Ärztestreik - Patienten sind die Leidtragenden!

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Ärztestreik - Patienten sind die Leidtragenden!

Beitrag von WernerSchell » 21.01.2006, 12:00

Ärztestreik – Patienten sind die Leidtragenden

Die Rheinischen Post / Neuss-Grevenbroicher Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 17.01.2006 unter dem Titel „Gesucht: Nachfolger für Arztpraxis“ über die zur Zeit stattfindenden Ärzteproteste - Streiks

Dazu habe ich am 18.1.2006 folgende Leserzuschrift an die Zeitung übermittelt:

Ärztestreik – Patienten sind die Leidtragenden
Dass Ärzte auf berufliche Rahmenbedingungen aufmerksam machen und Verbesserungen einfordern, ist ihr gutes Recht. Dabei dürfen sie aber nicht aus den Augen verlieren, dass viele Bürgerinnen und Bürger seit Jahren den „Gürtel enger schnallen“ müssen und keinerlei Zuwächse mehr feststellbar sind, z.B. Einbußen erleiden (siehe z.B. Arbeitslose, Rentner, Beamte). So gesehen, wird man auch von den – trotz allem - gut verdienenden Medizinern einiges abverlangen können. Dass Ärzte ihre Praxen schließen und die Patienten damit in eine Notversorgung drängen, halte ich nicht für akzeptabel.
Wir haben seit vielen Jahren eine stetig anwachsende Zahl von Ärzten (seit 1992 + 22 %). Diese Ärzte drängen als Fachärzte überwiegend in die Städte, die Landarztpraxen finden kaum noch Nachfolger. Das ist aber ein Problem der Ärzte selbst. Denn ihnen obliegt die Gestaltung der Zulassung. Offensichtlich sind hier Versäumnisse auszumachen.
Es ist nachweisbar, dass die Arzteinkommen in den zurückliegenden Jahren (zumindest) etwa in Höhe der Inflationsrate gestiegen sind. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass das Honorar der Krankenkassen für alle Ärzte (zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung) auch immer leicht gestiegen ist. Dass aber davon beim einzelnen Arzt - relativ gesehen - immer weniger ankommt, beruht nicht zuletzt auf der Tatsache, dass die Arztzahlen gestiegen sind. „Die Stücke vom Kuchen sind ein wenig kleiner geworden“. Die interne Verteilung der Mittel aus dem Honorartopf obliegt der Ärzteschaft und nicht den Kassen oder Politikern. Die Ärzteschaft ist also selbst verantwortlich dafür, dass bei einzelnen Ärztegruppen zu wenig Geld aus dem weiterhin „großen Kuchen“ ankommt.
Wenn die Ärzteschaft die seit Jahren verfehlte Gesundheitspolitik attackiert, geht das grundsätzlich in Ordnung. Dazu bedarf es aber keiner Praxisschließung, also keines Streiks. Bei einer Kritik an der Gesundheitspolitik dürfen Ärzte m.E. nicht allein auf ihre eigenen Berufsbelange abstellen, sondern müssen auch andere Gesichtspunkte bedenken. Ich vermisse z.B. eine Anklage der Ärzteschaft in Sachen Pflegenotstand. Die Pflegebedingungen der Pflegekräfte sind mittlerweile so ungünstig und stressig, dass diese nach durchschnittlich 5 Jahren aus dem Beruf ausscheiden. Nahezu ¾ der Altenpflegekräfte wollen selbst nicht in ein Heim, weil sie die Pflegebedingungen für mangelhaft halten. Dazu vermisse ich klare Aussagen der Ärzteschaft!

Die Leserzuschrift wird nach Mitteilung der Zeitung vom 20.1.2006 abgedruckt - allerdings etwas eingekürzt!

Nachtrag:
Siehe hierzu die ergänzende Texteinstellung vom 28.1.2006!
Zuletzt geändert von WernerSchell am 03.04.2006, 07:11, insgesamt 7-mal geändert.
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Ärztliche Praxis

Anhebung der GOÄ-Sätze gefordert

Beitrag von Ärztliche Praxis » 27.01.2006, 20:16

Wolfgang Zöller: Union legt eigene Vorschläge zur Gesundheitsreform vor
Anhebung der GOÄ-Sätze gefordert


Eine Woche nach dem Höhepunkt der Proteste der deutschen Praxisärzte sprach sich der für Gesundheit zuständige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Wolfgang Zöller für eine Anhebung der Gebühren für privatärztliche Leistungen aus.

26.01.06 - „Es ist höchste Zeit, dass eine leistungsgerechte Bezahlung für Ärzte umgesetzt und die Gebührenordnung entsprechend überarbeitet wird,“ sagte Zöller dem „Deutschen Ärzteblatt“.

Die Union will parallel zu Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ihre Vorstellungen für eine große Finanzreform des Gesundheitssystems festlegen. Die Union werde „bis Ende März Eckpunkte formulieren, mit denen wir in die Verhandlungen gehen“, so Zöller.

Mit dem Ministerium sei verabredet, dass der bis Ende März angekündigte Entwurf Schmidts nicht als gemeinsamer Gesetzentwurf der großen Koalition an die Verbände gehe, sagte Zöller. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums kündigte an, Schmidts Reformkonzept werde rasch auf Spitzenebene der großen Koalition besprochen. SPD-Fraktionschef Peter Struck hatte die Vorlage eines Gesetzentwurfes bis zur Sommerpause angekündigt. Die Gesundheitsreform soll zum 1. Januar 2007 in Kraft treten.

Die Union wolle durchsetzen, dass die Arbeitskosten sinken, bekräftigte Zöller. Die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern solle nicht mehr über die Kassenbeiträge finanziert werden. Zum niederländischen Reformmodell als einem möglichen Vorbild für Deutschland äußerte sich Zöller skeptisch. Dort ist die Pflichtversicherung für alle privatrechtlich statt über gesetzliche Krankenkassen wie in Deutschland organisiert. Zöller sagte, es handele sich dennoch um einen Schritt in Richtung Bürgerversicherung. Das ist das bisherige SPD-Modell.

Ulla Schmidt wird sich am 17. Mai 2006 in Deutschland mit dem Gesundheitsminister der Niederlande, Hans Hoogervorst, treffen, wie ihre Sprecherin bestätigte. Dabei gehe es aber nicht um die Finanzreform in Deutschland. Schmidt gucke sich weltweit nach „vernünftigen Vorschlägen“ um.

Quelle: Zeitung "Ärztliche Praxis", 26.1.2006
http://www.aerztlichepraxis.de/artikel? ... 275215&n=1

WernerSchell
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Ärztestreik - Leserbrief unvollständig publiziert!

Beitrag von WernerSchell » 28.01.2006, 08:14

Meine Leserzuschrift vom 18.1.2006 hat die Rheinische Post / NGZ am 27.1.2006 abgedruckt, leider aber so abgekürzt, dass wesentliche Aussagen nicht vorgestellt wurden.
Man fragt sich, ob bei solchen Einkürzungen nur der "Platznot" im Textteil einer Zeitung gefolgt oder bewußt mit ganz bestimmten Absichten verändert wird.
Ich werde die Leserbriefredaktion anschreiben und auf meine Befürchtungen aufmerksam machen.
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H.P.

Gesundheitspolitisches Stimmungsbild in Deutschland

Beitrag von H.P. » 31.01.2006, 08:15

Umfrage im Auftrag des Virchow-Bundes
Gesundheitspolitisches Stimmungsbild in Deutschland


Die Protestaktionen der Aerzte in der dritten Januarwoche des neuen Jahres finden in der Bevoelkerung großen Rueckhalt. 81 Prozent der Bundesbuerger zeigen Verstaendnis dafuer, dass nach den Klinikaerzten auch die niedergelassenen Aerzte fuer bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße gehen, 17 Prozent aeußern sich ablehnend. Nach wie vor wird den Aerzten innerhalb des Gesundheitssytems mit das groeßte Vertrauen entgegen gebracht.
Auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 erhalten sie eine durchschnittliche Bewertung von 2,5. Sie genießen damit ein aehnlich hohes Zutrauen wie die Apotheken (2,5) und die Krankenkassen (2,3).

Mehr: http://www.infratest-dimap.de/?id=229&aid=22

WernerSchell
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„Patienten sollen protestieren“

Beitrag von WernerSchell » 06.02.2006, 13:58

Die NGZ (Lokalredaktion Dormagen) berichtete am 3.2.2006 unter der Titelung
„Patienten sollen protestieren“.
Darin wurden u.a. die Patienten aufgefordert, auf Kosten der Ärzteschaft an einer Demonstration in Essen teilzunehmen.

Hierzu wurde die bereits am 18.1.2006 der Rheinischen Post übersandte - aber deutlich eingekürzte - Leserzuschrift übermittelt:

Ärztestreik – Patienten sind die Leidtragenden

Dass Ärzte auf berufliche Rahmenbedingungen aufmerksam machen und Verbesserungen einfordern, ist ihr gutes Recht. Dabei dürfen sie aber nicht aus den Augen verlieren, dass viele Bürgerinnen und Bürger seit Jahren den „Gürtel enger schnallen“ müssen und keinerlei Zuwächse mehr feststellbar sind, z.B. Einbußen erleiden (siehe z.B. Arbeitslose, Rentner, Beamte). So gesehen, wird man auch von den – trotz allem - gut verdienenden Medizinern einiges abverlangen können. Dass Ärzte ihre Praxen schließen und die Patienten damit in eine Notversorgung drängen, halte ich nicht für akzeptabel.
Wir haben seit vielen Jahren eine stetig anwachsende Zahl von Ärzten (seit 1992 + 22 %). Diese Ärzte drängen als Fachärzte überwiegend in die Städte, die Landarztpraxen finden kaum noch Nachfolger. Das ist aber ein Problem der Ärzte selbst. Denn ihnen obliegt die Gestaltung der Zulassung. Offensichtlich sind hier Versäumnisse auszumachen.
Es ist nachweisbar, dass die Arzteinkommen in den zurückliegenden Jahren (zumindest) etwa in Höhe der Inflationsrate gestiegen sind. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass das Honorar der Krankenkassen für alle Ärzte (zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung) auch immer leicht gestiegen ist. Dass aber davon beim einzelnen Arzt - relativ gesehen - immer weniger ankommt, beruht nicht zuletzt auf der Tatsache, dass die Arztzahlen gestiegen sind. „Die Stücke vom Kuchen sind ein wenig kleiner geworden“. Die interne Verteilung der Mittel aus dem Honorartopf obliegt der Ärzteschaft und nicht den Kassen oder Politikern. Die Ärzteschaft ist also selbst verantwortlich dafür, dass bei einzelnen Ärztegruppen zu wenig Geld aus dem weiterhin „großen Kuchen“ ankommt.
Wenn die Ärzteschaft die seit Jahren verfehlte Gesundheitspolitik attackiert, geht das grundsätzlich in Ordnung. Dazu bedarf es aber keiner Praxisschließung, also keines Streiks. Bei einer Kritik an der Gesundheitspolitik dürfen Ärzte m.E. nicht allein auf ihre eigenen Berufsbelange abstellen, sondern müssen auch andere Gesichtspunkte bedenken. Ich vermisse z.B. eine Anklage der Ärzteschaft in Sachen Pflegenotstand. Die Pflegebedingungen der Pflegekräfte sind mittlerweile so ungünstig und stressig, dass diese nach durchschnittlich 5 Jahren aus dem Beruf ausscheiden. Nahezu ¾ der Altenpflegekräfte wollen selbst nicht in ein Heim, weil sie die Pflegebedingungen für mangelhaft halten. Dazu vermisse ich klare Aussagen der Ärzteschaft!


Dazu hat die 1. Vorsitzende des Deutschen Patientenschutzbundes in Dormagen heute, 6.2.2006, folgende Zuschrift an die NGZ übergeben:

Zu dem Artikel der NGZ vom 3. Februar 2006 *"Patienten sollen protestieren"* bitten wir um Veröffentlichung unserer nachfolgenden Leserzuschrift.

Dass Ärzte auf die Straße gehen um zu protestieren ist ihr gutes Recht, aber gewöhnungsbedürftig. Dass Patienten aufgefordert werden an einer kostenlos angebotenen Busfahrt nach Essen an einer Veranstaltung der Ärztekammer Nordrhein teilzunehmen, wo gegen Staatsmedizin, Gängelung, Bürokratie, Budgetierung und anderes mehr protestiert werden soll, findet nicht unseren Beifall. Bei dieser Aktion werden durchaus berechtigte Interessen von Ärzten und von Patienten in unzulässiger Weise miteinander verquickt. Patienteninteressen werden auf diese Weise für ärztliches Protestverhalten instumentalisiert, was wir für keine *"Gute Medizin"* halten.

Im Spannungsfeld des durch Gruppeninteressen zusätzlich überforderten Gesundheitssystems bestehen genügend Ansatzpunkte der _Selbstverwaltenden Ärzteschaft, dem System durch Reformen Entlastung zu schaffen, bevor man zu Lasten der Allgemeinheit immer neue Finanzmittel vom Staat fordert. Hierbei sind die unzulässigen Verstrickungen von Ärzten und Pharmafirmen ein vielversprechender Ansatzpunkt. Auch nachhaltige Bestrebungen für ergebnisorientierte Qualitätssicherung, Transparenz und Patientensicherheit, ein unbedingtes Muss beim hohen Stand der Medizin. Die Einführung von diesbezüglichen Reformen durch die standesärztliche Selbstverwaltung, würde zu erheblich weniger Fehlbehandlungen führen und die Krankenkassen von Kosten- und Folgekosten in Milliardenhöhe entlasten.
Abgesehen davon, dass Ärzte mehr als andere Akademiker im Öffentlichen Dienst verdienen - wie in der TV Sendung "Panorama" am 2. Februar 2006 das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung festgestellt hat - sind Ärzte die Spitzenverdiener im Krankenhaus. Demnach erhält ein Arzt in der Weiterbildung bespielsweise im Kreiskrankenhaus Gummersbach 5.000 € im Monat plus Zusatzverdienstmöglichkeiten.
Wir behaupten nicht, dass Honorare in vergleichbarer Höhe allen Ärzten zugute kommen, raten Patienten aber dazu,* sich nicht einseitig* informieren zu lassen,
auch was die Belastung von Ärzten durch Mehrarbeit und Überstunden angeht, die wir nicht grundsätzlich bestreiten, aber in der vorgetragenen Polemik in Frage stellen.
Zu dem aktuellen Thema "Müde Ärzte sind eine Gefahr für Patienten" haben wir eine Presseerklärung ins Internet gestellt *(http:www.dpsb.de).*
Dass die bedauerlicherweise sehr brisante, pflegerische Situation in Krankenhäusern mit viel zu wenig eingesetzten, überforderten Pflegekräften, die für ein zu geringes Gehalt zu hart arbeiten müssen, *dringend *einer Lösung bedarf, ist gleichermaßen im Interesse von Patienten und Versicherten und wird vom Deutschen-Patienten-Schutzbund e.V. uneingeschränkt unterstützt.
Im übrigen schließen wir uns vollumfänglich der Leserzuschrift von Herrn Werner Schell an.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Vorstand
Gisela Bartz, 1. Vorsitzende
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Frankfurter Rundschau

Schmidt mahnt Ärzte zu "ethischem Verhalten"

Beitrag von Frankfurter Rundschau » 07.02.2006, 10:45

Schmidt mahnt Ärzte zu "ethischem Verhalten"

Berlin · Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat die niedergelassenen Ärzte in Berlin aufgefordert, die Versorgung von Patienten auch während der für diese Woche geplanten Protestaktionen zu gewährleisten. Zudem erwarte die Ministerin von der Ärztekammer, dass diese auf jedes "unethische Verhalten" von Ärzten reagiere, sagte der Ministeriumssprecher Klaus Vater am Montag (6.2.2006) in Berlin.
...
Weiter unter
http://www.f-r.de/ressorts/nachrichten_ ... cnt=800519

Elisabeth Grützner

Pflege-Rahmenbedingungen - bitte dran bleiben!

Beitrag von Elisabeth Grützner » 08.02.2006, 16:24

Guten Tag Herr Schell,

ich bin durch Ihren Leserbrief auf Ihr Engagement gestoßen und fand dann schließlich Ihre Homgepage mit diesem Forum!

Ich möchte Ihnen für das, was Sie hier vorstellen, ein großes Lob aussprechen. Sie haben einmal bezüglich des Ärztestreiks recht (sehr überflüssig - alles überzogen), andererseits sind Ihre Hinweise der ungünstigen Pflege-Rahmenbedingungen sehr wichtig. Die Pflege kommt nämlich in der ganzen Diskussion um eine Reform des Gesundheitswesens viel zu kurz, um nicht zu sagen: kommt garnicht vor. Wo sind die Berufsverbände?

Bitte bleiben sie dran - auch mit Ihrem neuen Pflege-Selbsthilfeverband e.V. - ich danke Ihnen schon jetzt.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Elisabeth Grützner, Krankenschwester - langjährig in der Heimpflege tätig

Rosemarie Kämmerling

Ärztestreik überflüssig - Pflegebedingungen verbessern!

Beitrag von Rosemarie Kämmerling » 09.02.2006, 08:11

Hallo MitleserInnen,

ich schließe mich dem abgelieferten Statement von Elisabeth aufgrund gemachter Erfahrungen uneingeschränkt an.

Der Ärztestreik ist überflüssig - Missstände in der vertragsärztlichen Versorgung müssen mit anderen Mitteln aufgegriffen werden - die kassenärztlichen Vereinigungen sind vor allem gefordert. D.h., die Ärzte müssen in ihren eigenen Reihen zunächst einmal aufräumen.

Die Pflegebedingungen in Deutschland sind sehr, sehr ungünstig. Einmal ist der Gesetzgeber gefordert. Zum anderen ist aber jeder an seinem Platz, als Heimbetreiber, Pflegedienstleitung, Pflegefachkraft usw., gefordert. Dafür einzutreten halte ich für sehr löblich und begrüße die Aktivitäten des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V. sehr! Die unter http://www.pflege-shv.de vorgestellten Informationen sind insoweit überzeugend.

MfG
Rosemarie Kämmerling

Julia Rautenbach

Ärzteprobleme teilweise "hausgemacht"!

Beitrag von Julia Rautenbach » 14.02.2006, 09:59

Hallo Forum - MitleserInnen!

Den Ärztestreik halte ich nicht für angebracht - unnötig. Die Ärzte sollten ihre zum Teil berechtigten Anliegen (soweit strukturelle Fragen des Gesundheitswesens angesprochen sind) dem Bundesgesundheitsministerium bzw. dem Parlament vortragen, aber uns Patienten von Streikaktionen verschonen.
Im Übrigen sind zahlreiche Probleme, die die Ärzte beklagen, "hausgemacht". Die Ärzteschaft hat nämlich weitgehend im Rahmen der Selbstverwaltung Mitgestaltungsmöglichkeiten. Diese Gestaltungsmöglichkeiten werden seit Jahren nicht sinnvoll genutzt.
Insoweit haben weder die Politiker noch die Patienten Mitschuld.
Daher meine Forderung:
Ärzte meldet euch an der richtigen Stelle und lässt die Versorgung der Patienten unangetatest, die ist nämlich miserabel genug!!

Gute Gesundheit wünscht
Julia Rautenbach
Krankenschwester im Ruhestand und Patientin

WernerSchell
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Ärztestreik ist nicht akzeptabel !

Beitrag von WernerSchell » 14.02.2006, 17:02

Heute, 14.2.2006, hat die Neuss-Grevenbroicher Zeitung eine Stellungnahme des Pressesprechers der Ärztekammer Nordrhein, Geschäftsstelle Neuss, zu meiner Leserzuschrift abgedruckt. Darin wurden die von mir ausgeführten Fakten bestritten und die Argumentation als unsachlich bestritten.

Dazu habe ich gegenüber der Zeitung folgende Stellungnahme abgegeben und erwarte einen Abdruck:

Es ist anhand des seriösen Datenmaterials der Ministerien, der Krankenkassen und des Statistischen Bundesamtes belegbar, dass die Zahl der Ärzte über die Jahrzehnte (bis heute) zugenommen und auch die Leistungen der Krankenkassen an die Ärzte gesteigert worden sind (in den letzten Jahren weniger stark). Es handelt sich bei den beklagten Zuständen, um weitgehend ärzteinterne Probleme: Wir haben zweifelsfrei zuviele Fachärzte, die allesamt in die stärker besiedelten Gebiete drängen. Hausärzte werden immer seltener. Die Zulassungsregelungen müssen ggf. dieser Schieflage entsprechend verändert werden. Die Honorierung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EMB) ist schlecht; zum Teil patientenfeindlich (z.B. unzureichende Anreize für mehr Zuwendung, Hausbesuche, Schmerztherapie, Sterbebegleitung). Patienten wünschen sich daher durchaus eine auskömmliche Honorierung der Hausärzte, aber in einer mehr zuwendungsorientierten Art und Weise.

Es ist nicht verkennen, dass es eine Reihe von Problemen gibt, die die Ärzte nicht selbst lösen können, wo also die Politik gefordert ist. Den jetzigen Aufschrei der Ärzte, so, wie er abläuft, halte ich aber für überzogen. Genau das ist der Punkt, der mich aufregt. Nicht die Tatsache, dass Funktionäre argumentativ und wortgewaltig für die Interessen der Ärzteschaft eintreten. Ich habe keine Probleme damit, wenn eine Berufsgruppe ihre Interessen zur Geltung bringt. Aber bitte mit Maß und Ziel. Streiks, die die Patienten vor verschlossene Praxistüren rennen lassen, sind abzulehnen.

Es geht aber nicht nur um die Probleme der Ärzte. Die Patienten haben auch genügend Schwierigkeiten, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und außergewöhnlich große Belastungen durch Zuzahlungen und Leistungsverkürzungen abzuwehren bzw. auszugleichen. Gerade die chronisch Kranken sind besonders betroffen. Betroffen sind auch die Pflegebedürftigen, die seit Einführung der Pflegeversicherung (1995) unter Leistungsverkürzungen und menschenunwürdigen Versorgungsbedingungen leiden (z.B. "Teilkaskoversicherung", Personalmangel). Es besteht unter den Kennern der Szene Übereinstimmung darin, dass in den stationären Pflegeeinrichtungen mindestens 20% Pflegekräfte fehlen. Mangelhafte Versorgung ist die Folge - Berichte des MDK und der Heimaufsichten belegen das. Dass dürfen die Ärzte nicht ausblenden und müssen sich auch für die pflegerischen Versorgung verantwortlich fühlen.
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Ärztestreik - Patienten sind die Leidtragenden!

Beitrag von WernerSchell » 25.02.2006, 07:54

WernerSchell hat geschrieben: ... "Es ist anhand des seriösen Datenmaterials der Ministerien, der Krankenkassen und des Statistischen Bundesamtes belegbar, dass die Zahl der Ärzte über die Jahrzehnte (bis heute) zugenommen und auch die Leistungen der Krankenkassen an die Ärzte gesteigert worden sind (in den letzten Jahren weniger stark). Es handelt sich bei den beklagten Zuständen, um weitgehend ärzteinterne Probleme: Wir haben zweifelsfrei zuviele Fachärzte, die allesamt in die stärker besiedelten Gebiete drängen. Hausärzte werden immer seltener. Die Zulassungsregelungen müssen ggf. dieser Schieflage entsprechend verändert werden. Die Honorierung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EMB) ist schlecht; zum Teil patientenfeindlich (z.B. unzureichende Anreize für mehr Zuwendung, Hausbesuche, Schmerztherapie, Sterbebegleitung). Patienten wünschen sich daher durchaus eine auskömmliche Honorierung der Hausärzte, aber in einer mehr zuwendungsorientierten Art und Weise.
Es ist nicht verkennen, dass es eine Reihe von Problemen gibt, die die Ärzte nicht selbst lösen können, wo also die Politik gefordert ist. Den jetzigen Aufschrei der Ärzte, so, wie er abläuft, halte ich aber für überzogen. Genau das ist der Punkt, der mich aufregt. Nicht die Tatsache, dass Funktionäre argumentativ und wortgewaltig für die Interessen der Ärzteschaft eintreten. Ich habe keine Probleme damit, wenn eine Berufsgruppe ihre Interessen zur Geltung bringt. Aber bitte mit Maß und Ziel. Streiks, die die Patienten vor verschlossene Praxistüren rennen lassen, sind abzulehnen.
Es geht aber nicht nur um die Probleme der Ärzte. Die Patienten haben auch genügend Schwierigkeiten, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und außergewöhnlich große Belastungen durch Zuzahlungen und Leistungsverkürzungen abzuwehren bzw. auszugleichen. Gerade die chronisch Kranken sind besonders betroffen. Betroffen sind auch die Pflegebedürftigen, die seit Einführung der Pflegeversicherung (1995) unter Leistungsverkürzungen und menschenunwürdigen Versorgungsbedingungen leiden (z.B. "Teilkaskoversicherung", Personalmangel). Es besteht unter den Kennern der Szene Übereinstimmung darin, dass in den stationären Pflegeeinrichtungen mindestens 20% Pflegekräfte fehlen. Mangelhafte Versorgung ist die Folge - Berichte des MDK und der Heimaufsichten belegen das. Dass dürfen die Ärzte nicht ausblenden und müssen sich auch für die pflegerischen Versorgung verantwortlich fühlen."
Meinen o.a. Leserbrief vom 14.2.2006 hat die Neuss-Grevenbroicher Zeitung, heute, 25.2.2006, vollständig abgedruckt!
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FTD

Koalition verteidigt neue Arzneiregeln

Beitrag von FTD » 28.02.2006, 12:06

Koalition verteidigt neue Arzneiregeln

von Ulrike Sosalla, Berlin

Politiker der Regierungskoalition haben das geplante Arzneimittelsparpaket gegen Vorwürfe der Ärzte verteidigt. Die Ärzte laufen Sturm gegen einen Passus des Gesetzespakets, der vorsieht, dass sie Regress zahlen sollen, wenn sie bei häufig verschriebenen Medikamenten im Durchschnitt ihrer Verschreibungen über einer bestimmten Kostengrenze liegen.
...
Weiter unter
http://www.ftd.de/pw/de/52284.html

H.P.

Sprechstunde bei Kerzenschein - Patienten die Leidtragenden

Beitrag von H.P. » 16.03.2006, 14:55

Bitte lesen:

Dormagen - Sprechstunde bei Kerzenschein

Dormagen Kerzen weisen im Ärztehaus den Weg. Schummriges Licht in der Praxis im dritten Stock des Ärztehauses an der Krefelder Straße. Es ist 20.30 Uhr. Das Wartezimmer ist voll. Patienten sitzen im Dunkel, die Praxisräume sind spärlich mit Grabkerzen beleuchtet. Während der Hausherr im Nebenraum behandelt, machen einige Patienten ihrem Ärger Luft - Wasser auf die Protestmühlen der Ärzte.
...
Weiter unter
http://www.ngz-online.de/public/article ... gen/322029

Das Verhalten der Ärzte ist kaum noch nachvollziehbar. Die Protestaktionen zur Verbesserung der ärztlichen Situation müssen da geführt werden, wo sie hingehören, z.B. bei den Selbstverwaltungsgremien und bei den Politikern. Bitte Patienten außen vor lassen. Denen geht es durch die zurückliegenden Reformen ohnehin schlecht genug.

Moritz Genzinger

Kerzenscheinaktion ist ein Witz!

Beitrag von Moritz Genzinger » 16.03.2006, 16:30

Hallo Patienten im Forum!

Die Ärzte sollen es doch drangeben, zu Lasten der Patienten Politik zu machen. Ärzte sollen sich doch, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen, an ihre Kassenärztlichen Vereinigungen wenden. Diese Einrichtungen, von Ärztefunktionären betrieben, müssen die Probleme lösen. Es macht keinen Sinn, die Patienten vor Ort zu verunsichern. Die Kerzenscheinaktion ist ohnehin ein Witz! Sowas: Nein Danke!

Moritz Genzinger

Rosi

Ärzte gegen Patienten! Das ist die Wahrheit

Beitrag von Rosi » 18.03.2006, 08:27

Nach einem Bericht des Deutschen Ärzteblattes vom 17.3.2006 drohen auch niedergelassene Ärzte mit Urabstimmung und Protesten:

Zum Start des unbefristeten Ärztestreiks an Universitätskliniken und Landeskrankenhäusern drohen auch die niedergelassenen Ärzte mit massiven Protesten. So das Deutsche Ärzteblatt:
„Wenn die Politik nicht endlich aufhört, uns als staatliche Inkassostelle zu missbrauchen, dann werden auch wir eine Urabstimmung herbeiführen müssen“, erklärte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Köhler, gegenüber der Zeitung Tagesspiegel. Staatsmedizinische Vorgaben hinderten die niedergelassenen Ärzte immer häufiger daran, gute Medizin zu praktizieren. Sollte der Bundestag das Arzneiversorgungs- Wirtschaftlichkeitsgesetz trotz des ablehnenden Votums des Bundesrates verabschieden, könnten die Kollegen ihrem Versorgungsauftrag nicht mehr nachkommen, warnte Köhler.

Ärzte sind also an allen "Fronten" aktiv, anscheinend eine strategisch und taktisch gut organisierte Protestwelle - gegen die Patienteninteressen und für die Arztgeldbörse. Das muss man leider so sehen. Daher kann die Patientenseite auch kein Verständnis für die Aktionen aufbringen!!

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