Sterben in Würde - Palliativmedizin gefordert

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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Gast

Sterben in Würde - Palliativmedizin gefordert

Beitrag von Gast » 18.07.2003, 23:59

Sterben in Würde – Ärztekammer Niedersachsen setzt sich für mehr und bessere palliativmedizinische Versorgung ein

Hannover (äpn) - Manchmal können Ärzte nicht mehr heilen. Helfen aber können sie fast immer, selbst todkranken Patienten. "Auch unheilbar kranke Menschen können ihr Leben bis zuletzt als lebenswert empfinden, wenn sie professionell betreut werden, Zuwendung erfahren und nicht alleine gelassen werden", formulierte der 106. Deutsche Ärztetag Ende Mai in Köln. Statt aktiver Sterbehilfe fordert die verfaßte Ärzteschaft deshalb echte Lebenshilfe für Schwerkranke. Sie will, daß die palliativmedizinische Versorgung und die Schmerztherapie ausgeweitet werden und hat daher die Palliativmedizin in die (Muster-)Weiterbildungsordnung aufgenommen. Die Landesärztekammern sind nun gehalten, diese Änderungen möglichst rasch in ihre Weiterbildungsordnungen zu übernehmen.

Das ist ganz im Sinne der niedersächsischen Ärzteschaft, die sich bereits seit Mitte der 90er Jahre zugunsten der Palliativmedizin engagiert. Deren Hauptanliegen ist es, das Leiden Schwerkranker zu lindern und die Sterbephase weder künstlich zu verlängern noch zu verkürzen. Dabei steht nicht nur das körperliche Befinden der Kranken im Vordergrund, sondern die sogenannten Palliative-Care-Teams widmen sich auch den sozialen, seelischen und spirituellen Bedürfnissen von Patienten und deren Angehörigen. Palliativmedizin bedeutet also ganzheitliche Teamarbeit von Ärzten, Pflegepersonal, Seelsorgern und Psychologen. Schwerkranke, die sich geachtet und geborgen fühlen, obwohl sie vollständig auf die Pflege und Versorgung durch andere angewiesen sind, fragen in der Regel nicht nach aktiver Sterbehilfe.

Die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) hat 1995 in Südniedersachsen das SUPPORT-Projekt zur Unterstützung todkranker Tumorpatienten und ihrer Angehörigen initiiert. Zentrale Idee des Projekts ist, Patienten und deren Familien ebenso wie Pflegern und behandelnden Ärzten an jedem Tag im Jahr rund um die Uhr einen Ansprechpartner zu bieten. Ziel ist, das Zusammenspiel von stationärem und ambulantem Bereich zu optimieren und in der letzten Lebensphase Betreuung und ein Sterben in Würde auch zu Hause zu ermöglichen. Das Projekt lief 2002 wegen Geldmangels aus. Es ist Zeit, daß Palliativmedizin Bestandteil der Regelversorgung wird.

Doch davon ist Deutschlands Gesundheitswesen weit entfernt. Bundesweit sterben pro Jahr rund 220 000 Menschen an einer Krebserkrankung, das sind 25 Prozent aller Todesfälle. Zwei Drittel aller Sterbenden sind älter als 75 Jahre und leiden an chronischen Erkrankungen. Diesen Schwerkranken stehen im ambulanten Bereich 752 Hospizdienste gegenüber, 88 davon in Niedersachsen. Zusätzlich versorgen 107 Hospize, also kleine, speziell für Sterbende eingerichtete Pflegeeinheiten, todkranke Patienten; elf dieser Häuser befinden sich in Niedersachsen. Außerdem haben 84 Krankenhäuser eine Palliativstation eingerichtet, acht davon in Niedersachsen. Eine flächendeckende Versorgung ermöglichen diese Angebote noch lange nicht. Gründe dafür sind die fehlende systematische Finanzierung und defizitäre Aus- und Fortbildungsstrukturen.

Die ÄKN gibt deshalb mit ihrem Kursangebot bei den jährlich stattfindenden Fortbildungswochen auf Langeoog ihren Mitgliedern seit langem die Möglichkeit, sich palliativmedizinisch zu qualifizieren. Im kommenden Jahr ist zudem der Schwerpunkt der gesamten Fortbildungswochen der Palliativmedizin gewidmet. Der 2002 gegründete ÄKN-Ausschuß Integrierte Versorgung widmet sich darüber hinaus dem Ausbau der Palliativmedizin im ambulanten und stationären Bereich und will erreichen, daß entsprechende Aus- und Fortbildungsveranstaltungen flächendeckend angeboten werden. Die im März 2003 gegründete Palliativarbeitsgemeinschaft Niedersachsen – ein berufsübergreifender Zusammenschluß von in der palliativen Versorgung tätigen Professionellen – fördert dieses Anliegen.

Bei einem von der ÄKN veranstalteten "Innerärztlichen Symposium zur Palliativmedizin" am Sonnabend, 28. Juni 2003, im Ärztehaus Hannover haben niedersächsische Ärzte einen ganzen Tag lang Gelegenheit, mit den palliativmedizinisch erfahrenen Mitgliedern des Ausschusses Integrierte Versorgung und einem Juristen vom Bundessozialgericht in Kassel über die Rolle und Aufgaben des Arztes in der palliativmedizinischen Versorgung zu diskutieren. Welche Tätigkeiten kann und sollte er an andere Professionelle abgeben, welche selber ausüben? Wie kann die Zusammenarbeit mit Pflegern, Seelsorgern, Psychologen und Angehörigen aussehen, und welche Rolle kommt der ÄKN in der Palliativmedizin zu? Diese und ähnliche Fragen sind es, die palliativmedizinisch weniger erfahrene Ärztinnen und Ärzte vorrangig beschäftigen. Weitere Symposien, an denen auch andere betroffene Berufsgruppen teilnehmen können, sollen folgen.

Quelle: Pressemitteilung der Ärztekammer Niedersachsen vom 18.6.2003

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