Behandlungsfehler - was ist zu tun ?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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Wolf65
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Behandlungsfehler - was ist zu tun ?

Beitrag von Wolf65 » 28.03.2014, 09:47

Patientenrecht bei Behandlungsfehler

Meine Freundin unterzog sich einer Operation zur Entfernung einer Zyste im Unterleib und zur Sterilisation. Dabei wurde der Dünndarm verletzt. Eigentlich sollte sie nur einen Tag im Krankenhaus zubringen.
Nun werden es über zwei Wochen. Der Bauch ist offen, darin liegt ein Schwamm. Insgesamt sind mehr als 5 Operationen unter Vollnarkose nötig.
Begründet wurde der OP- Fehler damit, dass meine Freundin vor Jahren im Bauchbereich operiert wurde, was unabsehbare Veränderungen der Organe zur Folge gehabt hätte.
Eine Sozialarbeierin weigerte sich, den Namen des operierenden Arztes zu nennen.
Meine Fragen: Ist es normal, dass trotz Anamnese und deutlich sichtbarer OP- Narben von der früheren Operation ein solcher Fehler geschehen kann? Lohnt sich der Gang vor Gericht?
Steht der Patientin eine Reha- Kur und eventuell sogar Schmerzensgeld zu?
Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus.

Herbert Kunst
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Behandlungsfehler - was ist zu tun ?

Beitrag von Herbert Kunst » 28.03.2014, 11:51

Hallo Wolf65,
anhand der kurzen Hinweise kann natürlich nicht beurteilt werden, ob - und ggf. von wem verschuldet -
ein Behandlungsfehler vorliegt. Daher erscheint es angezeigt, zunächst einmal von einem mutmaßlichen
Fehler zu sprechen.
Diesbezüglich kann man einen Anwalt (für Medizinrecht) konsultieren. Aber ich würde an Ihrer Stelle die
Angelegenheit mit der Krankenkasse bereden. Siehe dazu den angefügten Text. Die Hilfe der Kasse bzw.
des MDK ist kostenlos und bringt Klarheit in den Fall. Unabhängig davon kann man auch die zuständige
Ärztekammer - Gutachter- bzw. Schlichtungsstelle - einschalten.
Hilft das auf die Schnelle?
Gruß Herbert Kunst

§ 66 SGB V Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern
Die Krankenkassen sollen die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach § 116 des Zehnten Buches auf die Krankenkassen übergehen, unterstützen.
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Herbert Kunst
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Behandlungsfehler - was ist zu tun ?

Beitrag von Herbert Kunst » 28.03.2014, 11:57

Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Rauel Kombüchen
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Re: Behandlungsfehler - was ist zu tun ?

Beitrag von Rauel Kombüchen » 14.04.2014, 06:57

Herbert Kunst hat geschrieben: .... Aber ich würde an Ihrer Stelle die Angelegenheit mit der Krankenkasse bereden. Siehe dazu den angefügten Text.
Die Hilfe der Kasse bzw. des MDK ist kostenlos und bringt Klarheit in den Fall. Unabhängig davon kann man auch die zuständige Ärztekammer -
Gutachter- bzw. Schlichtungsstelle - einschalten.
§ 66 SGB V Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern
Die Krankenkassen sollen die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme
von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach § 116 des Zehnten Buches auf die
Krankenkassen übergehen, unterstützen.
Hallo Wolf65,
ich fand den o.a. Hinweis von Herbert treffend. Alle anderen Erwägungen sind möglicherweise weniger hilfreich und haben Kosten zur Folge.
Angesichts der geschilderten Situation wäre es natürlich höchst interessant zu erfahren, wie sich die Angelegenheit weiter entwickelt hat.
Wir lernen ja alle dazu.
MfG Rauel Kombüchen
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WernerSchell
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Kein Schmerzensgeld für geringfügige Beeinträchtigungen

Beitrag von WernerSchell » 18.03.2015, 08:29

Kein Schmerzensgeld für geringfügige Beeinträchtigungen durch kurzzeitige Hüftluxation
Das OLG Hamm hat entschieden, dass für eine kurze gesundheitliche Beeinträchtigung durch eine nach einer Hüftgelenksoperation aufgetretene Fehlstellung eines Hüftgelenks (Hüftluxation), die mittels einer Kurznarkose umgehend schmerzfrei beseitigt wurde, kein Schmerzensgeld beansprucht werden kann.
Der im Jahre 1946 geborene Kläger erhielt im November 2012 im beklagten Krankenhaus eine Totalendoprothese am linken Hüftgelenk. Kurz nach der Operation kam es zu einer Hüftluxation, die unmittelbar nach ihrem Auftreten unter Kurznarkose schmerzfrei durch eine Reposition beseitigt werden konnte. Mit der Begründung, die Hüftoperation sei fehlerhaft geplant und ausgeführt worden, die Hüftluxation auf eine fehlerhafte Umlagerung im Operationssaal zurückzuführen, hat der Kläger vom beklagten Krankenhaus und den ihn behandelnden Ärzten Schadensersatz verlangt, insbesondere ein Schmerzensgeld in der Höhe von 20.000 Euro.
Die Klage ist vor dem OLG Hamm – ebenso wie vor dem LG Paderborn – erfolglos geblieben.
Das Oberlandesgericht konnte nach der Anhörung eines medizinischen Sachverständigen keine Behandlungsfehler bei der Vorbereitung und der Durchführung der Hüftoperation feststellen. Es gehe um eine Routineoperation, bei der es dem medizinischen Standard entspreche, dass die genaue Position der Prothese intraoperativ mit einer optischen Kontrolle festgelegt werde. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Hüftgelenk bei der Operation fehlerhaft mit falschen Winkelmaßen implantiert worden sei.
Die Hüftluxation rechtfertige ebenfalls kein Schmerzensgeld. Am Ende der Operation sei das Hüftgelenk noch nicht luxiert gewesen. Die Fehlstellung müsse bei der Ausleitung oder der Ausschleusung entstanden sein. Selbst wenn man unterstelle, dass die Luxation Folge eines Behandlungsfehlers sei, begründe sie keinen Schmerzensgeldanspruch des Klägers. Die Luxation habe umgehend mittels einer Reposition unter Kurznarkose schmerzfrei beseitigt werden können. Die mit ihr verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers überschritten nicht eine "Geringfügigkeitsgrenze". Sie stellten sich als zeitlich geringfügige Beeinträchtigungen dar, die die Lebensführung des Klägers nur unwesentlich und ohne dauerhafte Folgen beeinflusst hätten. In einem derartigen Fall sei ein Schmerzensgeld weder zum Ausgleich noch zur Genugtuung des Patienten angemessen.

Gericht/Institution: OLG Hamm
Erscheinungsdatum: 06.03.2015
Entscheidungsdatum: 13.01.2015
Aktenzeichen: 26 U 122/14

Quelle: http://www.juris.de/jportal/portal/t/1t ... hricht.jsp

+++
Ärzte Zeitung, 18.03.2015:
Urteil: Keine Haftung für kleinere Beeinträchtigungen nach Op
Für eine geringfügige gesundheitliche Beeinträchtigung nach einer Operation können Patienten kein Schmerzensgeld beanspruchen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden. mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=881 ... cht&n=4106
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WernerSchell
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Viele Patienten fühlen sich falsch behandelt

Beitrag von WernerSchell » 15.11.2016, 12:35

Viele Patienten fühlen sich falsch behandelt
Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Mehrere Tausend Patienten pro Jahr fühlen sich von Ärzten falsch behandelt und wenden sich deswegen an Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Wie aus der Antwort (18/10203 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/102/1810203.pdf ) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/10022 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/100/1810022.pdf ) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervorgeht, machten zwischen 2010 und 2015 jeweils mehr als 11.000 Patienten von dieser Möglichkeit der Begutachtung Gebrauch. Von den zur Entscheidung angenommenen Beschwerden lag in 28 bis 30 Prozent der Fälle tatsächlich ein Behandlungsfehler vor.
2015 wurden nach Angaben des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) 14.828 Einzelfälle zu vermuteten Behandlungsfehlern von einem der 15 Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) mit einem Gutachten bearbeitet. Die Quote der anerkannten Behandlungsfehler in dem Jahr lag den Angaben zufolge bei 21,3 Prozent.
Nach Ansicht der Bundesregierung können Patienten ihre Rechte im Fall von Behandlungsfehlern wirksam durchsetzen. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe daher nicht.

Quelle: Mitteilung vom 15.11.2016
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