Fachkraftquote in Pflegeheimen - Erhöhung angemahnt

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

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Fachkraftquote in Pflegeheimen - Erhöhung angemahnt

Beitrag von Presse » 12.03.2010, 15:37

Deutsches Netzwerk Primary Nursing mahnt zur Erhöhung der Fachkraftquote in Pflegeheimen

Das Deutsche Netzwerk Primary Nursing empfiehlt den politisch Verantwortlichen nachdrücklich, den heimrechtlichen Fachkräfteanteil in stationären Pflegeeinrichtungen deutlich anzuheben. In den meisten Bundesländern liegt dieser Anteil bei nur 50 %. Im Spannungsfeld zwischen den vielfältigen fachlichen und rechtlichen Anforderungen, die gerade im vergangenen Jahrzehnt neue Dimensionen angenommen haben, sind insbesondere vier Merkmale von entscheidender Bedeutung für eine effiziente Pflege, die Fehler und Defizite minimieren kann. Diese sind: eigenverantwortliches professionelles Handeln, Kontinuität der Pflege, kurze Kommunikationswege sowie Planung und Durchführung der Pflege in einer Hand. Eine international etablierte Organisationsform des stationären Pflegealltags, die eben diese Aspekte verbindet, ist das Primary Nursing. Hier ist für jeden Pflegebedürftigen eine persönliche, dauerhaft für ihn verantwortliche Fachkraft benannt.

Pflegeheime versorgen heute überwiegend Menschen in der letzten Lebensphase – mit komplexen pflegerischen Bedürfnissen, die zu Hause nicht mehr bewältigt werden können. Der Zustand eines pflegebedürftigen Heimbewohners ist typischerweise ständigen Veränderungen unterworfen: Von pflegerischen Nichtfachkräften kann die Versorgung ohne häufige Anleitung und dichte Überwachung durch Fachkräfte kaum bewältigt werden.

So beschränkt sich beispielsweise das pflegerische Handeln bei Vorliegen einer Harninkontinenz nicht wie einst auf das Anlegen von saugenden Inkontinenzhilfsmitteln. Vielmehr ist hier eine kontinuierliche Einschätzung des sogenannten Kontinenzprofils und damit einhergehend die Planung, interdisziplinäre Abstimmung und Evaluation von Maßnahmen zur Vermeidung von Inkontinenz bzw. zur Förderung der Kontinenz erforderlich. Dies und mehr ist längst fachlicher Konsens und Inhalt eines von mehreren bundesweit gültigen Expertenstandards der Pflege, deren Erfüllung rechtsverbindlich ist. Dazu bedarf es, wie bei vielen sensiblen Themen, des professionellen Aufbaus einer vertrauensvollen Beziehung zwischen verantwortlicher Fachkraft und Pflegebedürftigem. – Analog zur Harnkontinenz liegen auch andere essenzielle pflegerische Aufgabengebiete wie Dekubitusprophylaxe, Sturzprävention, Schmerzmanagement, Ernährung und Flüssigkeitsversorgung und Wundversorgung fast völlig in den Händen der Fachkräfte und können nicht an Unausgebildete delegiert werden.

Ist nur jede zweite in der stationären Pflege Beschäftigte eine examinierte Fachmitarbeiterin, so kann häufig die Mindestversorgung nicht mehr gewährleistet werden – die wenigen Fachkräfte werden durch bewohnerferne oder fließbandartige Aufgaben absorbiert. Da beispielsweise im Nachtdienst nahezu ausschließlich Fachkräfte eingesetzt werden können, reduziert sich der Anteil der verfügbaren Fachkräfte in den Tagschichten auf unter 50 %. Diese müssen zudem zahlreiche weitere Aufgaben wahrnehmen – behandlungspflegerische Maßnahmen sowie anspruchsvolle administrative Aufgaben oder etwa die Mitarbeit in Qualitätszirkeln. Hinzu kommt die fachliche Überwachung der Nichtfachkräfte und Ehrenamtlichen. Außerdem müssen Fachkräfte häufig in fremden Wohnbereichen erkrankte Kollegen vertreten.

Warum beschäftigen die Pflegeheime nicht unabhängig von der 50%-Quote mehr Fachpersonal? Heimträger müssen eine klar definierte Anzahl Pflegepersonal anstellen, sie wird pflegestufenabhängig mit den Kostenträgern vereinbart. Die Position der Pflegekassen hierzu in den Pflegesatzverhandlungen ist eher indifferent, ihre Leistungen sind ohnehin gedeckelt. Anders die Verhandlungspartei der Sozialhilfeträger: sie haben in der Regel ein starkes Interesse daran, dass die Pflegesätze so niedrig sind, dass tatsächlich nur die heimrechtlich verbindlichen 50 % des erforderlichen Personals auf Fachkraftniveau bezahlt werden können, die übrigen 50 % aber nur auf Hilfskraftniveau. Die Mindestquote von 50 % wird hier also zugleich zur Maximalquote. Von Experten wird die für eine angemessene Versorgung erforderliche Fachkraftquote auf etwa 85 % eingeschätzt.

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK)
Deutsches Netzwerk Primary Nursing
Salzufer 6
10587 Berlin
Tel: 030/2191570
dbfk@dbfk.de
http://www.dbfk.de/Deutsches-Netzwerk-P ... ursing.php

Das Deutsche Netzwerk Primary Nursing wurde 2007 als unabhängiges Netzwerk unter dem Dach des DBfK gegründet. Nähere Informationen und Kontakt über http://www.dbfk.de/Deutsches-Netzwerk-P ... ursing.php

Quelle: Pressemitteilung vom 12.03.2010
Johanna Knüppel | Referentin | Redaktion DBfK Aktuell | Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe - Bundesverband e.V.
http://www.dbfk.de | Salzufer 6 | 10587 Berlin | Fon 030-219157-0 | Fax 030-219157-77 | Umsatzsteuer Id.Nr. DE 114235140

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Pflegenotstand überwinden

Beitrag von ProPflege » 12.03.2010, 16:31

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative - Harffer Straße 59 - 41469 Neuss

Neuss, den 12.03.2010

An den
Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe e.V.
Berlin


Sehr geehrte Frau Knüppel,
sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben die Mitteilung des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) vom 12.03.2010 (unten) ins Forum übernommen. Den Text finden Sie unter:
viewtopic.php?p=50661#50661

Ich bin sehr erfreut darüber, dass Ihrerseits so klar für mehr Pflegefachpersonal geworben wird. Ich werde daher auf Ihre Mitteilung immer wieder aufmerksam machen. Es wäre aber auch sinnvoll, auf die Notwendigkeit von Personalbemessungssystemen in den verschiedenen Pflegesystemen einzugehen. Solche Bemessungssysteme gibt es in den Krankenhäusern überhaupt nicht (mehr). Die Stellenschlüssel in den Heimen sind regional unterschiedlich und reichen hinten und vorne nicht. Daraus resultiert ein Notstand, der dringend behoben werden muss. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht geschildert bekomme, wie prikär die Arbeitsverdichtungen geworden sind und wo es schlicht hinten und vorne fehlt. Die Heimaufsichten prüfen im Rahmen ihrer Kontrollen bezüglich des Personals nur, ob der (aus hiesiger Sicht unzureichende) Stellenplan eingehalten ist. Sie gehen nicht darüber hinaus und monieren den nach den entsprechenden Vorschriften gegebenen Pflegenotstand.

Bei unserem Pflegetreff am 27.04.2010 in Neuss-Erfttal - "Welche Pflege wollen wir (uns leisten)?" - werden wir auf dieses Thema gebührend eingehen müssen:
viewtopic.php?t=12279

Die nächste Pflegereform muss den Pflegenotstand umfassend aufgreifen, sonst wird es mit einer besseren Pflege nichts. Transparenz, Schulnoten, usw. helfen allein nicht, können allenfalls ergänzend wirken. Mit solchen Aktivitäten verbessern wir nicht die Rahmenbedingungen, sondern erhöhen nur den Druck auf die ohnehin überlasteten Pflege- und Betreuungskräfte. Siehe dazu passend auch die hiesige Pressemitteilung vom 11.03.2010 zu mehr Betreuungskräften (Langzeitarbeitslose) in den Heimen:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... t_sein.php

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - Dozent für Pflegerecht
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/

thorstein
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Beitrag von thorstein » 12.03.2010, 16:58

In dieser Pressemitteilung wimmelt es nur so von beabsichtigten(?) Fehleinschätzungen.

Grundsätzlich hat jeder Mensch, und damit auch jede Pflegekraft eine Leistungsgrenze. Alle Pflegekräfte in den Heimen arbeiten längst am Limit, und warum sich an dieser Situation durch eine Erhöhung der Fachkraftquote etwas ändern sollte, ist mir gelinde gesagt ein Rätsel. Wenn also die Gesamtzahl der Pflegekräfte nicht erhöht wird, bleibt es bei der Akkordpflege. Hier ist die eigentliche Qualitätseinschränkung verwurzelt. Unter diesen Rahmenbedingungen ist eine aktiviernde Pflege nicht möglich und man muss nicht erst die Harninkontinenz als Beispiel bemühen.

Das hier das Problem unzureichender Personalschlüssel absichtlich ignoriert wird, um das Anliegen einer Erhöhung der Fachkraftquote zu verstärken, kann nicht im Sinne der Pflegekräfte sein, auch nicht der Pflegefachkräfte.

Selbstverständlich müsste zunächst die Frage beantwortet werden, wieviel Personal für eine angemessene Pflege vorzuhalten wäre. Danach könnte man dann immer noch darüber dikutieren, wie hoch der Fachkraftanteil sein müßte. Nach meiner Einschätzung könnte er bei einer entsprechend deutlichen Erhöhung des Gesamtschlüssels dann auch unter 50% fallen.

Das Konzept des primary nursing lässt sich bei entsprechender Anleitung der Nicht-Fachkräfte durchaus realisieren. Tatsächlich fehlt aber die Zeit für diese Anleitung.

Die Sozialhilfeträger haben in erster Linie Interesse daran, dass die Gesamtzahl des Personals niedrig bleibt. Außerdem haben wir einen Fachkraftmangel, der es in manchen Regionen schon fast unmöglich macht, die vorgeschrieben Fachkraftquote zu erreichen.

Da immer noch damit argumentiert wird, dass professionelle Pflegekräfte effizienter und schneller arbeiten, könnte man ja auch die Fachkraftquote erhöhen und zum Kostenausgleich die Personalschlüssel senken. Innerhalb dieses Systems, indem einzig und allein nach dem Mantra "Die Kassen sind leer" argumentiert wird, wäre das ein folgerichtiger Schritt.

Die hier vorgetragene Argumentation überzeugt nicht und ist auch nicht zielführend. Wer letzlich behauptet, eine Erhöhung der Fachkraftquote auf 85% würde eine angemessene Versorgung garantieren, hat das eigentliche Problem nicht erfasst.

PflegeCologne
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Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte deutlich erhöhen

Beitrag von PflegeCologne » 12.03.2010, 17:35

thorstein hat geschrieben: .... In dieser Pressemitteilung wimmelt es nur so von beabsichtigten(?) Fehleinschätzungen. ..... Die hier vorgetragene Argumentation überzeugt nicht und ist auch nicht zielführend. Wer letzlich behauptet, eine Erhöhung der Fachkraftquote auf 85% würde eine angemessene Versorgung garantieren, hat das eigentliche Problem nicht erfasst. ....
Hallo thorstein,
Deine Äußerungen beziehen sich offensichtlich allein auf die Pressemitteilung des DBfK. Denn die ergänzende Äußerung von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk, die das DBfK-Anliegen grundsätzlich unterstützt, wirbt aber vorrangig für die Behebung des tatsächlich bestehenden Pflegenotstandes in den verschiedenen Systemen. Das ist in der Tat der Hauptknackpunkt! Ohne eine deutliche Vermehrung der Pflege- und Betreuungskräfte, unabhängig von irgendwelchen fachlichen Quotierungen, wird die Pflege- und Betreuungsnot nicht überwunden. In diesem Sinne argumentiert Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk immer wieder - und daher unterstütze ich diese Neusser Bemühungen sehr gerne.
MfG Pflege Cologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

WernerSchell
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Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte deutlich erhöhen

Beitrag von WernerSchell » 12.03.2010, 17:52

PflegeCologne hat geschrieben: .... die ergänzende Äußerung von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk, die das DBfK-Anliegen grundsätzlich unterstützt, wirbt aber vorrangig für die Behebung des tatsächlich bestehenden Pflegenotstandes in den verschiedenen Systemen. Das ist in der Tat der Hauptknackpunkt! Ohne eine deutliche Vermehrung der Pflege- und Betreuungskräfte, unabhängig von irgendwelchen fachlichen Quotierungen, wird die Pflege- und Betreuungsnot nicht überwunden. In diesem Sinne argumentiert Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk immer wieder - und daher unterstütze ich diese Neusser Bemühungen sehr gerne. ...
Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte deutlich erhöhen

Den Äußerungen von Pflege Cologne stimme ich gerne zu. Es ist seit vielen Jahren meine Meinung, dass der Pflegenotstand vorrangig zu beheben ist. Es muss v.a. mehr Personal in die Einrichtungen! Wir brauchen dazu vernünftige am wirklichen Pflegebedarf orientierte Bemessungssysteme. Wenn dann ergänzend eine Anhebung der Fachpflegequote vorgenommen wird, kann das nur positiv wirken. Aber entscheidend muss sein und bleiben, dass mehr Zuwendungsmöglichkeiten geschaffen werden. Und das geht nur mit Menschen. - Natürlich müssen im Rahmen der anstehenden (größeren) Pflegereform auch noch andere Veränderungen her. Aber das ist jetzt hier nicht das Thema.
Mir ist bewusst, dass die von hier angestrebte gute Pflege teurer wird. Daher habe ich auch bewusst das Thema zum Pflegetreff am 27.04.2010 formuliert: "Welche Pflege wollen wir (uns leisten)?

MfG Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Gerhard Schenker
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Pflegenotstand überwinden - mehr Personal einstellen

Beitrag von Gerhard Schenker » 14.03.2010, 08:55

ProPflege hat geschrieben: .... für mehr Pflegefachpersonal geworben wird. Ich werde daher auf Ihre Mitteilung immer wieder aufmerksam machen. Es wäre aber auch sinnvoll, auf die Notwendigkeit von Personalbemessungssystemen in den verschiedenen Pflegesystemen einzugehen. Solche Bemessungssysteme gibt es in den Krankenhäusern überhaupt nicht (mehr). Die Stellenschlüssel in den Heimen sind regional unterschiedlich und reichen hinten und vorne nicht. Daraus resultiert ein Notstand, der dringend behoben werden muss. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht geschildert bekomme, wie prikär die Arbeitsverdichtungen geworden sind und wo es schlicht hinten und vorne fehlt. ....
Hallo Forum,
gut so. Der Pflegenotstand gehört immer wieder angesprochen. Damit solide argumentiert werden kann, müssen vernünftige Bemessungssysteme her, bundeseinheitlich. Es wird dann zweifelsfrei zu einer deutlichen Personalaufstockung kommen müssen.
MfG G.Sch.
Das Pflegesystem bedarf einer umfassenden Reform - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung zukunftsfest machen!

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Beitrag von G. Fröhlich- Rockmann » 15.03.2010, 10:13

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich sag es lieber vorweg: Auch ich bin daür, dass mehr Personal in die Heime kommt, ABER auch diese Pressemitteilung geht irgendwie an der tatsächlichen Pflegepraxis in Deutschland vorbei und da ist es nun einmal so, dass die überwiegende Mehrheit Pflegebedürftiger in Deutschland nicht in Heimen gepflegt wird, weshalb ganz objektiv gefragt werden darf wie denn bitte schön alleine die Erhöhung des Fachkräfteanteils den enstcheidenden Durchbruch und die Beseitigung des Pflegenotstandes birngen soll??

Diese Pressemitteilung ist schon von daher Schwachsinn weil eben ca 670.000 pflegende Angehörige in Deutschland tatgtäglich hervorragend pflegen, ohne Qualitätszirkel und die ganz überwiegende Mehrheit eben auch ohne Qualifikation ! Von daher vermisse ich schon die Forderung nach Qualifikationsmöglichkeiten für eben diese pflegenden Angehörigen, wenn es denn tatsächlich um Pflege von Hilfebedürftige und nicht um Pflege eines Berufsstandes gehen soll, wie ja immer wieder vorgegeben wird.

Ich wage auch in Zweifel zu ziehen dass ab morgen der Pflegenotstand in Deutschland erledigt sein wird wenn ab morgen 100% Fachkräfte in den Heimen wären (was aus meiner Sicht wirtschaftlicher Schwachsinn ist), denn Beziehungspflege (wie sie in der häuslichen Pflege gelebte Praxis ist) wird auch dann nicht automatisch statt finden, auch wenn man die Neudeutsch dann Primary Nursing oder wie auch immer man will nennen mag.

Zum anderen frage ich mich ernsthaft wo man denn plötzlich die ganzen Fachkräfte her nehmen will ???

Die aufgeführten Pflegebeispiele wie Harninkontinenz,Sturzprävention,Dekubitusprophylaxe, Schmerzmanagement, Ernährung und Flüssigkeitszufuhr sind lächerlich, oder meint man ernsthaft das dies nur durch Fachkräfte zu realisieren sind?

Jede Form der Inkontinenz setzt eine engmaschige Fachärztliche Betreuung voraus. Wo sind die Fachärzte in unseren Heimen?

Die beste Dekubitusprophylaxe ist Bewegung des Patienten. Welche fachliche Qualifikation ist notwendig um mit einem Menschen zu Laufen oder gymnastische Übungen zu machen ggf. mit Verordnung eines behandelnden Arztes durch eine Physiotherapeuten.

Gleiches trifft für die Sturzprävention zu und die Kosten von Hüftprotektoren (um die 13 €) werden auch keine Pflegefachkräfte übernehmen.

Ernährung und Flüssigkeitsversorgung ist ähnlich gelagtert. Der überwiegende Großteil der Menschen in unserem Lande kannn rechnen udn eine Flüssigkeitsbilanz aufstellen, ähnliches gilt bei der Ernährung denn tasuende von Diabetikern in unserem Land sind täglich darauf angewiesen Kalorien zu zählen oder Broteinheiten. Sicher davon auch zahlreiche Pflegebedürftige. Gefüttert werden in unserem Lande tagtäglich tausende Pflegebedürftige zu Hause und jede Mutter füttert ihr Kind. Welche Ausbildung bedraf es hierzu bitte schön????

Wundversorgung wird wohl in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkasse liegen. Zumindest ist das bei uns zu Hause so und ich weiß nicht weshalb dei Pflegekassen nun auch noch durch die Entlastung der Krankenkassen belastet werden sollen!

Es sei auch die Frage erlaubt, wei denn bitte schön diese allseits beliebten Expertenstandards in den Rechtlichen Leistungsansprüchen des geltenden Pflegekassengesetzes abgebildet sind? Ich befürchte gar nicht, wodurch ein Problem entstehen wird die aufgeführten essenzielle pflegerischen Aufgabengebiete werden gar nicht von den Kassen adäquat bezahlt womit die entstehenden Kosten dann wohl am Pflegebedürftigen hängen bleiben werden.

"Von pflegerischen Nichtfachkräften kann die Versorgung ohne häufige Anleitung und dichte Überwachung durch Fachkräfte kaum bewältigt werden. " Na da frage ich mich doch mal ernsthaft wie wir das dann bisher geschafft haben?

Zusammenfasend schlage ich eher vor die Pflegesachleistung der jeweiligen Pflegestufe an den Pflegebedürftigen auszuzahlen der dann in die Lage versetzt wird Pflege sich so zu organisieren wie er es wünscht und wie es seinen tatsächlichen Bedürfnissen entspricht, denn wir pflegen Menschen und nicht standardisierte Biomasse!!

Mit freundlichen Grüßen
Gerd Fröhlich-Rockmann
Es ist der Mensch und nicht die Krankheit

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Angehörigenarbeit stärken

Beitrag von Gerhard Schenker » 15.03.2010, 10:24

G. Fröhlich- Rockmann hat geschrieben: ..... Auch ich bin daür, dass mehr Personal in die Heime kommt, ABER auch diese Pressemitteilung geht irgendwie an der tatsächlichen Pflegepraxis in Deutschland vorbei .... Diese Pressemitteilung ist schon von daher Schwachsinn weil eben ca 670.000 pflegende Angehörige in Deutschland tatgtäglich hervorragend pflegen, ohne Qualitätszirkel und die ganz überwiegende Mehrheit eben auch ohne Qualifikation ! ....
Hallo GFR,
die Pressemitteilung des DBfK ist aus meiner Sicht allein deshalb berechtigt, weil sich hier ein Berufsverband zur professionellen Pflege in den dafür vorgesehenen Einrichtungen äußert. In der Tat, dort gehört mehr Personal hin, erheblich mehr und qualifiziert. Dort sind andere Massstäbe zu setzen, als in der familiären Pflege durch Angehörige.
Es ist aber auch richtig, dass die Angehörigenarbeit stärker in den Mittelpunkt rücken muss. Denn in den Familien werden bereits rd. 2/3 der pflegebedürftigen Menschen versorgt. Insoweit bedarf es auch weiterer Anreize, auch in Form von finanziellen Zuwendungen. Insoweit könnte das österreichische Pflegerecht Vorbild sein. Siehe dazu
viewtopic.php?t=13846
Die anstehende Pflegereform muss vielfältige Rahmenbedingungen verändern, was teurer wird. Der Grundsatz "ambulant vor stationär" muss dabei klar eine Stärkung erfahren! Ich denke, dies ist auch der Ansatz von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk. Das eine tun und das andere nicht lassen.
MfG G.Sch.

Siehe auch - Ein Leitgedanke:
"Angehörige und Pflegekräfte gemeinsam zum Wohle der Pflegebedürftigen"
viewtopic.php?t=11655
Das Pflegesystem bedarf einer umfassenden Reform - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung zukunftsfest machen!

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Beitrag von G. Fröhlich- Rockmann » 15.03.2010, 11:24

Hallo GS,

auch die BILD- Zeitung soll eine Berechtigung haben.

Pflege in Deutschland sind 3/3 also ein Ganzes und somit stationäre und häusliche Pflege zusammen!!!!

Ich lasse mir nicht weiß machen, dass nur in einem Drittel der Pflege in Deutschland der Löwenanteil an Kosten verbraucht wird und in 2/3 der Pflege faktisch "Versklavung" statt findet.

Ich nehme mir sogar die Freiheit raus nachzufragen ob das sinnvoll ist was da in einem Drittel der Pflege in Deutschland statt findet und ob diese Maßstäbe noch einen Bezug zur Realität haben! Genauso wie ich jedem in unserem Lande das Recht zuspreche mit zu reden, da er ja diese Pflege finanzieren muss!!

Ich denk auch, dass durch die hochqualifizierten pflegenden Angehörigen die Professionellenarbeit dringend verbessert werden sollte und ich wiederhole mich auch hier Pflegebedürftige sind nicht die Geißel eines Berufsstandes!

Zum österreichischen Pflegerecht habe ich an anderer Stelle im Forum schon sehr konkret ausgeführt und auch schon auf andere Länder verwiesen die hochwertige Pflege ganz ohne stationäre Einrichtungen praktizieren. Wenn Sie sich dieses Modell genauer anschauen entspricht dies meinem Vorschlag in meinem Beitrag von eben und weicht nur ab weil dieses Modell steuerfinanziert ist und nicht über eine Pflegekasse.

Eine Pflegereform sollte den größten Pflegedienst Deutschlands adäquat einbeziehen, wenn sie denn den Namen Pflegereform auch verdienen will!

Letztendlich seh ich mich nicht außerhalb von ProPflege.

Mit freundlichen Grüßen
Gerd Fröhlich-Rockmann
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