thema ist übrigens, ob die verschiedenen Pflegebereiche angemessen mit Geld dotiert sind. Ich denke, dass ínsoweit eine klare Stärkung der ambulanten Versorgung angesagt ist: "ambulant vor stationär" muss stärkere Bedeutung erlangen. Das muss bei der anstehenden großen Pflegereform bedacht weden.

MfG Pflege Cologne

Verfasst: 18.03.2010, 09:53
von G. Fröhlich- Rockmann
Guten Morgen,

ich sag es auch hier gerne nochmal: Pflege ist aus meiner Sicht ambulant und stationär zusammen. Jedes von Beiden hat seine Berechtigung und Notwendigkeit wenn wir denn Pflege tatsächlich in den Mittelpunkt stellen.

Ich kann es nicht nachvollziehen wenn eine unterschiedliche Dotierung statt findet für die gleiche erbrachte Leistung!!

Der Andere Aspekt ist aus Sicht eines Pflegebedürftigen, dass ich es wünschen würde einen Pflegebedürftigen finanziell so zu stellen, dass er tatsächlich frei und unabhängig in der Lage ist eben zwischen den verschiedenen Pflegemöglichkeiten zu entscheiden und das hieße für mich konkret dem Pflegebedürftigen die volle Höhe einer Leistung in die Hand zu geben und eben nicht schon das Prinzip ambulant vor stationär dadurch auszuhebeln, dass der Betroffene eine höhere Zuwendung/Unterstützung erhält wenn er eben in eine stationäre Pflege wählt.

Es ist für mich unerträglich mitzuerleben, dass Menschen die oft Jahrzehnte in ein System eingezahlt haben im Leistungsfall mit 70 € Taschengeld im Monat aus der Sozialhilfe abgespeist werden !

Pflegestandards haben ihre Grenze an der Außenseite meiner Wohnungstür, wenn denn nicht die Möglichkeit gegeben ist pflegende Angehörige eine solche Ausbildung zukommen zu lassen, das diese dann tatsächlich auch in der Häuslichkeit umgesetzt werden können.

Insofern meine ich sollte man zuerst die Voraussetzungen für etwas schaffen was man dann später kontrollieren will.

Einen angenehmen Tag wünscht

Gerd Fröhlich-Rockmann

P.S.: Es soll schon Pflegen gegeben haben die ganz ohne Pflegedienst und ganz ohne Heim statt gefunden haben und der Pflegebedürftige nach seinem Wunsch in der Häuslichkeit sogar versterben "durfte"....

Verfasst: 18.03.2010, 15:27
von johannes
@ PflegeCologne

Ambulant vor Stationär ist schon klar. Die Realität ist auch entsprechend. Was die finanziellen Mittel aus dem Solidartopf betrifft, sollte vielleicht die Zielsetzung des "Solidartopfes" Pflegeversicherung beachtet werden.

Mit den Leistungen der Pflegeversicherung soll möglichst ein Abrutschen in die Abhängigkeit von der Sozialhilfe vermieden werden. Auf weite Strecken ist dies wohl auch gelungen, wenn auch nicht in jedem Fall.

Wer auch nur ein klein wenig rechnen kann, dem ist klar, daß eine durchgängige finanzielle Ausstattung der ambulanten Pflege auf dem Niveau der stationären Pflege nicht finanzierbar und auch nicht erforderlich ist. Daß sich jeder ein Maximum wünscht steht wohl außer Frage.

In der großen Pflegereform sollte daher m. E. nicht nach dem Gieskannenprinzip reformiert werden, sondern nach dem Bedürftigkeitsprinzip. Dieses richtet sich nach den erforderlichen Notwendigkeiten und schließt - vom Mißbrauch abgesehen - eine Überversorgung mit solidarischen Mitteln aus. Die Vermeidung der Abhängigkeit von der Sozialhilfe sollte dabei das Maß sein.

Das heißt, daß jene, die über ausreichend eigenes Vermögen verfügen, sich zwar solidarisch mit ihren Beiträgen einbringen, aber keine Leistungen empfangen. Schließlich benötigt nur derjenige Solidarität, der nicht aus eigener Kraft für das Notwendige sorgen kann.

Im Ergebnis könnte das bedeuten, daß ein einheitliches verfügbares Vermögen als Obergrenze festgelegt wird, ab dem keine Leistungen aus dem Solidartopf fließen. Um ein Beispiel zu benennen: ein Millionär benötigt auch bei Pflege keine Mittel aus einer solidarischen Pflegeversicherung, ein Pflegebedürftiger mit einem monatlichen Einkommen von 2.000 € kann sehr wohl je nach Pflegestufe Solidarmittel benötigen. Die Modalitäten lassen sich m. E. durchaus fair erstellen.

Etwas ganz anderes ist Qualitätskontrolle der Leistungserbringung. Es kann nicht sein, daß hier unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden. Entweder sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich und damit gelten für alle dieselben Kriterien, oder man muß sich zur Differenzierung bekennen. Ich folge Ihnen in der Auffassung, daß die Struktur- und Prozessqualität nicht im Mittelpunkt stehen darf, sondern das Ergebnis der Pflegeleistung, also Menschenwürde und Zufriedenheit des Pflegebedürftigen. Aus diesem Grunde müßte in einer großen Pflegereform dieser Aspekt stärker gewichtet werden.

@ Fröhlich-Rockmann

mir ist nicht bekannt, was Sie im Leben so machen. Aus Ihren Ausführungen schlußfolgere ich, daß Sie mit praktischer Pflege nichts oder nur geringfügig zu tun haben. Jedenfalls zeugen Ihre Ausführungen nicht gerade von weiterreichenden Kenntnissen.

Nur ein paar Beispiele hierzu:

1. Wo werden ambulante Pflegedienste kontrolliert? Richtig, in den Privatwohnungen der Pflegebedürftigen.

2. Sie führen aus

"Zu Ihrer Information möchte ich Ihnen noch zur Kenntnis bringen, dass pflegende Angehörige Ihre Pflegebedürftigen zwischen notwendiger Pflegehandlungen nicht irgenwo in eine Schließfach oder sonstwo deponieren, sondern 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und an 365 Tagen im Jahr zumindest Anwesenheitsdienst haben, ohne Feierabend, ohne freies Wochenende und ohne Urlaub."

Ich kam in die Wohnung eines Pflegebedürftigen, für den eine Kurzzeitpflege gesucht wurde. Er hatte ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bett. Über dem Bett war ein Holzkäfig, wie sie ihn von den Zirkuswagen für Raubtiere kennen. Die Holzstäbe waren teilweise abgenagt, so daß sie dünnere Stellen haben. Diesen Käfig sollte ich mitnehmen, weil es sonst zu gefährlich werden würde.

Zugegeben, das war das Extremste, was mir in meinem Leben begegnete, aber auch solche Zustände gibt es dort, wo Sie keine Kontrollen wollen.

Zur Klarstellung: Die allermeisten pflegenden Angehörigen kümmern sich liebevoll und aufopfernd um ihre Pflegebedürftigen.

Weiter:
- Auch pflegende Angehörige haben Feierabend - wenn der Pflegebedürftige schläft,
- sie gehen einkaufen und lassen ihn allein, warum auch nicht
- sie können 28 Tage im Jahr Urlaub machen - diese stehen Ihnen als Kurzzeitpflege rechtlich zu
- sie können sich weitere 28 Tage im Jahr im Block oder unterteilt aus der Pflege ausklinken - diese stehen ihnen als Verhinderungspflege rechtlich zu
- sie können Leistungen der ambulanten Pflege in Anspruch nehmen entsprechend der jeweiligen Pflegestufe, die ihnen Freiräume verschafft.

Sie sehen, wie abwegig Ihre Ausführungen sind. Wer allerdings seine Möglichkeiten nicht ausschöpft, auf den treffen Ihre Ausführungen zu. Ich kann mir allerdings schon denken, warum Sie die Realitäten nicht wahrnehmen (wollen).

Sie sprechen von einer Dotierung. Wollen Sie allen Ernstes von mir als Fremdem verlangen, Ihren Lebensunterhalt zu finanzieren?

Ich glaube nicht, daß sich das so erfüllen wird.

Verfasst: 18.03.2010, 16:39
von G. Fröhlich- Rockmann
johannes,

was ich auf jeden Fall nicht bin ist ein Lobbyist der industriellen Pflegeindustrie.

Weshalb verlangen Sie jedoch von der Solidargemeinschaft das diese Ihren Lebensunterhalt finanziert????

In der stationären Pflege habe ich erlebt, dass :

- Menschen mechanisch und mittels Medikamenten fixiert werden ohne das richterliche Beschlüsse dazu vorliegen und um den Pflegeaufwand zu senken

- Dekubitusse gesehen von denen ich nie glaubte das so etwas ein lebendiger Mensch aushalten kann

- Menschen mich angebettelt haben sie zur Toilette zu führen etc pp.

Zur Klarstellung: Die allermeisten stationären Pflegeeinrichtungen kümmern sich liebevoll und aufopfernd um ihre Pflegebedürftigen.

Es obliegt zum Glück nicht meinem Willen Kontrolle in der Häuslichkeit zu verhindern, (Was im übrigen gar nicht mein Ziel ist, auch wenn Sie es wieder und wieder unterstellen) dazu gibts zum Glück ausreichend Gesetze.

Ambulante Pflegedienste werden nach meiner Kenntnis durch den MdK kontrolliert, was Ihnen in ihrer langjährigen Praxis wohl entgangen zu sein scheint.

Ich kenne auch keine Holzkäfige für Zirkustiere, außer aus dem schon erwähnten Märchenbuch.

Im übrigen empfinde ich Ihre Ausführungen zu Urlaub etc für pflegende Angehörige nicht anders als reinen Zynismus der im schon genannten Kontext mich aber in keinster Weise wundert.

Letztendlich bin ich nicht für Ihren Glauben zuständig dafür ist Kirche da und Sie führen nicht ein einziges Sachargument dafür an weshalb völlig identische Leistungen unterschiedlich bezahlt werden, wobei es Ihnen auch völlig abgeht, dass dem auch so ist, wenn nicht ich sondern ein ambulanter Pflegedienst die Leistung erbringt, womit ihre Theorie meiner Einkunftssicherung wohl in die Mülltonne kann.

Verfasst: 18.03.2010, 16:47
von G. Fröhlich- Rockmann
und da bekanntlich der blick ins Gesetz die Rechtsfindung erleichtert hier das Zitat aus dem tatsächlichen Gesetz indem klar und deutlich gesagt ist was Pflegeversicherung soll:

"§ 1 Soziale Pflegeversicherung
(1) Zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit wird als neuer eigenständiger Zweig der Sozialversicherung eine soziale Pflegeversicherung geschaffen.
(2) In den Schutz der sozialen Pflegeversicherung sind kraft Gesetzes alle einbezogen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Wer gegen Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, muß eine private Pflegeversicherung abschließen.
(3) Träger der sozialen Pflegeversicherung sind die Pflegekassen; ihre Aufgaben werden von den Krankenkassen (§ 4 des Fünften Buches) wahrgenommen.
(4) Die Pflegeversicherung hat die Aufgabe, Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind.
(4a) In der Pflegeversicherung sollen geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich der Pflegebedürftigkeit von Männern und Frauen und ihrer Bedarfe an Leistungen berücksichtigt und den Bedürfnissen nach einer kultursensiblen Pflege nach Möglichkeit Rechnung getragen werden.
(5) Die Leistungen der Pflegeversicherung werden in Stufen eingeführt: die Leistungen bei häuslicher Pflege vom 1. April 1995, die Leistungen bei stationärer Pflege vom 1. Juli 1996 an.
(6) Die Ausgaben der Pflegeversicherung werden durch Beiträge der Mitglieder und der Arbeitgeber finanziert. Die Beiträge richten sich nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder. Für versicherte Familienangehörige und eingetragene Lebenspartner (Lebenspartner) werden Beiträge nicht erhoben."

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__1.html

Auch Pflegerecht ist eben kein Wunschkonzert ....

Verfasst: 19.03.2010, 11:23
von johannes
Sehr geehrter Herr Fröhlich-Rockmann,

Sie zitieren aus dem SGB XI: Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind

Nun ist es m. E. eine Tatsache, daß nicht jeder, der pflegebedürftig ist, auch auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen ist. Es gibt deren Viele, die eine Pauschalleistung in Anspruch nehmen ohne dieser real zu bedürfen. Würde die Unterstützung statt nach dem Gieskannenprinzip explizid nach der Notwendigkeit geleistet, wären die Kassen wohl übervoll.

Des Weiteren ist die soziale Pflegeversicherung nicht vorgesehen, Menschen aus dem Erwerbsleben heraus zu holen und mit Mitteln der Solidargemeinschaft zu finanzieren, wie Sie es sich vorstellen. Im Gegenteil! Sie fragen mich, warum die Solidargemeinschaft meinen Lebensunterhalt finanzieren soll. Es ist eben ein Unterschied, ob ein Pflegebedürftiger aus seinem sozialen Umfeld heraus - seiner Familie - Pflege erfährt, oder ob er sich die Arbeitsleistung von ihm nicht nahe stehenden Menschen kaufen muß.

Wenn Sie ihr Auto selbst reparieren mit Ihrem Sohn z. B. werden Sie wohl kaum eine Rechnung hierfür aufstellen oder auch nur im entferntesten erwarten, daß Ihre Arbeitszeit von irgend einem Fremden vergütet wird. Auch wenn dies ein materialistisches Beispiel ist, trifft es im übertragenen Sinn auch auf die Pflege zu. Es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der Kindererziehung, es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der Familienführung und es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der familieninternen Pflege.

Nach meinem Verständnis sollen die Mittel der sozialen Pflegeversicherung dazu dienen, die erforderliche Unterstützung für den Pflegebedürftigen in der Weise zu sichern, daß eine menschenwürdige, dabei individuelle Lebensgestaltung für den Pflegebedürftigen möglich ist. Zu einem verantwortlichen Umgang mit den solidarischen Mitteln gehört dann auch, daß diese ausschließlich jenen zukommen sollten, die nicht aus eigenen Mitteln in der Lage sind, eine ausreichende Versorgung sicher zu stellen.

Dann liegt es auf der Hand, daß nach dem Solidarprinzip die Mittel für jeden Hilfebedürftigen nach gleichen Kriterien bemessen werden. Daß sich Pflegebedürftige aus einfachen Verhältnissen dabei keinen Luxus leisten können, ist wohl selbstredend. Das können Menschen in einfachen Verhältnissen auch ohne Pflege nicht.

Ich habe allerdings nicht in Betracht gezogen, daß Sie rechtswidrige Ausnahmesituationen zum Maßstab Ihrer Diskussionsgrundlage machen. Auch habe ich nichts dazu geschrieben, von wem Ambulante Pflegedienste kontrolliert werden, sondern wo sie kontrolliert werden.

Vielleicht erklären Sie einmal, was an den Ausführungen zu Urlaub für pflegende Angehörige zynisch ist. Ich spreche von Realitäten, die pflegende Angehörige in Anspruch nehmen können oder auch nicht - nach ihrer persönlichen Entscheidung. Ich gehe sogar noch weiter.

Über die Möglichkeit der regulären Kurzzeit- und Verhinderungspflege haben alle Angehörigen die Möglichkeit, eine befristete vollstationäre Pflege in Anspruch zu nehmen, die den Zeitraum umfasst, in dem sie sich nicht in der Lage fühlen, die Pflege selbst zu bewerkstelligen. Aber dazu müßte man sein Blickfeld erweitern und die Bereitschaft entwickeln, die Angebote der Solidargemeinschaft anzunehmen.

Verfasst: 19.03.2010, 14:15
von G. Fröhlich- Rockmann
johannes hat geschrieben:Sehr geehrter Herr Fröhlich-Rockmann,

Sie zitieren aus dem SGB XI: Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind
Richtig, also ist der Anspruch auf Leistung an die Schwere der Pflegebedürftigkeit gekoppelt, was durchaus Sinn macht, wenn man den Sinn der Einführung des Pflegekassengesetzes mal im Auge behält und ist m.E. konkreter Ausdruck des Solidarprinziepes.
johannes hat geschrieben:Nun ist es m. E. eine Tatsache, daß nicht jeder, der pflegebedürftig ist, auch auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen ist. Es gibt deren Viele, die eine Pauschalleistung in Anspruch nehmen ohne dieser real zu bedürfen. Würde die Unterstützung statt nach dem Gieskannenprinzip explizid nach der Notwendigkeit geleistet, wären die Kassen wohl übervoll.
Das ist eben ihre Meinung (und darf es ja von mir aus auch sein), aber eben nicht das was im geltenden Recht steht. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied, denn zu Gesetzen bedarf es einer demokratischen Mehrheit gewählter Volksvertreter und die scheinen anderer Meinung zu sein.
johannes hat geschrieben:Des Weiteren ist die soziale Pflegeversicherung nicht vorgesehen, Menschen aus dem Erwerbsleben heraus zu holen und mit Mitteln der Solidargemeinschaft zu finanzieren, wie Sie es sich vorstellen.
Diese unbewiesene Behauptung zu meinen Ansichten ihrerseits lass ich mal da hin gestellt und möchte Sie auch hier auf den tatsächlichen Wortlaut des Pflegekassengesetzes hinweisen in dem nachzulesen steht, dass Pflegegeld dazu gedacht ist Pflegeleistungen selbst beschaffter Dritter zu bezahlen, oder wie Sie es ausdrücken dort einzukaufen. Insofern kann schon unterstellt werden, dass das Pflegekassenegesetz durchaus dazu geeignet ist auch im Erwerbsleben stehende Menschen dafür zu bezahlen Pflegeleistungen zu erbringen.
johannes hat geschrieben:Im Gegenteil! Sie fragen mich, warum die Solidargemeinschaft meinen Lebensunterhalt finanzieren soll. Es ist eben ein Unterschied, ob ein Pflegebedürftiger aus seinem sozialen Umfeld heraus - seiner Familie - Pflege erfährt, oder ob er sich die Arbeitsleistung von ihm nicht nahe stehenden Menschen kaufen muß.
Ich sehe den Unterschied immer noch nicht! Weshalb muss er sich Pflegeleistungen bei Ihnen kaufen und kann das nicht innerhalb einer Familie tun, genau so wie es zum Beispiel in mittelständischen Gewerbebetrieben möglich ist mithelfende Ehegatten einzustellen und als Arbeitnehmer zu bezahlen??? Wo ist der Unterschied??? UND wie kommt die Solidargemeinschaft eigentlich darauf sich Leistungen zu deren Erbringung sie nach dem eingangs genannten Gesetz verpflichtet ist sich kostenfrei bei Familie zu erschleichen ohne dafür zu bezahlen?????

Weiterhin frage ich mich ob in Deutschland die Sippenhaftung schon wieder eingeführt ist und weshalb Pflegebedürftige mit Familie hier benachteiligt werden gegenüber Pflegebedürftige ohne Familie??

Wieso wird hier plötzlich der Elternunterhalt den es gesetzlich gar nicht mehr gibt wieder eingeführt in dem man selbstverständlich voraus setzt, dass durch pflegende Kinder Elternunterhalt in Form der Sachleistung Pflege kostenlos zu erbringen ist???

Letztendlich fällt mir noch die Frage ein weshalb es in Deutschland ausschließlich im Bereich der stationären Pflege eine derartige Preisstützung statt findet wie es außer auf dem Pflegemarkt in keinem anderen Wirtschaftsbereich zu finden ist????


johannes hat geschrieben:Wenn Sie ihr Auto selbst reparieren mit Ihrem Sohn z. B. werden Sie wohl kaum eine Rechnung hierfür aufstellen oder auch nur im entferntesten erwarten, daß Ihre Arbeitszeit von irgend einem Fremden vergütet wird. Auch wenn dies ein materialistisches Beispiel ist, trifft es im übertragenen Sinn auch auf die Pflege zu.
Hier vergleichen Sie nun Birnen mit Äpfel und es erschleißt sich mir überhaupt nicht weshalb das auf Pflege zutreffen soll???

Eine Autoreparatur dauert sicher keine 8 Jahre und mein Auto ist nicht Träger von durch (oftmals jahrzehntelanger) Beitragszahlungen erworbenen Ansprüchen gegen eine Versicherung.

Andersrum wird ein Schuh draus: Weshalb sollte ich einen Autoschaden bezahlen wenn ich eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen habe, aber diese Versicherung weigert sich zu Leisten mit der schnöden Behauptung es läge kein Schaden vor.

Im übrigen darf ich Ihnen versichern das mir bekannt ist, dass mehrere Klagen pflegender Angehöriger in Vorbereitung (vielleicht soagr schon anhängig sind), weil sie eben einen Ausgleich des von Ihnen geschaffenen Wertes innerhalb der Familienpflege von der Solidargemeinschaft fordern.

johannes hat geschrieben:Es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der Kindererziehung, es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der Familienführung und es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der familieninternen Pflege.
Wozu gibt es dann Elterngeld in ganz anderen Höhen als Pflegegeld?
Weshalb werden gerichtlich bestellte Betreuer der Aufwand aus der Staatskasse oder dem Betreuten bezahlt und gibt es einen Ansurch auf Wertausgleich für Aufwendungen für die Erledigung üblicher Aneglegenheiten für einen durch Vorsorgevollmacht bestimmten Betreuer gegen seinen Angehörigen die üblichwerweise durchaus durch Rechnungslegung geltend gemacht und gegenüber dem Vormundschaftsgericht zu erklären sind?
Von der Rechnungslegung für Pflege durch Angehörige schrieb ich gerade.
johannes hat geschrieben:Nach meinem Verständnis sollen die Mittel der sozialen Pflegeversicherung dazu dienen, die erforderliche Unterstützung für den Pflegebedürftigen in der Weise zu sichern, daß eine menschenwürdige, dabei individuelle Lebensgestaltung für den Pflegebedürftigen möglich ist.
Das war ja der eigentliche Grund weshalb ich Ihnen den tatsächlichen Gesetzestext hier rein kopiert habe, weil Pflegeversicherung sich nun mal an das zu halten hat was im Gesetz steht und das ist nach dem tatsächlich geltendem Recht eben "Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind" UND NICHTS ANDERES!!

johannes hat geschrieben:Zu einem verantwortlichen Umgang mit den solidarischen Mitteln gehört dann auch, daß diese ausschließlich jenen zukommen sollten, die nicht aus eigenen Mitteln in der Lage sind, eine ausreichende Versorgung sicher zu stellen.
Wenn denn Ihre Meinung dem tatsächlich geltenden Recht entsprechen würde, tut sie aber leider nicht.

johannes hat geschrieben:Dann liegt es auf der Hand, daß nach dem Solidarprinzip die Mittel für jeden Hilfebedürftigen nach gleichen Kriterien bemessen werden. Daß sich Pflegebedürftige aus einfachen Verhältnissen dabei keinen Luxus leisten können, ist wohl selbstredend. Das können Menschen in einfachen Verhältnissen auch ohne Pflege nicht.
Wird es ja und das Krietrium heißt (wie nun schon mehrfach betont) HILFEBEDARF. Nix aber auch gar nix anderes!
Die "Verhältnisse" spielen eine Rolle bei der Bemessung des Anteiles der einbezahlt wird und der ist nun mal unterscheidlich hoch. Viel zahlen und (vielleicht) viel bekommen ist "private Pflegeversicherung". Zahlen nach den jeweiligen Möglichkeiten und bekommen was nötig (siehe HILFEBEDARF) ist nennt sich Solidarprinzip oder soziale Pflegekasse.

johannes hat geschrieben:Ich habe allerdings nicht in Betracht gezogen, daß Sie rechtswidrige Ausnahmesituationen zum Maßstab Ihrer Diskussionsgrundlage machen.
siehe oben
johannes hat geschrieben:Auch habe ich nichts dazu geschrieben, von wem Ambulante Pflegedienste kontrolliert werden, sondern wo sie kontrolliert werden.
Mir ist bisher nicht eine einzige Kontrolle des MDK eines Pflegedienstes in einer Wohnung unter gekommen. Auch die gestern erst miterlebte fand in den Geschäftsräumen des Pflegedienstes statt.
johannes hat geschrieben:Vielleicht erklären Sie einmal, was an den Ausführungen zu Urlaub für pflegende Angehörige zynisch ist. Ich spreche von Realitäten, die pflegende Angehörige in Anspruch nehmen können oder auch nicht - nach ihrer persönlichen Entscheidung. Ich gehe sogar noch weiter.

Über die Möglichkeit der regulären Kurzzeit- und Verhinderungspflege haben alle Angehörigen die Möglichkeit, eine befristete vollstationäre Pflege in Anspruch zu nehmen, die den Zeitraum umfasst, in dem sie sich nicht in der Lage fühlen, die Pflege selbst zu bewerkstelligen. Aber dazu müßte man sein Blickfeld erweitern und die Bereitschaft entwickeln, die Angebote der Solidargemeinschaft anzunehmen.
Ganz einfach: Nach Ihren hier vorgetragenen Sichten verdient ein pflegender Angehöriger nicht mal die Butter aufs Brot, auch wenn er die gleiche Leistung einer vollstationären Pflegeeinrichtung erbringt. Ausnahmsweise unterstelle ich Ihnen mal, dass selbst das Pflegegeld eines pflegenden Angehörigen der Pflegestufe III (und schauen Sie bitte vorher in die Anspruchsgrundlage die erfüllt sein muss bevor sie diese bekommen) wohl noch zu hoch sei weil ja eh alle Pflegebedürftigen sich ihre Leistungen bei Ihnen einkaufen sollen.

Wovon soll bitte ein pflegender Angehöriger in den Urlaub fahren????

Die Angebote der Solidargemeinschaft haben Sie allerdings noch immer nicht vollständig dargestellt, denn Menschen mit einem besonderen HILFEBEDARF in Form der Beaufsichtigung und Anleitung erhalten im Monat bis zu 200 € zusätzliche Sachleistung der Solidargemeinschaft, weil selbige es bisher versäumt hat den Hilfebedarf der soeben genannten Gruppe in die Leistungen der Pflegekasse einzubeziehen.

Norbert Blühm selbst hat bei Einführung dieses Gesetzes eingestanden das Menschen mit Demenz nicht einbezogen sind weil es schlicht weg zu teuer wäre, weshalb die 2 Millionen jetzt schon in Deutschland lebenden Menschen mit Demenz erst durch zusätzliches Flickwerk überhaupt einbezogen wurden. In Ihrer Aufzählung der edlen Gaben der Solidargemeinschaft (ich wiederhol vorsichtshalber nochmal das diese durch jahrzehntelange Beitragszahlung erworben wurden) haben sie auch ausgelassen das diese Betreuungsleistungen im ambulanten Bereich 1:1 umgesetzt werden wobei der Pflegebedürftige diesen Anspruch in einer stationären Einrichtung verwirkt und statt dessenen (wenn überhaupt) eine 1:10 Betreuung statt findet.

Im privaten Bereich würde ich alles genannte als schlichtweg organisierten Versicherungsbetrug bezeichnen.

Verfasst: 19.03.2010, 18:39
von thorstein
Bei diesem Zwiegespräch verfestigt sich der Eindruck, dass sich hier ein Heimleiter und ein pflegender Angehöriger um die Kohle aus unseren Sozialtöpfen streiten. Die Frage, wie in Zukunft die wachsende Zahl der Pflegebedürftigen in diesem Land versorgt werden können, ist so sicherlich nicht zu beantworten. Solidarität lässt sich nicht an den Staat delegieren, indem man seinen Obulus bezahlt, um den sich dann die Leistungserbringer streiten. Dafür reicht dieser Obulus nun leider nie und nimmer aus.
Zielführend könnte hier das Konzept des dritten Sozialraumes von Klaus Dörner sein, was auch einen Baustop für Pflegeheime einschließt. Solidarität und Nächstenliebe – die hier ja auch gerne gepredigt werden, haben eben nichts damit zu tun, dass man Pflegebedürftige massenweise in Heime verfrachtet, und dort von bezahlten Pflegekräften versorgen lässt, aber auch nichts mit Angehörigen, die sich ihre Pflegetätigkeit gewissermassen als Arbeitnehmer der Solidargemeinschaft vergüten lassen wollen, weil ja die Professionellen auch bezahlt werden.

Hier zwei Zitate aus:

http://mabuse-downloads.de/zeitschrift/ ... Graber.pdf
Und erst dann kommt auch noch die finanzielle Frage, ob wir nicht bei der Professionalisierung des Helfens zuviel von dem gesamtgesellschaftlichen Hilfsbedarf den Profis zugeschoben haben (oder die Profis haben das für sich reklamiert und sich auch noch gut dafür bezahlen lassen). Solange das gut ging, haben wir das eben so gemacht. Und jetzt stellt sich raus, dieser Weg lässt sich auch finanziell nicht weiter fortsetzen, weil die Alterspflegebedürftigen uns daran hindern, einfach durch ihre Zahl. Also stehen wir vor dem Problem, wie man gesamtgesellschaftlichein Teil des Kuchens des Hilfebedarfs von den Profis wieder zurück an die Bürger gibt. Und mit welchen Mitteln man das macht. Da sagt sofort jeder „Das ist ja profifeindlich, der will nur entprofessionalisieren!“. Dann sage ich das Gegenteil: Wir müssen das tun und zehn, zwanzig oder dreißig Prozent des Helfens wieder an die Bürger geben, damit der unersetzbare Kern professionalisierten Helfens als ein Segen des Fortschritts der letzten hundert Jahre dauerhaft finanzierbar bleibt.
Pflege zuhause ist eine schwierige und potenziell sozial isolierende Maloche. Das kann man auch nicht schönreden. Ich denke, es ist wichtig, dass man erst mal die Situation pflegender Angehöriger so anerkennt, wie sie ist. Und dann kann man schauen, was man am Rande noch besser machen kann. Aber vor allen Dingen muss sie aus der Isolation raus. Deswegen mein Herumreiten auf dem Dritten Sozialraum, das heißt im ganzen Stadtviertel ein Bewusstsein dafür zu wecken, dass man eingebettet ist in ein größeres Ganzes, das einen allein emotional schon mitträgt. Man muss natürlich auch sehen, dass die Profi-Interessenverbände immer noch dabei sind, das laienhafte Pflegen zuhause schlecht zu reden.

Pflegesysteme für vielfältige Bedürfnisse ausrüsten

Verfasst: 20.03.2010, 08:28
von Bettina Olbing
thorstein hat geschrieben: ....Bei diesem Zwiegespräch verfestigt sich der Eindruck, dass sich hier ein Heimleiter und ein pflegender Angehöriger um die Kohle aus unseren Sozialtöpfen streiten. Die Frage, wie in Zukunft die wachsende Zahl der Pflegebedürftigen in diesem Land versorgt werden können, ist so sicherlich nicht zu beantworten. .... Zielführend könnte hier das Konzept des dritten Sozialraumes von Klaus Dörner sein, was auch einen Baustop für Pflegeheime einschließt. ....
Hi,
es sind einige interessante / wichtige Statements übermittelt worden. Ich glaube aber, dass wir oft deshalb einander vorbei reden, weil das "entweder oder" zu stark betont wird. Wir haben in dieser Gesellschaft - zunehmend - unterschiedlichste familiäre Verhältnisse und vor allem pflegebedürftige Menschen mit leichten bis schwersten Beeinträchtigungen. Daraus ergeben sich jeweils an dem Einzelfall anzupassende Folgerungen.
Während der eine, vielleicht auch schon hochgradig pflegebedürftig, Zuhause versorgt werden kann (in einer Art Großfamilie), muss der andere pflegebedürftige Mensch, alleinstehend und für ambulante Wohnformen weniger geeignet, in eine stationäre Pflegeeinrichtung (Heim). Heimunterbringungen werden angesichts der demografischen Entwicklung weiter zunehmen, ob wir das gut finden oder nicht. Die Familienverbände zerbröseln zunehmend.
Wer heute noch vfür einen Baustopp für Heime plädiert oder gar die Schließung aller Heime empfiehlt, hat nicht begriffen, vor welchen Herausforderungen diese Gesellschaft wirklich steht.
Wir müssen die Pflegesysteme für die vielfältigen Lebenssituationen und Bedürfnisse ausstatten und nicht eine einzige Richtung vorgeben.

MfG Bettina Olbing

Verfasst: 20.03.2010, 09:26
von johannes
@ Fröhlich-Rockmann

da Sie mich nicht kennen, sehe ich es Ihnen nach, daß Sie argumentieren, wie sie argumentieren. Zur Klarstellung einige Ausführungen

1. auch wenn es nicht ausdrücklich im Gesetz gesagt wird - wo bitte sehr benötigt ein gutsituierter Pflegebedürftiger mit z. B. 5.000 Euro lfd. Einkommen solidarische Unterstützung? Solidarität in diesem Bereich ist auf Bedürftigkeit ausgerichtet, die aus eigener Kraft nicht beseitigt werden kann.

Sie haben Recht, daß Gesetze und daraus resultierendes geltendes Recht nicht unbedingt an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet sind. Vielleicht ist das ein Grund für die häufig so schwammigen Formulierungen, die erst auf dem Rechtsweg durch viele Instanzen präzisiert werden. Es gibt sicher eine Reihe Gründe für diese Art der Gesetzesformulierungen.

Nicht ohne Grund ignorieren weite Bevölkerungsteile die Flut der neuen Gesetze und Verordnungen - ihr Sinn ist oft nicht mehr erkennbar.

2. Die soziale Pflegeversicherung ist darauf ausgerichtet, den Pflegebedürftigen mittels eines genau definierten Zuschusses in die Lage zu versetzen, durch seine Pflegebedürftigkeit entstandene Einschränkungen in seiner Lebensführung abzumildern. Hierbei hat die Politik schon unterschieden, ob die Pflegeleistung in der häuslichen Umgebung aus dem privaten Bereich - Familie oder Nachbarschaft, also ehrenamtlich - oder aus einem beruflichen Angebot erbracht wird.

Ehrenamtliche Tätigkeiten sind nicht auf Erwerbstätigkeit, die zum Lebensunterhalt des Leistungserbringers erforderlich ist, ausgerichtet. Hier liegt bereits eine anderweitige berufliche Tätigkeit vor. Die Leistung wird also, soweit dies zu leisten ist, in der "Freizeit" aus der persönlichen Beziehung heraus, erbracht. Die Geldleistung kann damit nur als eine Anerkennung der Solidargemeinschaft darstellen für etwas, das vor Einführung der Pflegeversicherung selbstverständlich war.

In der pflegerischen Versorgung durch ambulante Pflegedienste oder stationäre Pflegeeinrichtungen sind jedoch Fremde, die in keiner persönlichen Beziehung zum Pflegebedürftigen stehen, tätig. Diese bestreiten mit den Einnahmen ihrer Dienstleistung ihren Lebensunterhalt. Dem Umstand, daß Fremdleistungen für den Leistungsempfänger mit höheren Kosten verbunden sind, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, daß diese Leistungen entsprechend dem Aufwand höher dotiert sind als "Eigenleistungen".

Mit Ihren Ausführungen

"Ich sehe den Unterschied immer noch nicht! Weshalb muss er sich Pflegeleistungen bei Ihnen kaufen und kann das nicht innerhalb einer Familie tun, genau so wie es zum Beispiel in mittelständischen Gewerbebetrieben möglich ist mithelfende Ehegatten einzustellen und als Arbeitnehmer zu bezahlen??? Wo ist der Unterschied??? UND wie kommt die Solidargemeinschaft eigentlich darauf sich Leistungen zu deren Erbringung sie nach dem eingangs genannten Gesetz verpflichtet ist sich kostenfrei bei Familie zu erschleichen ohne dafür zu bezahlen?????"

verlassen Sie eindeutig den Boden der Sachlichkeit. Hierzu hat Thorstein bereits etwas ausgesagt. Stellen Sie sich nur einmal ihre Forderung vor innerhalb einer Familie mit 4 Kindern und zwei pflegebedürftigen Elternteilen. Ich wende jetzt einmal Ihre Vorstellung an:

Die Solidargemeinschaft soll die notwendige Leistung der Eltern für ihre Kinder finanzieren sowie die notwendige Leistung für die pflegebedürftigen Eltern. Ich will ja nicht zu hoch greifen, aber ein Kind kostet von der Geburt bis zur Selbständigkeit ca. 250.000 Euro - oder mehr. Das wären also schon mal 1.000.000 Euro. Die Frau, die die Kinder erzieht, also nicht im Erwerbsleben steht, muß selbstverständlich auch unterstützt werden. Schließlich bringt der Mann ja nur 2.000 Euro netto nach Hause. Na, und dann kommen noch die pflegebedürftigen Eltern.

Ich gehe mal davon aus, daß Sie Ihre Ausführungen nicht ernst gemeint haben.

3. Nein, Herr Fröhlich-Rockmann, es geht nicht darum, mein Einkommen zu sichern. Die soziale Pflegeversicherung soll es ermöglichen, daß jedem Pflegebedürftigen menschliche Lebensmöglichkeiten gewährt werden. Gäbe es die professionelle Pflege nicht, wären viele Pflegebedürftige einem erbärmlichen Schicksal überlassen. Dabei ist selbst mit der Pflegeversicherung nicht bei jedem Pflegebedürftigen auf Leistungen der Sozialhilfe zu verzichten.

Verfasst: 20.03.2010, 11:53
von G. Fröhlich- Rockmann
Hallo Thorstein,

ich gebe Ihnen völlig Recht !

Und genau deshalb habe ich diese Diskussion absichtlich und ich gestehe auch vorsätzlich so zugespitzt, weil genau das was Sie feststellen es ist was Pflegebedürftige heute erleben: Den Kampf um die Mittel aus den Sozialtöpfen die immer kleiner werden.

Dabei haben diejenigen um die es geht, nämlich der Pflegebedürftige selbst einen immer schlechteren Ausgangspunkt.

Wir haben aber bis heute nicht wirklich ein sinnvolles durchdachtes und finanzierbares Konzept was gesamtgesellschaftlich getragen wird und das ist das tragische daran!

Unsere 1,2 Millionen Pflegebedürftigen (und das sind ja auch nur diejenigen die Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen) und ca heute 2 Millionen Menschen mit Demenz (und auch das sind nur die tatsächlich diagnostizierten Fälle) sind aber da und wollen /müssen versorgt und gepflegt werden! Das das in Zukunft immer mehr werden wird unbestritten sein.

Um auf das eigentlche Thema (dem Gütesiegel) zurück zu kommen, so ist für mich eigentlich die tatsächliche 100 % ige Umsetzung der "Charta der Rechte pflegebedürftiger Menschen" das einzig wirkliche Gützesiegel das in Frage käme, davon sind wir m.E. jedoch Lichtjahre von entfernt und haben nicht mal den Ansatz einer Lösung.

Was die Sozialtöpfe betrifft, so müssten diejenigen die heute im Haushalt noch versorgt werden können in der geringsten Pflegestufe monatlich ein Eigenanteil am Heimentgeld tragen der schon jetzt die Durchschnittsrente bei weitem übersteigt.

Wie sollen Menschen die heute zu Hause pflegen oder in Billiglohnjobs arbeiten oder eben zu Hause pflegen denn künftig ihre Pflege bezahlen können????

Ich denke es ist nicht die Frage ob wir Heime bauen oder nicht, sondern die Frage wer soll das noch wie bezahlen??? Und da sollte man schon hinschauen was das alles so bezahlt werden muss.

Gestern hat man im Bundestag den Haushalt beschlossen. Ohne genau nachgeschaut zu haben wage ich zu behaupten man hat nichts geplant um diese Situation zu entschärfen.

Freundliche Grüße
Gerd Fröhlich-Rockmann

Verfasst: 20.03.2010, 12:07
von johannes
@ thorstein

Pflege läßt sich nicht aus unseren Sozialtöpfen finanzieren. Diese können bestenfalls die Einschränkungen und Belastungen, die Pflegebedürftigkeit mit sich bringt, abmildern.

So, wie es aussieht, wird es in den sog. "entwickelten" Ländern keine Rückkehr zu Familienverbänden geben, die in sich eine Solidargemeinschaft sind. Im Gegenteil, ich halte es für wahrscheinlicher, daß diese weiter abnehmen werden, wenn auch nicht ganz verschwinden.

Das hat zur Folge, daß ursprüngliche Aufgaben der Solidargemeinschaften "Familienverband" von Dienstleistungsträgern wahrgenommen werden, wenn der Anspruch eines Sozialstaates nicht ganz aufgegeben werden soll.

Nächstenliebe ist ein Grundelement christlichen Lebens. In dem Maße, in dem christliche Grundlagen verlassen werden, als antiquiert betrachtet werden, wird auch Nächstenliebe zurückgedrängt. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als uns für das Eine oder das Andere zu entscheiden.

Wollen wir Nächstenliebe und Solidarität, treten Selbstverwirklichung und monetäre Überlegungen zurück. Wollen wir Selbstverwirklichung und Wohlstand, werden Nächstenliebe und Solidarität auf der Strecke bleiben. Diese Schere läßt sich nur in der Theorie schließen.

Verfasst: 20.03.2010, 13:03
von G. Fröhlich- Rockmann
@johannes

sie wollen es einfach nicht verstehen weil es nicht in ihre argumentation passt, deshalb ignorieren sie selbst den tatsächlichen wortlaut des gesetzes und unterstellen mir und andere pflegende angehörige dinge die mit der realität so viel zu tun haben wie äpfel mit birnen.

Ich habs nun schon ein paar mal gesagt und der bundestag hat es ins gesetz geschrieben: Pflegeversicherung hat die Folgen eines Hilfebedarfes auszugeleichen und er (der gesetzgeber) geht sogar so weit zu sagen, dass die Sicherung der Pflege

Aufgabe der Pflegeversicherung ist.

Da steht nirgendwo was von, dass Famileinenangehörige für die Folgen eingetretener Pflegebedürftigkeit einzutreten haben oder haftbar gemacht werden, was durchaus darauf zurück geführt werden kann, dass eben auch die Kinder etwaig Pflegebedürftiger in ein soziales Sicherungssystem einzahlen und ich nicht sehen kann weshalb Kinder einmal in dieses System einzahlen und zum anderen dann noch die Leistungen die dieses System zu erbringen hat kostenlos zu übernehmen haben.

Wieviele der Pflegebedürftigen in Deutschland beziehen monatliche Einkommen von 5.000 € ??? Schauen Sie bitte mal nach wie hoch die Durchschnittsrente in Deutschland tatsächlich ist und wie soziale Pflegeversicherung funktioniert hatte ich schon erläutert.

Auch derjenige der tatsächlich 5.000 € monatlich beziehen sollte hat nach geltendem Recht Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung, wenn er denn vorher die Beiträge gezahlt hat die der Gesetzgeber vorschreibt. Er bekommt jedoch nur die Leistung die jeder Andere auch bezieht.

Genau die Unterscheidung die sie unter 2. anführen ist der absolute Schwachsinn wenn man in das gleiche Gesetz schreibt das der Betroffene die freie Wahl hätte und seinem Wunsch entsprochen werden soll.

Weshalb werden die selben sozialen Folgen einer eingetretenen Hilfsbedürftigkeit unterschiedlich behandelt im ambulanten und stationären Bereich, wenn denn eben diese Folgen abgemildert werden sollen? Wo bitte bleibt da objektiv ein Wahlrecht des Pflegebedürftigen?

Auch zieht ihr Argument der Fachkräfte nicht wenn denn nach dem tatsächlichen Wortlaut des Gesetzes seit 01.01.2010 in der Stufe 1 für ambulante Pflegedienste (reine Sachleistung) 440 € im Heim 1.023 €, in der Stufe 2 für ambulante Pflegedienste (reine Sachleistung) 1.040 € im Heim 1.279 € und in der Pflegestufe III für ambulante Pflegedienste (reine Sachleistung) 1.510 € im Heim 1.510 € beträgt ??

Weshalb ist die reine Sachleistung( heißt komplette Erbringung der Pflegeleistung durch Pflegedienst bzw. Heim) dann nur in der PS III gleich? Wo ist hier das Prinzip ambulant vor stationär bitte auch in den Leistungsbeträgen abgegbildet? Arbeiten Pflegedienste auch teilweise ehrenamtlich wie Sie das nennen???

Der Hilfebedarf ist der gleiche, weil ja eben dieser ausschlaggebend für die Einstufung in eine Pflegestufe ist.

Auch hier ist Ihre Argumentation objektiv nicht nachvollziehbar.

Abschließend noch zu Ihrem unterhaltsamsten Teil dem Ehrenamt wie sei es bezeichnen.

Hierzu sagt der Gesetzgeber (und nicht GFR!) :
"(3) Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muß wöchentlich im Tagesdurchschnitt

1.
in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen,
2.
in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen,
3.
in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen."
(Quelle: § 15 SGB XI)

Also für mein Verständnis ist Ehrenamt mit einem täglichen Zeitaufwand zwischen 1,5 und 5 Stunden am Tag und an 7 Tagen der Woche (also einschließlich Samstag/Sonntag) alles andere als EHRENAMT! , noch dazu wenn ich berücksichtige das diese Leistungen immer über den gesamten Tag verteilt sind und nicht mal eben Morgens ab 7 Uhr am Stück erbracht werden können.

Aber schauen wir mal bei Wikipedia nach ob ich vielleicht eine zu subjektive Sicht habe. Dort finden Sie unter "Ehrenamt":
"Ein Ehrenamt im ursprünglichen Sinn ist ein ehrenvolles und freiwilliges öffentliches Amt, das nicht auf Entgelt ausgerichtet ist. Man leistet es für eine bestimmte Dauer regelmäßig im Rahmen von Vereinigungen, Initiativen oder Institutionen; kann in einigen Fällen dazu verpflichtet werden. Ein Ehrenamt wird unter Umständen auch aberkannt. Für ehrenamtliche Tätigkeit fällt in manchen Fällen eine Aufwandsentschädigung an. Heute wird „Ehrenamt“ zunehmend gleichbedeutend mit Begriffen wie „Freiwilligenarbeit“ oder „Bürgerschaftliches Engagement“ verwendet."
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ehrenamt)

Also auch hier denke ich passt Pflege durch Angehörige nicht so richtig rein.

Aber schauen wir doch auch mal ob der Gesetzgeber tatsächlich das Pflegegeld als Anerkennung für eine ehrenamtliche Tätigkeit ansieht und werden fündig im SGB XI § 37 :
"§ 37 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen
(1) Pflegebedürftige können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, daß der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat .... "
(Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__37.html)

Ich lese das nichts von Ehrenamt!!! Ich lese da eher was von Pflegehilfen!
Wenn ich in bekannten Datenbanken zu Gehaltshöhen nachlese kann ich finden das selbst in Deutschland Hilfskräfte in der Pflege mehr als 285- 685 € im Monat verdienen. Dort steht auch nichts, dass ausschleißlich Familienangehörige ran müssen, sondern durch den Pflegebedürftigen seine Hilfe selbst organisiert sprich "eingekauft" werden muss.

Ihr Rechenbeispiel ist genauso lustig, da sie Dinge berechnen die ich nie behauptet habe!

Haben Sie mal ausgrechnet was die Solidargemeinschaft zu zahlen hätte wenn 670.000 zu Hause gepflegte Menschen ab morgen ins Heim gingen?

Ich machs mal ganz einfach: 670.000 * 1.023 € (PS 1) = 685 410 000 € für die Pflegeversicherung wozu noch Leistungen des Sozialamtes für zu zahlenden Eigenanteile kämen.

Und zu 3.: Doch es geht um ihr Gehalt das die Solidargemainschaft sichern soll genauso wie das der Verwaltungskräfte in den Pflegeversicherungen und den Qualitätsmanagern etc pp dessen Kosten mit allem möglichen was zu tun haben nur nicht mit dem Ausgleich von Hilfebedarf von Pflegebedürftigen, was aber dazu führt das Pflege kaum noch bezahlbar ist.

Ist aber nix neues kennen wir alles aus der Krnakenversicherung schon....[/b]

Verfasst: 20.03.2010, 17:54
von johannes
Machen Sie sich ruhig lustig, wenn Sie es brauchen.