Steigende Zahl von Zwangseinweisungen eindämmen

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Steigende Zahl von Zwangseinweisungen eindämmen

Beitrag von Presse » 21.04.2012, 06:41

MedienINFO 80 – Freitag, 20. April 2012
Maßnahmenpaket von Landesregierung gefordert
Romberg:
Steigende Zahl von
Zwangseinweisungen eindämmen


Der Gesundheitsexperte der FDP-Fraktion Stefan Romberg fordert von
der Landesregierung ein sofortiges Maßnahmenpaket gegen die weiter
ansteigende Zahl von Zwangseinweisungen in psychiatrische Kliniken in
NRW. Die Einweisungsquote nach dem PsychKG lag im Jahr 2010 laut
Landeszentrum Gesundheit in NRW bei 120,9 je 100.000 Einwohner -
im Jahr 2009 lag die Quote noch bei 116,5 je 100.000 Einwohner. Das ist
ein Anstieg von 3,7 Prozent. „Mehr als 21.500 Menschen in NRW landen
mittlerweile pro Jahr gegen ihren Willen in einem psychiatrischen Krankenhaus,
nicht selten in Polizeibegleitung und in Handschellen. Die Landesregierung
muss endlich wirksam reagieren, um diese dramatische
Entwicklung umzukehren“, fordert Romberg, der selbst in einer psychiatrischen
Klinik als Arzt arbeitet.
Bedenklich seien weiterhin die regionalen Unterschiede bei den Einweisungsquoten.
Die niedrigsten Quoten waren 2010 in Herford (39,3), Herne
(40,6) und Siegen (41,6), die höchsten in Remscheid (295.4), Bonn
(256,9) und Krefeld (254.6). „Die Wahrscheinlichkeit, in Remscheid
zwangseingewiesen zu werden ist mehr als 750 Prozent höher als in
Herford. Solche Unterschiede in der Einweisungspraxis sind inakzeptabel,
denn bei jeder Zwangsunterbringung werden die Persönlichkeitsrechte
der Betroffenen massiv einschränkt“, mahnt der Gesundheitsexperte
der FDP-Fraktion. Auffällig sei, dass besonders viele Zwangseinweisungen
in den Städten seien, die besonders große psychiatrische
Krankenhäuser haben. „Im Landeshaushalt 2011 waren 5 Millionen Euro
für Verbesserungen in der psychiatrischen Versorgung eingeplant, davon
ist kein einziger Euro ausgegeben worden“, kritisiert Romberg. „Das
zeigt, dass größere Anstrengungen nötig sind, damit psychisch Erkrankte
in Zukunft mehr Hilfsangebote und weniger Zwang und Gewalt erfahren.“

Quelle: FDP NRW - Die Landtagsfraktion
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Rechte von Patientinnen und Patienten in der Psychiatrie

Beitrag von WernerSchell » 25.05.2016, 07:45

Presseinformation – 401/5/2016 Düsseldorf, 25. Mai 2016

Ministerin Steffens: Rechte von Patientinnen und Patienten in der Psychiatrie werden gestärkt
Kabinett billigt Gesetzentwurf für mehr Schutz für Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen


Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter teilt mit:

Das Landeskabinett hat den von Gesundheitsministerin Barbara Steffens vorgelegten Entwurf zur Novellierung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Erkrankungen (PsychKG) gebilligt. Das Gesetz wird jetzt dem Landtag zugeleitet.

„Wir wollen die Rechte von Patientinnen und Patienten während einer Unterbringung in psychiatrischen Krankenhäusern deutlich stärken. Zwangsmaßnahmen dürfen künftig nur noch die Ultima Ratio sein“, erklärte Gesundheitsministerin Barbara Steffens.

Handlungsleitend für die vorgelegten Gesetzesänderungen war, die Selbstbestimmung und die Unabhängigkeit der Patientinnen und Patienten maximal zu schützen und zu achten.

Eine Behandlung gegen den Willen der Betroffenen während einer Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik muss nach den Vorgaben des Gesetzes die absolute Ausnahme und die letzte Möglichkeit sein, um Lebensgefahr oder erhebliche Gefahr für die eigene Gesundheit oder die Gesundheit anderer Personen abzuwenden. Das gilt auch für Maßnahmen, die die persönliche Freiheit einschränken wie Fixierungen oder Isolierungen.

Mit der Novellierung sollen die Bedingungen, unter denen eine Zwangsbehandlung oder ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen gerechtfertigt sein könnte, deutlich stärker eingegrenzt werden. Eine Zwangsbehandlung soll künftig nur noch möglich sein, wenn eine weniger eingreifende Maßnahme aussichtslos ist, der zu erwartende Nutzen die zu erwartenden Beeinträchtigungen für die Betroffenen deutlich überwiegt und der Versuch vorausgegangen ist, die Zustimmung der Betroffenen zu erreichen. Die Zwangsbehandlung aber auch länger andauernde Fixierungen müssen zudem zukünftig durch einen richterlichen Beschluss genehmigt werden. Bisher war für die Durchführung der angeführten Zwangsmaßnahmen allein das Vorliegen einer nach ärztlicher Feststellung „erheblichen Gefährdung“ Voraussetzung.

Aus all dem folgt: Im Vordergrund muss immer die Wiederherstellung der Selbstbestimmung stehen.

„Die Behandlung auf Augenhöhe und die Freiheit der Patientinnen und Patienten, selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, sind die Leitlinien psychiatrischen Handelns. Nur in seltenen Fällen erheblicher Selbst- und Fremdgefährdung aufgrund einer psychischen Erkrankung kann die Anwendung von Zwang als letztes Mittel nötig sein. Hier ist immer größtmögliche Sorgfalt geboten“, betonte Ministerin Steffens.

Durch eine Behandlungsvereinbarung mit der Klinik oder eine Patientenverfügung kann jeder Mensch darüber hinaus selbstbestimmt seinen Willen zu Behandlungsmöglichkeiten festlegen. Eine solche frühzeitige Festlegung kann entscheidend sein in Situationen, in denen die Patientinnen und Patienten selbst nicht die Möglichkeit haben, ihren Willen zu äußern oder sie nicht fähig sind, eine wirksame Einwilligung zu geben. Informationen über Patientenverfügungen sind z.B. auf der Internetseite des NRW-Justizministeriums unter https://broschueren.justiz.nrw/ (Stichwort: Patientenverfügung) zu finden, Musterformulare bietet das Bundesjustizministerium online unter http://www.bmjv.de/DE/Service/Formulare ... egung.html an.

Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, Telefon 0211 8618-4246.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Fixierungen zurückführen

Beitrag von WernerSchell » 23.06.2016, 06:40

Am 23.06.2016 bei Facebook gepostet:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk wirbt seit vielen Jahren: Freiheitseinschränkende Maßnahmen (FEM – z.B. Fixierungen)
- Zurückführung in den stationären Pflegeeinrichtungen dringend geboten!
> viewtopic.php?f=2&t=20662


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PsychKG NRW - Rechtsstand: 01.01.2017 - Mehr Freiheit wagen!

Beitrag von WernerSchell » 04.06.2017, 08:44

Aus Forum:
viewtopic.php?f=2&t=22156

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Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG)
- Nordrhein-Westfalen - Rechtsstand 01.01.2017
:

Download:>>> https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_an ... 00086#NORM

Nachfolgend einige ausgewählte Regelungen des PsychKG - freiheitsentziehende Maßnahmen (feM) im Fokus:

§ 2 PsychKG - Grundsatz
(1) Bei allen Hilfen und Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes sind die Würde und persönliche Integrität der Betroffenen zu schützen. Auf ihren Willen und ihre Freiheit, Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen, ist besondere Rücksicht zu nehmen. Hierbei sind die unterschiedlichen Bedarfe der verschiedenen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten zu berücksichtigen.
(2) Die §§ 1901a und 1901b des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Patientenverfügung und zum Patientenwillen in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396) geändert worden ist, sind zu beachten. Dies gilt auch für den in Behandlungsvereinbarungen niedergelegten freien Willen. Der Abschluss von Behandlungsvereinbarungen ist anzubieten und zu fördern. Auf die Möglichkeit zur Niederlegung des Willens in Patientenverfügungen ist hinzuweisen.
(3) Für eine sorgfältige und den Zielen dieses Gesetzes entsprechende Dokumentation ist Sorge zu tragen. Im Rahmen der Unterbringung sind alle Behandlungs- und Sicherungsmaßnahmen dokumentarisch zu erfassen.

§ 10 PsychKG - Unterbringung
(1) Ziel der Unterbringung ist es, die in § 11 Abs. 1 und 2 genannten Gefahren abzuwenden und die Betroffenen nach Maßgabe dieses Gesetzes zu behandeln.
(2) 1Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Betroffene gegen ihren Willen oder gegen den Willen Aufenthaltsbestimmungsberechtigter oder im Zustand der Willenlosigkeit in ein psychiatrisches Fachkrankenhaus, eine psychiatrische Fachabteilung eines Allgemeinkrankenhauses oder einer Hochschulklinik (Krankenhaus) eingewiesen werden und dort verbleiben. 2 Die §§ 1631 b, 1800, 1915 und 1906 BGB bleiben unberührt. 3 Die Krankenhäuser haben durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich die Betroffenen der Unterbringung nicht entziehen. Die Unterbringung soll so weitgehend wie möglich in offenen Formen durchgeführt werden.
(3) Die Zuständigkeit der Krankenhäuser ergibt sich aus § 2 in Verbindung mit § 16 Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen – KHGG NRW – vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 702, ber. 2008 S. 157) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 16 PsychKG - Rechtsstellung der Betroffenen
(1) 1 Die Betroffenen unterliegen nur denjenigen Beschränkungen ihrer Freiheit, die sich zwingend aus dem Zweck der Unterbringung und aus den Anforderungen eines geordneten Zusammenlebens in einem Krankenhaus ergeben. 2 Maßnahmen, die die Freiheit der Betroffenen beschränken, sind im Verlauf der Behandlung ständig zu überprüfen und dem Behandlungsfortschritt anzupassen. 3Der Krankenhausträger hat den täglichen Aufenthalt im Freien, in der Regel für mindestens eine Stunde, zu ermöglichen.
(2) 1 Eingriffe in die Rechte Betroffener sind schriftlich festzuhalten und zu begründen. 2 Diese Unterlagen können Betroffene, ihre gesetzlichen Vertretungen, sowie die für die Betroffenen bestellten Verfahrenspflegerinnen und Verfahrenspfleger oder ihre Verfahrensbevollmächtigten einsehen. § 9 des Gesundheitsdatenschutzgesetzes vom 22. Februar 1994 (GV. NRW. S. 84), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Februar 2016 (GV. NRW. S. 94) geändert worden ist, bleibt unberührt.
(3) Die Betroffenen sind darin zu unterstützen, notwendige Maßnahmen für ihre Familien und hilfsbedürftigen Angehörigen sowie ihre Vermögensangelegenheiten zu veranlassen.

§ 18 PsychKG - Behandlung
(1) Während der Unterbringung besteht ein Anspruch auf eine medizinisch notwendige und im Sinne dieses Gesetzes zulässige Behandlung. Die in § 2 angeführten Grundsätze und die §§ 630a bis 630h des Bürgerlichen Gesetzbuches sind zu beachten. § 630g des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend für die Betroffenen, für ihre Verfahrenspflegerinnen oder Verfahrenspfleger, Verfahrensbevollmächtigte und für ihre rechtliche Vertretung.
(2) Unverzüglich nach der Aufnahme ist mit den Betroffenen ein individueller Behandlungsplan zu erstellen. Die Behandlung und der Behandlungsplan sind den Betroffenen und ihrer rechtlichen Vertretung zu erläutern, mit diesen abzustimmen und fortlaufend anzupassen. Bei der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen sind diese altersgerecht in die Behandlungsplanung einzubeziehen. Auch bei ihnen bestehen der Vorrang der Freiwilligkeit und der Anspruch auf eine altersgerechte Aufklärung. Soweit die Betroffenen Grund, Bedeutung und Tragweite der Behandlung bei der ärztlichen Aufklärung nicht einsehen können, sind Zeitpunkt, Form der ärztlichen Aufklärung und Abstimmung des Behandlungsplanes nach therapeutischen Kriterien zu bestimmen.
(3) Die Behandlung bedarf vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 4 und 5 der Einwilligung der Betroffenen.
(4) Die Krankheit, die Anlass der Unterbringung ist, darf ohne Einwilligung nach Absatz 3 behandelt werden, wenn die Betroffenen Grund, Bedeutung und Tragweite der Behandlung nicht einsehen oder sich nicht nach dieser Einsicht verhalten können und ohne Behandlung Lebensgefahr oder erhebliche Gefahren für die Gesundheit der betroffenen Person oder dritter Personen im Rahmen der Unterbringung drohen. Eine vorliegende Patientenverfügung ist zu beachten.
(5) Widerspricht eine medizinische Behandlung der Anlasserkrankung dem natürlichen Willen der Betroffenen (Zwangsbehandlung), darf zu deren Durchführung unter den Voraussetzungen des Absatz 4 unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn
1. eine weniger eingreifende Maßnahme aussichtslos ist,
2. eine rechtzeitige Ankündigung erfolgt, die den Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, Rechtsschutz zu suchen,
3. aus Sicht der Betroffenen der zu erwartende Nutzen die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt,
4. der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks unternommene Versuch vorausgegangen ist, die auf Vertrauen gegründete Zustimmung der Betroffenen zu erreichen und
5. die Maßnahme der Wiederherstellung der freien Selbstbestimmung dient, soweit dies möglich ist.
Behandlungsmaßnahmen nach Absatz 4 dürfen nur durch die ärztliche Leitung, bei deren Verhinderung durch deren Vertretung angeordnet und nur durch Ärztinnen oder Ärzte vorgenommen werden. Die Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, ihrer Durchsetzungsweise, ihrer maßgeblichen Gründe und der Wirkungsüberwachung, sind durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt zu dokumentieren und nachzubesprechen, sobald es der Gesundheitszustand der Betroffenen zulässt. Die Zwangsbehandlung ist unzulässig, wenn sie lebensgefährlich ist oder wenn sie die Gesundheit der Betroffenen erheblich gefährdet.
(6) Die Zwangsbehandlung einer volljährigen Person bedarf der vorherigen Zustimmung durch das zuständige Gericht. Den Antrag beim zuständigen Gericht stellt die ärztliche Leitung und bei Verhinderung deren Vertretung. In diesem Antrag ist zu erläutern, welche maßgebliche Gefahr droht und wie lange die Behandlung voraussichtlich erfolgen soll. Zudem sind die Voraussetzungen und Maßnahmen nach Absatz 4 und 5 darzulegen. Von der Einholung einer gerichtlichen Entscheidung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn
1. diese nicht rechtzeitig erreichbar ist,
2. eine besondere Sicherungsmaßnahme nicht geeignet oder nicht ausreichend ist, um die akute Gefährdung zu überwinden, und
3. die sofortige ärztliche Zwangsmaßnahme zur Vermeidung einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder einer gegenwärtigen schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person oder dritter Personen erforderlich ist.
Eine gerichtliche Zustimmung für die weitere Zwangsbehandlung ist unverzüglich zu beantragen, sofern die unmittelbare Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit über einen längeren Zeitraum andauert oder überwunden ist und die Fortführung der Zwangsbehandlung als weiterhin notwendig angesehen wird. Satz 3 und 4 gelten entsprechend. Zwangsbehandlungen nach Satz 5 sind monatlich der Aufsichtsbehörde zu melden.
(7) Die Zwangsbehandlung einer minderjährigen Person bedarf der vorherigen Zustimmung der sorgeberechtigten Person. Die Absätze 2 bis 5 finden Anwendung.
(8) Ist bei sonstigen Erkrankungen die Einwilligung der Betroffenen zur Behandlung nicht zu erlangen, so wird sie im Falle der Einwilligungsunfähigkeit durch die Einwilligung der rechtlichen Vertretungen oder der Bevollmächtigten ersetzt. Insoweit gelten die §§ 1896 bis 1906 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

§ 20 PsychKG - Besondere Sicherungsmaßnahmen
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen zur Abwendung einer gegenwärtigen erheblichen Selbstgefährdung oder einer gegenwärtigen erheblichen Gefährdung besonderer Rechtsgüter Dritter sind ausschließlich
1. Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
2. Unterbringung in einem besonderen Raum,
3. Festhalten statt Fixierung oder
4. Fixierung in der Form der Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch mechanische Hilfsmittel
Sie dürfen nur dann angeordnet werden, soweit und solange die Gefahr nicht durch mildere Maßnahmen abgewendet werden kann. Soweit es sich um die Anwendung unmittelbaren Zwangs nach den Nummern 2, 3 und 4 handelt, ist jeweils die Maßnahme anzuwenden, die am wenigsten in die Rechte der Betroffenen eingreift.
(2) Bei über einen längeren Zeitraum andauernden oder sich regelmäßig wiederholenden Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 4 gelten § 18 Absatz 6 Satz 1 bis 4 und Absatz 7 entsprechend. § 12 Satz 2 ist anzuwenden. Ist die gerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig erreichbar und die sofortige Durchführung der besonderen Sicherungsmaßnahme zur Vermeidung von erheblichen Nachteilen notwendig, so ist der Antrag unmittelbar nach Fixierungsbeginn zu stellen.
(3) Maßnahmen nach Absatz 1 und 2 sind den Betroffenen vorher anzukündigen und zu begründen. Von der Ankündigung kann bei einer Fixierung ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. Sie bedürfen der ärztlichen Anordnung und Überwachung. Sie sind zu befristen und sofort aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für ihre Anordnung entfallen. Eine Beobachtung durch Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen sowie zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes ist verboten. Eine Beobachtung im Rahmen besonderer Sicherungsmaßnahmen darf ausschließlich durch den Einsatz von Personal erfolgen. Bei Fixierungen ist eine ständige persönliche Bezugsbegleitung sowie die Beobachtung mit kontinuierlicher Kontrolle der Vitalfunktionen sicherzustellen. Anlass, Anordnung, Art, Umfang und Dauer einer Unterbringung in einem besonderen Raum und einer Fixierung sind zu dokumentieren und der Verfahrenspflegerin oder dem Verfahrenspfleger, den Verfahrensbevollmächtigten und der rechtlichen Vertretung der Betroffenen unverzüglich mitzuteilen.
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