johannes hat geschrieben:Sehr geehrter Herr Fröhlich-Rockmann,
Sie zitieren aus dem SGB XI: Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind
Richtig, also ist der Anspruch auf Leistung an die Schwere der Pflegebedürftigkeit gekoppelt, was durchaus Sinn macht, wenn man den Sinn der Einführung des Pflegekassengesetzes mal im Auge behält und ist m.E. konkreter Ausdruck des Solidarprinziepes.
johannes hat geschrieben:Nun ist es m. E. eine Tatsache, daß nicht jeder, der pflegebedürftig ist, auch auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen ist. Es gibt deren Viele, die eine Pauschalleistung in Anspruch nehmen ohne dieser real zu bedürfen. Würde die Unterstützung statt nach dem Gieskannenprinzip explizid nach der Notwendigkeit geleistet, wären die Kassen wohl übervoll.
Das ist
eben ihre Meinung (und darf es ja von mir aus auch sein), aber eben nicht das was im geltenden Recht steht. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied, denn zu Gesetzen bedarf es einer demokratischen Mehrheit gewählter Volksvertreter und die scheinen anderer Meinung zu sein.
johannes hat geschrieben:Des Weiteren ist die soziale Pflegeversicherung nicht vorgesehen, Menschen aus dem Erwerbsleben heraus zu holen und mit Mitteln der Solidargemeinschaft zu finanzieren, wie Sie es sich vorstellen.
Diese unbewiesene Behauptung zu meinen Ansichten ihrerseits lass ich mal da hin gestellt und möchte Sie auch hier auf den tatsächlichen Wortlaut des Pflegekassengesetzes hinweisen in dem nachzulesen steht, dass Pflegegeld dazu gedacht ist Pflegeleistungen selbst beschaffter Dritter zu bezahlen, oder wie Sie es ausdrücken dort einzukaufen. Insofern kann schon unterstellt werden, dass das Pflegekassenegesetz durchaus dazu geeignet ist auch im Erwerbsleben stehende Menschen dafür zu bezahlen Pflegeleistungen zu erbringen.
johannes hat geschrieben:Im Gegenteil! Sie fragen mich, warum die Solidargemeinschaft meinen Lebensunterhalt finanzieren soll. Es ist eben ein Unterschied, ob ein Pflegebedürftiger aus seinem sozialen Umfeld heraus - seiner Familie - Pflege erfährt, oder ob er sich die Arbeitsleistung von ihm nicht nahe stehenden Menschen kaufen muß.
Ich sehe den Unterschied immer noch nicht! Weshalb muss er sich Pflegeleistungen bei Ihnen kaufen und kann das nicht innerhalb einer Familie tun, genau so wie es zum Beispiel in mittelständischen Gewerbebetrieben möglich ist mithelfende Ehegatten einzustellen und als Arbeitnehmer zu bezahlen??? Wo ist der Unterschied??? UND wie kommt die Solidargemeinschaft eigentlich darauf sich Leistungen zu deren Erbringung sie nach dem eingangs genannten Gesetz verpflichtet ist sich kostenfrei bei Familie zu erschleichen ohne dafür zu bezahlen?????
Weiterhin frage ich mich ob in Deutschland die Sippenhaftung schon wieder eingeführt ist und weshalb Pflegebedürftige mit Familie hier benachteiligt werden gegenüber Pflegebedürftige ohne Familie??
Wieso wird hier plötzlich der Elternunterhalt den es gesetzlich gar nicht mehr gibt wieder eingeführt in dem man selbstverständlich voraus setzt, dass durch pflegende Kinder Elternunterhalt in Form der Sachleistung Pflege kostenlos zu erbringen ist???
Letztendlich fällt mir noch die Frage ein weshalb es in Deutschland ausschließlich im Bereich der stationären Pflege eine derartige Preisstützung statt findet wie es außer auf dem Pflegemarkt in keinem anderen Wirtschaftsbereich zu finden ist????
johannes hat geschrieben:Wenn Sie ihr Auto selbst reparieren mit Ihrem Sohn z. B. werden Sie wohl kaum eine Rechnung hierfür aufstellen oder auch nur im entferntesten erwarten, daß Ihre Arbeitszeit von irgend einem Fremden vergütet wird. Auch wenn dies ein materialistisches Beispiel ist, trifft es im übertragenen Sinn auch auf die Pflege zu.
Hier vergleichen Sie nun Birnen mit Äpfel und es erschleißt sich mir überhaupt nicht weshalb das auf Pflege zutreffen soll???
Eine Autoreparatur dauert sicher keine 8 Jahre und mein Auto ist nicht Träger von durch (oftmals jahrzehntelanger) Beitragszahlungen erworbenen Ansprüchen gegen eine Versicherung.
Andersrum wird ein Schuh draus: Weshalb sollte ich einen Autoschaden bezahlen wenn ich eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen habe, aber diese Versicherung weigert sich zu Leisten mit der schnöden Behauptung es läge kein Schaden vor.
Im übrigen darf ich Ihnen versichern das mir bekannt ist, dass mehrere Klagen pflegender Angehöriger in Vorbereitung (vielleicht soagr schon anhängig sind), weil sie eben einen Ausgleich des von Ihnen geschaffenen Wertes innerhalb der Familienpflege von der Solidargemeinschaft fordern.
johannes hat geschrieben:Es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der Kindererziehung, es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der Familienführung und es gibt keine Rechnungstellung für erbrachte Leistung bei der familieninternen Pflege.
Wozu gibt es dann Elterngeld in ganz anderen Höhen als Pflegegeld?
Weshalb werden gerichtlich bestellte Betreuer der Aufwand aus der Staatskasse oder dem Betreuten bezahlt und gibt es einen Ansurch auf Wertausgleich für Aufwendungen für die Erledigung üblicher Aneglegenheiten für einen durch Vorsorgevollmacht bestimmten Betreuer gegen seinen Angehörigen die üblichwerweise durchaus durch Rechnungslegung geltend gemacht und gegenüber dem Vormundschaftsgericht zu erklären sind?
Von der Rechnungslegung für Pflege durch Angehörige schrieb ich gerade.
johannes hat geschrieben:Nach meinem Verständnis sollen die Mittel der sozialen Pflegeversicherung dazu dienen, die erforderliche Unterstützung für den Pflegebedürftigen in der Weise zu sichern, daß eine menschenwürdige, dabei individuelle Lebensgestaltung für den Pflegebedürftigen möglich ist.
Das war ja der eigentliche Grund weshalb ich Ihnen den tatsächlichen Gesetzestext hier rein kopiert habe, weil Pflegeversicherung sich nun mal an das zu halten hat was im Gesetz steht und das ist nach dem tatsächlich geltendem Recht eben "
Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind" UND NICHTS ANDERES!!
johannes hat geschrieben:Zu einem verantwortlichen Umgang mit den solidarischen Mitteln gehört dann auch, daß diese ausschließlich jenen zukommen sollten, die nicht aus eigenen Mitteln in der Lage sind, eine ausreichende Versorgung sicher zu stellen.
Wenn denn Ihre Meinung dem tatsächlich geltenden Recht entsprechen würde, tut sie aber leider nicht.
johannes hat geschrieben:Dann liegt es auf der Hand, daß nach dem Solidarprinzip die Mittel für jeden Hilfebedürftigen nach gleichen Kriterien bemessen werden. Daß sich Pflegebedürftige aus einfachen Verhältnissen dabei keinen Luxus leisten können, ist wohl selbstredend. Das können Menschen in einfachen Verhältnissen auch ohne Pflege nicht.
Wird es ja und das Krietrium heißt (wie nun schon mehrfach betont)
HILFEBEDARF. Nix aber auch gar nix anderes!
Die "Verhältnisse" spielen eine Rolle bei der Bemessung des Anteiles der einbezahlt wird und der ist nun mal unterscheidlich hoch. Viel zahlen und (vielleicht) viel bekommen ist "private Pflegeversicherung". Zahlen nach den jeweiligen Möglichkeiten und bekommen was nötig (siehe HILFEBEDARF) ist nennt sich Solidarprinzip oder soziale Pflegekasse.
johannes hat geschrieben:Ich habe allerdings nicht in Betracht gezogen, daß Sie rechtswidrige Ausnahmesituationen zum Maßstab Ihrer Diskussionsgrundlage machen.
siehe oben
johannes hat geschrieben:Auch habe ich nichts dazu geschrieben, von wem Ambulante Pflegedienste kontrolliert werden, sondern wo sie kontrolliert werden.
Mir ist bisher nicht eine einzige Kontrolle des MDK eines Pflegedienstes in einer Wohnung unter gekommen. Auch die gestern erst miterlebte fand in den Geschäftsräumen des Pflegedienstes statt.
johannes hat geschrieben:Vielleicht erklären Sie einmal, was an den Ausführungen zu Urlaub für pflegende Angehörige zynisch ist. Ich spreche von Realitäten, die pflegende Angehörige in Anspruch nehmen können oder auch nicht - nach ihrer persönlichen Entscheidung. Ich gehe sogar noch weiter.
Über die Möglichkeit der regulären Kurzzeit- und Verhinderungspflege haben alle Angehörigen die Möglichkeit, eine befristete vollstationäre Pflege in Anspruch zu nehmen, die den Zeitraum umfasst, in dem sie sich nicht in der Lage fühlen, die Pflege selbst zu bewerkstelligen. Aber dazu müßte man sein Blickfeld erweitern und die Bereitschaft entwickeln, die Angebote der Solidargemeinschaft anzunehmen.
Ganz einfach: Nach Ihren hier vorgetragenen Sichten verdient ein pflegender Angehöriger nicht mal die Butter aufs Brot, auch wenn er die gleiche Leistung einer vollstationären Pflegeeinrichtung erbringt. Ausnahmsweise unterstelle ich Ihnen mal, dass selbst das Pflegegeld eines pflegenden Angehörigen der Pflegestufe III (und schauen Sie bitte vorher in die Anspruchsgrundlage die erfüllt sein muss bevor sie diese bekommen) wohl noch zu hoch sei weil ja eh alle Pflegebedürftigen sich ihre Leistungen bei Ihnen einkaufen sollen.
Wovon soll bitte ein pflegender Angehöriger in den Urlaub fahren????
Die Angebote der Solidargemeinschaft haben Sie allerdings noch immer nicht vollständig dargestellt, denn Menschen mit einem besonderen HILFEBEDARF in Form der Beaufsichtigung und Anleitung erhalten im Monat bis zu 200 € zusätzliche Sachleistung der Solidargemeinschaft, weil selbige es bisher versäumt hat den Hilfebedarf der soeben genannten Gruppe in die Leistungen der Pflegekasse einzubeziehen.
Norbert Blühm selbst hat bei Einführung dieses Gesetzes eingestanden das Menschen mit Demenz nicht einbezogen sind weil es schlicht weg zu teuer wäre, weshalb die 2 Millionen jetzt schon in Deutschland lebenden Menschen mit Demenz erst durch zusätzliches Flickwerk überhaupt einbezogen wurden. In Ihrer Aufzählung der edlen Gaben der Solidargemeinschaft (ich wiederhol vorsichtshalber nochmal das diese durch jahrzehntelange Beitragszahlung erworben wurden) haben sie auch ausgelassen das diese Betreuungsleistungen im ambulanten Bereich 1:1 umgesetzt werden wobei der Pflegebedürftige diesen Anspruch in einer stationären Einrichtung verwirkt und statt dessenen (wenn überhaupt) eine 1:10 Betreuung statt findet.
Im privaten Bereich würde ich alles genannte als schlichtweg organisierten Versicherungsbetrug bezeichnen.