Alternativen zum jetzigen Pflegesystem?

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

Antworten
Care Manager
Newbie
Beiträge: 28
Registriert: 25.05.2009, 17:42

Alternativen zum jetzigen Pflegesystem?

Beitrag von Care Manager » 10.06.2012, 12:53

Ich gehe davon aus, dass es ein Konsens gibt, dass die Pflege mit große Wahrscheinlichkeit nie die notwendige politische Reaktion auf der Pflegenotstand erleben wird, die notwendig wäre. Es ist davon auszugehen, dass der Finanzkrise die Pflege auf diese Weise beeinträchtigt, egal welche schändliche Folgen es hat für die Bewohner von Altenheimen und pflegende Mitarbeiter. Ich glaube fast, dass die Lobbyisten, die ohnehin die Abschaffung der Heimen gefordert haben, nur darauf warten, dass das System zusammenbricht.

Die Frage ist nur, welche Alternativen es für junge und ältere Mitarbeiter gibt, damit sie nicht unter die Räder der unverantwortliche Haltung der Politiker geraten? Es gibt schon Statistiken genug, um zu zeigen, dass die Haltung bereits gesundheitliche Folgen hat, und dass es noch schlimmere geben wird. Im Grunde, wer in die Pflege unter solche Bedingungen bleibt, ist selbst schuld – und doch, was gibt es für Möglichkeiten für Menschen, die mit Haut und Haar sich mit der Pflege identifizieren?

Bietet das Forum hier eine mögliche Basis, um Alternativen aufzuzeigen?
Eine Theorie ist eine Vermutung mit Hochschulbildung
Jimmy Carter

Gerhard Schenker
Sr. Member
Beiträge: 315
Registriert: 18.11.2005, 09:14

Pflege verbessern - Aktionsbündnis gefordert

Beitrag von Gerhard Schenker » 10.06.2012, 14:41

Hallo,
die Pflegenden selbst werden kaum etwas verändern können. Dies wäre nur denkbar, wenn die Pflegekräfte in ihrer Mehrzahl berufsverbandlich oder gewerkschaftlich organisiert wären. Das ist aber nicht der Fall.
Daher kann wohl nur argumentativ dafür geworben werden, die notwendigen Veränderungen zur Behebung des Pflegenotstandes durchzusetzen.
Dazu wurde übrigens beim letzten Neusser Pflegetreff informiert. Hr. Schell hat den Bundestagsabgeordneten im Rahmen der Moderation immer wieder deutlich vor Augen geführt, dass ohne mehr Personal keine Behebung der Mängel im System möglich ist. Das wird übrigens auch von niemandem bestritten. Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat im vergangenen Jahr in diesem Sinne auch mit Blick auf die MdB Stellung genommen und jüngst die Kanzlerin angeschrieben. Leider gibt es aber keine wirkliche Resonanz. Und das hängt u.a. damit zusammen, dass man anscheinend mit Pflege keine Wahlen gewinnt und auch die vielfältigen Interessen in andere Richtungen laufen. So wollen die Arbeitgeber mehr Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland. Das halte ich mit anderen für überflüssig, weil wir in Deutschland genügend Pflegekräfte rekrutieren könnten. Wir müssen sie nur "anständig behandeln". Wenn Herr Hundt, der Arbeitgeberpräsident, bereits o,1 % Beitragserhöhung für die Pflegeversicherung für eine Katastrophe hält, zeigt das, wohin die Reise geht. Es geht um Ökonomie und um nichts anderes. Und keiner regt sich darüber auf.
Die sog. Pflegekritiker, so auch C. Fussek, kochen auch vielfältige eigene Süppchen und traktieren uns mit Sprechblasen viewtopic.php?t=17439 . Zu einer gemeinsamen Front Pro Pflege sind sie aber nicht bereit.
Ich unterstütze die Neusser Initiativen und sehe dazu keine Alternative. Offensichtlich gibt es einige Verbindungen zu den politisch Verantwortlichen. Da wäre mehr Unterstützung durch die Pflegenden und die Bevölkerung nicht verkehrt.

Freundl. Grüße
Gerhard Sch.

JuraHealth Congress am 24.05.2012 in Köln - Interview: Werner Schell, Pflege-Experte
Der Pflege-Experte Werner Schell beantwortet heikle Fragen zum Thema Gewalt in der Pflege und kommt zu dem Schluss, dass vom Staat nichts zu erwarten ist und die Bürger sich nun selbst an die Hand nehmen müssen. Sein Brief an die Bundeskanzlerin Merkel mit der Aufforderung die Pflege zur "Chefsache" zu machen ist auf taube Ohren gestoßen.
>>> Der Filmbeitrag, 4,18 Minuten, ist anschaubar bei Youtube unter folgender Adresse:
http://www.youtube.com/watch?v=XYqs_-kZ ... ure=relmfu
Das Pflegesystem bedarf einer umfassenden Reform - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung zukunftsfest machen!

Care Manager
Newbie
Beiträge: 28
Registriert: 25.05.2009, 17:42

Re: Pflege verbessern - Aktionsbündnis gefordert

Beitrag von Care Manager » 10.06.2012, 15:21

Gerhard Schenker hat geschrieben:JuraHealth Congress am 24.05.2012 in Köln - Interview: Werner Schell, Pflege-Experte
Der Pflege-Experte Werner Schell beantwortet heikle Fragen zum Thema Gewalt in der Pflege und kommt zu dem Schluss, dass vom Staat nichts zu erwarten ist und die Bürger sich nun selbst an die Hand nehmen müssen. Sein Brief an die Bundeskanzlerin Merkel mit der Aufforderung die Pflege zur "Chefsache" zu machen ist auf taube Ohren gestoßen.
>>> Der Filmbeitrag, 4,18 Minuten, ist anschaubar bei Youtube unter folgender Adresse:
http://www.youtube.com/watch?v=XYqs_-kZ ... ure=relmfu
Ab 2.44 in dem Beitrag wird deutlich dass auch Herr Schell auch der Meinung ist, dass Quartierspflege, Betreute Wohnungen, Ehrenamt, und Engagement der Angehörige realistische ist, als auf die Unterstützung der Politiker zu hoffen.

Ich stimme natürlich auch zu, dass die Neusser Initiativen eine alternativloser Einsatz für die Sache ist, allerdings entspricht es ein wenig der quixotische Kampf gegen Windmühlen. Es muss getan werden, damit niemand sagen kann, dass es nicht gesagt wurde. Inzwischen aber, spitzt die Situation hier und da dermaßen zu, dass wir wirklich nur davon leben, dass Mitarbeiter ihre Gesundheit an zweiter Stelle setzen.

Ich hatte geplant, bei der letzter Sitzung da zu sein, doch ist bei mir alles zusammengebrochen und ich kam erst kurz vor 18 Uhr aus dem Haus.

Vielleicht beim nächsten Mal!
Eine Theorie ist eine Vermutung mit Hochschulbildung
Jimmy Carter

Herbert Kunst
phpBB God
Beiträge: 894
Registriert: 13.11.2005, 13:48

Pflegereform und Eigeninitiative

Beitrag von Herbert Kunst » 10.06.2012, 16:07

Hallo zusammen!
Ich melde mich auch kurz, weil ich mit den unterschiedlichen Gegebenheiten ein wenig vertraut bin.
Es ist in der Tat so, dass in Neuss intensiv darauf gesetzt wird, argumentativ Veränderungen durchzusetzen. Dazu hat es viele Initiativen gegeben. Das ist nicht falsch und muss fortgesetzt werden. Richtig ist, dass das Desinteresse an diesen Aktivitäten eher bescheiden ausfällt. Was wir alle hier beklagen ist, dass all die Leute und Institutionen, die sich stets und ständig beklagen und jammern, nichts wirklich tun, um das Ruder mit herum reißen zu helfen. Die Entscheidungen fallen nun mal im Wesentlichen im Bundestag. Daher ist es auch gut und richtig, die Abgeordneten zu beknien und zu Veranstaltungen einzuladen.
Herr Zylajew. MdB/CDU, hat übrigens beim letzten Pflegetreff eigentlich für alle vernehmbar erklärt, dass er die Neusser Forderungen für berechtigt hält und insoweit dahinter steht. Es sind die Arbeitgeber und Trägerverbände, die gegen wirkliche Reformen sind. Daher muss weiter dafür geworben werden, dass wir breitere Mehrheiten organisieren.
Klar ist natürlich, dass den fehlenden Reformen etwas entgegen gestellt werden muss. Nämlich die Eigeninitiative. Und insoweit müssen wir auch Quartierskonzepte im Auge haben und konkret anpacken. Das eine tun und das andere nicht lasssen - das ist das Gebot der Stunde.
Gruß Herbert Kunst
Siehe auch unter
viewtopic.php?t=17439
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Care Manager
Newbie
Beiträge: 28
Registriert: 25.05.2009, 17:42

Re: Pflegereform und Eigeninitiative

Beitrag von Care Manager » 10.06.2012, 20:31

Herbert Kunst hat geschrieben:Es sind die Arbeitgeber und Trägerverbände, die gegen wirkliche Reformen sind. Daher muss weiter dafür geworben werden, dass wir breitere Mehrheiten organisieren.
Ich finde es schwierig, wenn Politiker auf Arbeitgeber und Trägerverbände hinweisen, allerdings hat man oft das Gefühl bei den Wohlfahrtsverbände, dass sie sich eher in einem guten Licht stellen wollen, als das sie sich mit dem Leid, was der Pflegenotstand verursacht, auseinandersetzen. Manche Regionalverbände beklagen die fehlende Zusammenarbeit mit Bundesverbände, bzw., dass ihre Anliegen nicht angenommen werden.

Insgesamt ist die Konfiguration der Interessenvertreter mit Bezug auf Pflege zäh und überladen, ein Wasserkopf, der niemand wirklich hilft, und der Politik eher zugewandt als die Menschen, die im Bett liegen und am Bett stehen. Es ist schwer positiv gestimmt zu bleiben, wenn viele Stimmen von Eitelkeiten und "die eigene Suppe kochen" sprechen, während die Entwicklungen Menschen in unmögliche Situationen schieben, die sie entweder zu kosten der Gesundheit aushalten, oder aussteigen müssen, bevor sie auch noch den schwarzen Peter zugeschoben werden.

Es ist eine verfahrene Situation, die täglich viel Kraft kostet, und jederzeit dazu führen könnte, dass man auch noch in Verdacht gerät, schlechte Pflege angeordnet oder durchgeführt zu haben. Dass die Presse auch noch wie Piranhas auf schlechte Ergebnisse oder unvorsichtige Kommentare von Pflegewissenschaftlern stürzen, und Sensationsmeldungen herausgeben, wird nur als eine weitere Stressfaktor gesehen, die wir auszuhalten haben.

Viel schlimmer ist, dass niemand Alternativen bieten kann.

Na, dann herzlichen Glückwunsch!
Eine Theorie ist eine Vermutung mit Hochschulbildung
Jimmy Carter

Gaby Modig
phpBB God
Beiträge: 1292
Registriert: 13.11.2005, 13:58

Pflege und die Medien

Beitrag von Gaby Modig » 11.06.2012, 06:57

Care Manager hat geschrieben: Ich finde es schwierig, wenn Politiker auf Arbeitgeber und Trägerverbände hinweisen, allerdings hat man oft das Gefühl bei den Wohlfahrtsverbände, dass sie sich eher in einem guten Licht stellen wollen, als das sie sich mit dem Leid, was der Pflegenotstand verursacht, auseinandersetzen. Manche Regionalverbände beklagen die fehlende Zusammenarbeit mit Bundesverbände, bzw., dass ihre Anliegen nicht angenommen werden.
Insgesamt ist die Konfiguration der Interessenvertreter mit Bezug auf Pflege zäh und überladen, ein Wasserkopf, der niemand wirklich hilft, und der Politik eher zugewandt als die Menschen, die im Bett liegen und am Bett stehen. ....
Guten Morgen,
was die Wohlfahrtsverbände angeht, sehe ich auch allerlei Ungemach. Es gibt einmal eine Diskrepanz zwischen den "Köpfen" auf Bundesebene und den Leuten vor Ort. Sodann ist festzustellen, dass sich diese Institutionen im System gut eingerichtet haben und davon leben bzw. profitieren. So hält man dann im Zweifel lieber still. - Die Medien sind an Pflege nicht interessiert, es interessiert keinen. Nur die Skandale, klein oder groß, werden gerne und gierig aufgegriffen.
Aktuelle Medienschelte unter
viewtopic.php?t=17439 Dort habe ich mich auch kurz geäußert.
Viele Grüße Gaby
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

Antworten