Sterben und die Selbstbestimmung... geht das immer so?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Antworten
Una 2000
Jr. Member
Beiträge: 53
Registriert: 05.12.2016, 13:02

Sterben und die Selbstbestimmung... geht das immer so?

Beitrag von Una 2000 » 27.06.2017, 09:41

Nein...! nicht immer.
Aus meinem persönlichen Umfeld erzählt
Jahrelang hat der Prostatakrebs sich nicht gezeigt, doch dann innerhalb von eineinhalb Jahren nahm der Krebs fahrt auf.
Es folgte die eine Therapie, gefolgt von einer anderen Therapie ( Infusionen, Tabletten i. W.). Der Krebs macht sich breit, der Patient verleugnet das er sich breit macht.
Einen Tag vor Heilig Abend 2014, der Darm macht Probleme, die Nieren später auch. Aus Angst, weil er den Stuhlgang nicht mehr halten konnte, und da Blut zu sehen war, ging er ins Krankenhaus. Hoffnung wurden in die Ärzte des Krankenhauses gesetzt.
Anstatt eine Lösung zu finden, die Alternativ gewesen wäre...... Wurde ein künstlicher Darmausgang (doppelt) in einer Operation gelegt. Scheinbar haben das die Nieren nicht vertragen, weil vorher ein MRT gemacht wurde, und die Nierenwerte vor dieser bildgebenden Untersuchung schon sehr schlecht waren.

Die Nieren versagten, kurz nach der Operation. Die Ärzte hatten nichts anderes zu tun, als den schon sehr verunsicherten Mann, in ein anderes Krankenhaus zu verlegen, damit die Nieren wieder einigermaßen in Gang kommen sollten. Völlig überfordert mit dieser ganzen Situation, er wollte ja trotz Krebs, noch ein wenig leben,, setzten die Operateure eine Nierenschiene. Nur eine Niere arbeitete noch. Der Chefarzt meinte, das es besser wäre. Er hätte noch was von seinem Leben. Ironisch und ein absolutes No Go[/color


Er wurde im neuen Jahr entlassen, hatte plötzlich vorn im Bereich seines Bauches, die Ausscheidung und in seinem Klarsichttäschen (Das sagte er immer), an der Körperseite.
Er schämte sich, er trauerte, das er nicht wie andere zur Toilette konnte, er fand sich ab damit. Es roch zu jeder Zeit, auch wenn es schon die Beutel mit Filtersystem gibt, es riecht!!!!

Die Nierenschiene verrutschte, kurz nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, wieder ins Krankenhaus zurück. Es stellte sich eine Entzündung der Niere ein.
Ich brachte Ihn ins Krankenhaus, die Wartezeit trotz Termin waren etwas über vier Stunden. Stellen Sie sich das vor, 4 Stunden mit einem Mann, der nicht mehr lange sitzen konnte, der Schmerzen hatte, der Stomabeutel geplatzt war, und zu allem noch, das die untersuchende Ärztin die Ihn später in der Aufnahme untersuchte, meinte: das er sofort operiert werden müsse.
Ich fragte sie wie Sie darauf kommt? Sie zeigte auf den Stomabeutel, sah das sich der Ausgang des Darms zeigte. Ich sagte Ihr, das es der künstliche Darmausgang ist, nicht mehr und nicht weniger
Sie hatte, glaube ich noch nie ein künstlichen Darmausgang gesehen. Ich hoffte, das Sie damals wenigstens die Patientenaufnahme - Akte lesen konnte!!

Nach dieser langen Wartezeit, wurden wir auf eine Station verwiesen, wieder warteten. Er konnte nicht mehr..., ich ging zu einem Zimmer, indem sich Mitarbeiter der Station unterhielten. Fragte, wann er sein Bett bekommen würde, die Mitarbeiter meinten, das Sie nicht zuständig wären. Ich fragte wer ist denn zuständig?
Zur nächsten Mitarbeiterin, Sie meinte es würde noch dauern. Und da konnte ich nicht anders als, einen kleinen Aufstand zu proben.
Kurze Zeit später hatte er sein Bett und er war heil froh, nicht mehr sitzen zu müssen.

Der Krankenhausaufenthalt war 7 Tage lang, danach mußte er noch zusätzlich dreimal die Woche zur Dialyse. Gott habe ich gedacht, wie erträgt er das?
Die Schmerzen nahmen zu, der Hausarzt verschrieb Norspan, machte darauf aufmerksam das dies Lebensverkürzend ist- was für eine Ironie...

Im März 2015 der Weg zur Dialyse, wurde zur Tortur. Ich glaube auch heute noch, das er dem willentlich nicht mehr entgegnen konnte. Er funktionierte nur noch. Genau das ist der Punkt, kann er noch selbstbestimmt beurteilen, was mit Ihm geschied??

Am Montag habe ich das Dialysezentrum angerufen, und den leitenden Krankenpfleger gefragt, ob er nicht erkennen könne, das der Mann im Sterbeprozess ist. Er meinte ich solle das doch mit dem Arzt der Nephrologie besprechen, dazu müsse er ins Krankenhaus. Diskussionen mit einem inkompenten Krankenpfleger war mir zuwider, ich legte den Telefonhörer auf. Der Hausarzt kam an diesem Tag, auf meine Bitte, ich sagte Ihm, das er die nächste Dialyse nicht schafft. Er sollte nicht am Mittwoch dort hin, der Arzt meinte, wir probieren einmal die Dialyse auszulassen. Auch er konnte seinem Patienten nicht sagen, das er im Sterbeprozess ist. Und er ist ausgebildeter Palliativarzt.
Am Dienstagabend bieb ich über Nacht. Um 0:05 Uhr verstarb er. Aber nicht allein, und vor allem Zuhause

Ganz ehrlich.... Deutschland ist noch nicht soweit, eine angemessene Palliativ Betreuung/Begleitung zu bieten. Ausgenommen sind da die Hospize, die sich in der Tat wirklich empathisch um die Betroffenen kümmern.

Aber diese ganze palliativ Geschichte, ambulant durch Ärzte und Pflegedienste und die Einführung in den Senioreneinrichtungen, müssen noch mächtig an Konzepte arbeiten. Aber wie das so in Deutschland ist, erst finanzieren, dann bewegt sich was für die Schwerstkranken und Sterbenden.
Und Krankenhäuser sollten sich wirklich einmal Gedanken machen, den Menschen nicht kaputt zu operieren. Man kann auch mal das ganze Geschnipsel sein lassen und sich in Kommunikation und Gesprächsführung bei Sterbenden und Schwerstkranken fortbilden zu lassen.

Antworten