Pflegeausbildung nur noch für Abiturienten?

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

Lutz Barth
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Hochqualifizierte Pflege ...

Beitrag von Lutz Barth » 20.12.2011, 09:28

kann nach Auffassung vieler Berufsverbände offensichtlich nur dann gelingen, wenn ein hoher Grad der Bildung und vor allem eine Akademisierung angestrebt wird.

Nun - ob diese Vorstellung dem Berufsbild Pflege gerecht wird, möchte ich nicht beurteilen. In jedem Falle zeigen hier die Statements einen weiteren Widerspruch zwischen der Wahrnehmung der Berufsverbände und der Basis.

Es verdichtet sich immer mehr der Verdacht, dass hier die Akademisierung insbesondere unter dem Aspekt der "Professionalisierung" vorangetrieben wird, um so u.a. auch die Verkammerung rechtfertigen zu können.

Auf der Strecke bleibt das ganz bodenständige Pflegepersonal zu bleiben, die ihren Beruf ganz bewusst gewählt haben, während demgegenüber die Mehrzahl der Pflegefunktionäre sich zu Höherem berufen fühlt.

Von daher bin ich mehr als gespannt, wenn dann tatsächlich irgendwann mal die Pflegekammern kommen und die Oberpfleger der Republik sich daran machen, mehr als 1,2 Mio. Beschäftigte zu "führen" und mit Vorschriften beglücken, die dann zu internalisieren den beruflich Pflegenden an der Basis vorgegeben sind.

Und spätestens dann wird man/frau sich des Hinweises von Igl in seinem Gutachten erachten, wonach der Vorteil einer Zwangsmitgliedschaft wohl einzig darin zu erblicken ist, dass die Mitglieder nicht austreten können. Tja, so ist das eben mit einer Zwangsmitgliedschaft und wem es gefällt, der sollte schon beizeiten anfangen, die gebotene Ehrfurcht gegenüber privaten Berufsverbänden zu erbringen, wird doch aus diesen sicherlich die Mehrzahl der Funktionäre stammen.
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thorstein
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Beitrag von thorstein » 20.12.2011, 11:14

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Es verdichtet sich immer mehr der Verdacht, dass hier die Akademisierung insbesondere unter dem Aspekt der "Professionalisierung" vorangetrieben wird, um so u.a. auch die Verkammerung rechtfertigen zu können. 
Dieser Verdacht scheint mir ein bisschen weit hergeholt zu sein. Die Theman dürfen doch gerne unabhängig voneinander diskutiert werden. Selbst wenn man jetzt eine Akademisierung der Pflege anstrebt - und darum geht es: Eine Berufsausbildung mit Fachochschulreife macht nämlich keinen Sinn mehr. Der Bachelor wird damit zum Standard und damit sind wir auch wieder anschlussfähig.

Das in diesem Forum sich immer ein paar anonyme Nutzer finden die insoweit Bescheid zu wissen glauben, wundert mich insoweit schon lange nicht mehr. Insoweit gehe ich davon aus, dass diese Nutzer noch nie in der professionellen Pflege gearbeitet haben, egal wie sich insoweit auch nennen mögen. Insoweit können sie auch nicht beurteilen, welche Anforderungen insoweit an die Pflege heutzutage gestellt werde. Insoweit sollte es zu denken geben, wenn in praktisch allen Nachbarländern Pflege längst akademisiert ist.

Lutz Barth
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Verehrter Herr Thorstein...

Beitrag von Lutz Barth » 20.12.2011, 11:31

ohne Frage können die Themen jeweils eigenständig diskutiert werden; aber Sie wissen ja um meine Vorbehalte gegen eine Verkammerung, so dass ich die Gelegenheit nutzen wollte, hier eine Verbindung herzustellen.

Im Übrigen habe ich Sie als kompetenten Gesprächs- und Diskussionspartner hier im Forum schätzen gelernt; wenn Sie so wollen, eine echte Bereicherung für das Forum.

Indes möchte ich aber konsequent bleiben und in der Sache nicht weiter diskutieren. Ich habe mich gerade heute aus dem Forum verabschiedet und wenn ich gleichwohl hier noch einmal antworte, dann sicherlich auch aus dem Grunde, Ihnen persönlich alles Gute in ihrem weiteren Lebensweg zu wünschen und vielleicht auch verbunden mit der Hoffnung, dass Sie in bewährter kritischer Distanz die Probleme in der Pflege weiterhin auf den Punkt bringen.

In diesem Sinne verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Lutz Barth
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Nicht nur Abiturienten können pflegen !

Beitrag von Presse » 21.12.2011, 15:58

Nicht nur Abiturienten können pflegen! Jobs nur mit Abi? / bpa unterstützt Sozialminister Grüttner in seinem Kampf gegen unsinnige EU-Pläne zur Pflegeausbildung

Berlin (ots) - Die Brüsseler Pläne zur Zukunft des Pflegeberufes könnten den Personalnotstand auch in hessischen Pflegeeinrichtungen und Diensten langfristig weiter verschärfen! Dieser besorgten Einschätzung von Landessozialminister Stefan Grüttner schließt sich auch die hessische Landesgruppe des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) an.

Die derzeit vorbereitete Neuauflage einer europäischen Berufsqualifikationsrichtlinie, die unter anderem auch den Zugang zum Krankenpflegeberuf regelt, sieht eine weitreichende Änderung vor: Der Krankenpflegeberuf soll danach künftig nur noch nach zwölf statt bisher zehn Schuljahren erlernt werden dürfen. Auch eine anschließende Übertragung dieser Regelung auf den Altenpflegeberuf ist nach bpa-Auffassung zu befürchten.

"Wenn nur noch Abiturienten eine Ausbildung in der Pflege beginnen dürfen, dann verlieren wir zahllose gut geeignete und motivierte junge Menschen mit einem Real- oder Hauptschulabschluss für diesen Beruf", warnt der hessische bpa-Landesvorsitzende Jochen Rindfleisch-Jantzon und ergänzt mit Blick auf die vielen derzeit unbesetzten Stellen in hessischen Pflegeeinrichtungen und Diensten:
"Wir dürfen die weit gefächerten Zugangsmöglichkeiten für den Pflegeberuf und die damit verbundenen Aufstiegschancen nicht aufs Spiel setzen. Im Gegenteil, wir müssen mehr geeigneten Jugendlichen einen Weg in die Pflege ermöglichen, um den immensen Fachkräftebedarf der Zukunft zu decken."

Der bpa lobt ausdrücklich die klare Position des hessischen Sozialministers Stefan Grüttner, der die EU-Planungen zurückgewiesen hat, weil die damit einhergehende faktische Akademisierung des Pflegeberufes viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger ausschließen und den Fachkräftemangel in der Pflege noch verstärken würde.

Gerade bei Real- und Hauptschulabgängern ist in letzter Zeit stärkeres Interesse an den Pflegeberufen zu beobachten. "Diese Erfahrung haben wir auch während unserer landesweiten Werbekampagne für den Pflegeberuf in den Haupt- und Realschulen gemacht, bei der die jungen Menschen sehr ernsthaftes Interesse an dieser Zukunftsbranche gezeigt haben", betont Rindfleisch-Jantzon. "Auf diese Nachwuchskräfte zu verzichten, können wir uns nicht leisten.
Eine erfolgreich abgeschlossene zehnjährige allgemeine Schulbildung muss deshalb Voraussetzung für die Krankenpflegeausbildung und ebenso für die Altenpflegeausbildung bleiben", fordert der bpa-Landesvorsitzende.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) bildet mit mehr als 7.000 aktiven Mitgliedseinrichtungen, davon über
800 in Hessen, die größte Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der ambulanten und (teil-)stationären Pflege, der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind im bpa organisiert. Die Mitglieder des bpa tragen die Verantwortung für rund 215.000 Arbeitsplätze und ca. 16.500 Ausbildungsplätze.

Pressekontakt: Pressemitteilung vom 21.12.2011
bpa - priv. Anbieter sozialer Dienste

Manfred Mauer, Leiter der Landesgeschäftsstelle, Tel.: 0173/6022308

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Auswahl für die Krankenpflegeausbildung

Beitrag von Sabrina Merck » 21.12.2011, 16:54

Hallo,
ich hatte mich bereits dahingehend geoutet, dass ich die generelle Anhebung der Berufseinstiegsqualifizierung per Abitur für weniger sinnvoll erachte. Ich habe dies zwischenzeitlich auch mit verschiedenen Pflegekräften erörtert. Dabei wurde mir erläutert. dass bereits heute hohe Anforderungen an die Eignung von Bewerberinnen bzw. Bewerbern für die Krankenpflegeausbildung gestellt werden. Es werden, wenn es irgendwie geht, diejenigen angenommen, die eine besonders gute "mittlere Reife" besitzen. Oder es werden schon jetzt Abiturienten genommen. Diese Auswahlverfahren haben sich offensichtlich bewährt, so dass Änderungsnotwendigkeiten nicht gesehen werden. Eine generelle Pflicht, nur noch Abiturienten zu nehmen, wird als kontraproduktiv eingeschätzt.
Mit besten Grüße
Sabrina Merck
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Gaby Modig
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Auswahl für die Krankenpflegeausbildung

Beitrag von Gaby Modig » 22.12.2011, 08:00

Sabrina Merck hat geschrieben: .... ich hatte mich bereits dahingehend geoutet, dass ich die generelle Anhebung der Berufseinstiegsqualifizierung per Abitur für weniger sinnvoll erachte. Ich habe dies zwischenzeitlich auch mit verschiedenen Pflegekräften erörtert. Dabei wurde mir erläutert. dass bereits heute hohe Anforderungen an die Eignung von Bewerberinnen bzw. Bewerbern für die Krankenpflegeausbildung gestellt werden. Es werden, wenn es irgendwie geht, diejenigen angenommen, die eine besonders gute "mittlere Reife" besitzen. Oder es werden schon jetzt Abiturienten genommen. Diese Auswahlverfahren haben sich offensichtlich bewährt, so dass Änderungsnotwendigkeiten nicht gesehen werden. Eine generelle Pflicht, nur noch Abiturienten zu nehmen, wird als kontraproduktiv eingeschätzt. ....
Guten Morgen Sabrina und andere ....
aus meiner Sicht der Dinge kann ich nur bestätigen: Abitur ist nicht grundsätzlich abzulehnen, manchmal sinnvoll. Aber als generelle Einstiegsvoraussetzung halte ich eine Reifeprüfung für entbehrlich. Die Praxis macht es auch deutlich. Diejenigen BewerberInnen mit mitllerem Schulabschluss sind für die praktische Tätigkeit sogar oft besser geeignet. Man sollte es daher den Ausbildungseinrichtungen überlassen, welche Kandidaten sie auswählen, Abiturienten oder Bewerber mit "nur" mittlerer Reife.
Viele Grüße
Gaby
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Überqualifizierung - Abitur wenig hilfreich

Beitrag von R.Koep » 22.12.2011, 11:20

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach Umfragen der Berufsgenossenschaften haben weniger als fünf Prozent der Abiturienten Interesse daran, in die Pflege zu gehen. Gerade im Berliner Raum gibt es in einigen Häusern schon eine Überqualifizierung, so dass Kräfte an der Basis und der Grundversorgung fehlen.
Wir haben zur Zeit ein Strukturproblem in der Versorgung der kranken Menschen, weil den Pflegekräften immer mehr Tätigkeiten der Ärzte und der sonstigen wirtschaftlichen Versorgung aufgebürdet werden.
Die Krankenhäuser in ihrem Unternehmensbewusstsein steuern immer mehr in Richtung Hotel, wobei die Pflegekräfte mehr und mehr zum Zimmerservice werden und dabei die wirklichen Tätigkeiten zu kurz kommen.
Auch das erwähnte Abitur kann hierbei wohl wenig Abhilfe schaffen, da nach drei Jahren Ausbildung eh nur die Menschen zur Pflege zugelassen werden, die hierfür auch geeignet erscheinen.

R.koep

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Krankenpflegeausbildung - Grundlegende Reform überflüssig

Beitrag von Rob Hüser » 23.12.2011, 08:04

Krankenpflegeausbildung - Grundlegende Reform überflüssig

Ich sehe überhaupt keine Notwendigkeit, die geltenden berufsgesetzlichen Vorschriften zu ändern. Das Berufsrecht selbst hat sich bewährt. Was vielleicht einigen Änderungen bedarf, sind die Ausbildungsinhalte. So denke ich daran, dass das Krankheitsbild Demenz und der Umgang mit dieser Krankheit stärker in den Mittelpunkt gerückt gehört.
Die Eingangsvoraussetzungen für die Pflege bedürfen aus meiner Sicht keinerlei Veränderungen. Die Ausbildungseinrichtungen haben einen Spielraum nach oben und können schon jetzt, auf gute BewerberInnen, überhalb der sog. Mittleren Reife abstellen. Wie hier schon ausgeführt wurde, werden ja auch tatsächlich jetzt schon BewerberInnen mit Abitur ausgewählt.
Also: Weniger auf neue Berufsgesetze setzen, sondern den Pflegeberuf durch ausreichend Stellen und bessere Bezahlung attraktiver machen.

MfG Rob
Das Pflegesystem muss dringend zukunftsfest reformiert werden!

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Bahr kämpft gegen das Pflege-Abi

Beitrag von Presse » 23.12.2011, 17:12

Bahr kämpft gegen das Pflege-Abi

Pflege nur noch mit Abitur: Die Pläne der EU-Kommission bringen deutsche Politiker auf die Barrikaden. Gesundheitsminister Bahr kündigt an, gegen den Vorstoß zu kämpfen.
SAARBRÜCKEN (nös). Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat EU-Plänen eine Absage erteilt, das Abitur als Mindestvoraussetzung für Pflegeberufe einzuführen. .... (mehr)
http://www.aerztezeitung.de/politik_ges ... sid=684363

Gaby Modig
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Pflege-Abitur - bitte nicht

Beitrag von Gaby Modig » 23.12.2011, 17:31

Presse hat geschrieben:Bahr kämpft gegen das Pflege-Abi
Pflege nur noch mit Abitur: Die Pläne der EU-Kommission bringen deutsche Politiker auf die Barrikaden. Gesundheitsminister Bahr kündigt an, gegen den Vorstoß zu kämpfen.
SAARBRÜCKEN (nös). Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat EU-Plänen eine Absage erteilt, das Abitur als Mindestvoraussetzung für Pflegeberufe einzuführen. ....
Hallo
nun endlich kommt aus dem BMG auch einmal eine vernünftige Botschaft. Man hat dort offensichtlich erkannt, dass die Abiturpläne wenig hilfreich sind.
Nun wäre nur noch zu wünschen, dass Herr Bahr auch bezüglich der Pflegereform die Kurve kriegt und umfassende Verbesserungen für die pflegebedürftigen Menschen einfordert.
Hat nicht die FDP versprochen "zu liefern"??
Viele Grüße
Gaby
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Ina Böhmer
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Abitur als zwingende Zulassungsvoraussetzung entbehrlich

Beitrag von Ina Böhmer » 26.12.2011, 10:09

Die bisherigen Zulassungsvoraussetzungen für eine Pflegetätigkeit haben sich nach meiner Einschätzung als völlig ausreichend erwiesen. Insoweit sind Verschärfungen mit Blick auf ein Abitur mehr als entbehrlich. Wie hier schon ausgeführt wurde, können Schulen in freier Entscheidung bereits heute die Einstellungskriterien anheben. Daher sind schon viele SchülerInnen in der Krankenpflegeausbildung mit einer über der mittlereren Reife liegenden Schulbildung in der Pflege angekommen. An dieser Situation sollte m.E. nichts geändert werden, zumal Verschärfungen, so wie vom BMG vermutet, zu weiteren Rekrutierungsproblemen führen und den Pflegenotstand ausweiten würde.
Die allseits geforderte Anerkennung für die Pflege muss durch verbesserte Pflege-Rahmenbedingungen und durch pflegliche Behandlung der MitarbeiterInnen in den Einrichtungen gewährleistet werden. Insoweit gibt es erheblichen Handlungsbedarf.

Ina
Der Pflegeberuf verdient mehr Anerkennung!

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Bahr und Montgomery gegen Pflege-Abi

Beitrag von Presse » 27.12.2011, 07:31

Bahr und Montgomery gegen Pflege-Abi
Pflege nur noch mit Abitur: Die Pläne der EU-Kommission bringen deutsche Politiker auf die Barrikaden. Gesundheitsminister Bahr kündigt an, gegen den Vorstoß zu kämpfen. BÄK-Präsident Mongomery warnt vor der Überakademisierung. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=684 ... ege&n=1575

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Pflegeausbildung in Europa

Beitrag von Presse » 03.01.2012, 11:38

Pflegeausbildung in Europa: „Deutschland auf Geisterfahrt“!

Der Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V. (dip) in Köln, Prof. Frank Weidner, warnt vor Kurzsichtigkeit und Isolation der deutschen Politik bei der Frage der Zulassung zur Pflegeausbildung mit höherer Qualifikation. Deutsche Gesundheitspolitiker aus der Bundesregierung und der Opposition hatten sich zuvor unisono gegen die Absicht der EU-Kommission gestellt, europaweit einheitlich zwölf Jahre Allgemeinbildung als Zugangsvoraussetzung zur Pflegeausbildung festzulegen. In 24 der 27 EU-Mitgliedsstaaten gilt dies heute bereits, in Deutschland sind es bislang zehn Jahre.

Die EU-Kommission hatte kurz vor Weihnachten einen entsprechenden Änderungsvorschlag der EU-Richtlinie 2005/36/EG vorgelegt. Mit der Richtlinienänderung verfolgt die EU-Kommission Ziele wie die Vereinfachung gegenseitiger Anerkennungen von Berufsausbildungen, die Steigerung der beruflichen Mobilität sowie eine Modernisierung des Beruferechts. Neue berufliche Anforderungen für Krankenschwestern und Krankenpfleger sowie Hebammen in ganz Europa machen nach Auffassung der Kommission diese Anpassung der Qualifikation notwendig. Hierzulande sehen Politiker der Bundesregierung und der Opposition die Sache ganz anders. So sieht Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) keine Notwendigkeit, „weshalb nur noch Abiturienten Pfleger werden dürfen, es kommt viel mehr auf die soziale Kompetenz als auf ein oder zwei Jahre mehr in der Schulzeit an“.
Johannes Singhammer von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag pflichtet dem bei und schlägt vor, die Pflege besser gerecht zu bezahlen, als das Abitur für Pflegekräfte einzuführen. Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach meint, dass „für uns in der Richtlinie kein Gewinn zu sehen ist“. Insgesamt wird befürchtet, dass sich der Fachkräftemangel in der Pflege durch die Änderungen noch verstärken würde. Außerdem stehe die deutsche Pflege in Europa gut da.

Weidner kritisiert diese Haltungen: „Es ist schon erstaunlich, wie unkundig, kurzsichtig und auch überheblich deutsche Politiker auf diesen überfälligen Vorstoß der EU-Kommission reagieren.“ Er betont, dass der Pflegefachkräftemangel hierzulande viele Ursachen habe. So sei beispielsweise aufgrund verschiedener Gesetze und Regelungen in der Vergangenheit die Zahl der Ausbildungsplätze in der Pflege in Deutschland seit Jahren eher rückläufig und stagnierte zuletzt. Auch werde zu wenig für ältere Mitarbeiter in der Pflege getan, so dass ein Großteil früh aus dem Beruf ausscheidet. Weidner erinnerte daran, dass 2009 die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) noch die Pflegeausbildung in Deutschland für Hauptschüler geöffnet habe. Dies sei bekanntlich ohne nennenswerte Wirkung in Sachen Bekämpfung des Fachkräftemangels geblieben, sei aber mit erheblichem Imageschaden der bundesdeutschen Pflege in Europa einhergegangen. „Angesichts der jetzt auf dem Tisch liegenden Änderungsvorschläge der EU-Richtlinie muten die Positionen bundesdeutscher Gesundheitspolitiker wie eine Geisterfahrt auf der europäischen Zukunftsautobahn Pflege an“, so Weidner weiter.

Der Pflegewissenschaftler begrüßt hingegen, dass im Gegensatz zur Bundespolitik in den Bundesländern inzwischen andere Weichen gestellt werden. So sei förmlich ein Wettbewerb um die besten Modellstudiengänge in der Pflege entbrannt, mit denen eine Pflegeausbildung und ein Studium kombiniert werden kann. Weidner zählt inzwischen mehr als 30 solcher so genannten dualen Studiengänge und betont, dass dazu selbstverständlich der reguläre Hochschulzugang der Studierenden erforderlich ist. „Damit reagieren die Bundesländer schon auf den starken Qualifikationsdruck aus der Praxis“, sagt Weidner und hofft, dass diese Studiengänge nach der Modellphase in entsprechende Regelangebote überführt werden.
Der Direktor des dip weist auf Daten und Erfahrungen hin, die zeigen, dass der Pflegestandort Deutschland in Europa nach und nach seine Konkurrenzfähigkeit einbüße. So gingen seit Jahren trotz entgegengesetzter und mithin verzweifelter Bemühungen der Politik in Deutschland deutlich mehr Pflegefachkräfte ins benachbarte Ausland, als von dort aus nach hier kommen. „Deutschland ist offensichtlich jetzt schon unattraktiv für ausländische Pflegefachkräfte.“, sagt Weidner. Das liege auch an den hierzulande häufig sehr belastenden Arbeitsbedingungen in der Pflege, an der vergleichsweise niedrigen Bezahlung, am schlechten Image und bald dann auch an der nicht mehr wettbewerbsfähigen Qualifikation in Europa.

Auf der anderen Seite steigen bekanntlich die Anforderungen an verantwortliche Pflegefachkräfte immer weiter. „In den Krankenhäusern werden immer mehr Patienten in immer kürzerer Zeit von immer mehr Ärzten und zugleich immer weniger Pflegepersonal behandelt.“, so Weidner.
Zugleich schreitet der medizinisch-technisch-pflegerische Fortschritt voran. In der stationären Altenpflege nimmt der Anteil schwer- und schwerstpflegebedürftiger Menschen insbesondere mit Demenz deutlich zu.
Und in der häuslichen Pflege steigen die Ansprüche aller Beteiligten auch immer weiter. Studien aus dem Ausland legen die Vermutung nahe, dass die Qualität der Patientenversorgung nicht nur mit der Quantität des zur Verfügung stehenden Personals, sondern insbesondere auch mit dessen Qualifikation zusammenhängt. Weidner: „Und wenn beides nicht mit den Entwicklungen mithält, dann ist mittelfristig die pflegerische Versorgung der Bevölkerung massiv gefährdet.“

Weidner fordert zur Verbesserung der Situation der Pflege in Deutschland eine konzertierte Aktion von Politik, Verbänden, Einrichtungen und Gesellschaft, die die Qualifikation, die Arbeitsbedingungen, die Vergütung und das Image der Pflege gleichermaßen einbezieht. Dazu empfiehlt er dringend, die Zugangsvoraussetzungen für verantwortliche Pflegefachkräfte sukzessive auf europäisches Niveau anzuheben. Er betont aber auch, dass es im europäischen Ausland neben den entsprechend gut qualifizierten verantwortlichen Pflegefachkräften eine ganze Reihe weiterer zuarbeitender Pflegeberufe gibt, die zahlreiche Assistenz- und Unterstützungsaufgaben übernehmen. Auch in Europa sei es nicht so, dass jeder, der in der Pflege arbeitet, zuvor das Abitur gemacht haben müsse.

Das gemeinnützige Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (dip) ist ein Institut an der Katholischen Hochschule NRW (KatHO NRW) in Köln und betreibt einen weiteren Standort an der Philosophisch- Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) bei Koblenz. Es beschäftigt rund 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Quelle: Pressemitteilung vom 03.01.2012
Kontakt: Elke Grabenhorst (Sekretariat), Tel: 0221/ 46861-30; dip@dip.de (Veröffentlichung frei, Beleg erbeten)

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Zugang zur Pflegeausbildung erst nach 12 Schuljahren

Beitrag von Presse » 12.01.2012, 13:47

EU-Kommission: Zugang zur Pflegeausbildung erst nach 12 Schuljahren ermöglichen / Erneuerung der Berufsanerkennungsrichtlinie - bpa warnt vor Verschärfung des Fachkräftemangels

Berlin (ots) - Die Europäische Kommission hat zur Jahreswende dem EU-Parlament die in Deutschland höchst umstrittene Änderung der Berufsanerkennungsrichtlinie unterbreitet. Diese enthält neben der Heraufsetzung der für die Krankenpflegeausbildung erforderlichen Schulbildung auf zwölf Jahre auch eine Vielzahl an weiteren Änderungen des europäischen Berufsanerkennungsrechts, die Bedeutung für die Anerkennung europäischer Berufsabschlüsse haben.

Die EU-Kommission begründet die Erneuerung der Richtlinie mit dem Mangel an Arbeitskräften. Dieser werde in Zukunft nicht nur fortbestehen, sondern voraussichtlich sogar ansteigen, insbesondere im Gesundheitswesen.

"Damit wird unsere Ansicht des bereits existierenden Pflegekräftemangels nun selbst von Seiten der EU bestätigt", sagt Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). "Umso unverständlicher ist es, dass mit dieser Richtlinie der Zugang zur Pflegeausbildung deutlich erschwert werden soll."

Der bpa und die Pflegeeinrichtungen befürchten, dass sich damit der Fachkräftemangel noch erheblich verschärfen wird. Diese Kritik wird von der deutschen Politik geteilt. Darüber hinaus würde die vorgelegte Richtlinie diverse Regelungen des erst zum April 2012 in Kraft tretenden Anerkennungsgesetzes in Deutschland in Frage stellen.

Eine Erhöhung der schulischen Voraussetzungen für die Krankenpflege würde in Deutschland aufgrund der geplanten Zusammenlegung der Alten- und Krankenpflege bedeuten, Altenpfleger kann nur werden, wer Abitur hat oder zwölf Jahre Schulbildung. Der bereits bestehende Fachkräftemangel würde deutlich verstärkt und das bei erheblich steigenden Zahlen pflegebedürftiger Menschen.

Die Richtlinie liegt nun dem EU-Parlament vor, das weitere Verfahren ist in Gang gesetzt. Die geänderte Richtlinie soll noch
2012 beschlossen werden. Es gilt jetzt zu handeln, um dem bereits bestehenden Fachkräftemangel nicht weiter Vorschub zu leisten.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) bildet mit mehr als 7.000 aktiven Mitgliedseinrichtungen die größte Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der ambulanten und (teil-)stationären Pflege, der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind im bpa organisiert. Die Mitglieder des bpa tragen die Verantwortung für rund 215.000 Arbeitsplätze und ca.
16.500 Ausbildungsplätze.

Quelle: Pressemitteilung vom 12.01.2012
Pressekontakt: bpa - priv. Anbieter sozialer Dienste
Herbert Mauel, Bernd Tews, Tel.: (030) 30 87 88 60

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Pflege zwischen Hauptschule, Hartz IV und Abitur

Beitrag von Presse » 17.01.2012, 13:32

Pflege in Deutschland. Zwischen Hauptschule, Hartz IV und Abitur

Berlin, 17. Januar 2012. In den vergangenen Jahren ist immer wieder die Diskussion entbrannt, welche Zugangsvoraussetzungen für den Pflegeberuf erforderlich sind. In Anbetracht des drohenden Pflegenotstands in Deutschland war und ist die eindeutige Tendenz der Politik, die Zugangsvoraus-setzung auf Hauptschulniveau abzusenken. Die EU-Kommission hat währenddessen im Dezember 2011 in Brüssel einen Reformvorschlag zur Anerkennung von Berufsqualifikationen vorgestellt. Demnach sollen die Staaten die Zulassungsvoraussetzung für bestimmte Pflegeberufe von zehn auf zwölf Jahre Schulausbildung anheben. Nach EU-Angaben ist das schon heute in 24 Mitgliedsstaaten der Fall. Nicht aber in Deutschland. In der Regel führen zwölf Jahre Schulzeit zum Abitur. Eine vergleichbare Ausbildung soll allerdings auch anerkannt werden können. Als Grund für den Vorstoß nannte die EU-Kommission die beruflich gestie-genen Anforderungen in den Pflegeberufen. Im Jahr der Pflege, so vom BMG für 2011 proklamiert, hat sich Minister Bahr gleich öffentlich zu den Plänen geäußert, dass diese das falsche Signal seien. Und er habe sich in Brüssel persönlich gegen diese Pläne gewehrt und würde das auch weiter tun. Seiner Auffassung nach müssten auch Haupt- und Realschülern die Möglichkeit haben, einen Pflegeberuf zu ergreifen. Häufig käme es vielmehr auf die soziale Kompetenz an, statt auf die verbrachte Zeit in der Schule. Für den Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbands Pflegemanagement Peter Bechtel erscheint dieses Statement als paradox, denn damit würden wir von einem Extrem ins andere fallen und somit keinen Schritt weiter kommen. „Vielmehr brauchen wir in der politischen und inhaltlichen Diskussion endlich eine Trennschärfe für den Begriff Pflege, der aktuell inflationär verwendet wird und die komplette Bandbreite, von der hauswirtschaftlichen Tätigkeit bis zur hochkomplexen Intensivpflege, abdeckt. Ergänzend dazu muss die Frage beantwortet werden, welche Berufsgruppe im Gesundheitsversorgungssystem der Zukunft, welche Aufgaben und mit welcher Qualifikation übernimmt“, so Bechtel. Erst dann könne geklärt werden, welche Voraussetzungen erforderlich sind, um eine entsprechende Qualifikation zu erreichen und die übertragenen Aufgaben im Sinne einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung überhaupt zu erfüllen. Gleichzeitig würde diese Neuausrichtung dazu führen, dass die leidige und unergiebige Diskussion um Delegation, Substitution oder Allokation von ärztlichen Aufgaben endlich ein Ende fände. In diesem Kontext mache es auch Sinn, für die professionell Pflegenden mit Prozessverantwortung, als Zugangsvoraussetzung eine 12-jährige Schulbildung für das grundständische Pflegestudium zu fordern, Bechtel weiter.

Anhang
Bundesverband Pflegemanagement_Pressemitteilung_Zwischen Hauptschule Hartz IV und Abitur - Pflege in Deutschland _120117_out.pdf (142,7 kB)
http://www.bv-pflegemanagement.de/meldu ... 17_out.pdf

Quelle: Pressemitteilung vom 17.01.2012

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