Ärztliches Gutachten an Pflegeheim?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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WernerSchell
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Ärztliches Gutachten an Pflegeheim?

Beitrag von WernerSchell » 31.10.2007, 09:48

Ärztliches Gutachten an Pflegeheim?

In einer Mailingliste wurde genau diese Frage aufgeworfen. Der Fragetext konkret:

Pflegeheim wünscht Einsicht in ein fachärztl. B-Gutachten, da Demenz verleugnet wird. Gutachter teilt mit, dass das Gericht dies entscheiden solle. Hat das Pfl-Heim überhaupt ein Anrecht auf Einsicht ? m.E. eher nicht. Möglich wäre evtl., dass ich dies dem beh. Hausarzt zur Einsicht vorlege (nach Genehmigung v. Gericht). Wie ist Ihre Meinung hierzu ? Danke !

Dazu habe ich folgende Antwort übermittelt:

Sehr geehrte ....,
um gezielter raten zu können, müssten man die näheren Umstände kennen. Anhand der kurzen Beschreibung folgende Rückmeldung:
Der Rechtliche Betreuer ist m.E. in der Pflicht, die jeweiligen Vertragsparter (Arzt, Ambulanter Pflegedienst, Krankenhaus, Heim) in dem erforderlichen Maße über die Krankengeschichte, gutachtliche Einschätzungen usw. anhand der ihm vorliegenden Unterlagen usw. zu informieren. Ob und in welchem Umfange dies geschieht, ist m.E. zunächst Sache des Betreuers. Was hier das Vormundschaftsgericht entscheiden soll, ist mir nicht ganz klar. Es geht entscheidend um das Wohl des Betroffenen; das Gericht ist im Zweifel nur eine Art "staatlicher Dienstleister".
Ich halte es grundsätzlich für hilfreich, auch um die Heimpflege zielgerichtet gestalten zu können, dass die Heimverantwortlichen gutachtliche Einschätzungen kennen. Gerade bei Demenzkranken ist es wichtig, sich mit der Vorgeschichte usw. vertraut zu machen. Deshalb kann der Betroffene selbst ein herausragendes Interesse daran haben, dass Informationen über ihn an die zuständigen Pflegekräfte usw. gelangen.
Möglicherweise ist es sinnvoll, den behandelnden Arzt mit der Weitergabe der gutachtlichen Einschätzungen zu betrauen. Er kann dann auch ausloten, ob es Gründe gibt, die aus therapeutischen (und vielleicht sonstigen medizinischen) Erwägungen ein Zurückhalten von Informationen gerechtfertigt erscheinen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
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conny24
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Angaben zur persönlichen Biografie usw. wichtig

Beitrag von conny24 » 03.11.2007, 09:07

Stimme der Stellungnahme voll zu. Betreuer sollten sich umfassend darum bemühen, die Heimverantwortlichen mit den notwendigen Informationen zu versorgen. Denn nur dann kann auf die wirklichen Bedürfnisse der Bewohner uneingeschränkt eingegangen werden. Angaben zur persönlichen Biografie usw. sind vor allem bei der Pflege und Versorgung von Demenzkranken wichtig. Solche Infos sind meist in gutachtlichen Stellungnahmen näher ausgeführt.

In der hier vorgestellten Angelegenheit scheint es allein darum zu gehen, dass ein Rechtlicher Betreuer gegenüber dem Heim "Stärke" zeigen will. Der Betroffene ist dabei völlig unberücksichtigt geblieben.

Wenn so verfahren wird, dürfen sich Betreuer auch nicht darüber wundern, dass die Menschen immer mehr Angst davor bekommen, jemals einem Rechtlichen Betreuer unterstellt zu werden. Daher gibt es auch die Schlagzeielen wie "In der Betreuungsfalle ..."

Conny24

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