Sterbehilfe: große Unsicherheit - Thesen

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Gast

Klare Ablehnung aktiver Sterbehilfe

Beitrag von Gast » 30.03.2005, 11:16

Klare Ablehnung aktiver Sterbehilfe
Kirchen sprechen sich für Patientenverfügung aus

Der Gerichtsstreit um die Weiterführung oder den Abbruch der künstlichen Ernährung der amerikanischen Koma-Patientin Terri Schiavo hat in Deutschland eine Debatte um Sterbehilfe ausgelöst.

HB/pt DÜSSELDORF/BERLIN. Die zwei großen Kirchen sprachen sich in ihren Osterbotschaften zwar eindringlich gegen aktive Sterbehilfe in jeder Form aus. Kardinal Karl Lehmann und Bischof Wolfgang Huber sprachen sich allerdings für die Patientenverfügung aus. Darin kann festgelegt werden, dass bei schwerer Krankheit keine lebensverlängernden Maßnahmen gewünscht werden.

Der Ehemann Schiavos hat vor Gericht durchgesetzt, dass seine 41-jährige Frau, die seit 1990 im Koma liegt, nicht mehr künstlich ernährt wird. Seine Frau sei gegen die künstliche Verlängerung ihres Lebens gewesen, sagt der Mann. Die Eltern Schiavos haben vergeblich alle Gerichtsinstanzen bemüht, um die Ernährung ihrer Tochter durchzusetzen. Inzwischen liegt Schiavo im Sterben und hat von einem Priester die Letzte Ölung bekommen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, bezeichnete den Streit über die Ernährung von Schiavo als "schlimmes Schauspiel". Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, nannte das Leben ein Geschenk Gottes, über das "weder an seinem Beginn noch an seinem Ende" willkürlich verfügt werden dürfe.

...
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http://zeus.zeit.de/hb/740837.xml

WernerSchell
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Sterbehilfe: große Unsicherheit - Thesen

Beitrag von WernerSchell » 30.03.2005, 11:54

Im Forum finden Sie z.B. Beiträge wie folgt (Fundstellen ggf. vollständig übernehmen):

-- Wachkoma-Patientin Terri Schiavo in den USA
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1111430485  
-- Sterbehilfe: große Unsicherheit - Thesen
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1083011863
-- Patientenverfügungen - Gesetz wird vorbereitet
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1099661445

-- Patientenwille kontra Gewissensfreiheit
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1058941506  
-- Patientenverfügungen - Enquete-Kommissions-Bericht
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1093932187    
-- Patientenautonomie am Lebensende - Lebensschutz
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1086818525    
-- Gesetzentwurf "Patientenverfügung" - Statements
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1106928440    
-- Vorsorgliche Verfügungen
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1059548494    
-- Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1083606582    
-- Keine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1069224324    
-- Sterbehilfe-Regelung - MdB-Initiative
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1081690245    
-- Patientenverfügung - BMJ-Broschüre informiert
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1092052627    
-- Selbstbestimmung todkranker Menschen
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1088403947    
-- Die Würde des Menschen am Ende seines Lebens
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1080371385    
-- Sterbehilfe - Spielraum des Grundgesetzes ?
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 1082009729    
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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WernerSchell
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Palliativmedizin und Sterbehilfe

Beitrag von WernerSchell » 31.03.2005, 14:27

Palliativmedizin - Wenn das Leben eines Patienten nicht mehr zu retten ist ...
Rechtsanwälte erläutern die derzeitige Rechtslage zur indirekten, aktiven und passiven Sterbehilfe

Von RA Dr. jur. Alexander Peters und RA Roland Wehn

In den Niederlanden und in Belgien dürfen Ärzte Todkranke mit der Spritze von ihren Leiden erlösen. Ein Modell auch für Deutschland? Das Für und Wider der Sterbehilfe wird kontrovers diskutiert. Im Deutschen Bundestag fand nun eine Diskussion zum Thema Patientenverfügung statt. Der Marburger Bund hat sich dazu bereits bei seiner Hauptversammlung im November klar geäußert. Das heutige Strafrecht schützt jeden Menschen vor Fremdtötungshandlungen. Nur an der Grenze zum Tod ist das Tötungsverbot durch von der Rechtsprechung entwickelte Regeln der Sterbehilfe gelockert. Die Selbsttötung ist – auch im Versuch – nicht unter Strafe gestellt.
Was ist Sterbehilfe?
….
Weiter unter
http://www.marburger-bund.de/mbz/2005/04/06.htm

Der vollständige Text des Beitrages wird bei der nächsten Aktualisierung dieser Homepage auch in das Rechtsalmanach, Nr. 13, eingestellt. Die Genehmigung der Autoren liegt hierzu bereits vor!
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Gast

Aktive Sterbehilfe fataler Irrweg

Beitrag von Gast » 01.04.2005, 18:11

Müller: Aktive Sterbehilfe fataler Irrweg
Die Einführung aktiver Sterbehilfe in Deutschland wäre ein schwerer Rückschlag für den Lebensschutz und würde Missbrauchsmöglichkeiten Tür und Tor öffnen.

Die Einführung aktiver Sterbehilfe in Deutschland wäre ein schwerer Rückschlag für den Lebensschutz und würde Missbrauchsmöglichkeiten Tür und Tor öffnen. Mit diesen Worten kommentierte Bayerns Gesundheitsstaatssekretärin Emilia Müller heute Forderungen nach aktiver Sterbehilfe, die im Zusammenhang mit dem Tod der US-Komapatientin Schiavo erhoben wurden. Müller: "Der deutsche Gesetzgeber hat die Tötung auf Verlangen mit gutem Grund unter Strafe gestellt. Die Missbrauchsgefahr ist hoch und kaum zu beherrschen, wie die Erfahrungen aus den Niederlanden und Belgien zeigen, in denen aktive Sterbehilfe legalisiert ist. Schwere Krankheit oder schwerwiegende Behinderung sind Grenzsituationen, in denen Betroffene nicht mehr adäquat für sich selbst sprechen können. In solchen Situationen darf das Leben nicht unter dem Vorwand der Sterbehilfe in die Hände Dritter gelegt werden, die möglicherweise eigene Interessen im Blick haben. Dies würde den Lebensschutz unerträglich aushöhlen." Die Staatssekretärin wies in diesem Zusammenhang auf die große Bedeutung der Sterbebegleitung und der Hospizarbeit hin und forderte, der sterbebegleitenden Medizin größere Beachtung zu schenken.

Wer verhindern wolle, bei unheilbarer Krankheit oder dauerndem Verlust des Bewusstseins gegen seinen Willen künstlich am Leben erhalten zu werden, habe dazu schon heute mit Patientenverfügung und der Bestellung eines Patientenanwalts Möglichkeiten an der Hand, so Müller weiter. Gleichwohl sei es erforderlich, die Reichweite solcher Patientenverfügungen gesetzlich zu regeln. Dabei müsse einerseits das Selbstbestimmungsrecht des Patienten beachtet und andererseits ethischen Maßstäben genügt werden.

Weitere Informationen: http://www.gesundheit.bayern.de

Quelle: Pressemitteilung vom 1.4.2005
Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz - http://www.stmugv.bayern.de

Gast

Zulassen des Sterbens eines Patienten

Beitrag von Gast » 01.04.2005, 20:32

Presseerklärung der Rechtsanwälte
Wolfgang Putz und Beate Steldinger
Kanzlei Putz und Teipel - Berlin - München

Über dpa wird verbreitet, das Zulassen des Sterbens eines Patienten nach seinem Patientenwillen sei nur zulässig, wenn die irreversibel tödliche Erkrankung so weit fortgeschritten sei, dass der Tod unmittelbar bevorstehe. Dies hätte der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 17.03.2003 entschieden.

Das ist falsch.
Richtig ist:

Der Bundesgerichtshof hat erstmals im Kemptener Fall (1. Strafsenat, Urteil vom 13.09.1994, NJW 1995, Seite 204) festgestellt, dass eine zulässige und gebotene "Sterbehilfe im weiteren Sinn" vorliege, wenn das Kriterium der Todesnähe nicht gegeben sei. Er hat dies damals für einen Wachkomafall entschieden.

Wörtlich:
"Im vorliegenden Fall hatte der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt. Frau S. war - abggesehen von der Notwendigkeit künstlicher Ernährung - lebensfähig. ... Eine Sterbehilfe im eigentlichen Sinn lag deshalb nicht vor. Vielmehr handelte es sich um den Abbruch einer einzelnen lebenserhaltenden Maßnahme. Auch wenn dieser  Vorgang in der Literatur bereits als Sterbehilfe im weiteren Sinne ( ...)  bezeichnet wird und ein solcher Behandlungsabbruch bei entsprechendem Patientenwillen als Ausdruck seiner  allgemeinen Entscheidungsfreiheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs 2, Satz 1 GG) grundsätzlich anzuerkennen ist ( ...), sind doch an die Annahme des mutmaßlichen Willens erhöhte Anforderungen insbesondere im Vergleich zur Sterbehilfe im eigentlichen Sinne zu stellen."

Im Ergebnis hat der BGH schon damals entschieden, dass bei entsprechendem Patientenwillen die wachkomakranke Patientin S. sterben darf und sogar ihr Sterben zugelassen werden muss.

In der Entscheidung vom 17.03.2003 hat der 12. Zivilsenat dieses Urteil aufgegriffen und zu einem weiteren Wachkomafall aus Kiel ausgeführt, dass im Zivilrecht nicht mehr oder weniger erlaubt sein könne, als im Strafrecht, er sei daher an die Entscheidung des 1. Strafsenats von 1994 im Kemptener Fall gebunden. Da diese Entscheidung wegen einiger Formulierungen missverständlich schien, urteilte daraufhin das Oberlandesgericht Karlsruhe am 26.03.2004, NJW 2004, Seite 1882, dass der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung von 2003

wörtlich:
" unter Bezugnahme auf das Urteil des 1. Strafsenates vom 13.09.1994 zwischen Hilfe beim Sterben, kurz: Sterbehilfe, und Hilfe zum Sterben der Sterbehilfe im weiteren Sinn  differenziert. Sterbehilfe setzt danach voraus, dass das Grundleiden eines Kranken nach ärztlicher Überzeugung unumkehrbar (irreversibel) ist, einen tödlichen Verlauf angenommen hat und der Tod in kurzer Zeit eintreten wird. Doch auch in dem Fall, in dem der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt hat, ist danach der Abbruch einer einzelnen lebenserhaltenden Maßnahem bei entsprechendem Patientenwillen als Ausdruck der allgemeinen Entscheidungsfreiheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit grundsätzlich anzuerkennen. ... Aus der Differenzierung der Sterbehilfe folgt demnach nicht, dass dann, wenn das Kriterium des "unmittelbar bevorstehenden Todes" fehlt, die Genehmigung der Einwilligung in den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen nicht erteilt werden darf,  ...."

Soweit wörtlich das Oberlandesgericht Karlsruhe, das wiederum für einen Fall eines Wachkomapatienten das Zulasen des Sterbens nach dem Patientenwillen als rechtmäßig und geboten beurteilt.

Dies deckt sich auch mit der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Traunstein im Strafverfahren gegen Rechtsanwalt Wolfgang Putz u. a. wegen des Sterbenlassens des Wachkomapatienten Peter K. "wegen versuchten Totschlags" vom 01.02.2002, veröffentlicht in 'Putz und Steldinger - Patientenrechte am Ende des Lebens', C. H.-Beck-Verlag, 2. Auflage 2004). Dort wird festgestellt, dass der seinerzeit angeordnete Behandlungsabbruch bei Wachkomapatient Peter K. dem mutmaßlichen Patientenwillen entsprach. Daher wurde das Verfahren, ebenso wie zwei weitere Strafverfahren gegen Rechtsanwalt Wolfgang Putz in Sterbehilfefällen bei Wachkomapatienten, eingestellt.

Insgesamt haben wir bis heute 65 gleichartige Wachkoma-Fälle, zum Teil sogar - soweit Streitfälle vorlagen - mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung betreut. In allen Fällen wurde das Sterben durch Einstellung der Substitution mit Flüssigkeit und Nahrung erreicht. Keiner unserer Mandanten ist qualvoll verhungert oder verdurstet, weil alle Fälle von palliativmedizinisch geschulten Ärzten und Pflegern betreut wurden. Meist in Zusammenarbeit mit einem Team von Hospizhelfern, Therapeuten und Seelsorgern beider großen Kirchen.

Wolfgang Putz, RA
Beate Steldinger, RAin

Quelle: Pressemitteilung vom 1.4.2005

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In Würde sterben – TV-Tipps für 03.04.05

Beitrag von WernerSchell » 02.04.2005, 17:12

In Würde sterben – TV-Tipps für 03.04.05

ARD – 03.04.2005 – 12.00 – 12.45 Uhr
Presseclub Live.
Thema: Das Ende des Lebens: Wer soll entscheiden? Nach dem Tod von Terri Schiavo

ARD – 03.04.2005 – 21.45 – 22.45 Uhr
Sabine Christiansen Live. Talk-Show aus Berlin.
Thema: In Würde sterben
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Gast

Rechtslage wird öffentlich falsch dargestellt

Beitrag von Gast » 04.04.2005, 16:12

Rechtslage wird öffentlich falsch dargestellt - BÄK-Präsident ruft zu PV auf

Auszug aus: Welt am Sonntag (WAMS), 3.4.05 - von Friedemann Sittig:
( Vollständiger Artikel unter: http://www.wams.de/data/2005/04/03/621063.html )

<< LEBEN UND STERBEN – EIN FRAGEBOGEN
... Soll man einen Menschen sterben lassen, weil - so weit dies überhaupt gesagt werden kann - keine Hoffnung auf Genesung besteht? Ist es der Wille eines Todkranken, weiter künstlich am Leben erhalten zu werden?
Aus diesen moralischen Fragen und dem resultierenden Dilemma gibt es für die Angehörigen oft keinen Ausweg. Die Unsicherheit lindern kann eine Patientenverfügungen. Sie legt fest, was im Notfall geschehen soll. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, rief die Bürger am Wochenende erneut auf, eine solche Verfügung zu treffen und bei einer neutralen Stelle zu hinterlegen.
Doch wie sieht so eine Verfügung aus? Anders als viele Menschen denken, besteht sie nicht aus einer kurzen Erklärung, sondern verlangt die Beantwortung zahlreicher konkreter Fragen. Auf dieser Seite dokumentieren wir den Fragebogen, den der Humanistische Verband Deutschlands herausgibt .... >>

Es folgt die ganzseitige Abbildung des 4-seitigen Fragebogens, hier als pdf -Datei unter: http://www.patientenverfuegung.de/pv/PD ... en2005.pdf

Unterdessen haben Medizinrechtsexperten und die Bayrische Justizministerin Merk kritisiert, dass in den Medien die Rechtslage falsch dargestellt wird. Die RA Putz und Steldinger weisen anhand der BGH-Beschlüsse von 1994 und 2003 im Wortlaut sowie über fünfzig einschlägiger Fälle eines Sterben-Lassens im Komafälle seit 95 nach: Ein Unterlassen oder Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen ist durchaus auch außerhalb eines tödlichen Krankheitsverlaufs nach deutschem Zivil- und Strafrecht zulässig. Siehe ausführliche Meldung vom 3. April 2005 unter:
http://www.patientenverfuegung.de/pv/archiv.htm

Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 3.4.2005

Gast

Wann sollen Patientenverfügungen gelten?

Beitrag von Gast » 05.04.2005, 11:13

Wann sollen Patientenverfügungen gelten?
Der Tod von Terri Schiavo hat die Diskussion in Deutschland über Patientenautonomie am Lebensende neu entfacht

BERLIN (hak). Der Tod der Koma-Patientin Terri Schiavo hat in Deutschland erneut den Blick auf die Diskussion über Form und Grenzen von Patientenverfügungen gelenkt. Nachdem das Justizministerium seinen Gesetzentwurf zurückgezogen hatte, soll der Bundestag über den rechtlichen Rahmen für die Verfügungen entscheiden.
Dabei geht es im Kern um die Fragen, ob eine Patientenverfügung schriftlich verfaßt werden muß, ob die Beratung durch einen Arzt dabei verpflichtend ist und ob die Verfügungen auch gültig sein sollen, wenn die Krankheit noch keinen tödlichen Verlauf (wie bei der Wachkoma-Patientin Terri Schiavo) genommen hat. Im Bundestag werden dazu - wie schon bei der Stammzelldebatte - Gruppenanträge formuliert. Die Entscheidung soll ohne Fraktionszwang erfolgen.
Notwendig ist die Klärung dieser Frage spätestens seit dem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2003. Damals wurden Patientenverfügungen für Ärzte als verbindlich erklärt. Den Vormundschaftsgerichten wurde aber die Rolle zugesprochen, Fälle zu prüfen, in denen Arzt und Betreuer über den Abbruch einer lebenserhaltenen Maßnahme streiten. Kritiker hatten das als Relativierung der Patientenautonomie gedeutet.

Weiter unter
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... system_uns
und
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... 9a0204.asp
und
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... terbehilfe

Gast

Münchener Wachkomapatient gestorben

Beitrag von Gast » 06.04.2005, 18:08

Münchener Wachkomapatient gestorben

Günther G. geboren am 11.02.1963 ist am 05.04.2005 an den Folgen seiner schweren Gehirnschädigung in der Palliativstation des Städtischen Klinkums München-Harlaching verstorben. Er erlitt am 09.01.2005 einen schwersten Herzinfarkt. Der Notarzt, der 15 Minuten später eintraf, reanimierte weit über eine Stunde mit 60 Stromstössen. Eine erneute Reanimation wurde im Notarztwagen und eine dritte Reanimation nach Anfnahme im Klinikum Agatharied notwendig. Wochen später wurde durch die behandelnden Neurologen aufgrund einer umfassenden Diagnostik mit sämtlichen modernen zur Verfügung stehenden, auch bildgebenden Verfahren, die sichere Diagnose gestellt, dass wegen des völligen Untergangs der Großhirnrinde jegliche Besserung geschweige den ein Erwachen aus dem Koma aus ärztlicher Einschätzung völlig unwahrscheinlich ist. Die Ärzte respektierten den unstreitigen mutmaßlichen Patientenwillen den die Ehefrau und die Mutter aus vielen Episoden und Gesprächen im gesunden Leben von Günther G. referierten. Danach wollte Günther G. bei einer solchen Schädigung nicht mehr künstlich am Leben erhalten werden. Später erfolgte die Verlegung auf die Palliativstation des Städtischen Klinikums München-Harlaching. Dort wurde mit einer palliativmedizinischen und -pflegerischen Behandlung gewährleistet, dass der Patient keinen Durst, keinen Hunger, keine Krämpfe, keine Schmerzen, keine Angst und kein hohes Fieber erleiden musste. Die Mutter verweilte vom Herzinfarkt bis zum Tod von Früh bis Abend an seinem Krankenbett. "Man muss ihn gehen lassen, weil wir ihn lieben!" sagten übereinstimmend die Mutter und die Ehefrau. Weitere Informationen für Pressevertreter können derzeit nicht gegeben werden, um die Familie nicht zu stören.

Quelle: Pressemitteilung vom 6.4.2005
Wolfgang Putz und Beate Steldinger
Quagliostr.7
81543 München
Tel: 089/652007
Fax: 089/659989
http://www.putz-medizinrecht.de/start.p ... ungen.html

Gast

terbehilfe- und Patientenverfügungs-Konfusion

Beitrag von Gast » 08.04.2005, 17:00

Wut und Verzweiflung über Sterbehilfe- und Patientenverfügungs-Konfusion

Auf zwei medizinischen Großkongressen herrscht bei den Ärzten Wut und Verzweiflung über Sterbehilfe- und Patientenverfügungs-Konfusion.
Außerdem: Laut Umfrageergebnis von Prof. Höfling, der der Deutschen Hospizstiftung als Vorstandsmitglied angehört, spricht sich fast die Hälfte der befragten Vormundschaftsrichter nicht nur für die passive, sondern auch für die „aktive Sterbehilfe“ nach niederländisch-belgischem Vorbild aus.

FAZ Nr. 81 vom 8.4.05 (von Joachim Müller-Jung):

<< ... Alte Zweifel wiederbelebt

Passive Sterbehilfe, aktive Sterbehilfe, aktiv-indirekte Sterbehilfe, aktiv-direkte Sterbehilfe, quasi-passive Sterbehilfe - allein das entfesselte Vokabular, das mittlerweile um den sensiblen Themenkreis kursiert, läßt manche Ärzte schier verzweifeln. Und schlimmer noch: Die Medizinjuristen an ihrer Seite können ihnen bei der Dechiffrierung des Zulässigen und künftig Erwartbaren weder Klarheit noch Sicherheit geben. Im Gegenteil, auf den zwei medizinischen Großkongressen dieser Woche, dem Internistentreffen in Wiesbaden und dem Chirurgenkongreß in München, mit ihren jeweils Tausenden von Teilnehmern wurde offenkundig, wie - mit den Worten des Göttinger Medizinrechtlers Hans-Ludwig Schreiber - gegenwärtig „alte Zweifel am Übergang von kurativer zu palliativer, sterbebegleitender Behandlung wiederbelebt werden”. ...

Verbindlichkeit durch Gesetzgeber

Schriftform wird praktisch von allen Medizinern gewünscht, aber sie allein bedeutet nicht, daß der Arzt genau weiß, was er tun soll. Von den angeblich sieben Millionen Patientenverfügungen etwa, die nach einer oft bemühten, freilich umstrittenen Schätzung derzeit im Umlauf sind, nimmt der Mainzer Theologe Hartmut Kreß, Mitglied der rheinland-pfälzischen Bioethikkommission, an, daß sie in ihrer Mehrheit „juristisch nicht tragfähig” seien.

Auch die etwa zwei Millionen von den christlichen Kirchen ausgegebenen Formulare nicht. Teils, weil sie unklar formuliert sind, was den medizinischen Sachverhalt angeht, teils, weil sie älteren Datums und damit in der Aktualität des Patientenwillens fragwürdig sind. Die Verbindlichkeit zu klären, ist jetzt Aufgabe des Gesetzgebers. ... >>

Vollständig unter:
http://www.patientenverfuegung.de/pv/detail.php?uid=324
- - - - - - - - - -

Ein 61-jähriger Münchner ist am Donnerstag vom Landgericht München II wegen Tötung auf Verlangen zu einer Bewährungsstrafe von 10 Monaten und 20.000 Euro Geldbuße verurteilt worden. Der Studiendirektor der Münchener Fachoberschule hatte im November 2003 seine schwer kranke 93-jährige Schwiegermutter auf deren immer wieder geäußerten Wunsch getötet. Mit dem Urteil entsprach das Gericht dem Antrag der Verteidigung.
Mehr:
http://www.br-online.de/bayern-heute/ar ... /index.xml

Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 7.4.2005

Gast

Sterbehilfe - unterschiedliche Meinungen

Beitrag von Gast » 09.04.2005, 14:36

Neue Studie zeigt: Ärzte und Versicherte mit unterschiedlicher Meinung zur Sterbehilfe

Guetersloh (ALfA) Der Fall der Wachkomapatientin Terri Schiavo hat der Diskussion um Sterbehilfe und Patientenverfuegung auch in Deutschland neue Nahrung gegeben. Eine am 30. Maerz 2005 vorgestellte Studie, der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung, zeigt die Meinung von Aerzten und Versicherten zu diesen Themen. "Eine Patientenverfuegung wird von zwei Drittel der Bevoelkerung befuerwortet", sagte Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Guetersloher Stiftung laut einer Mitteilung an die Presse am 30. Maerz 2005. Nur ganze 3 Prozent seien explizit dagegen. Allerdings haetten erst 10 Prozent der Befragten selbst eine solche Patientenverfuegung unterschrieben, wobei die Quote mit zunehmendem Alter stark ansteige.

Die Einstellung zur Patientenverfuegung habe der Studie zufolge auch Einfluss auf die Position der Buerger zum Thema Sterbehilfe. Wenn sie nicht mehr in der Lage seien, ueber ihr Schicksal selbst zu entscheiden, meinen 44 Prozent der Befragten, dass der in der Patientenverfuegung festgelegte Wille gelten solle . Der Zuspruch sei hier bei der Altersgruppe der 30-bis 49-Jaehrigen am groessten. 34 Prozent moechten laut der Umfrage Betreuer und Angehoerige entscheiden lassen, nur fuer 10 Prozent sollen die Aerzte stellvertretend die Entscheidung faellen. Letzteres laege eventuell auch daran, dass die Einstellung zum Thema Sterbehilfe innerhalb der Aerzteschaft sehr unterschiedlich ist. Genau ein Drittel der Aerzte lehne jede Form der Sterbehilfe oder ihre Vorbereitung generell ab. 67 Prozent koennen sich der Befragung zufolge dagegen vorstellen, auf ausdruecklichen Wunsch des Patienten hin lebensverlaengernde Massnahmen zu unterlassen, wenn ansonsten durch die Massnahmen nur der Todeseintritt verzoegert wird, die Krankheit aber nicht mehr aufgehalten werden kann.

In der Untersuchung der Bertelsmann Stiftung wurden aber auch Unterschiede in den Positionen der Versicherten und der Aerzte deutlich. Zwar seien unter den beschriebenen Umstaenden zwei Drittel der Befragten fuer das Unterlassen lebensverlaengernder Massnahmen, allerdings lehnen laut der Studie nur 9 Prozent sowohl aktive als auch passive Sterbehilfe generell ab. Auch bei der Frage, ob auf ausdruecklichen Wunsch des Patienten eine Selbsttoetung unter Mithilfe des Arztes moeglich sein sollte, klafft eine Luecke zwischen Aerzten und Versicherten: 45 Prozent der Versicherten stimmten zu, allerdings nur 10 Prozent der Aerzte. "Hier stellt sich die Frage, welchen Stellenwert der muendige Patient bei Diagnose und Therapie geniesst. Dieser generellen Problematik muessen sich die Verantwortlichen annehmen", meinte Brigitte Mohn von der Bertelsmann Stiftung.

Der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung befragt seit dem Jahr 2001 repraesentativ zweimal jaehrlich Versicherte und einmal im Jahr Aerzte nach ihrer Meinung ueber die wichtigsten Themen der Reform des Gesundheitswesens in Deutschland. Die Aerztebefragungen werden unter Aerzten der ambulanten Versorgung durchgefuehrt. Fuer den aktuellen Gesundheitsmonitor wurden 1.400 Versicherte und 500 AErzte befragt.

Quelle: ALfA-Newsletter 12/05 vom 02.04.2005

Gast

Sterbehilfe - Wissensdefiziten entgegen treten

Beitrag von Gast » 11.04.2005, 21:31

Der Fall Terri Schiavo und viele gleichgelagerte Fälle in Deutschland haben eine noch nie da gewesene Diskussion zum Thema Sterbehilfe und Vorsorge für Alter und Krankheit durch Patientenverfügung ausgelöst.

Die Medizinrechtsexperten RA Putz und Steldinger hatten bereits aufgrund eigener Praxis in über 50 Fällen seit 1995 darauf hingewiesen: Viele der veröffentlichten Meinungen und Stellungnahmen zu Koma und Sterbehilfe zeigen, dass weder die Rechtslage in Deutschland noch die medizinischen Grundlagen bekannt sind. Zu einer entsprechenden Klarstellung, insbesondere gegenüber Vertretern der Medien, sah sich auch das Bayrische Justizministerium veranlasst.
Um den bestehenden Wissensdefiziten entgegenzuwirken, veranstaltet es nun in Zusammenarbeit mit dem Interdisziplinären Zentrum für
Palliativmedizin, dem Lehrstuhl für Strafrecht und dem Lehrstuhl für Rechtsmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München eine öffentliche Informationsveranstaltung.
Termin: 13. April 2005, 10 – 12 Uhr

Programm siehe:
http://www.jurawelt.com/aktuelles/10182

Die Bayrische Justizministerin Merk hatte im Vorfeld kritisiert, dass in der öffentlichen Debatte die bestehende Rechtslage vielfach falsch dargestellt wird. Richtig sei vielmehr, dass konkrete und situationsbezogene Patientenverfügungen schon heute verbindlich sind und dass ein Behandlungsverzicht oder –abbruch aufgrund dessen nicht nur zulässig, sondern rechtlich geboten ist: Das gilt (anders als es uns einige lautstarke Ethikvertreter weissmachen wollen) selbstverständlich auch außerhalb eines tödlichen Krankheitsverlaufs.
Siehe ausführliche Meldung vom 3. April 2005 unter:
http://www.patientenverfuegung.de/pv/archiv.htm

Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 11.4.2005

Gast

Lehren aus dem Fall Terri Schiavo

Beitrag von Gast » 12.04.2005, 11:06

Lehren aus dem Fall Terri Schiavo
Patientenverfügungen sind individuell und notwendig
Medizinethiker bieten überarbeitete Formulare im Netz

Wegen der aktuellen großen Nachfrage nach Patientenverfügungen und Vorbereitungsmaterial haben Prof. Dr. med. Rita Kielstein (Magdeburg) und Prof. Dr. phil. Hans-Martin Saß (Zentrum für Medizinische Ethik an der Ruhr-Universität Bochum) nunmehr drei unterschiedliche, aktuell überarbeitete Formularmodelle (PDF-Dateien) zum Herunterladen auf die Website http://www.medizinethik-bochum.de gestellt. Es handelt sich um eine detaillierte Patientenverfügung mit integrierter Vollmacht, eine Persönliche Gesundheitsvollmacht mit einigen wenigen inhaltlichen Festlegungen und eine Patientenverfügung mit integrierter Vollmacht in religiöser Sprache. Die Patientenverfügung mit integrierter Vollmacht enthält auch kurze erzählerische Texte als Material zur Vorbereitung. Ausführlicheres Material und weitere Modelle für Formulare finden sich in einem Arbeitsbuch und in einer umfangreicheren Monographie (H. M. Saß, R. Kielstein: Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht. Lit-Verlag. Münster).

STERN-Umfrage: Patientenverfügung soll bindend sein
Das lange Leiden, der Behandlungsabbruch und der Tod der Terri Schiavo in den USA haben auch in Deutschland Diskussionen und Kontroversen ausgelöst. Viele Bürger fragen nach geeigneten Formularen für Patientenverfügungen oder entscheiden sich, Formulare zu unterschreiben, die sie schon lange bei sich liegen haben. Wie immer man den Fall der Terri Schiavo beurteilt: Zu den unerfreulichen Kontroversen ist es gekommen, weil Terri Schiavo keine schriftliche Patientenverfügung hinterlassen hatte und die Familie sich um den Inhalt ihres Willens oder mutmaßlichen Willens mit den Ärzten und Gerichten herumstreiten musste. Nach einer Umfrage des STERN vom 23 und 24. März durch Forsa spricht sich eine Mehrheit der Bundesbürger dafür aus, dass eine Patientenverfügung bindend sein soll. Wenn jemand festlegt, dass er als Koma-Patient keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht, dann sind 91 Prozent der Befragten der Meinung, dass das für Gerichte und Ärzte bindend sein muss, nur neun Prozent waren anderer Meinung.

Patientenverfügung: Jeder sollte eine haben
„Patientenverfügungen sind hilfreich“ sagt der Bochumer Medizinethiker Prof. Saß. „Sie helfen solchen Streit um den Patientenwillen in einer schon schwierigen Situation auszuschließen oder zu verringern. Ärzten und ihren Mitarbeitern, aber auch Familienangehörigen und Bevollmächtigten sind sie eine wertvolle und unersetzliche Hilfe für klinische Entscheidungen, die sich am Patienten bzw. dessen individuellen Wert- und Weltbild orientieren.“ Nach Prof. Saß sollten alle erwachsenen Menschen eine persönliche Patientenverfügung haben. „Diese sollte möglichst nach einer Beratung durch einen Arzt des Vertrauens ausgestellt werden und für den Fall gelten, dass die eigene Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt ist.“

Auch Neuauflage narrativen Vorbereitungsmaterials
Das Bochumer Zentrum für Medizinische Ethik (ZME) ist seit mehr als einem Jahrzehnt führend in der Entwicklung von Patientenverfügungen, Gesundheitsvollmachten und Vorbereitungsmaterial, um vorsorgliche Erklärungen oder Vollmachten abzufassen. Im März 2005 erschien die fünfte überarbeitete Auflage von Rita Kielstein und Hans-Martin Saß „Die persönliche Patientenverfügung. Ein Arbeitsbuch zur Vorbereitung (Lit-Verlag Münster). Es handelt sich um ein Arbeitsbuch für medizinische Laien und beratende Mediziner und Juristen und fordert zur konkreten Auseinandersetzung mit Situationen heraus, bei denen medizinische Entscheidungen sich am Patientenwillen orientieren müssen, dieser aber oft unbekannt ist. Das Buch kann über den Buchhandel oder beim Verlag zu einem Vorzugspreis von Euro 6,00 auch direkt beim ZME bestellt werden.

Zehn Jahre Erfahrung
Prof. Dr. med. Rita Kielstein, Internistin und Nephrologin an der Otto-von-Guericke Universität in Magdeburg, und Prof. Dr. phil. Hans-Martin Saß, Geschäftsführer des Zentrum für Medizinische Ethik haben seit über einem Jahrzehnt die internationalen Forschungen zur Entwicklung von so genannten narrativem (erzählendem) Vorbereitungsmaterial und von aussagefähigen und hilfreichen vorsorglichen Verfügungen angeregt und vorangetrieben. Viele Informationsbroschüren haben inzwischen den von Kielstein und Saß entwickelten Ansatz einer narrativen Wertanamnese bei der Entwicklung und Benutzung von Vorbereitungsmaterial übernommen, so auch die Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“ der Bundesministerin Brigitte Zypries.

Weitere Informationen
Zentrum für Medizinische Ethik der Ruhr Universität Bochum, 44780 Bochum, Fax 0234-321-4598
med.ethics@rub.de

Angeklickt
Zentrum für Medizinische Ethik:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/zme/

Quelle: Pressemitteilung vom 11.4.2005
Pressestelle RUB - Universitätsstr. 150 - 44780 Bochum
Telefon: 0234/32-22830 - Fax: 0234/32-14136
E-Mail: pressestelle@presse.ruhr-uni-bochum.de - Leiter: Dr. Josef König
http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2005/msg00108.htm

Gast

Peter Glotz befürwortet Schweizer Freitodregelung

Beitrag von Gast » 26.04.2005, 12:34

Prominenter Befürworter der Schweizer Freitodregelung

Peter Glotz, 63, Politiker (ehemals "Chefdenker" der SPD)und Wissenschaftler (jetzt Professor an der Universität St. Gallen) hat in der Thüringer Allgemeinen vom 14.4. 2005 die Schweizer Sterbehilferegelung „die beste europäische Regelung“ bezeichnet. Sein Beitrag im Wortlaut (gekürzt):

Betroffener muss entscheiden. Von Peter Glotz:

<< ...Der Papst hat seine Krankheit und Hinfälligkeit bewusst öffentlich vorgeführt ... Gott hat uns das Leben gegeben, nur Gott kann es uns nehmen. Dies ist die legitime Haltung Millionen Gläubiger unterschiedlicher Religionen. Einen Menschen, der weiterleben will, unter welchen Umständen auch immer zu töten, ist ein Verbrechen.
Ganz anders liegt der Fall der Koma-Patientin Terri Schiavo, die nie eine Chance hatte, sich die Öffentlichkeit zu verbitten. .... 15 Jahre musste das bedauernswerte Opfer bewegungslos liegen und erdulden, dass irgendwelche „Experten“ Zuckungen auf ihrem Gesicht als Lächeln, Glück oder Lebenswillen deuteten ....

Terri Schiavo war nicht mehr entscheidungsfähig ... Millionen Menschen aber, die im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte sind, wollen ihrem Leben bewusst ein Ende setzen. Sie haben meist Jahre des Leidens auf Operationstischen und in Intensivstationen hinter sich.
Es gehört zur Autonomie des Menschen zu entscheiden: Ich habe mein Leben zu Ende gelebt. Das ergibt sich auch aus der europäischen Menschenrechtskonvention.

Zwar ist es das gute Recht der Kirche, ihre Auffassung zu vertreten und ihren Gläubigen zu verbieten, aktive Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. In einem Gemeinwesen, das sich auf die Trennung von Staat und Kirche gründet, dürfen aber nicht Millionen von nicht Gläubige auf den Weg des selbstgemachten Suizids (der in der Mehrzahl der Fälle fürchterlich missling) gezwungen werden.

Die beste europäische Regelung existiert in der Schweiz. Hier ist die Sterbehilfe unter der Bedingung legal, dass der Sterbewillige seinen Wunsch bei geistiger Klarheit schriftlich festgelegt hat und ein Arzt den jeweiligen Fall beurteilt und das Medikament verschreibt.
Wobei die Frage, was ein würdiges Leben und ein würdiger Tod ist, der Betroffene entscheiden muss, niemand anders.>>

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Was ist aber mit dem Argument, auf alte und kranke Menschen würde gesellschaftlich Druck ausgeübt, vorschnell aus dem Leben zu scheiden? Es ist ebenso „verheerend“ – wie gleichzeitig „das schwächste“ (siehe Ludwig Minelli im folgenden Streitgespräch). Denn es fehlt jeglicher empirischer Beleg.
Auch fehlt es den Ärzten und Pflegeheimen an (finanziellen) Interessen, ihre Patienten los werden zu wollen. Bleiben die bösen Angehörigen und die Fragen: Welches Menschen- oder christliche Familienbild haben wir?

Streitgespräch im STERN zwischen Prof. Hoppe (Deutsche Bundessärztekammer) und Minelli (Schweizer Freitodgesellschaft DIGNITAS) siehe:
http://www.patientenverfuegung.de/pv/detail.php?uid=326

Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 25.4.2005

Gast

Aktive Sterbehilfe - Diskussion nicht ausgrenzen

Beitrag von Gast » 05.05.2005, 11:09

Eklat in Marktkirche Hannover
Moderatorin: „Über aktive Sterbehilfe diskutieren wir hier nicht“

Christlich und hospizlich orientierte Kreise neigen, wenn es um „aktive“ Sterbehilfe und mögliche Entkriminalisierung im extremen Notfall geht, bekanntlich zu Empörung und Ausgrenzung. Das war deutlich bei einer Expertenrunde am gestrigen Dienstagabend (3.5.2005) in der Marktkirche Hannover zu erleben, wo gerade über das Thema „(K)ein gutes Ende: Beim Sterben helfen“ diskutiert werden sollte. Zum Eklat kam es, als ein Beitrag nicht in das gängige Schubladensystem der vermeintlich klar abgrenzbaren und eindeutig verwerflichen „aktiven“ Sterbehilfe zu passen schien.

"Über aktive Sterbehilfe diskutieren wir hier nicht", entschied die Hamburger NDR-Funkhauschefin Maria Freifrau von Welser und verwirrte mit dieser Rigorosität die Zuhörer in der hannoverschen Marktkirche erheblich. Als Moderatorin der Runde reagierte sie ihrerseits sichtbar fassungslos, als der Hamburger Rechtswissenschaftler Professor Reinhard Merkel die indirekte Sterbehilfe als eine Form der aktiven Sterbehilfe bezeichnete.

Insgesamt eineinhalb Stunden debattierten Ärzte, Theologen und Juristen, wobei die Frage nach dem Selbstbestimmungsrecht am Lebensende im Mittelpunkt stand. Hier gab es zunächst den üblichen Austausch der Meinungen. Die Patientenverfügung für sich genommen könne keine Garantie für gutes Sterben sein, sagte etwa der Bayreuther Arzt und Kirchentagspräsident Professor Eckhard Nagel: "Eine juristische Absicherung des Lebensendes ist eine Illusion".
"Viele Menschen erlebten jedoch gerade die medizinische `Überversorgung´ durch die hochtechnisierte Gerätemedizin als Problem", wandte der hannoversche Theologe und Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, ein.

Zum Eklat in der Runde kam es, als der Jurist Merkel lapidar äußerte, die indirekte Sterbehilfe sei juristisch gesehen eine Form der aktiven vorsätzlichen Sterbehilfe. Es komme zwar selten vor, aber es passiere, dass eine Morphiumspritze gegen Schmerzen gesetzt werde und der Arzt wisse, dass diese zum Tod führe. Wenn es gute Gründe dafür gebe, dies zu tun, müsse aber auch öffentlich darüber geredet werden.

In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum wurde die Moderatorin von Welser heftig dafür kritisiert, dass sie das Gespräch an dieser Stelle abrupt abgebrochen hatte. Da waren sich auch die Experten wieder einig: Man könne die Diskussion über aktive Sterbehilfe nicht einfach ausgrenzen.

Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 5.5.2005

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