Anzahl der Pflegekräfte im Nachtdienst / gute Pflege

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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nightnurse
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Anzahl der Pflegekräfte im Nachtdienst / gute Pflege

Beitrag von nightnurse » 11.07.2010, 18:22

hallo ihr lieben pflegenden!
ich möchte euch kurz meine situation schildern und würde gerne eure meinung zur folgenden situation hören:

es handelt sich um ein heim mit ca 45-50 bewohnern, hauptsächlich pflegestufe 2-3. zu dieser einrichtung gehören noch 2 nebengebäude, die über ein notrufsystem mit der einrichtung verbunden sind. es kann also vorkommen, dass man nachts angepiept wird und leute in den nebengebäuden versorgen muss ( zbsp nach sturz/ notfallsituationen / sonstiges) außerdem ist man als nachtschwester für reisegruppen zuständig, welche zwar betreuer dabeihaben, aber bei notfällen von unserer einrichtung mit betreut werden müssen.
folgendes problem: in der nacht ist man in der regel alleine eingeteilt, nicht etwa auf station, sondern GANZ ALLEIN für die gesamte einrichtung inkl nebengebäude! oft dauern rundgänge bis 3 stunden, man ist alleine beim lagern schwerer patienten, muss sich um infusionen und pumpenernährung kümmern, hinzu kommen viele toilettengänge und leute, die nachts beatmungspflichtig sind. die dokumentation ist sehr zeitaufwendig, da nach jedem rundgang mit uhrzeit abgezeichnet werden muss, außerdem muss man für den frühdienst tropfen richten/ tbl mörsern. wenn man ins nebengebäude muss, ist die komplette einrichtung alleine. man hat im hintergrund eine rufbereitschaft, die man im notfall anrufen kann, die aber oft am nächsten tag im frühdienst eingeteilt ist, wesshalb man dies wirklich nur im notfall nutzen sollte. man muss mit 30 min rechnen, bis derjenige kommt.
ich habe meinen beruf eigentlich aus überzeugung gelernt /weil ich menschen helfen wollte und sie bestmöglichst versorgen will, nur leider fehlt mir erstens die zeit dazu, zweitens die nerven, wenn bewohner xyz zum zehnten mal klingelt und zur toilette will, oder frau abc zum 5. mal durch den gang irrt und ihr zimmer nicht mehr findet oder zuwendung braucht. langsam erkenne ich mich selbst nicht mehr wieder, da bereits ohne zwischenfälle der dienst kaum schaffbar ist.
nun meine frage: sind solche zustände normal, oder bin ich mittlerweile so fertig, dass ich dem beruf einfach nicht mehr gewachsen bin? wie sieht es in anderen einrichtungen aus? wie sieht es rechtlich aus bzw muss eine zweite kraft gestellt werden?
vielen dank!

Herbert Kunst
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Personelle Besetzung unzureichend - Sorgfaltspflicht beachte

Beitrag von Herbert Kunst » 11.07.2010, 18:52

Hallo Nachtschwester,

anhand der beschriebenen Situation kann man unschwer erkennen, dass eine totale personelle Unterbesetzung gegeben ist. Unter den benannten Umständen ist eine pflegerische Arbeit, die am Gebot der erforderlichen Sorgfalt orientiert ist, nicht möglich. Daher sind vielfältige pflichtwidrige Verrichtungen (Tun oder Unterlassen) wohl stets gegeben. Haftungsrechtliche Folgerungen müssen befürchtet werden.

Daher ist dringend zu einer Überlastungsanzeige zu raten:
viewtopic.php?t=14413&highlight=%DCberlastungsanzeige
Eine solche Anzeige ist ggf. in Zeitabständen zu wiederholen. Damit ist zwar niemand "aus dem Schneider", aber eine gewisse Entlastung bezüglich einer möglichen Haftung ist gegeben.

Im Forum gibt es zahlreiche Beiträge zur Sorgfaltspflicht und zum Stellenschlüssel. Hinweise dazu habe ich angefügt. Meine Empfehlung: Beiträge auswerten und Erkenntnisse in die Überlastungsanzeige einfügen.

Gruß
Herbert Kunst

Sorgfaltspflicht:
viewtopic.php?t=5913&highlight=sorgfaltspflicht
viewtopic.php?t=7108&highlight=sorgfaltspflicht
viewtopic.php?t=6807&highlight=sorgfaltspflicht
viewtopic.php?t=10925&highlight=sorgfaltspflicht
viewtopic.php?t=14452&highlight=sorgfaltspflicht
viewtopic.php?t=12530&highlight=sorgfaltspflicht
viewtopic.php?t=9705&highlight=sorgfaltspflicht
viewtopic.php?t=9021&highlight=sorgfaltspflicht
viewtopic.php?t=3604&highlight=sorgfaltspflicht

Stellenschlüssel:
viewtopic.php?t=14154&highlight=stellenschl%FCssel
viewtopic.php?t=13834&highlight=stellenschl%FCssel
viewtopic.php?t=12762&highlight=stellenschl%FCssel
viewtopic.php?t=9347&highlight=stellenschl%FCssel
viewtopic.php?t=10411&highlight=stellenschl%FCssel
viewtopic.php?t=10398&highlight=stellenschl%FCssel
viewtopic.php?t=5743&highlight=stellenschl%FCssel
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

PflegeCologne
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Personelle Unterbesetzung - nicht hinnehmbar

Beitrag von PflegeCologne » 12.07.2010, 06:53

Guten Morgen,

die beschriebene Situation deutet in der Tat auf eine totale personelle Unterbesetzung hin, die eigentlich sofortiges Handeln von Heimaufsicht und MDK erfordert. Allerdings muss eine betroffene Pflegekräfte eine gewisse Zurückhaltung üben, wenn sie nicht gleich abgemahnt oder gar gekündigt werden will.
Daher sind die Hinweise / Vorschläge von Herbert genau zielführend. Ich rate auch zu einer deutlich formulierten Überlastungsanzeige. Darin sollte aufgezeigt werden, welche Verrichtungen eigentlich zwingend anfallen und wieviel Zeit dafür erforderlich wäre. Man müsste dabei auch - vorsichtig formuliert - darstellen, welche Dienstleistungen nicht möglich sind, also notgedrungen entfallen müssen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass für den Nachtdienst unter den gegebenen Umständen mindestens 3 Dienstkräfte (Pflegefachkräfte) erforderlich sind. Alles andere scheint nach meiner groben Einschätzung unvertretbar und kann so nicht bleiben.

MfG Pflege Cologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Sabrina Merck
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Pflegekräfte im Nachtdienst / gute Pflege

Beitrag von Sabrina Merck » 12.07.2010, 07:43

nightnurse hat geschrieben: ..... nun meine frage: sind solche zustände normal, oder bin ich mittlerweile so fertig, dass ich dem beruf einfach nicht mehr gewachsen bin? wie sieht es in anderen einrichtungen aus? wie sieht es rechtlich aus bzw muss eine zweite kraft gestellt werden? ...
Hallo und guten Morgen!

Die beschriebene Situation entspricht sicher nicht dem, was wir allgemein erwarten dürfen. Allerdings gibt es aufgrund der unguten Rahmenbedingungen vielerorts ähnliche Probleme.
Man kann, wie geschehen, eigentlich nur raten, per Überlastungsanzeige "seine Pflicht zu tun", ggf. wiederholt. Es muss eigentlich so lange "getrommelt" werden, bis der Träger reagiert.
Vielleicht ist es auch anzuraten, Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk in aller Form einzubinden. Dafür ist aber wohl eine Mitgliedschaft anzuraten. Eine solche Mitgliedschaft ist aber immer auch ohne diese Falldiskussion nicht verkehrt. Denn Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk kümmert sich mit aller Deutlichkeit und Nachdruck um bessere Pflege-Rahmenbedingungen. Dazu wird auch der nächste große Pflegetreff am 16.11.2010 Stellung beziehen:
viewtopic.php?t=14122

MfG Sabrina
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Anja Jansen
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Pflegeskandal - Ausbeutung von Pflegekräften

Beitrag von Anja Jansen » 12.07.2010, 15:14

Hi,
da wichtige Hinweise bereits gegeben sind (Zustimmung), verbleibt mir nur zu sagen, dass die beschriebene Pflegesituation schlichtweg unzumutbar ist. Da muss man nicht noch lange überlegen. Was hier von einer Pflegekraft erwartet / verlangt wird, ist gesundheitschädigend und gehört eigentlich öffentlich angeprangert.
Pflegeskandal ist m.E. auch, wenn mit Pflegekräften ausbeuterisch umgegangen wird.
MfG Anja
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

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...

Beitrag von nightnurse » 12.07.2010, 16:45

vielen dank für eure antworten! ich habe schon an mir selbst gezweifelt, da ich kurz vorm burnout stehe und meine vorgesetzten, die ich bereits auf die unzumutbarkeit hingewiesen habe, gesagt haben, dass andere mit dieser schicht keine probleme haben und ich * zu nett* zu den leuten wäre und sie ergo mehr klingeln würden, als bei anderen nachtwachen. außerdem solle ich die ansprüche an mich selbst nicht so hoch stellen und die sache lockerer sehen. :shock: naja, was ich davon halten soll, weiss ich auch nicht!

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Re: ... Pflegende dürfen nicht zu nett sein ???

Beitrag von Rita Reinartz » 12.07.2010, 17:36

nightnurse hat geschrieben: .... ....dass andere mit dieser schicht keine probleme haben und ich * zu nett* zu den leuten wäre und sie ergo mehr klingeln würden, als bei anderen nachtwachen. außerdem solle ich die ansprüche an mich selbst nicht so hoch stellen und die sache lockerer sehen. :shock: naja, was ich davon halten soll, weiss ich auch nicht!
Hallo,
die personelle Besetzung im Nachtdienst ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar. Dass sich Pflegekräfte den hilfebedürftigen Menschen zuwenden, einfach auch nett sind, ist doch eine Selbstverständlichkeit. Dies als eine Art Makel zu beschreiben, ist schon ein Hammer. Allerdings haben sich mittlerweile auch schon einige "gestandene" Pflegekräfte abgewöhnt, nach Sorgfaltskriterien, pflegerischem Standard, arbeiten zu wollen. Wenn wir das als Regel hinnehmen, sind wir fernab von dem, was Pflege eigentlich bedeuten soll.
Ich kann nur empfehlen, eine Arbeitssituation so, wie sie beschrieben wurde, nicht weiter klaglos hinzunehmen.
MfG
R.R.
Menschenwürdegarantie bedarf bei der Umsetzung entsprechender Rahmenbedingungen. Insoweit gibt es aber Optimierungsbedarf!

thorstein
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Beitrag von thorstein » 12.07.2010, 18:34

Hallo nightnurse,

da du dich ja an Kollegen/Pflegende gewandt hast, möchte ich doch auch einige Bemerkungen dazu machen. Im Gegensatz zu meinen Vorrednern arbeite ich tatsächlich in der Pflege, und zwar wie du im Nachtdienst. Ich bin mit einer Helferin für ca. 100 Pflegebedürftige zuständig, dazu kommt noch ein Wohnbereich.

Grundsätzlich gibt es keinen Personalschlüssel für den Nachtdienst, aber der bundesweit von Heimaufsicht und MDK anerkannte Teiler liegt tatsächlich bei 1/50. Das ist natürlich auch abhängig von der Klientel, aber wir bewegen uns genau im Grenzbereich.

Sollte deine Einrichtung regelmäßig von MDK und Heimaufsicht geprüft werden, so ist dieser Teiler bei euch gewissermassen anerkannt und dann rate ich dir von einer Überlastungsanzeige ab.

Wenn ich davon ausgehe, dass es sich bei deinem Träger um keinen Betrüger handelt, dann hält er sich an den vereinbarten Personalschlüssel für die Einrichtung. D.h. würde er mehr Personal im Nachtdienst einstellen, müßte er dies im Tagdienst kürzen. Du kannst sicher selbst einschätzen, ob dem Tagdienst ein Kürzung zumutbar ist.

Wenn es in der Einrichtung ein offenes Ohr für konstruktive Vorschläge gibt, kann die Situation durchaus entspannt werden. Voraussetzung ist natürlich, dass sich der Nachtdienst einig ist und die Belastungsüberschreitung auf Leitungsebene erkannt wurde.

Die einfachste Möglichkeit ist natürlich, so einen Unfug wie Tropfen richten für den Frühdienst einzustellen. Das wird eigentlich auch nicht mehr von den Heimaufsichten toleriert.
Dann könnte man jeweils eine KollegIn vom Spätdient für 1,5 h länger arbeiten lassen und so den Aufwand für den ersten Rundgang halbieren. Bei uns geht der Spätdienst bis 22 Uhr und der erste Rundgang fällt ganz weg. Vor dieser Regelung waren wir um 12 Uhr schon platt und quälten uns nur noch durch den Rest der Nacht.
Wenn du allein arbeitest, sollten die entsprechenden Hilfsmittel vorhanden sein und eventuell auch geeignete Fortbildungen angeboten werden wie Z.B. Kinaesthetik.

Unabhängig davon halte ich die Zustände in der stationären Pflege für grundgesetzwidrig. Mit den derzeit gültigen Personalschlüsseln ist sowohl die körperliche Unversehrtheit der Pflegebedürftigen als auch die der Pflegekräfte gefährdet. Bleibst du in diesem System, wirst du dir immer vorhalten lassen müssen, dass du diese menschenunwürdigen Zustände ja noch unterstützt. Wehrst du dich innerhalb des Systems, bist du zum Scheitern verurteilt. Deshalb entziehen sich die meisten kritischen Pflegekräfte mittelfristig diesem Dilemma, was die Situation in den Heimen auch nicht entschärft. Insofern bist du mit deinen Zweifeln sicher nicht allein.

Anja Jansen
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Sorgfältige Pflegeleistungen gewährleisten

Beitrag von Anja Jansen » 13.07.2010, 07:04

thorstein hat geschrieben: ..... Unabhängig davon halte ich die Zustände in der stationären Pflege für grundgesetzwidrig. Mit den derzeit gültigen Personalschlüsseln ist sowohl die körperliche Unversehrtheit der Pflegebedürftigen als auch die der Pflegekräfte gefährdet. Bleibst du in diesem System, wirst du dir immer vorhalten lassen müssen, dass du diese menschenunwürdigen Zustände ja noch unterstützt. Wehrst du dich innerhalb des Systems, bist du zum Scheitern verurteilt. Deshalb entziehen sich die meisten kritischen Pflegekräfte mittelfristig diesem Dilemma, was die Situation in den Heimen auch nicht entschärft. Insofern bist du mit deinen Zweifeln sicher nicht allein.
Hallo,
diesen zitierten Zeilen kann man ohne Abstriche zustimmen. Die anderen Ausführungen sind kommentierungsbedürftig bis falsch:
Es geht hier um die nächtliche Versorgung von 45 - 50 Personen in Stufen 2 und 3. Daraus leiten sich relativ hohe Beanspruchungen ab, die ja im Anfragetext ausgeführt wurden. Die Nachtschwester ist überfordert, droht gesundheitlichen Schaden zu nehmen (oder ist er schon gegeben?). Unter solchen Umständen von einer Überlastungsanzeige abzuraten, ist nicht mehr nachvollziehbar, liegt klar daneben. Es gibt auch keine verbindlichen Zahlenvorgaben für die nächtliche Versorgung. Es wäre im Zweifel auch gänzlich unerheblich, wie Heimaufsicht und MDK die gegebenen Zahlen bewerten. Alleinige Orientierungsbasis sind die tatsächlich gegebenen Einsatzbedürfnisse. Wenn es insoweit eine personelle Unterbesetzung gibt, muss diese beseitigt werden. Sorgfältiges pflegerisches Arbeiten muss sich daran ausrichten, was aufgrund der gegebenen Bedürfnislage angesagt ist. Selbst wenn es für den Nachtdienst eine personelle Vorgabe gäbe. Sie dürfte dann keine Rolle spielen, wenn die Umstände andere Anforderungen stellen. Und so sehe ich die Fallschilderung (wohl übereinstimmend von anderen Schreibern). Für Verniedlichtungen sehe ich keine Veranlassung.

MfG Anja
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

Dieter Radke
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Sorgfalt muss sich an Verfassung und SGV ausrichten

Beitrag von Dieter Radke » 13.07.2010, 07:34

Ich sehe es so:

Pflegekräfte haben einen Dienstvertrag (§ 611 BGB), der sie verpflichtet, mit der erforderlichen Sorgfalt tätig zu werden. Diese Sorgfalt bestimmt sich vorrangig nach dem, was in der Pflegewissenschaft theoretisch und praktisch verlangt wird. Dies entspricht in aller Regel dem Lehrstoff, der aktuell in der dreijährigen Ausbildung zur Krankenschwester bzw. zur Altenpflegerin gelehrt wird. - Daran haben sich Pflegekräfte auszurichten. Jedenfalls wäre das die entscheidende Basis für Fragestellungen, die sich auf das verantwortliche Handeln beziehen. - Bei der Beurteilung der Sorgfaltserwägungen spielen in der Altenpflege selbstverständlich auch die verfassungsrechtliche Grundordnung (Menschenwürdegarantie, Art. 1 GG) und die Vorschriften von SGB I und XI eine Rolle.
Ergänzende vertragliche Regelungen (Rahmenverträge, Heimverträge usw.) sind meist sehr allgemein gehalten und können die o.a. Grundsätze nicht einschränken. Auch das tatsächliche Geschehen oder das Tolerieren von fragwürdigen Zuständen durch Heimaufsicht und MDK kann keine Änderungen an dem bewirken, was grundsätzlich die Dienstpflicht von Pflegekräften ausmacht.
Anhand solcher Überlegungen sind die Zustände, die in Heimen bei 40 - 50 Bewohnern eine Betreuungskraft/Nachtschicht vorsehen, nur als rechtswidrig, menschenunwürdig, zu charaktisieren. Sie gehören beseitigt. Rechtfertigungsversuche sind fehl am Platze.
Dass sich Pflegekräfte, die anhand solcher Zustände sogar gesundheitlichen Schaden nehmen, den Aufgaben nicht mehr gewachsen sind, zu Wort melden, ist doch wohl das Mindeste. Vorgesetzte, die solche Wortmeldungen nicht hören wollen oder gar die beschriebenen Zustände noch rechtfertigen (man möge nicht "so nett" sein), gehören abgelöst.

Das meint:
Dieter Radke
Menschenwürdige Pflege ohne Ausnahme! - Dafür müssen wir alle eintreten.

Gerhard Schenker
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Registriert: 18.11.2005, 09:14

Pflegeschlüssel sind wenig aussagekräftig

Beitrag von Gerhard Schenker » 13.07.2010, 09:35

thorstein hat geschrieben: ...
Grundsätzlich gibt es keinen Personalschlüssel für den Nachtdienst, .... Unabhängig davon halte ich die Zustände in der stationären Pflege für grundgesetzwidrig. Mit den derzeit gültigen Personalschlüsseln ist sowohl die körperliche Unversehrtheit der Pflegebedürftigen als auch die der Pflegekräfte gefährdet. ....
Meine Auffassung ist, dass Stellen-Schlüsseldiskussionen nur am Rande von Bedeutung sind. Wie schon deutlich ausgeführt wurde, muss die angemessene pflegerische Dienstleistung gewährleistet sein. Und dies muss geschehen unter Umständen, die für die MitarbeiterInnen nicht krankmachend sind. Dazu kann man u.a. im Arbeitsschutzgesetz einiges nachlesen.
Der hier ganz oben dargestellte Sachverhalt ist nach meiner Meinung nicht akzeptabel, gehört zwingend (per Überlastungsanzeige) angesprochen. Er ist durch nichts zu rechtfertigen. Eigentlich müssten Leitungskräfte, die solche Arbeitssituationen für zumutbar erachten, abgemahnt werden!

G.Sch.
Das Pflegesystem bedarf einer umfassenden Reform - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung zukunftsfest machen!

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