"Gefährliche Pflege" - Begriffserläuterung

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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N.N.

"Gefährliche Pflege" - Begriffserläuterung

Beitrag von N.N. » 24.09.2006, 07:06

"Gefährliche Pflege" - Begriffserläuterung

Sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen einer Teamsitzung möchte ich den Begriff der "Gefährlichen Pflege " genauer erläutern. Gibt es diesen Begriff in der Rechtsprechung denn überhaupt, welche Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt sein?
Gruß
N.N.

Rob Hüser
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Gefährliche Pflege etc. - Definitionen

Beitrag von Rob Hüser » 25.11.2007, 07:54

Gefährliche Pflege etc. - Definitionen

Hallo N.N.,
hierzu gibt es im archivierten Forum (von Werner Schell) einige Erläuterungen (siehe unten). Dort werden bestimmte Bewertungskriterien der Pflegetätigkeit vorgestellt. Dabei wird auch der Begriff „gefährliche Pflege“ erläutert.
Soweit von „angemessener Pflege“ gesprochen wird, kann wohl auch der Ausdruck „ausreichende Pflege“ Verwendung finden. So jedenfalls wird das diskutiert. Unterschiedliche Einschätzungen sind insoweit nicht vermeidbar, weil es keine allseits verbindlichen Definitionen gibt.
Mit freundlichen Grüßen
Rob Hüser

Aus dem archivierten Forum:

Zur Bewertung der Pflegetätigkeit wurde in diesem Forum schon wiederholt diskutiert. Die Beiträge können unter „Suche“ aufgerufen werden. Bitte dort „Gefährliche Pflege“ eingeben.
Im Forum wurde u.a. unter der Titelung „Gefährliche Pflege (durch Pflegeeinrichtung und Krankenhaus) - bitte um Begriffserläuterung“ ein Statement von Team Werner Schell (vom 11.Jul.2001, 18:34) vorgestellt. Ich stelle den Text nachfolgend vor.

> ... bei der Bewertung der Pflegetätigkeit hat sich u.a. ein Stufenmodell entwickelt, das die Pflege nach
Stufe 3 = optimaler Pflege,
Stufe 2 = angemessener Pflege,
Stufe 1 = Routinepflege (sichere Pflege),
Stufe 0 = gefährliche Pflege (mangelhafte Pflege)
einteilt (vgl. u.a. Köther/Gnamm „Altenpflege in Ausbildung und Praxis“. Thieme Verlag, Stuttgart 1995; Seite 280 ff.).
Unter gefährlicher Pflege wird allgemein eine solche Pflege verstanden, die durch Tun oder Unterlassen nicht den Qualitätsanforderungen (Standards, Leitlinien, Dienstanweisungen usw.) entspricht und deshalb nicht den Ansprüchen genügt (vgl. auch schlicht §§ 276, 278 BGB). Diese Art der Pflege tendiert dahin, dem zu Pflegenden (Patienten, Pflegebedürftigen) körperlichen bzw. seelischen Schaden zuzufügen und kann folglich nicht hingenommen werden (vgl. u.a. § 823 BGB). Ist eine mangelhafte bzw. gefährliche Pflege aufgrund unzureichender Organisationsmaßnahmen oder Personalmangel absehbar, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer reagieren und sich unter Darlegung der ungenügenden Arbeitsbedingungen an die Führungsverantwortlichen bzw. den Arbeitgeber wenden, und zwar zweckmäßigerweise schriftlich (vgl. u.a. auch Stichwort „Überlastungsanzeige“ in Schell, W. „Arbeits- und Arbeitsschutzrecht für die Pflegeberufe von A bis Z“. Brigitte Kunz Verlag, Hagen 1998).
An dieser Stelle wird hingewiesen auf einen Diskussionsentwurf zur Pflegequalität, herausgegeben vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in Köln. Darin sind auch Hinweise zur mangelhaften und gefährlichen Pflege enthalten (vgl. „Rund ums Alter“, Verlag C.H.Beck 1996; Hrsg. KDA).

Ergänzend noch einmal: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind grundsätzlich immer zur sorgfältigen Dienstleistung verpflichtet (§§ 276, 278 BGB). Wenn sie dem Sorgfaltsgebot aufgrund bestimmter (Organisations)Mängel nicht gerecht werden können, drängt sich eine Mitteilung an die Führungsverantwortlichen auf (siehe unseren Text vom 10.11.99). Wenn die aufgezeigten Probleme nicht behoben werden, muss das Bemühen zur bestmöglichen Dienstleistung unvermindert aufrechterhalten bleiben. Allerdings hat sich die Verantwortlichkeit für schlechte Arbeitsergebnisse, die arbeitnehmerseitig letztlich nicht beeinflusst werden können, verschoben. Es kann eigentlich als zweckmäßig erachtet werden, die Anzeige bestimmter Mängel (= Entlastungsanzeige bzw. Überlastungsanzeige) zu wiederholen (u.U. mehrfach!). Dies wird die Führungsverantwortlichen / den Arbeitgeber nicht erfreuen, erscheint aber gleichwohl geboten! <

Fundstelle: http://www.forumromanum.de/member/forum ... user_17988

Ergänzend:

Unter „Pflegebedarfsabklärung“ verstehen wir ein gezieltes Gespräch zwischen Pflegeperson und Patient, das einerseits einer Ersteinschätzung der Patientensituation bzw. des Pflegebedarfs dient und andererseits dem Patienten die für seine Sicherheit nötigen ersten Informationen vermittelt. Es bildet eine erste Grundlage für das Schaffen einer beruflichen Beziehung. Die Pflegebedarfsabklärung bei Eintritt bildet den ersten Schritt im Rahmen einer kontinuierlichen Pflegebedarfserhebung bzw. der Pflegeplanung.- „Angemessene Pflege“: „Der Patient erfährt Berücksichtigung der Bedürfnisse und Gewohnheiten, die er äußert“ (Pflegequalitätsstufe 2 nach Fichter/Meier: Pflegeplanung, RocomVerlag, Basel 1981).

Es wurden schon prima Hinweise gegeben. Nur zur Abrundung: In dieser Homepage gibt es im Rechtsalmanach, Nr. 16, einige Abhandlungen zum Thema (siehe die nachfolgenden Titel). Ich denke, sie helfen auch weiter!

--- Überlastungsanzeige und Zivilrechtliche Haftung im Schadensfall PDF
--- Die Überlastungsanzeige (Artikel von Frau Sabine Dörpinghaus)
--- "Die Überlastungsanzeige" und "Wer haftet im Schadensfall nach erfolgter Überlastungsanzeige? (Beitrag von U. Ammer)"

Weiteres auch unter
http://www.pflegerechtportal.de

HorstHessen

Gefährliche Pflege sind

Beitrag von HorstHessen » 25.11.2007, 18:40

- der ständige Personalmangel bei den Pflegekräften die hoffnungslos überlastet sind;
- die vielen, vielen Überstunden;
- die gnadenlose Gewinngier nicht nur privater, auch kirchlicher, auch staatlicher Heimbetreiber.

MDKler ab in die praktizierende Pflege.

SYSTEMänderung dringend angezeigt.

WernerSchell
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Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen - Buchtipp

Beitrag von WernerSchell » 14.02.2016, 07:33

Was sollten Pflegekräfte tun, wenn sie merken, dass die Pflege nicht mehr optimal gewährleistet werden kann? Welche Möglichkeiten bestehen,
um korrekt auf Mängel aufmerksam zu machen, ohne dabei persönliche Nachteile (z.B. Rüge, Abmahnung, Kündigung) erfahren zu müssen? Das Buch
"100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen" informiert zur Rechtslage. Weil es hier in jüngster Zeit hier zahlreiche Anfragen
(per Telefon bzw. E-Mail) von Pflegekräften gegeben hat, wird auf die Veröffentlichung aufmerksam gemacht wird
> viewtopic.php?f=5&t=21519
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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WernerSchell
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Entlastungsanzeige / Gefährdungsanzeige

Beitrag von WernerSchell » 11.08.2016, 07:17

Am 11.08.2016 bei Facebook gepostet:
Gefährdungsanzeige: Helios-Konzern scheitert mit Ausschlussverfahren gegen Betriebsratsmitglied Jana!
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hält Gefährdungs- bzw. Entlastungsanzeigen für wichtig und für ein geeignetes Mittel,
auf personelle Engpässe aufmerksam zu machen.
viewtopic.php?f=5&t=21752
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Überlastungsanzeige / Gefährdungsanzeige = Rechtspflicht

Beitrag von WernerSchell » 25.01.2018, 18:17

Am 25.01.2018 bei Facebook gepostet:
Pflegepersonal sollte den Arbeitgeber/Dienstgeber bei (mutmaßlichen oder tatsächlichen) Gefährdungen schnellstmöglich mittels Überlastungs- bzw. Gefährdungsanzeigen informieren. Damit wird der insoweit bestehenden Rechtspflicht entsprochen! So urteilte am 14.12.2017 das ArbG Göttingen und bestätigte eindrucksvoll klar die Rechtslage. Die Urteilsschrift liegt hier in anonymisierten Fassung vor und verdient uneingeschränkte Zustimmung. Versuche, die Beschäftigen von solchen Anzeigen abzuhalten, sind nicht akzeptabel, u.U sogar rechtsmissbräuchlich. In einer Buchveröffentlichung (von 2011) habe ich für die Beschäftigen bereits Handlungsanleitungen zum korrekten Vorgehen präsentiert. Angesichts der unzureichenden Stellenschlüssel sind Mitteilungen der hier angesprochenen Art vorprogrammiert.
> viewtopic.php?f=5&t=22435&p=101962#p101962
> http://www.wernerschell.de/Buchtipps/10 ... tungen.php
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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