Abgezockt und totgepflegt - Kritik!

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

Joseph

Abgezockt und totgepflegt - Kritik!

Beitrag von Joseph » 05.03.2006, 14:14

Siehe auch unter
viewtopic.php?t=3209
http://www.wernerschell.de/Aktuelles/al ... choben.htm

Auf der hier vorgestellten Internetseite http://www.pflege-shv.de wurde ein Schriftwechsel mit Herrn Fussek veröffentlicht, der zeigt, dass zumindest diese Ausführung des Herrn Fussek nicht von Sachverstand geleitet wurde. Im Gegenteil! Hier wird bewusst Unzufriedenheit und Hass gesät, wo fachliche Aufklärung angebrachter wäre. Hier wird mit den Ängsten der Menschen gespielt, um sich selbst wichtig zu machen. Doch wie will man Aufklärung und Kompetenz erwarten, wenn Provokation und Profilierungssucht das erklärte Ziel sind?

Zunächst die verkürzte Aussage – das Original ist auf obiger Seite nachzulesen:

Eine WBL macht Angaben über die Struktur eines Wohnbereiches und der diesem zugeordneten Pflegekräfte. Sie beklagt, dass mit dem vorhandenen Pflegepersonal die anfallende pflegerische Versorgung nicht zu schaffen sei. Gleichzeitig stellt sie in den Raum, dass „das Bestreben nach vollen Kassen doch nicht Grundlage der Altenpflege sein darf!“

Herr Fussek? antwortet auf diese Zuschrift.

1. Herr Fussek erklärt die Personalberechnung zu einem Kapitel mit 7 Siegeln, wo sie doch für jeden mit der Materie vertrauten einfach ist.

2. Arbeitet Herr Fussek mit Halbwahrheiten, wenn er behauptet, er lege den Zeitfaktor der jeweiligen Pflegestufe zugrunde, der als Richtwert für die Einstufung gilt.

3. Unterstellt Herr Fussek, daß die Einrichtungen diese Mittel verwenden, um Gewinne zu erwirtschaften um sich selbst zu bereichern, statt ausreichendes Pflegepersonal zu finanzieren.

Ich gehe zuerst auf die Aussagen der WBL ein und wende mich dann den Ausführungen des Herrn Fussek zu:

Ich setzt einmal voraus, dass die WBL mit der Personalausstattung ausschließlich die Besetzung der Früh- und Spätschicht anspricht, um eine Abgrenzung vornehmen zu können. Die Nachtwache ist ja nicht nur für diesen einen WB zuständig, sondern für das ganze Haus.

Es ist bei ihrer Aussage auseinander zu halten, ob die Pflege mit dem vorhandenen Personal menschenwürdig zu bewerkstelligen ist und die Gewinnerzielungsabsicht des Heimbetreibers.

Das eine ist eine mathematische Aufgabe, das andere eine existenzielle. Ich beginne mit zweitem und gehe einmal davon aus, dass auch diese WBL eine Gewinnerzielungsabsicht hat, mit der sie ihre Tätigkeit ausführt. Von nichts kann man nun mal nicht leben. Wenn ihr Arbeitgeber keine „vollen Kassen“ hat, kann er sie auch nicht vergüten, wie sie es wünscht. Daran ist sicher nichts Ehrenrühriges.

Auch wenn das Pflegeversicherungsgesetz ein Bundesgesetz ist, ist für die Personalbemessung jedes Bundesland zuständig. Eine Vereinheitlichung in der Personalbemessung wäre nur zu erwarten, wenn der hoheitliche Eigenständigkeitsanspruch der Länder im Interesse der Pflege aufgegeben würde und auch dies Bundesangelegenheit würde. Das ist aber nicht zu erwarten. Darum muß unsere WBL zunächst beim zuständigen Sozialministerium, hilfsweise bei der Pflegekasse nachfragen, welcher Personalschlüssel in ihrem Bundesland angewandt wird. Das kostet in der Regel einen Telefonanruf.

Seit geraumer Zeit sind von den Betreibern Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen mit den Pflegekassen abzuschließen, in denen unter anderem auch die Personalausstattung festgelegt wird. Diese Personalausstattung wird nicht nur von den Pflegekassen (seltener), sondern auch von den Heimaufsichten kontrolliert. Missbrauch ist für kleine und mittlere Pflegeeinrichtungen kaum noch möglich, so er denn in früheren Zeiten erfolgte. Und diese machen den weit überwiegenden Teil der stationären Pflegelandschaft aus.

Konkret zu den Angaben der WBL auf der Grundlage des Früh- und Spätdienstes:

1. Die Berechnung des pflegebedingt erforderlichen Personals:
In einigen Bundesländern wurden zur Begrenzung der Kosten sog. Korridore von den Pflegekassen festgelegt, in denen die Pflegeeinrichtungen ohne besondere Prüfung ihren Personalbedarf bestimmen und mit den ausgewiesenen Personalkosten in die Pflegesatzkalkulation einbringen können. Dieser genehmigungsfähige individuelle Personalbedarf der Einrichtung muß nicht mit dem Personalbedarf übereinstimmen, der sich aus den Zeiten der Einstufungskriterien ergeben würde!

Höherer Personalbedarf ist nachzuweisen und kann – nicht muß – von den Pflegekassen berücksichtigt werden. Ob ein Heimbetreiber nun den unteren oder den oberen Wert der Personalquote der jeweiligen Pflegestufe wählt – immer bekommt er nur für dieses genehmigte Personal das entsprechende finanzielle Personalbutget.

Dabei sind die Kostenträger nicht in jedem Fall bereit, Tarifvergütungen (BAT) anzuerkennen. Das erklärt, warum private Betreiber ihren Mitarbeitern in vielen Fällen nur niedrigere Bruttovergütungen anbieten können als die Leitvergütung BAT. Er kann jedoch auf legale Weise aus diesem Butget keinen persönlichen Gewinn erzielen!

Da mir die evtl. Personalbemessungskorridore von Nordrhein-Westfalen nicht bekannt sind, verwende ich die in Baden-Württemberg geltenden Korridore als Anhaltswerte für meine Berechnungen. Für die Pflegestufe 0 ist nur die übergeordnete Sozialbehörde (Sozialamt) zuständig.

Pflegestufe 0 0,10 Planstellen/Bewohner
Pflegestufe 1 0,25 – 0,32 Planstellen/Bewohner
Pflegestufe 2 0,35 – 0,45 Planstellen/Bewohner
Pflegestufe 3 0,48 – 0,61 Planstellen/Bewohner

Um zu der höchstmöglichen Personalausstattung zu kommen, lege ich für ihren WB bewusst die höhere Zahl zugrunde:

Pflegestufe 0 3 Bewohner = 3 x 0,10 = 0,30
Pflegestufe 1 17 Bewohner = 17 x 0,32 = 5,44
Pflegestufe 2 8 Bewohner = 8 x 0,45 = 3,60
Pflegestufe 3 3 Bewohner = 3 x 0,61 = 1,83
Insgesamt Planstellen 11,17

In diesen 11,17 Planstellen sind sowohl WBL aus auch anteilig die PDL und die Nachtwachen enthalten. Hat Ihr Haus nun 2 Wohnbereiche, so sind von den 11,17 Planstellen abzuziehen 0,5 Planstelle für die PDL und 1 Planstelle für die Nachtwache. Somit stehen Ihnen für Ihren WB real 9,67 für Früh- und Spätdienst zur Verfügung.

Hat der Kostenträger nicht die Obergrenze des Personalkorridors anerkannt, dann kann dies zu einer Verminderung von bis zu 2,38 weiteren Planstellen bedeuten. Es ständen Ihnen dann nur 7,29 Planstellen zur Verfügung. Weniger ist in Baden-Württemberg also schon von Gesetzes wegen nicht erlaubt, um eine sichere Pflege zu gewährleisten.

Sie sind gehalten, zunächst die gesetzlichen Grundlagen in Ihrem Bundesland in Erfahrung zu bringen und dazu die Rahmenbedingungen, welche die Kostenträger anlegen. Erst, wenn Sie dabei feststellen, dass Ihr Arbeitgeber diese für ihn bindenden Rahmenbedingungen missachtet könnte die Frage erlaubt sein, ob sich ihr Arbeitgeber eines unrechten Verhaltens schuldig gemacht hätte. Verurteilt ist ein Mensch schnell, rehabilitiert nur langsam, aber auch nicht immer.

Doch nun zu Herrn Fussek. Sein Engagement wird in der ganzen Republik als beispielhaft in den Himmel gehoben. Und doch scheint es nur Fassade zu sein. Mit Ängsten lässt sich gut Geld verdienen. Sachliche Aufklärung ist aber gefragt, wenn wirklich etwas Positives bewirkt werden soll. Auch Halbwahrheiten helfen nicht, sondern schaffen neue Unsicherheiten!

1. Wenn Herr Fussek keine Ahnung von Personalberechnung hat, sollte er die Finger davon lassen.

Welche Personalberechnung soll denn hier angestellt werden? Die Rahmenbedingungen sind, wie ich bereits oben ausgeführt habe, vorgegeben – zumindest in Baden-Württemberg. Da ist nichts kompliziert dran. Ich denke, die meisten beherrschen noch das kleine Einmaleins. Dass wir gern mehr hätten, stellt niemand in Frage. Doch zum Einen wird über die hohen Kosten gejammert, zum Anderen soll mehr Personal beschäftigt werden und zum Dritten will man auch noch besser bezahlt werden. Es gibt nur zwei Wege, wie alle drei Forderungen aneinander angepasst werden können:

Mehr (gewünschtes) Personal arbeitet für weniger Geld. Dann steigen bei besserer Personalausstattung die Kosten nicht. Es bleibt das dritte Problem bestehen – ich verdiene zu wenig Geld! Leider vergisst fast jeder Arbeitnehmer, dass das, was er im Geldbeutel hat, nur etwa die Hälfte dessen ist, was der Unternehmer für ihn aufwenden muß.

Wenn ich an die vielen Beiträge in den verschiedensten Foren denke, die sich mit der Unzufriedenheit der Vergütung beschäftigen, halte ich diesen Weg für ungangbar.

Mehr ehrenamtliche Tätigkeit wird an die Seite der professionellen Tätigkeit gestellt. Auch dann steht mehr Personal zur Verfügung. Doch ich bin sicher, zu dieser ehrenamtlichen Tätigkeit – weil ohne Entgelt – stellt sich keiner der Jammernden zur Verfügung. Schließlich arbeitet er ja um Geld zu verdienen. Und wenn er dann noch seine Arbeitskollegen aus dem Betrieb drängt oder ihn ehrenamtlich arbeiten lässt, kann er auch mehr verdienen. Das wäre dann die beste Lösung, aber nur für ihn! Ob der andere damit einverstanden ist, wage ich zu bezweifeln.

Darüber allerdings redet ein Herr Fussek nicht!

2. Die Kenntnisse des Herrn Fussek über das Pflegeversicherungsgesetz scheinen auch nicht zum Besten zu stehen. Die im Pflegeversicherungsgesetz genannten Zeiten für die Pflegestufen setzen sich aus zwei Komponenten zusammen, der hauswirtschaftliche Versorgung und der pflegerische Versorgung. Herr Fussek wirft beide in einen Topf, um darauf sein Rechenwerk aufzubauen.

Die hauswirtschaftliche Versorgung wird aber in allen Pflegestufen pauschal mit max. 45 min. täglich angesetzt, die pflegerische Versorgung in der

a) Pflegestufe 1 mit 45 – 119 min.
b) Pflegestufe 2 mit 119 – 239 min. und
c) Pflegestufe 3 mit 240 min. bis durchgehend über 24 Std.

Da die Ausgangswerte nach dem Pflegeversicherungsgesetz andere sind als die seinen, müssen natürlich auch andere Ergebnisse herauskommen. Hinzu kommt, dass das Pflegeversicherungsgesetz keinen Anspruch auf Pflegezeiten, sondern bestimmte Pflegezeiten einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung begründen. Diese Unterstützung sollte dazu beitragen, dass Abhängigkeiten von der Sozialhilfe verringert würden. Dieses Ziel der Pflegeversicherung wurde m. E. auch voll erreicht!

3. Herr Fussek neigt zu Diffamierungen

Wer arbeitet, soll auch verdienen, so nimmt es jedenfalls Herr Fussek für sich in Anspruch. Ist ja auch legitim. Spricht er dies jedoch seinen Mitmenschen ab, ist es verwerflich. Auch der Betreiber eines Pflegeheimes arbeitet und hat einen Anspruch auf Verdienst, das verschweigt Herr Fussek. Der Verdienst wird allerdings nicht mit den genehmigten Vergütungen der Arbeitnehmer gemacht, sondern mit der Vergütung des Betreibers für seine eigene Arbeit! Wegen des von ihm zu tragenden wirtschaftlichen Risikos steht ihm auch eine höhere Vergütung zu als dem Arbeitnehmer. Schließlich muß er Verluste auch allein tragen.

Solche Überlegungen passen natürlich nicht in das Bild eines Herrn Fussek.

R.Koep
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Beitrag von R.Koep » 05.03.2006, 15:17

Sehr geehrte DAmen und Herren,

ich kann den Ausführungen des Vorgängers nur zustimmen.

Mit freundlichen Grüßen
R.Koep

Pflegeselbsthilfe
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Ausreichender Stellenschlüssel erforderlich!

Beitrag von Pflegeselbsthilfe » 05.03.2006, 20:41

Sehr geehrter Herr Joseph,

Ihrer aufgebrachten Stellungnahme zu unserem Beispiel auf der Homepage des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V. ( http://www.pflege-shv.de ), lässt vermuten, dass Sie Heimbetreiber bzw. Heimleiter sind. Schade, dass Sie sich nicht getrauen, Ihren vollständigen Namen zu nennen. Warum eigentlich nicht, wenn Sie doch nichts zu verbergen haben und rechnerisch wie auch defakto bei Ihnen alles in bester Ordnung zu sein scheint?

Zunächst muss ich Herrn Fussek in Schutz nehmen, denn nicht er, sondern ich war es, die den Kommentar zur Personalberechnung, wie auch zu den anderen Erfahrungsberichten auf der Homepage des Pflege-shv verfasst habe. Herr Fussek hat mir das Schreiben der verzweifelten Wohnbereichsleiterin lediglich zugeleitet. Sicher haben Sie in Ihrer ersten Aufregung außerdem übersehen, dass die von mir vergleichsweise aufgeführte Rechenmethode, als eine nicht übliche Methode bezeichnet wird, die jedoch nach unserer Ansicht eine konsequent am Pflegeversicherungsgesetz orientierte Methode wäre. Während die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Anhaltszahlen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ermittelt wurden, wobei man bestrebt war, die Personalkosten möglichst gering zu halten, habe ich immer schon dafür plädiert, wenigstens den von der Pflegeversicherung vorgegebenen Zeitbedarf pro Pflegestufe zu Grunde zu legen.

Auch mit den anderen von Ihnen anführten üblichen Verfahrensweisen bin ich weitgehends vertraut, denn als Organisationsberaterin hatte ich immerhin Einblick in das Innenleben von mehr als 60 Altenpflegeheimen. Dabei habe ich die unterschiedlichsten Personalstrukturen und Argumentationen erlebt. Darunter auch Einrichtungen im gleichen Bundesland mit einem geringeren Tagessatz bei gleichzeitig höherem Personalschlüssel. Heime die Gewinne machten, während vergleichbaren Einrichtungen das Wasser bis zu Halse stand, obschon sie höhere Tagessätze hatten bei weniger Personal. Auch aktuell liegen uns derartige Vergleichzahlen vor und wir bemühen uns, weitere zu erhalten.

Tatsache ist, dass die in NRW, Bayern, BW und anderen Ländern üblichen Personalschlüssel, hinten und vorne nicht reichen, um an jedem Tag des Jahres die Wohnbereiche so zu besetzen, dass die Bewohner individuell betreut werden können. Engpasssituationen sind dabei die Regel. Selbst wenn Ihnen mit Ihren 9-Komma-nochwas Stellen das Kunststück gelänge, in einem Wohnbereich mit 30 Bewohnern, sonntags wie werktags mindestens jeweils 3 Pflegekräfte pro Früh-/Spätdienst einzusetzen, wäre damit allenfalls eine elementare Grundversorgung sicherzustellen. Angenommen Sie wären einer dieser drei Pflegekräfte, und von den 10 Bewohnern für die Sie zuständig wären, würden 3 jeweils mindestens 20 Minuten Hilfe bei jeder Mahlzeit benötigen (um satt werden zu können und sich nicht ständig verschlucken zu müssen), dann wären Sie alleine schon zwei Stunden pro Dienst mit nichts anderem beschäftigt. Während Sie damit beschäftigt wären, müssten Sie zugleich anderen Heimbewohnern zur Toilette helfen und bei X anderen Dingen, auf die diese eigentlich Anspruch haben. Weil das zeitlich überhaupt nicht geht, haben sich fast in allen Heimen "Schnellfütterungsmethoden" von 5 bis allerhöchstens 10 Minuten eingebürgert. Gleiches gilt für die Körperpflege. Marcus Breitscheidel beschreibt in seinem Buch sehr plastisch wie das abläuft. Nach meiner Erfahrung ist das keineswegs übertrieben, was er hier beschreibt.

Das tatsächliche Angebot in den Heimen steht oft in grassem Widerspruch zu den Versprechungen, mit denen Heimbetreiber Bewohner und Angehörige anlocken. Man verspricht den Menschen in den Vordergrund zu stellen, kann tatsächlich jedoch oft nicht einmal die körperliche Grundversorgung mit Nahrung sicherstellen.

Sie regen sich über unsere Forderung nach einem ausreichenden Stellenschlüssel auf, der aus Ihrer Sicht nicht bezahlbar ist. Wir haben inzwischen einige Heimleiter unter den Mitgliedern, die dem Pflegeselbsthilfeverband deshalb beigetreten sind, weil sie sich gemeinsam mit uns für ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis einsetzen, d.h. für eine Pflege die dem an sie gerichteten Anspruch gerecht wird und bezahlbar bleibt. Sie setzen sich für die Beibehaltung der unzureichenden Stellenschlüssel ein und schimpfen auf die, die daran Anstoß nehmen. Vor 10 Jahren kostete der Heimplatz noch rund 3000 DM, inzwischen sind es 3000 Euro. Vor 10 Jahren lag die Fachkraftquote in den Heimen vielfach noch bei 70 %, heute beschweren sich Heimbetreiber, weil ihnen eine mindestens 50prozentige Fachkraftquote vorgeschrieben wird. Seit 35 Jahren bin ich nun schon in und für die Pflege bundesweit aktiv. Viel ist in dieser Zeit geschrieben, geregelt und beschlossen worden, meist über die Köpfe derjenigen hinweg, die vor Ort in der Pflicht stehen. Ein wissenschaftlicher und bürokratischer Wasserkopf hat sich entwickelt, muss ja auch bezahlt werden. Fazit: Noch nie war Pflege so teuer und gleichzeitig so schlecht wie heute. Grund genug für uns, an den Grundfesten des bestehenden Systems zu rütteln.

Mit freundlichen Grüßen
Adelheid von Stösser
1.Vorsitzende, Pflege-Selbsthilfeverband e.V. http://www.pflege-shv.de

Herbert Kunst
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Pflege - Unterbesetzung im personellen Bereich

Beitrag von Herbert Kunst » 06.03.2006, 07:11

Ich freue mich über die kompetente Rückmeldung des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V. vom 5.3.2006 – siehe oben. Danke sehr Frau von Stösser; ich stimme Ihnen vollinhaltlich zu. Es ist erfreulich, dass Ihre Initiative die Pflegeprobleme zielgenau angeht. Dabei sollten Sie nicht locker lassen!

Dann - hallo Joseph und R.Koep,

es ist eigentlich unbestritten, dass die personelle Ausstattung der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen meist völlig unzureichend ist. Aus dieser Unterbesetzung im personellen Bereich ergeben sich nahezu zwangsläufig Unterlassungen bzw. Fehlversorgungen, die leider in nicht nur in wenigen Fällen zu gravierenden Schäden führen. Die Liste der Pflegemängel ist lang! Dies muss angeprangert werden, denn sonst ändert sich nichts. Hier liegt zweifelsfrei das Verdienst von Herrn Fussek und anderer Mitstreiter. Dass gelegentlich polarisiert werden muss, ist m.E. nicht zu beanstanden. Gesundbeten hilft leider in der Pflege nicht weiter. Unbestritten ist auch, dass viele Pflegeeinrichtungen angemessene Leistungen abliefern, weil Pflegekräfte engagiert ihren Beruf ausüben.
Übrigens, zur personellen Ausstattung finde ich die Darstellung vom Team Werner Schell hier im Forum ergänzend wichtig und nützlich. Bitte nachlesen unter
---- Stellenschlüssel für das Heimpersonal
viewtopic.php?t=3917
Die Grundlagen für die Stellenberechnungen müssen im Rahmen der Reform der Pflegeversicherung entscheidend verbessert werden. Das ist offensichtlich auch der Ansatz des neuen Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V.

Gruß
Herbert Kunst

johannes

Die Würde des Menschen ist unantastbar ...

Beitrag von johannes » 06.03.2006, 11:51

Mit "Abgezockt und Totgepflegt" wird Elend beschrieben. Doch zu welchem Zweck? Mit Geschrei wurde noch nie etwas bewegt. Es gab dieses Buch noch nicht, als ich den folgenden Artikel verfasst habe. Ich denke, er hat bis heute nichts, zumindest nicht viel an Aktualität verloren.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (GG, Art.1, Abs.1)

Erste Voraussetzung, um die Würde des Menschen schützen zu können ist der Erlass von Gesetzen, die dies zum Inhalt haben.

Das Pflegeversicherungsgesetz baut auf diesem Artikel des Grundgesetzes auf, wenn es in der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sieht. (SGB XI, § 8, Abs. 1)

Es bedeutet nicht, dass die Allgemeinheit alle notwendigen finanziellen Mittel aufbringt, die zu einer menschenwürdigen Pflege erforderlich sind. Es wird ausdrücklich geregelt, dass durch die Versicherung ein bestimmter sächlicher und/oder finanzieller Beitrag zur Absicherung der Pflege durch die Allgemeinheit aufzubringen ist, der übrige Bedarf jedoch durch den Hilfebedürftigen selbst, seine Angehörigen oder wenn dies nicht ausreicht des weiteren durch die Gesamtgesellschaft aus Steuermitteln aufgebracht werden muss.

Es soll eine „neue Kultur des Helfens und der mitmenschlichen Zuwendung entstehen. (SGB XI § 8, Abs. 2 letzter Satz)

Nach dieser Zweckbestimmung des Pflegeversicherungsgesetzes sind darin die Mindestanforderungen festgelegt, die im Einklang mit der Menschenwürde stehen. (SGB XI § 15 – 17, 2 Man beachte vor allem § 28, Abs. 4.

„Die Pflege soll auch die Aktivierung des Pflegebedürftigen zum Ziel haben, um vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und, soweit dies möglich ist, verlorene Fähigkeiten zurückzugewinnen. Um der Gefahr einer Vereinsamung des Pflegebedürftigen entgegenzuwirken, sollen bei der Leistungserbringung auch die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen nach Kommunikation berücksichtigt werden.“

Es lässt sich trefflich darüber streiten, welche weiteren Leistungen unter dem Begriff der Menschenwürde zu verstehen und damit in die soziale Pflegeversicherung einzubeziehen sind. Derzeit sind es jedenfalls die im Gesetz und den dazugehörigen Rechtsverordnungen verzeichneten Leistungen.

Aufgabe der Anbieter dieser Leistungen ist es, soweit dies nicht bereits erreicht ist, ihre Leistungen dieser gesetzlichen Forderung anzupassen. Des weiteren ist es die Pflicht der Anbieter, ihre Leistungen nach den Grundsätzen von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit anzubieten. (SGB XI, § 29) Die soziale Pflegeversicherung ist ja nicht geschaffen worden, um den Luxus einzelner zu finanzieren, sondern um die menschenwürdige Behandlung jedes einzelnen sicher zu stellen.

Um ein Beispiel zu nennen: Der Anbieter der pflegerischen Leistung Körperpflege ist verpflichtet, auch die dazugehörige Seife zu stellen. Diese Seife soll den Zweck der Reinigung erfüllen. Dazu ist er verpflichtet nach den Grundsätzen von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit die billigste Seife einzusetzen, die den Zweck der Reinigung erfüllt. Wünscht der Pflegebedürftige jedoch eine teurere Seife, dann gehört das nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in die Leistungspflicht, sondern ist eine Zusatzleistung, die der Pflegebedürftige selbst zu finanzieren hat.

Den gleichen Zweck wie das Pflegeversicherungsgesetz erfüllen auch das Heimgesetz, die Arbeitsgesetze und vieles mehr.

Die Menschenwürde in der Pflege hört nicht bei den Pflegebedürftigen auf, sie betrifft auch die Pflegenden. Interessant ist, dass sowohl das Heimgesetz, als auch das Pflegeversicherungsgesetz mit ihren Ausführungen Schutzbestimmungen für die in der Pflege arbeitenden enthalten. Diese werden jedoch oft entweder übersehen oder nicht beachtet. Wenn diese Bestimmungen von Anfang an die notwendige Beachtung gefunden hätten, würden wir in Deutschland nicht einen Skandal nach dem anderen haben, sondern zur Pilgerstätte für andere Länder werden wegen unserer guten Pflege. Wie die Situation wirklich ist, muss ich hier nicht beschreiben, das weiß jeder aus eigener Erfahrung.

Menschenwürdige Pflege

Lässt sich eine menschenwürdige Pflege mit den derzeitigen gesetzlichen Regelungen durchführen? Ich denke, ja. Dazu müsste man allerdings bereit sein, die im Gesetz verankerten Regelungen auch anzuwenden. Des weiteren ist dazu erforderlich, dass alle Leistungsanbieter sich an der Umsetzung der Regelungen beteiligen. Erst, wenn alle - oder zumindest der überwiegende Teil – der Leistungsanbieter die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen betreiben, können die Kostenträger nicht mehr jeden gegen jeden ausspielen. Die Menschenwürde wird nicht an irgendwelchen Butgets festgemacht, sonder an den Menschen, um deren Würde es geht.

Kommen wir zu den bisher kaum oder überhaupt nicht genutzten Ressourcen der auf die Pflege bezogenen Gesetze und Verordnungen.

Bereits 1994 war klar, dass für die Pflege mehr qualifiziertes Personal erforderlich sein wird. Es wurde vom Gesetzgeber den Leistungsanbietern eine Übergangsfrist zur Anpassung des erforderlichen Personals gegeben. Die Anbieter – egal welcher Gruppierung – waren jedoch der Ansicht, dass man die gesetzliche Regelung aussitzen müsse. Es wird nicht in entsprechendem Maße ausgebildet, dann muss der Gesetzgeber die Fristen verlängern und man kann bis dahin so weitermachen, wie bisher. Diese Rechnung ist nicht aufgegangen und nun wird gejammert.

Wie von staatlichen Stellen gerechnet wird, werden in den kommenden Jahren in Baden-Württemberg jährlich ca. 300 bis 350 zusätzliche Pflegekräfte benötigt. Stellt man dieser Zahl die ca. 890 Einrichtungen in Baden-Württemberg gegenüber, müsste jede Einrichtung nur ½ Mitarbeiter zusätzlich ausbilden, um mehr zusätzliche Pflegekräfte zu erhalten, als benötigt würden. Das soll nicht möglich sein? Solange wir das nicht wollen, wird es auch nicht möglich werden. Ich bin sicher, dass kein einziger Pflegebedürftige es ablehnen würde, wenn er sich an der Finanzierung dieser Fachkräfte beteiligen sollte. Dazu braucht es gewiss keiner Subventionen, auf die so viele spekulieren. Der Pflegesatz würde dadurch so unerheblich beeinflusst, dass es kaum messbar ist.

Mit der Ausbildung wäre z. B. bereits ein brennendes Problem gelöst.

Derzeit werden Pflegekräfte noch wie Inkontinenzhilfen verwendet. Ex und hopp. Die durchschnittliche Lebensdauer einer Pflegekraft beträgt ca. 2 Jahre. Es gibt keinen Berufsstand in Deutschland, der sich einen solchen Verschleiß an Fachkräften leistet wie die Pflege. Ich bewundere die Dummheit so mancher Heimträger, die nichts anderes können, als kostbares Potential auf diese Weise zu verschleudern.

Wäre in den vergangenen 6 Jahren seit bestehen der Pflegeversicherung verantwortlich mit den Pflegekräften umgegangen, hätten wir heute auch genug Fachkräfte, die motiviert und engagiert ihre Arbeit verrichteten. Mir ist ein Heimträger in Baden-Württemberg bekannt, der es zugelassen hat, dass seine Arbeitskräfte 18.000 Überstunden in einem einzigen Jahr angehäuft haben. Die werden gewiss nicht abgebaut, sondern verfallen gelassen. Bei den anderen sieht es häufig nicht besser aus. Wo bleibt da die so viel zitierte Menschenwürde? Ist nicht auch das „Gewalt in der Pflege?“

Wie lässt sich das ändern?

Ad hoc dadurch, dass die Gewinne zurückgeschraubt werden und die Führungskräfte einmal etwas kürzer treten. Ein 120-Betten-Haus hat bei einer korrekten Personalausstattung immer noch ein Betriebsergebnis von ca. 300.000 € im Jahr. Da sind die Gehälter für die Führungskräfte aber schon weg! Und wenn ich von korrekter Personalausstattung spreche, dann liegt diese bereits höher als derzeit in vielen Einrichtungen.

Die Studie Plaisir weist nach, dass ca. 30 – 40 % zuwenig Personal in den Einrichtungen vorhanden sind. Meine eigenen Aufzeichnungen über 3 Jahre (derzeit 7 Jahre) belegen ein gleiches Ergebnis. Darum meine Forderung: Stellt das notwendige Personal ein entsprechend der Pflegebedürftigkeit der im Hause befindlichen Heimbewohner. Ein erster Schritt dorthin ist die Angleichung des Personals an den Mindestpflegebedarf nach den Einstufungskriterien der Pflegekassen. Das heißt:

Für jeden Bewohner muss die Arbeitszeit als pflegerische Verfügbarkeit zur Verfügung gestellt werden, die den Grundwert ausmacht, um in die jeweilige Pflegestufe eingestuft zu werden. Konkret:

Pflegestufe 1 = 45 Minuten, Pflegestufe 2 = 120 Minuten, Pflegestufe 3 = 240 Minuten. Bei einer Richtgröße von 20 Bewohnern und einer Zuordnungsquote von 40 % Stufe 1, 45 % Stufe 2 und 15 % Stufe 3 sind hierfür 8,65 Planstellen erforderlich. Jeder kann auf dieser Grundlage den Bedarf für seine Einrichtung hochrechnen. Dieses ist das Mindestpersonal, das erforderlich ist, eine aktivierende und sichere Pflege nach SGB XI sicherzustellen.

In einer 2. Stufe muss das Personal dann nach einer angemessenen Übergangszeit an die wirklichen Gegebenheiten angepasst werden. Die Echtzeiterfassung über 2 Jahre (nunmehr 7 Jahre) belegt, dass in der Pflegestufe 1 im Durchschnitt 67 Minuten erforderlich sind, in Pflegestufe 2 = 163 Minuten, in Pflegestufe 3 = 279 Minuten. (Wohlgemerkt, der Pflegebedürftige mit seinen Fähigkeiten ist der Maßstab, nicht die Fähigkeiten des Pflegepersonals.) Das hierfür erforderliche Personal kann jeder selbst ausrechnen. Auch kann sich im Laufe der Zeit herausstellen, dass sich in den einzelnen Einrichtungen davon abweichende Durchschnittswerte herauskristallisieren, die dann zu berücksichtigen wären. Es gilt zu beachten, dass es hierbei ausschließlich um Anforderungen geht, die das SGB XI vorschreibt. Diese Anforderungen werden nach dem Willen des Gesetzgebers gefordert, um der Menschenwürde des zu Pflegenden gerecht zu werden.

Eine Argumentation, dass diese Pflege nicht zu bezahlen sei, ist nicht angebracht. Derzeit stehen wir vor einem Privatvermögen von 75.000.000.000.000 (75 Billionen €), das vererbt wird. Sollten dann nicht auch die paar Milliarden für eine menschenwürdige Versorgung derer zur Verfügung stehen, die diese Billionen angehäuft haben? Hinzu kommen die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Wir als reiche Nation müssen uns die Frage gefallen lassen, wie viel uns unsere hilfebedürftigen Mitmenschen wert sind.

Des weiteren ist es sehr aufschlussreich, wenn einmal die Leistungen und Preise der stationären Pflege mit den Leistungen und Kosten der Hotelbranche verglichen werden. Dann sehen wir, dass in der freien Wirtschaft realistisch kalkuliert wird – und die machen sicher auch nicht die Supergewinne. Vergleichen wir die Kosten und Leistungen der Pflege mit denen der Krankenhäuser – wohlgemerkt ohne die medizinischen Leistungen, so ist auch da die Schieflage der Bewertung festzustellen.

Ein weiteres Mittel, schnell zu einer verbesserte Situation in der Pflege zu gelangen ist, wenn das Pflegepersonal sich endlich einmal an die Gesetze hält und die Pflege gesetzeskonform ausführt. Und das Gesetz fordert eine aktivierende Pflege. Solange es sich die Mitarbeiter gefallen lassen, mit immer mehr Arbeit belastet zu werden, gefährliche Pflege durchführen, werden auch die Argumente der Betreiber sich nicht ändern. Welcher Betreiber führt die Pflege ohne seine Mitarbeiter aus? Also sind die Mitarbeiter jene, die Einfluss nehmen können auf die Entwicklung der Pflege.

Meine Forderung besteht darin, dass die Pflegenden endlich beginnen, Rückrat zu zeigen und ihren berechtigten Forderungen Nachdruck zu verleihen. Arbeitsverweigerung kann ich gewiss nicht unterstützen. Aber wenn die Pflegenden nach dem Buchstaben des Gesetzes arbeiten, kann ihnen niemand etwas anhaben. Dazu gehört zwingend, dass

- jede erbrachte Leistung dokumentiert wird,
- jede Anordnung von Vorgesetzten dokumentiert wird
- jede nicht erfüllte Anordnung von Vorgesetzten dokumentiert wird mit der Begründung, warum diese Anordnung nicht erfüllt wurde
- jeder in dem Augenblick eine Überlastungsanzeige erstellt, wenn die Anordnungen auf Grund der verfügbaren Arbeitszeit nicht mehr erfüllt werden können
- wenn der Arbeitgeber nicht für die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Abhilfe sorgt, das öffentlich machen der Mängel bei den zuständigen Behörden.

Nur dann, wenn wirklich gehandelt wird, bewegt sich etwas. Niemand hat das Recht zu sagen, ich konnte ja nichts machen. Jeder hat die Möglichkeit, etwas zu machen. Schließt sich die Mannschaft innerhalb einer Einrichtung zusammen, bleibt dem Betreiber nichts anderes übrig, als zu handeln. Schließen sich die Arbeitnehmer überregional zusammen, bleibt der Politik nichts anderes übrig, als zu handeln.

Ich bin mir bewusst, dass noch längst nicht alles genannt ist, was nötig und machbar ist. Aber es gibt sicher noch andere Pflegekräfte, die in der Lage sind, ihren Beitrag zu leisten zur Veränderung der Pflege hin zu mehr Menschenwürde. Menschenwürde für die Pflegebedürftigen und Menschenwürde für die Pflegenden.

Johannes Paetzold

www.altenpflege-heute.com

joseph

aufgebrachte Stellungnahme?

Beitrag von joseph » 06.03.2006, 12:47

Sehr geehrte Frau von Stösser,

ich war gewiß nicht aufgebracht, als ich meine Stellungnahme hier einstellte. Nun, ich habe gewiß kein Problem damit, meinen vollständigen Namen zu nennen. Doch manchmal ist es besser, zunächst nur einen Nick zu benutzen. Man lernt halt dazu.

Damit Sie aber beruhigt sind:

1. ich bin Heimbetreiber
2. die Fachkraftquote liegt bei 82 %; der Stellenschlüssel bei 1:2,27
3. die Pflegesätze werden in Baden-Württemberg nach dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit mit der Pflegesatzkommission vereinbart. Daß gerade der Sozialhilfeträger keine Spitzenvergütungen akzeptiert, sondern um Zehntel-Cent feilscht, sollte Ihnen bekannt sein.

4. Wenn Sie sich die Berichterstattung auf Ihrer Homepage ansehen, werden Sie feststellen, daß der bewußte Artikel bewußt oder unbewußt die Autorschaft des Herrn Fussek impliziert. Wollen Sie eine Fehleinschätzung vermeiden, sollte die Autorschaft in der Zukunft vielleicht ersichtlich gemacht werden.

Wenn Sie der Ansicht sind, daß Ihre Berechnungsmethode sich am Pflegeversicherungsgesetz orientiert, sollten Sie vielleicht doch noch einmal hinschauen. Dort wird differenziert zwischen Leistungen, die durch Pflegekräfte und hauswirtschaftliche Kräfte erbracht werden.

Des weiteren sollte vielleicht auch einmal beachtet werden, welche Kriterien durch die Pflegesatzkommissionen zugrunde gelegt werden - speziell bei der Personalbemessung. Während in Baden-Württemberg in der Pflegestufe 1 ausreichend Personal im "Korridor" akzeptiert werden, sind es in Pflegestufe 2 nur 97 % und in Pflegestufe 3 gar nur 67 %. Es ist also schlicht falsch, wenn Heimbetreibern unterstellt wird - speziell jenen von kleinen Einrichtungen - daß sie am Personal sparen, um ihre Gewinne zu maximieren! Die Kostenträger genehmigen nicht mehr! Das ist die rauhe Wirklichkeit!

Dennoch, auch wenn Sie sagen, daß die Personalschlüssel nicht reichen, kann ich das nicht bestätigen. Mit dem genehmigten Personalschlüssel stehen uns von morgens bis abends an jedem Tag der Woche je eine Pflegekraft für 5 - 7 Heimbewohner zur Verfügung. Da kann der Bewohner noch die Geschwindigkeit des Handelns bestimmen.

Nein, ich rege mich gewiß nicht über einen ausreichenden Stellenschlüssel auf. Ich wende mich gegen den Wildwuchs, den Sie ebenso betreiben wollen wie so mancher andere. Auf der einen Seite schreien sie, es gibt zu wenig Personal, und auf der anderen Seite kritisieren Sie die hohen Kosten. Mir scheint, sie müßten sich für das Eine oder das Andere entscheiden! Lesen Sie ruhig noch einmal Ihren Beitrag durch.

Bei Ihrem letzten Satz kann ich Ihnen allerdings nur zustimmen. Aber in den Heimbetreibern die Ursache der ganzen Misere zu suchen, ist mir zu billig.

1. Es gibt, um damit anzufangen, gewissenlose Heimbetreiber, die nur Gewinne scheffeln wollen, ohne Frage. Die Mehrzahl, über die Sie aber kein Wort verlieren, stehen mit ihrem Herzblut für ihre Mitarbeiter und Pflegebedürftigen ein.

2. Die Politik vernichtet Idealismus auf breiter Front, indem sie mit der Giesskanne Subventionen ausschüttet und die Reichen immer Reicher macht, gleichzeitig den Aktiven Daumenschrauben ansetzt, daß sie nicht mehr handeln können

3. Die Gesellschaft, das sind vor allem die Angehörigen, verabschieden sich in aller Regel von ihrer sozialen Verantwortung, wenn sie einen Heimplatz gefunden haben. Nicht einmal zum Geburtstag schaffen sie es, ihre "Lieben" zu besuchen, geschweige denn im Laufe des Jahres. Nicht daß Sie meinen, ich spreche von allen Angehörigen - gewiß nicht! Aber schauen Sie doch einmal nach, wieviele der 500.000 Heimbewohner Besuch von ihren Angehörigen bekommen.

Sie wollen Mißstände aufzeigen? Gut und schön. Eine Gesellschaft, die wegsieht, wird gewiß nichts gegen Mißstände unternehmen. Das haben mich die letzten 20 Jahre überdeutlich gelehrt. Wenn Sie mit ihrem Selbsthilfeverband erreichen würden, daß sich die Anghörigen wieder um ihre "abgeschobenen" Pflegebedürftigen kümmern, würden viele Mißstände ohne einen Cent Aufwand von ganz allein verschwinden. Den Rest hätte man dann auch schnell im Griff. Doch ich zweifle ernsthaft daran, daß das Ihr Anliegen ist, wenn ich mir Ihre Beiträge durchlese.

Ein engagierter Altenpfleger, der seine Arbeit noch mit Herz macht.

joseph (noch in diesem Beitrag)

Pflegeselbsthilfe
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Bitte keine Probleme verdrängen oder ignorieren

Beitrag von Pflegeselbsthilfe » 07.03.2006, 14:39

Anmerkung zu den Ausführungen von Johannes:

Probleme, welcher Art auch immer, lösen sich nicht, indem man sie verdrängt oder ignoriert. Weil die Fachverbände, Fachpresse und alle die mit daran beteiligt sind, beharrlich versuchen, an die Oberfläche gelangende Pflegemissstände als Einzelfälle abzutun, anstatt diese ernst zu nehmen und konsequent darauf zu reagieren, konnten sie zu einer Dimension auswachsen, die die wenigsten begriffen haben oder begreifen können.
Das "Geschrei", wie johannes es nennt, ist noch viel zu schwach, als dass es ausreichen würde um die Hilfe herbeizurufen, die zur Abhilfe der Gesamtmissere notwendig wäre. So wie Sie, verhalten sich die meisten Pflegekräfte leider sehr ambivalent. Auf der einen Seite fordern Sie zu Recht die gesetzlich zugesicherte Menschenwürde auf der anderen beklagen Sie zu Recht, dass dieser Anspruch unter den gegeben Umständen (Personalengpässe etc.) in der Praxis kaum zu gewährleisten ist, gleichzeitig sagen Sie jedoch, dass wir nicht so ein Geschrei darum machen sollten, wenn mit Menschen umgesprungen wird, wie es Breitscheidel in seinem Buch beschreibt. Es wird noch viel zu wenig Geschrei darum gemacht, und zwar vor allem, weil Pflegekräfte so sehr daran gewöhnt sind den Mangel bestmöglich zu kompensieren, dass sie sich schon gut fühlen, wenn es ihnen gelingt das übliche Routineprogramm erwartungsgemäß durchzuziehen.

Anmerkungen zu den Ausführungen von joseph:

Noch ein paar Gedanken zur Heimpersonalverordnung. Ich könnte Ihnen z.B. einen Heimleiter nennen, der entgegen des vorherrschenden Schlüssels von 2,2 für sein Haus einen Stellenschlüssel von 1,8 realisiert. Damit handelt er sich bei seinen Kollegen zwar nicht viele Freunde ein, aber er konnte dies begründen und durchsetzen. Die Heimpersonalverordnung hat Mindesstandards für die Personalausstattung festgelegt, wenn diese vielerorts gehandhabt werden, als sei darüber hinaus nichts möglich, spricht das nicht gerade für ein bewunderswertes, bewohnerorientiertes Engagement der meisten Heimleiter, sondern für deren Mitmaschieren auf dem Weg des geringsten Widerstands. Wenn der Heimleiter Joseph behauptet, mit einem Personalschlüssel von 2,27 an jedem Tag im Jahr die Dienste so zu besetzen, dass eine Pflegekraft maximal 7 Bewohner zu betreuen hat, sollte er uns dies einmal vorrechnen und darlegen, wie er das bewerkstelligt. Im Übrigen suchen wir mutige Heimleiter, die ihre Zahlen und Daten offen legen und anderen damit zeigen, wie man unter den gegeben Rahmenbedingungen individuelle Pflege gewährleisten kann. Was haben Sie denn zu verlieren, wenn bei Ihnen doch alles in Ordnung ist und Sie sich, wie Sie schreiben an die vorgegebenen Spielregeln halten? Versteckspielchen mit Nicknamen sind doch Kinderkram. Von Heimleitern erwarte ich, mehr noch als von Pflegekräften, dass sie mit ihrem Namen zu dem stehen, was sie sagen und wofür sie sich einsetzen.

Was den Wildwuchs anbetrifft, stimme ich joseph zu. Wo man hinschaut in diesem Lande gibt es Wildwuchs und jeder der eine neue Idee in die Welt setzt trägt zu zur Vermehrung des Wildwuchses bei. Das andere Extrem wäre eine perfekt geordnete Welt, in der alles bis ins Detail genormt und vorgeschrieben ist, und keinerlei Eigenständigkeit im Denken und Handeln geduldet würde. Abgesehen davon, dass diese Vorstellung utopisch ist, werden wir uns wohl oder übel zeitlebens mit unvollkommenen Systemen, Verbesserungsvorschlägen und verschiedenen Betrachtungen auseinander setzen müssen. Wenn man sich die Pflegelandschaft ansieht, so gibt es hier viel zu viele Regelungen die am Symptom ansetzen und zu viele starren Muster, die kaum noch aus den Köpfen herauszubringen sind, wie z.B. die aus dem Krankenhausalltag übernommene Früh- und Spätdiensteinteilung. Diese in schätzungsweise 90 % aller Heime anzutreffenden Dienstzeiten, führen dazu, dass die Bewohner bis spätestens um 20 Uhr in den Betten liegen müssen, damit die Nachtwache (die wie im Krankenhaus als Notbesetzung gedacht ist) alleine mit bis zu 70 Pflegebedürftigen zurecht kommt. Und weil diese Gewohnheitsmuster Pate gestanden haben bei den Verhandlungen zur Personalverordnung, wurden darüber hinausgehende Überlegungen ignoriert. Doch auch hier gibt es zum Glück einzelne Heimleitungen, die sich von starren Vorgaben nicht abschrecken lassen, und die Dienstzeiten bewohnerorientiert gestalten, so dass z.B. die nachtschwärmenden Bewohner und Demenzkranke auch spät Abends und Nachts aus ihrem Zimmer können und nicht medikamentös ruhig gestellt werden müssen. Als Pflegeselbsthilfeverband werden wir selbstverständlich auch die positiven Beispiele vorstellen. Zunächst jedoch erscheint es uns vordringlich die Mängel und Missstände aufzudecken und die Tragweite ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Denn ohne das nötige Problembewusstsein werden allenfalls halbherzige Lösungen angestrebt, Konzepte entwickelt, die nicht durchdacht sind und darum zusätzliche Reibungsfläche bieten, Zeit und Geld kosten ohne der Sache zu dienen. Auch hier ist reichlich Wildwuchs vorhanden, der dringend ausgemistet werden müsste.

Mit freundlichen Grüßen
Adelheid von Stösser
!. Vorsitzende des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V.
http://www.pflege-shv.de

johannes

zu dem Geschrei

Beitrag von johannes » 07.03.2006, 19:36

Sehr geehrte Frau von Stösser,

ich bleibe dabei, daß Geschrei noch nie etwas bewirkt hat. Kann es sein, daß Sie meinen Artikel nur teilweise gelesen haben? Ich denke, Sie würden meine Ausführungen dann wohl anders bewerten. Darum hier eine Wiederholung der relevanten Ausführungen:

Lässt sich eine menschenwürdige Pflege mit den derzeitigen gesetzlichen Regelungen durchführen? Ich denke, ja. Dazu müsste man allerdings bereit sein, die im Gesetz verankerten Regelungen auch anzuwenden.

Ein weiteres Mittel, schnell zu einer verbesserte Situation in der Pflege zu gelangen ist, wenn das Pflegepersonal sich endlich einmal an die Gesetze hält und die Pflege gesetzeskonform ausführt. Und das Gesetz fordert eine aktivierende Pflege. Solange es sich die Mitarbeiter gefallen lassen, mit immer mehr Arbeit belastet zu werden, gefährliche Pflege durchführen, werden auch die Argumente der Betreiber sich nicht ändern. Welcher Betreiber führt die Pflege ohne seine Mitarbeiter aus? Also sind die Mitarbeiter jene, die Einfluss nehmen können auf die Entwicklung der Pflege.

Meine Forderung besteht darin, dass die Pflegenden endlich beginnen, Rückrat zu zeigen und ihren berechtigten Forderungen Nachdruck zu verleihen. Arbeitsverweigerung kann ich gewiss nicht unterstützen. Aber wenn die Pflegenden nach dem Buchstaben des Gesetzes arbeiten, kann ihnen niemand etwas anhaben. Dazu gehört zwingend, dass

- jede erbrachte Leistung dokumentiert wird,
- jede Anordnung von Vorgesetzten dokumentiert wird
- jede nicht erfüllte Anordnung von Vorgesetzten dokumentiert wird mit der Begründung, warum diese Anordnung nicht erfüllt wurde
- jeder in dem Augenblick eine Überlastungsanzeige erstellt, wenn die Anordnungen auf Grund der verfügbaren Arbeitszeit nicht mehr erfüllt werden können
- wenn der Arbeitgeber nicht für die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Abhilfe sorgt, das öffentlich machen der Mängel bei den zuständigen Behörden.


Nur dann, wenn wirklich gehandelt wird, bewegt sich etwas. Niemand hat das Recht zu sagen, ich konnte ja nichts machen. Jeder hat die Möglichkeit, etwas zu machen. Schließt sich die Mannschaft innerhalb einer Einrichtung zusammen, bleibt dem Betreiber nichts anderes übrig, als zu handeln. Schließen sich die Arbeitnehmer überregional zusammen, bleibt der Politik nichts anderes übrig, als zu handeln.

Es kann ja sein, daß es gar nicht Ihr Ziel ist, daß sich wirklich etwas ändert. Es kann ja sein, daß Ihnen das Geschrei lieber ist. Das kann ich nicht beurteilen, das können Sie sicher besser. Ich bleibe aber dabei, daß nicht das Geschrei etwas bewirkt, sondern das Handeln.

Ich bin überzeugt, daß die Gesetze ausreichen! Was nicht ausreicht, ist die Umsetzung auf allen Ebenen. Wenn Sie sich darum bemühen würden, daß die vorhandenen Gesetze umgesetzt werden, könnte ich auch Ihr Anliegen ernst nehmen. Wer jedoch nur über die Fehler - natürlich nur über die Fehler der anderen - klagt, macht nichts anderes, als Feindbilder schaffen und Mauern aufrichten. Ob das aber zur Lösung der Probleme beiträgt, wage ich zu bezweifeln. Erst, wenn die Mauern eingerissen werden, können die Menschen aufeinander zugehen. Auch die Berliner Mauer mußt erst fallen, damit sich etwas für die Menschen änderte!

Da kommt mir ein alter Spruch der Mineralölwirtschaft in den Sinn, den ich einmal nach Ihrer Vorstellung abwandle:

"Es gibt viel zu tun - veranstalten wir ein großes Geschrei darüber"

Ich halte mich lieber an das Original:

"Es gibt viel zu tun - packen wir's an"

Johannes

Dirk

Menschenwürdige Pflege - anpacken, machen...

Beitrag von Dirk » 08.03.2006, 13:16

Hallo Johannes,
Pflegemängel gibt es in vielfacher Ausprägung. Es bedarf daher der "Anklage"; die Aufforderung, eine menschenwürdige Pflege, wie auch immer, zu sichern, ist überfällig.
Herr Fussek gibt die richtigen Hinweise, der Pflege-Selbsthilfeverband e.V. ist jetzt wohl die richtige Adresse, um für wirkungsvolle für Änderungen einzutreten. Ich hoffe sehr, dass dieser Verband Erfolg hat und halte es für wenig nützlich, jetzt hier alles zu zerreden. Anpacken, machen - nur so kommen wir weiter.
MfG
Dirk

Gast

Beitrag von Gast » 08.03.2006, 14:17

Sehr geehrte Damen und Herren,
hallo Dirk

leider haben wir in vielen Beiträgen vieles Zerredet ohne an eine Sinnvolle Änderung des Geschehens zu arbeiten. Ich kann Joseph in vielen Dingen , wenn nicht in allen , zustimmen.
Allerdings konnte ich noch nie den Ausführungen von Herrn Fussek folgen, da diese meist nicht nachvollziehbar sind oder seine Vorstellung nicht umsetzbar sind.
Jeder der in diesem Bereich arbeitet könnte mehre Bücher schreiben und das zu vielen Themen.Wenn hier nicht nicht bald eine positive Medienarbeit stattfindet, wird sich das Problem an sich nicht ändern.
In vielen Berichten geht es hier um eine gegenseitige Schuldzuweisung die zu keinen Ergebnis führen kann.
Mit freundlichen Grüßen
R.Koep

Rudi Schöbel

Beitrag von Rudi Schöbel » 08.03.2006, 15:02

Anonymous hat geschrieben:.... Herrn Fussek folgen, da diese meist nicht nachvollziehbar sind oder seine Vorstellung nicht umsetzbar sind. ....
Claus Fussek fordert nichts anderes als eine menschenwürdige Pflege. So einfach ist seine Botschaft.
Wer kann denn das nicht nachvollziehen??

Wem die menschenwürdige Pflege nicht umsetzbar erscheint, der muss doch zumindest für eine entscheidende Wende in der Pflegeszene eintreten: mehr Personal, mehr Zuwendung usw.
Ich kann nicht verstehen, wie man eine solche Sichtweise überhaupt infrage stellen kann.

Rudi Schöbel
Altenpfleger aus Überzeugung!!!

johannes

Anklage

Beitrag von johannes » 08.03.2006, 15:28

Hallo Dirk,

ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß man in Deutschland das Lesen verlernt hat. Ob Frau von Stösser oder nun auch Sie, - ebenso in anderen Foren - wird immer wieder offenkundig, daß Lesen nicht mehr funktioniert. Zur Klarstellung:

Lesen ist für mich nicht die Aneinanderreihung von Buchstaben mittels einer Stimme, sondern das Erfassen und Auswerten eines Textes.

Es gibt wohl keinen Bereich des Lebens, in dem es nicht Mängel in vielfacher Ausprägung gibt. Das Einzige, was dem SHV und jetzt hier auch Ihnen dazu einfällt, ist Anklage! Wir sind die Guten, die Anderen sind die Bösen! Wie ich schon Frau von Stösser geschrieben habe, muß ich es wohl für Sie wiederholen:

Ich bleibe dabei, daß Geschrei noch nie etwas bewirkt hat. Zeigen Sie mir doch bitte auch nur ein entscheidendes Ereignis der europäischen Geschichte, bei dem sich durch"Anklage" etwas verändert hätte. Ich kann Ihnen hingegen hunderte Beispiele bringen, wo durch "Anpacken" etwas verändert wurde. Erst, wenn sich ein Mensch auf den Weg macht, wird etwas geschehen!

Für Sie scheint Anpacken jedoch nur aus Schuldzuweisungen zu bestehen. Meine Meinung ist, daß sich mit Eurer "Sündenbockmentalität" nichts ändern läßt. Wie lange schimpft Herr Fussek schon über die Pflege? Hat es was gebracht? Ja, es hat etwas gebracht. Menschen, die mit Hingabe ihren Beruf ausüben verlieren ihre Motivation.

Für Euch beginnt Menschenwürde bei den Bewohnern - wenn sie denn dort beginnt. Für mich beginnt Menschenwürde bei den Mitarbeitern! Ich schaffe menschenwürdige Arbeitsbedingungen, damit menschenwürdig gepflegt werden kann. Ihr setzt Euch für die Rechte der Heimbewohner ein? Daß ich nicht lache. Habe noch keinen Beitrag gelesen, wo von euch Pflegekräfte aufgefordert werden, ihre Arbeit nach den gesetzlichen Vorgaben durchzuführen. Wie das auszusehen hat, steht im SGB XI.

Pflegeheime, in denen Pflegebedürftige menschenwürdig behandelt werden, machen das nicht wegen eines Herrn Fussek, der auch nur an seinen eigenen Vorteil denkt. Wenn das Arbeits- und Lebensklima in ihren Einrichtungen stimmen soll, bewerkstelligen sie das immer noch alleine. Diese wirst Du allerdings nicht auf der Seite der Ankläger finden. Zu solchen Spielchen haben die nämlich keine Zeit. Ob Du das aber verstehst?

Solange der SHV Fronten aufbaut, statt praktikable Lösungen im Miteinander anzubieten, wird er auch keine wirkungsvollen Änderungen herbeiführen. Das haben andere vor ihm bereits getan. Die Beiträge, die bisher veröffentlicht wurden, lassen jedenfalls nicht den Eindruck entstehen, daß ein Miteinander erwünscht ist. So wiederhole ich noch einmal auch für Dich den Schluß meines letzten Postings:

Da kommt mir ein alter Spruch der Mineralölwirtschaft in den Sinn, den ich einmal nach Ihrer Vorstellung abwandle:

"Es gibt viel zu tun - veranstalten wir ein großes Geschrei darüber"

Ich halte mich lieber an das Original:

"Es gibt viel zu tun - packen wir's an"


Johannes

Dirk

Hilfs- und pflegebedürftige Menschen stehen im Mittelpunkt

Beitrag von Dirk » 08.03.2006, 15:40

johannes hat geschrieben: .... Für Euch beginnt Menschenwürde bei den Bewohnern - wenn sie denn dort beginnt. Für mich beginnt Menschenwürde bei den Mitarbeitern! ...
Hallo Johannes,
im Mittelpunkt steht der hilfe- und pflegebedürftige Mensch! Ihm sind menschenwürdige Pflegebedingungen zu gewährleisten. Pasta.
Dafür benötigt man natürlich ausreichend Personal und sonstige Voraussetzungen. Diese gilt es, wenn sie nicht ausreichend vorhanden sind, im Interesse der Menschen einzufordern.
Ich denke, damit ist alles gesagt; punktgenau!
MfG
Dirk

Claridge
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Registriert: 15.12.2004, 07:46

Re: zu dem Geschrei

Beitrag von Claridge » 09.03.2006, 12:31

johannes hat geschrieben:Ein weiteres Mittel, schnell zu einer verbesserte Situation in der Pflege zu gelangen ist, wenn das Pflegepersonal sich endlich einmal an die Gesetze hält und die Pflege gesetzeskonform ausführt. Und das Gesetz fordert eine aktivierende Pflege. Solange es sich die Mitarbeiter gefallen lassen, mit immer mehr Arbeit belastet zu werden, gefährliche Pflege durchführen, werden auch die Argumente der Betreiber sich nicht ändern. Welcher Betreiber führt die Pflege ohne seine Mitarbeiter aus? Also sind die Mitarbeiter jene, die Einfluss nehmen können auf die Entwicklung der Pflege.

Johannes
Und genau hier liegt das Problem!
Die Mitarbeiter die versuchen Einfluß zu nehmen sitzen anschließend ganz schnell auf der Straße. Und da sich Heimbetreiber, obwohl es nicht sein dürfte, untereiander verständigen, sitzen besagte Mitarbeiter teilweise ganz schön lange auf der Straße.
Habe ich persöhnlich so erlebt und habe in meinem Umfeld einige Pflegefachkräfte denen es ebenso ergangen ist.

johannes

ja, Claridge,

Beitrag von johannes » 09.03.2006, 22:41

wenn ein einzelner Mitarbeiter etwas versucht, kann das passieren, was du schreibst. Warum nur holt ihr euch eigentlich immer nur das heraus, was euch ins Konzept passt? Ich fass es nicht.

So, wie ich das von dir zitierte geschrieben habe, steht im Kontext

Nur dann, wenn wirklich gehandelt wird, bewegt sich etwas. Niemand hat das Recht zu sagen, ich konnte ja nichts machen. Jeder hat die Möglichkeit, etwas zu machen. Schließt sich die Mannschaft innerhalb einer Einrichtung zusammen, bleibt dem Betreiber nichts anderes übrig, als zu handeln. Schließen sich die Arbeitnehmer überregional zusammen, bleibt der Politik nichts anderes übrig, als zu handeln.

A.a.O. habe ich auch geschrieben, daß die Angehörigen einen großen Einfluß nehmen können - wenn sie denn wollten! Doch weder die Angehörigen interessiert wirklich, was mit ihren Pflegebedürftigen geschieht - sonst würden sie entsprechend handeln, noch interessiert es die Pflegekräfte wirklich, was geschieht, sonst würden sie sich zusammenschließen und eine ehrliche Front bilden gegen den vorhandenen Unrat.

So wie es derzeit läuft, stehen die vereinzelten aufrichtigen Pflegekräfte und die vereinzelten aufrichtigen Angehörigen und die vereinzelten aufrichtigen Heimbetreiber auf ziemlich einsamen Posten. Drum kann man sie auch klein halten und ausblenden. Darum noch einmal:

Anstatt nur rumzuschreien "Mordio", sollten die sog. Selbsthilfeverbände wie auch der Pflege-SHV die betreffenden Personen unter ein Dach versammeln und handeln! Alles andere ist nur "viel Wind um nichts!"

Johannes

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