Sturz beim Toilettengang - Diskussion um Haftungsansprüche

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Sturz beim Toilettengang - Diskussion um Haftungsansprüche

Beitrag von WernerSchell » 30.10.2013, 07:34

Fallbesprechung:
Sturz beim begleitenden Toilettengang
löste Haftungsansprüche aus

von Werner Schell

Wann erhält der Geschädigte hinsichtlich der Obhuts- und Verkehrssicherungspflicht Beweiserleichterung? Und wann liegt juristisch eine konkrete Gefahrensituation bei einer Pflegemaßnahme vor? Das Oberlandesgericht Schleswig entschied am 13.04.2012 in einer Schadenersatzklage, dass die Beklagten (Heimträger und Pflegekraft) beim begleitenden Toilettengang ihre Obhuts- und Versicherungspflichten gegenüber einer Heimbewohnerin verletzten und gemäß § 426 BGB als Gesamtschuldner haften.

Sachverhalt: Eine Pflegeheimbewohnerin mit Pflegestufe II stützte am 03.09.2008 in Gegenwart einer als Krankenpflegehelferin angestellten Pflegekraft beim Toilettentransfer. Seit 06.02.2006 wurde in der Pflegeplanung für die Versicherte ein „Risikomanagement Sturzgefahr“ dokumentiert, welches Maßnahmen zur Vermeidung von Stürzen vorsah. Die Maßnahmen wurden durch den Heimträger regelmäßig überprüft und beibehalten. Bis zum besagten Vorfall stürzte die Versicherte nicht.

Die Einzelheiten des Sturzgeschehens sind streitig
Sturzergebnisbericht des Heims: „Beim Umsetzen vom Toilettenstuhl zum Bett zusammengesackt auf den Fußboden“. Pflegebericht des Heims: „Frau D. ist beim Umsetzen vom Toilettenstuhl zum Bett in sich zusammengesackt. Sie verlor die Kraft in den Beinen, re. Bein schmerzt“.
Infolge des Sturzes erlitt die Heimbewohnerin eine distale Fraktur des Femurs und wurde nachfolgend stationär und ambulant behandelt. Die Kosten der Behandlung, diverser Krankentransporte und Massagen beliefen sich auf insgesamt 6.270,63 Euro und wurden von der Krankenkasse getragen. Unter Fristsetzung bis zum 03.04.2009 forderte die Krankenkasse die Betriebshaftpflichtversicherung des Heimträgers vergeblich zur Zahlung auf. Daraufhin kam es zur Klage gegen den Heimträger und die tätig gewordene Pflegekraft. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Heimbewohnerin der Pflegefachkraft aufgrund nicht fachgerechten Haltens aus den Händen geglitten und zu Boden gestürzt sei ... >> mehr
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Sturz beim begleitenden Toilettengang - Haftungsansprüche

Beitrag von WernerSchell » 15.04.2014, 06:53

Aus Forum:
viewtopic.php?f=3&t=20323

Rheinische Post vom 20. März 2014
Prozess in Hamm
Kein Schadensersatz nach Sturz im Altenheim
Wenn sich ein Altenheimbewohner trotz Aufsicht einen Oberschenkelhalsbruch zuzieht, ist der Betreiber
nicht zwangläufig zum Schadensersatz verpflichtet.
Das hat das Oberlandesgericht Hamm in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden. Nach Ansicht der Richter hat der Heimträger keine Chance, einen Sturz zu verhindern, der Folge eines Spontanbruchs ist. In diesen Fällen bricht ein Knochen bereits bei einer sehr geringer Belastung (Az.: 17 U 35/1).
... (weiter lesen unter) .... http://www.rp-online.de/nrw/panorama/ke ... -1.4116078
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Obhutspflichten des Heimbetreibers beim An- und Entkleiden .

Beitrag von WernerSchell » 09.06.2014, 06:48

Obhutspflichten des Heimbetreibers beim An- und Entkleiden von Heimbewohnern;
Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Verschuldens des Heimbetreibers


Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf • vom 17. Januar 2012 - Az. I-24 U 78/11 -

Leitsätze des Gerichts:
1. Bedarf der Heimbewohner beim Ent- und Ankleiden der besonderen Betreuung und Fürsorge, so trifft den Heimbetreiber und seine Angestellten eine gesteigerte, erfolgsbezogene Obhutspflicht.(Rn.25)
2. Kommt der Heimbewohner in einer derartigen Situation zu Schaden, so hat sich der Heimbetreiber von vermutetem Verschulden zu entlasten.(Rn.26)
3. Es ist Aufgabe des Gerichts, nicht des Sachverständigen auf Grund seiner Feststellungen das Verschulden zu beurteilen und eine etwaige Fahrlässigkeit anzunehmen.(Rn.32)


Urteilsschrift - Quelle:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/dues ... 20117.html
http://openjur.de/u/453289.html
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Krankenhaus haftet nicht für Sturz einer Patientin ...

Beitrag von WernerSchell » 24.02.2015, 08:59

Patientin stürzt beim alleinigen Toilettengang
- Krankenhaus haftet nicht


Eine Klinik haftet nicht für den Sturz einer Patientin bei einem Toilettengang,
wenn die Patientin die Toilette alleine und ohne mögliche Hilfestellungen des
Pflegepersonals aufsucht. Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts
Hamm am 02.12.2014 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des
Landgerichts Arnsberg bestätigt.


Die 1940 geborene Klägerin aus dem Hochsauerlandkreis stürzte im März
2011 auf einer Treppe und zog sich eine Fraktur am linken Oberarm zu. Diese
wurde im nahe gelegenen beklagten Krankenhaus operativ versorgt. Während
des Krankenhausaufenthaltes musste die Klägerin zudem mit dem Einsatz
einer Totalendoprothese an der Hüfte operiert werden. Wenige Tage
nach der Hüftoperation stürzte die Klägerin, als sie die Krankenhaustoilette
ohne Unterstützung des Pflegepersonals aufsuchte. Sie fiel auf einen erhöhten
Toilettensitz zurück, der sich verschob. Die Klägerin verletzte sich erneut
am linken Oberarm, als sie versuchte, sich abzustützen. Auch diese Verletzung
musste operativ versorgt werden. Vom beklagten Krankenhaus hat die
Klägerin Schadensersatz verlangt, unter anderem ein Schmerzensgeld in der
Größenordnung von 40.000 €. Unter Hinweis auf im Schulterbereich verbliebene
Schmerzen hat sie gemeint, ihre Oberarmfrakturen seien fehlerhaft
operiert worden. Zudem hat sie geltend gemacht, das Krankenhaus sei für
ihren Sturz auf der Toilette verantwortlich, bei dem sie von einem nur lose
aufgelegten Toilettenring gerutscht sei.

Das Schadensersatzbegehren der Klägerin ist erfolglos geblieben.
Der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm konnte nach der Anhörung
eines medizinischen Sachverständigen keine fehlerhafte operative Versorgung
der Oberarmfrakturen der Klägerin feststellen. Die bei den Operationen
verwandten Schrauben seien ordnungsgemäß eingesetzt worden. Nach der
letzten Operation im Schulterbereich verbliebene Schmerzen seien schicksalhaft
und träten etwa bei einem Drittel der Patienten mit vergleichbaren
Verletzungen auf.

Für den Sturz der Klägerin beim Toilettengang sei das beklagte Krankenhaus
ebenfalls nicht verantwortlich. Es könne nicht festgestellt werden, dass die
Klägerin durch eine verkehrsunsichere Sanitäreinrichtung zu Fall gekommen
sei. Die verwandte Toilettenerhöhung sei ausreichend stabil befestigt gewesen,
auch wenn sie bei einem Sich-Fallen-lassen des Benutzers ausgehebelt
werden könne. Dass die Klägerin die Toilette ohne Hilfe des Pflegepersonals
aufgesucht habe, könne dem Krankenhaus nicht vorgeworfen werden. Nach
den Ausführungen des Sachverständigen habe sie die Toilette auch nach
den durchgeführten Operationen alleine aufsuchen dürfen, wenn sich dies
selbst zugetraut habe. Die Klägerin selbst habe eingeräumt, dass sie am Unfalltage
auf Hilfe des Pflegepersonals verzichtet habe, die Hilfe aber auf ihr
Verlangen hin bekommen hätte. Da die Klägerin die mögliche Hilfeleistung
des Pflegepersonals nicht in Anspruch genommen habe, wirke sich ihr Sturz
nicht zulasten des Krankenhauses aus.

Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 02.12.2014
(26 U 13/14)


Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 18.02.2015
Heßlerstraße 53
59065 Hamm
Tel. 02381 272-0
Christian Nubbemeyer
Pressedezernent
Tel. 02381 272 4925
Fax 02381 272 528
pressestelle@olg-hamm.nrw.de
Christian Nubbemeyer, Pressedezernent
http://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/pre ... ilette.pdf

+++
Krankenhaus haftet nicht für Sturz einer Patientin beim alleinigen Toilettengang
Patientin hätte mögliche Hilfeleistung des Pflegepersonals in Anspruch nehmen können
Eine Klinik haftet nicht für den Sturz einer Patientin bei einem Toilettengang, wenn die Patientin die Toilette alleine und ohne mögliche Hilfestellungen des Pflegepersonals aufsucht.
Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Arnsberg.
... (weiter lesen unter) ... http://www.kostenlose-urteile.de/OLG-Ha ... s20641.htm
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Obhutspflichten / Verkehrssicherungspflichten im Heim

Beitrag von WernerSchell » 20.11.2015, 08:09

Am 20.11.2015 bei Facebook gepostet:
Obhutspflichten / Verkehrssicherungspflichten im Heim - Qualität ohne gute Pflegepersonalausstattung? Geht nicht! > viewtopic.php?f=2&t=21275 - Die Unsicherheiten im Umgang mit sturzgefährdeten HeimbewohnerInnen sind weit verbreitet. Da können auch "entlastende" Gerichtsentscheidungen wenig helfen. Pflegekräfte sind gut beraten, wenn sie ihr Handeln ordentlich dokumentieren. > viewtopic.php?f=3&t=20323&hilit=Oberschenkelhalsbruch - "Der Sturz - Im Spannungsfeld zwischen Haftungsrecht und pflegerischen Handlungsmöglichkeiten" - Buchtipp dazu > viewtopic.php?f=2&t=21337
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