Brigitte Heinisch beim EGMR erfolgreich

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Informationsschutz für Beschäftigte

Beitrag von Presse » 26.07.2011, 09:04

Marburger Bund - Bundesverband
Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.

Pressemitteilung Nr. 30 vom 26. Juli 2011

Marburger Bund begrüßt das Urteil zum Informationsschutz für Beschäftigte

Berlin – Der Marburger Bund freut sich über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zum Informationsschutz für Beschäftigte. Bereits auf seiner 116. Hauptversammlung im November 2009 forderte der Verband den Deutschen Bundestag auf, für mehr Informationsfreiheit zu sorgen, damit der Schutz von Fehlermeldern („Whistleblowers“) für das Gesundheitswesen gesetzlich festgeschrieben wird.

„Der EGMR hat mit seiner Rechtsprechung Mitarbeitern, die Missstände in ihrem Unternehmen ansprechen, den Rücken gestärkt. Richtig gemacht kann das zu einem weiteren wichtigen Beitrag für mehr Sicherheit der Patienten werden. Die Beschäftigten im Gesundheitswesen dürfen keine Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen haben, wenn sie auf Gefahren und Rechtsverstöße in ihrem Arbeitsbereich hinweisen. Eine Novellierung des § 612a BGB zum Informationsschutz für Beschäftigte mit der Aufnahme eines Anzeigerechtes ist nun - nach der Entscheidung des EGMR - dringend und zwingend“, sagte der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke.

Der Transparenzgedanke und die datenschutzrechtlichen Belange sowohl der meldenden sowie belasteten Person sind in eine konkrete gesetzliche Regelung zu übernehmen. Vorschläge dazu liegen aus der 18. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland in ihrer Entschließung vom 24. Juni 2009 auf dem Tisch. „Bei einer rechtlichen Regelung muss vor allem deutlich werden, wie der Gesetzgeber im Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Grenze zwischen zulässigem ‚Whistleblowing’ und unzulässiger Publikation von Betriebsinterna zieht“, so Henke.

Internet: 18. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten ( http://www.lda.brandenburg.de/sixcms/de ... da_entschl )
_____________________________________________

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Der Marburger Bund ist der Verband aller angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Mit rund 107.000 Mitgliedern ist er der größte Ärzteverband mit freiwilliger Mitgliedschaft in Europa und Deutschlands einzige Ärztegewerkschaft.

Rita Reinartz
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Mängelberichte öffentlich machen - weiterhin problematisch

Beitrag von Rita Reinartz » 29.07.2011, 17:51

Im Moment häufen sich die Meldungen, die von einer Klärung der Rechtslage berichten und rosige Zeiten für Mängelberichte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch gegenüber der Öffentlichkeit, angebrochen sehen.
Ich sehe aber solche rosige Zeiten noch lange nicht. Wie schon an anderer Stelle angemerkt wurde, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nur ein Einzelverfahren entschieden und damit allgemeine Aussagen verbunden.
Solche Aussprüche lösen aber nicht die vielfach bestehenden Besorgnisse der MitarbeiterInnen bezüglich etwaiger Folgen (Nachteile) auf. Denn wer weiß schon im vorhinein, wie am Ende ein Verhalten beurteilt wird?
Daher setze ich auf den deutschen Gesetzgeber (Bundestag). Der muss für klare Verhältnisse sorgen!

R.R.
Menschenwürdegarantie bedarf bei der Umsetzung entsprechender Rahmenbedingungen. Insoweit gibt es aber Optimierungsbedarf!

Rüdiger Bastigkeit
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Pflegemängel - Beschwerdemanagement stärken

Beitrag von Rüdiger Bastigkeit » 30.07.2011, 09:31

WernerSchell hat geschrieben: .... Obwohl der Entscheidung des EGMR richtungsweisenden Charakter zukommt, sollten ArbeiternehmerInnen bei Mitteilungen / Anzeigen über Pflegemängel die allgemein geltenden Regeln über betriebliche Beschwerden nicht außer Acht lassen. Solange nämlich nicht entsprechend den seit Jahren erhobenen Forderungen von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk eine arbeitnehmerfreundliche Novellierung des § 612a Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufgegriffen ist, bleiben bei einer Öffentlichmachung von Mangelsituationen Risiken. Solche Risiken hat auch das Urteil des EGMR, das sich auf einen ganz konkreten Einzelfall bezieht, nicht vollständig beseitigen können. ....
Ich kann dem gerne beipflichten. Jetzt scheint mir der Gesetzgeber gefordert. Er kann das Thema - passend - im Rahmen der in Vorbereitung befindlichen Pflegereform aufgreifen. Pflegekräfte brauchen konkrete Vorgaben, wann und in welcher Form sie über Mangelsituationen informieren können und dürfen. Alle klugen Aussagen, der EGMG habe jetzt eine handfeste und klare Grundläge für die Öffentlichmachung eventuell erkannter Missstände abgeliefert, verkennt die Lebenswirklichkeit. Wenn wir von Pflegekräften bestimmte Aktivitäten beim Beschwerdemanagement erwarten, müssen wir dies auch für diesen Personenkreis gesetzlich absichern.

Rüdiger Bastigkeit
Pflegesystem verbessern - dringend!

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Beschwerdemanagement / Whistleblowerschutz

Beitrag von WernerSchell » 01.08.2011, 09:03

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative - Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“


Pressemitteilung vom 01.08.2011

Schutz der ArbeitnehmerInnen durch ein nachteilsfreies Beschwerdemanagement - Durch Neufassung des § 612a BGB die Öffentlichmachung von Mängeln in Pflegeeinrichtungen durch die MitarbeiterInnen gewährleisten!

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat am 01.08.2011 in einer umfangreichen Zuschrift alle Fraktionen im Deutschen Bundestag und den Petitionsausschuss gebeten, durch eine Novellierung von § 612a BGB sicherzustellen, dass ArbeitnehmerInnen Mängel im Betrieb (folglich auch in Pflegeeinrichtungen) ohne Nachteile ansprechen und ggf. öffentlich machen können. Der Text dieser Zuschrift ist auf der Internetseite von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk unter Pressemitteilungen (Statements und offene Briefe) im vollen Wortlaut nachlesbar und abrufbar.

Mit dem Antrag von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk können die Bestrebungen, den allgemeinen Whistleblowerschutz für die Bundesrepublik Deutschland voran zu bringen, unterstützt werden.

Wer die Petition von Pro Pflege –Selbsthilfenetzwerk unterstützen möchte, sollte sich schnellstmöglich per Briefpost (mit Unterschrift) gegenüber dem Deutschen Bundestag äußern und die Petition mit zeichnen (Mustertext als Vorschlag angefügt).

Werner Schell
Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege- Selbsthilfenetzwerk

Die vorstehende Pressemitteilung ist zur Veröffentlichung frei
+++
Mustertext als Vorschlag:

(Name, Anschrift, Datum)…

An den
Deutschen Bundestag – Petitionsausschuss
Platz der Republik 1
11o11 Berlin

Betr.: Schutz der ArbeitnehmerInnen durch ein nachteilsfreies Beschwerdemanagement - Durch Neufassung des § 612a BGB die Öffentlichmachung von Mängeln in Pflegeeinrichtungen durch die MitarbeiterInnen gewährleisten!
Bezug: Petition von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk vom 01.08.2011 (Vorstand: Werner Schell, Harffer Straße 59, 41469 Neuss)

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich/wir unterstütze(n) die vorbezeichnete Petition von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk (Neuss) und zeichnen sie hierdurch mit.
Mit freundlichen Grüßen
(Vor- und Zuname)
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Strafanzeige rechtfertigt keine Kündigung?

Beitrag von Presse » 04.08.2011, 06:35

Strafanzeige rechtfertigt keine Kündigung?
Rechtsgebiet: Arbeitsrecht
Rechtstipp vom 03.08.2011

Der aktuellen Presse, unter anderem einem Artikel in der Ärztezeitung vom 24.07.2011 war die aktuelle Entscheidung des EGMR ( Az.: 28274/08 ) besprochen. Der EGMR hatte keine Berechtigung eines Arbeitgebers gesehen ein zu einer Pflegekraft bestehendes Arbeitsverhältnis (außerordentlich) zu kündigen, auch wenn diese nach Erstattung einer Strafanzeige von den deutschen Gerichten anders gesehen wurde.
.... Weiter lesen unter
http://www.anwalt.de/rechtstipps/strafa ... 19906.html

Anmerkung der Moderation:
Siehe auch die Beiträge unter
viewtopic.php?t=4243

Ina Böhmer
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Pflegemängel - der Gesetzgeber muss sich kümmern

Beitrag von Ina Böhmer » 04.08.2011, 09:17

Das vorgestellte Urteil des EGMR ist interessant und wird die Diskussion um den Whistleblowerschutz voran bringen. Die Lösung des Problems kann das Urteil aber nicht bewirken. Denn ist an dem Fall von Frau Heinisch ausgerichtet. Frau Heinisch ist sicherlich in der bundesdeutschen Arbeitsgerichtsbarkeit nicht gut behandelt worden.
Die Schwierigkeiten, mit Pflegemängel umzugehen, gar in die Öffentlichkeit zu gehen, bleiben. Daher ist, und so schließe ich mich gerne den gemachten Vorschlägen an, der Gesetzgeber in Berlin gefordert.

Ina Böhmer
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Whistleblowing - Viele lieben den Verrat ...

Beitrag von Gaby Modig » 05.08.2011, 06:38

Bei meiner frühmorgendlichen Internetrecherche wurde ich auf folgende Textbeiträge aufmerksam:

Anja Mengel, Arbeitsrechtsanwältin
„Vorwürfe mit Tatsachen unterfüttern“
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Entlassung der Altenpflegerin Brigitte Heinisch für rechtswidrig erklärt. Sie hatte ihren Arbeitgeber angezeigt.
Frau Mengel, hat der EGMR ein deutsches Fehlurteil wieder gutgemacht?
Anja Mengel
Nein. Man hat das Gefühl, hier wurden zwei verschiedene Fälle entschieden.
.... http://www.faz.net/artikel/C30125/anja- ... 75723.html

Whistleblowing
Viele lieben den Verrat ...

... doch keiner liebt den Verräter. Mitarbeiter, die Missstände im Unternehmen aufdecken, gelten oft als Petzen. Als Helden gefeiert werden sie nur in den seltensten Fällen.
Von Caroline Freisfeld
.... Tatsache ist, dass sich weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein „Persilschein“ für Whistleblower findet. Die Arbeitsgerichte nehmen das einzelne Arbeitsverhältnis in den Blick und ermitteln, ob die Aktionen des Mitarbeiters - etwa eine Strafanzeige oder der Gang zu den Medien - eine unverhältnismäßige Reaktion waren. Ausgangspunkt ist, dass das Arbeitsverhältnis ein Vertrauensverhältnis ist, in dem Loyalitätspflichten bestehen. ....
http://www.faz.net/artikel/C30125/whist ... 75730.html
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Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 05.08.2011, 18:30

"Frau Heinisch ist sicherlich in der bundesdeutschen Arbeitsgerichtsbarkeit nicht gut behandelt worden", so I. Böhmer.

Nun - andererseits mag uns vielleicht zu bedenken geben, dass immerhin ein Marsch durch die Instanzen (bis hin zum BVerfG) keine Korrektur der erstinstanzlichen Entscheidung hat bewirken können.

Vielleicht hilft es der Debatte ein wenig, sich auf die Rechtsfragen zu konzentrieren und ob nun die "Meinungsfreiheit" ein Whistleblowing stets zu rechtfertigen mag, steht doch auch nach der Entscheidung des EMGR zu bezweifeln an.

Auch die Entscheidungen des EMGR sind nicht stets der Weisheit letzter Schluss!

Auch wenn es sicherlich einige Unmutsreaktionen hervorrufen wird, möchte ich doch letztlich zu bedenken geben, dass wir keine "Märtyrer" brauchen, um die defizitären Zu- und Umstände mit Blick auf die professionelle Pflege anzuprangern
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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Whistleblowing-Problematik - Verunsicherung bleibt

Beitrag von Ina Böhmer » 14.08.2011, 09:08

Lutz Barth hat geschrieben: .... Vielleicht hilft es der Debatte ein wenig, sich auf die Rechtsfragen zu konzentrieren und ob nun die "Meinungsfreiheit" ein Whistleblowing stets zu rechtfertigen mag, steht doch auch nach der Entscheidung des EMGR zu bezweifeln an. - Auch die Entscheidungen des EMGR sind nicht stets der Weisheit letzter Schluss! ....
Da möchte ich nicht widersprechen. Der EMGR hat sich mit einem Einzelfall befasst, der jetzt einen Abschluss gefunden hat, der bei vorschneller Betrachtung zu Fehlinterpretationen führen kann. Ich denke, dass die Whistleblowing-Problematik in alle Richtungen bedacht werden muss. Dann sollte aber der Gesetzgeber - ohne langes Zögern - eine klare gesetzliche Basis für das korrekte Verhalten der ArbeitnehmerInnen - vor allem in den Pflegeeinrichtungen - schaffen. Pflegekräfte wissen nämlich auch heute nicht wirklich Bescheid, wie sie sich bei Mangelsituationen bezüglich der allseits geforderten "Offenbarungspflicht" verhalten sollen. Überlastungsanzeigen schreiben ist auch kein wirklich "scharfes Schwert". Courage zeigen mit Öffentlichmachung und möglicherweise Mobbing, Abmahnung, Kündigung usw. ? Oder einfach den Mund halten und den Arbeitsplatz nicht in Gefahr bringen? Die Antworten stehen aus, auch nach dem Entscheid des EGMR!

Ina
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Werner Schell schreibt Pflege-Leitfaden - NGZ-Bericht

Beitrag von WernerSchell » 23.09.2011, 17:13

»Erfttaler Werner Schell schreibt Pflege-Leitfaden«
Buchtipp der Neuss-Grevenbroicher Zeitung (NGZ) vom 22.09.2011 hier:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... tfaden.php
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Whistleblower: Arbeitnehmer seien ausreichend geschützt!

Beitrag von Lutz Barth » 07.10.2011, 15:34

Gesetzliche Verankerung des Schutzes von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern (Whistleblower) als Konsequenz des EGMR-Urteils vom 21. Juni 2011 (?)

Vgl. dazu die Antwortung der Bundesregierung unter dem nachfolgenden Link

>>> http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/070/1707053.pdf <<< pdf.

"In Deutschland werden Arbeitnehmer, die den zuständigen Behörden echte oder vermeintliche Missstände in den Betrieben melden, durch die allgemeinen kündigungsrechtlichen Vorschriften (§ 626 BGB, § 1 KSchG), das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot (§ 612a BGB)und durch die in diese arbeitsrechtlichen Vorschriften einfließenden verfassungsrechtlichen Vorgaben in Verbindung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts geschützt. Gegenwärtig diskutieren die G-20 Staaten die notwendigen Standards in Bezug auf den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern bei Korruptionsstraftaten und bereiten entsprechende Empfehlungen vor. Die Bundesregierung wird diese Empfehlungen bei der Prüfung eines möglichen gesetzlichen Handlungsbedarfs für Deutschland berücksichtigen."

Quelle: BT-Drucksache 17/7053 v. 21.09.11 - elektronische Vorabfassung
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Vivantes bietet entlassener Altenpflegerin Geld an

Beitrag von Presse » 12.10.2011, 06:33

70.000 Euro
Vivantes bietet entlassener Altenpflegerin Geld an


Dienstag, 11. Oktober 2011 17:28
Der Klinikkonzern Vivantes hat der gekündigten Altenpflegerin Brigitte Heinisch 70.000 Euro angeboten und strebt damit eine außergerichtliche Einigung an. Die Berlinerin, die Missstände in ihrem Betrieb angeprangert hatte, wurde nach ihrer Kritik fristlos gekündigt. ....
http://www.morgenpost.de/politik/inland ... ld-an.html

Nach Entlassung
Altenpflegerin fordert 350.000 Euro von Vivantes

Dienstag, 11. Oktober 2011 17:42 - Von Ina Brzoska
Die Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch hatte Missstände bei ihrem Arbeitgeber Vivantes angeprangert, war daraufhin entlassen worden und siegte letztlich vor Gericht. Nun bietet ihr der Klinikkonzern Geld an. Allerdings weit weniger als gefordert. ....
http://www.morgenpost.de/politik/inland ... antes.html

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Eine Ende in Sicht?

Beitrag von Lutz Barth » 12.10.2011, 08:18

Nun - da dürfen wir denn alle gespannt sein, wie der angekündigte "Rechtsstreit" ausgehen wird. Der Träger sieht sich derzeit vor der Alternative gestellt, entweder mit "Gelassenheit" dem neuen Verfahren entgegen zu sehen oder andererseits im Verhandlungswege die begehrte "Entschädigungszahlung" i.H.v. brutto 350.000.-- nach unten zu "drücken". Weitere Alternativen können wohl ausgeschlossen werden, da wir der o.a. Medienberichterstattung entnehmen können, dass die Mitarbeiterin kein Interesse an einer Wiedereinstellung hegt. Überdies sei ehemalige Mitarbeiterin „über Mobbing, Stress und Arbeitsüberlastung erwerbsunfähig geworden“ (so die Berliner Morgenpost v. 11.10.11), so dass auch mit Blick hierauf eine Wiederaufnahme der Beschäftigung eher unwahrscheinlich sein dürfte.
Auch der ehemaligen Mitarbeiterin ist bewusst, dass die geforderte Summe sehr hoch ist. „Die 350 000 Euro brutto hätten aber auch symbolischen Charakter und "Unternehmen reagieren erst, wenn es ihnen finanziell richtig wehtut", so die Einschätzung der ehemaligen Mitarbeiterin (vgl. Berliner Morgenpost, ebenda).
Im Rechtsstreit urteilte das Landesarbeitsgericht zugunsten der Arbeitgeberin und nach dem EU-Urteil werteten Juristen die Entscheidung als "Ohrfeige" für die Berliner Richter, so ein weiterer Hinweis in dem Artikel. Ob diese Einschätzung von der herrschenden Lehre getragen wird, vermag ich derzeit nicht zu überblicken, wenngleich aber darauf hinzuweisen ist, dass zwischenzeitlich auch kritische Stimmen zu vernehmen sind.
Ob die Berliner Richter sich in letzter Konsequenz von der Entscheidung des EGMR beeindrucken lassen, möchte ich ausdrücklich an dieser Stelle nicht beurteilen. Dies deshalb nicht, weil der „Abwägungsprozess“ durchaus ein offener ist, mal ganz davon abgesehen, dass Art. 10 der Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Abs. 2 darauf hinweist, dass die Ausübung dieser Freiheiten durchaus mit Pflichten und Verantwortung verbunden sind.
Ein angestrebtes „Wiederaufnahmeverfahren“ zeichnet sich demzufolge durch eine gewisse Brisanz aus, die weniger der Höhe der „Entschädigung“ geschuldet ist, sondern vielmehr dem Umstand, ob die Arbeitsgerichte ihre bis dato an sich gesicherte Rechtsprechung zu den Loyalitätspflichten der Vertragsparteien in einem Arbeitsverhältnis vor dem Hintergrund der „Whistleblower-Problematik“ zu überdenken haben und welche Konsequenzen sie hieraus zu ziehen gedenken, und zwar gerade vor dem Hintergrund der allgemeinen Regeln über die Darlegungs- und Beweislast im Arbeitsgerichtsverfahren. Wie immer „steckt der Teufel im Detail“!
Andererseits könnte es sich lohnen, einen Blick in die Judikatur des BVerfG zu werfen; vielleicht ebnet dieser den Willen beider Parteien, eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Das „Prozessrisiko“ ist nicht ohne und ich persönlich denke, dass mit entsprechender Phantasie sich Orientierungspunkte auch aus dem Gesetz ablesen lassen, woraus sich im Zweifel für beide Parteien eine vertretbare Lösung ergibt und zwar insbesondere mit Blick auf die geforderte „Entschädigungszahlung“.
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Beitrag von johannes » 30.10.2011, 17:23

Große Konzerne haben eine ausgefeilte Taktik. Wird eine außergerichtliche Einigung erzielt, gibt es auch kein Grundsatzurteil, das andere Benachteiligte in Anspruch nehmen könnten. So versuchen jene, die Macht und Geld haben, ihre Pfründe zu schützen. Wie die Vergangenheit gelehrt hat, wird vielleicht wieder ein

nicht wer Recht hat, bekommt Recht, sondern wer das nötige Kleingeld bereit hält, schafft sich sein Recht.
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

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"Geld regiert die Welt"

Beitrag von Lutz Barth » 30.10.2011, 17:57

Nun - diese Erkenntnis ist doch wahrlich nicht neu, zumal nicht in Arbeitsgerichtsprozessen. Seit Jahren ist das Kündigungsschutzgesetz zum sog. "Abfindungsgesetz" denaturiert worden und dies war nur möglich, weil auch die Arbeitnehmerschaft den "Verlockungen" einer Abfindung nicht widerstehen konnten.

Der hier angesprochene Fall ist freilich von übergordnetem, weil "medialem" Interesse und wirft durchaus interessante Rechtsfragen auf, zumal das Urteil des EMGR mehr Fragen, denn Antworten aufwirft.

Es erscheint reizvoll, diesen Fall zu kommentieren, aber ich halte es - wie bisher in anderen Fällen auch - für nicht angebracht, als Außenstehender hierzu einen Kommentar abzugeben, da ich die Prozessakten nicht kenne.

Zu fragen ist freilich, welche Botschaft von diesem Fall ausgesendet wird. Hier habe ich nach wie vor eine skeptische Grundhaltung, zumal ich den Eindruck gewonnen habe, dass dieser "Fall" bestimmten Medienvertretern und "Fachkreisen" gelegen kam, obgleich die Rechtsfragen so schwer nun auch nicht wieder waren und neben den materiellen Rechtsfragen insbesondere die Darlegungs- und Beweislastfragen interessant waren, getreu dem Motto: da mihi factum, dabo tibi ius - Reich mir die Fakten und ich zeige Dir das Recht!

Natürlich kann es auch im Bestreben von Großkonzernen liegen, es nicht zu einer höchstrichterlichen Entscheidung kommen zu lassen; dies ist nichts Ungewöhnliches.

Interessanter und anspruchsvoller wäre es allerdings, vor dem Hintergrund der eingeschätzten Prozessaussichten auch mal "drauf zu halten" und das Risiko bewusst einzugehen.

Insofern bin ich persönlich gespannt, wie der "Fall" seine Beendigung finden wird.
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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