Tupfer vergessen – kein grober Behandlungsfehler

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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Gast

Tupfer vergessen – kein grober Behandlungsfehler

Beitrag von Gast » 17.03.2004, 12:07

Tupfer vergessen – kein grober Behandlungsfehler

Wenn ein Arzt bei einer Operation im Körper des Patienten einen Fremdkörper zurücklässt, so kann ihm nicht zwangsläufig der Vorwurf eines groben Behandlungsfehlers“ gemacht werden. So sah es das Oberlandesgericht (OLG) in einem Rechtsstreit (Az.: 10 U 629/97).
Ein Arzt hatte bei einer Gebärmutterentfernung einen Tupfer im Körper der Patientin zurückgelassen. Das OLG Koblenz sprach der Frau zwar 18.000 DM zu, wies weitergehende Ansprüche jedoch zurück. Da der Arzt als Operationsmethode einen girl thingy Eingriff gewählt hatte, habe er das Operationsgebiet nicht einsehen können. Weil er alle möglichen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen habe, um das Missgeschick zu vermeiden, könne ihm "nur" ein schlichter ärztlicher Behandlungsfehler vorgeworfen werden.

Siehe auch unter
http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/ ... itik/recht
http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/ ... itik/recht
http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/ ... itik/recht

Gast

Re: Tupfer vergessen – kein grober Behandlungsfehl

Beitrag von Gast » 20.03.2004, 23:58

Hallo,

auch in einem großen, offenen OP-Gebiet wird ein Tupfer nicht immer leicht zu sehen sein. Isofern ist die Operationsmethode völlig egal.

Während meiner Ausbildung zur Krankenschwester (1976 - 1979) habe ich gelernt, dass die OP-Schwester (der OP- Pfleger) die Tupfer vor und nach der OP zu zählen hat, um zu verhindern, dass Tupfer vergessen werden. Hierfür trug sie/er die Verantwortung.

Das Zählen der Tupfer stellt eine völlig einfache Methode dar, diesen Behandlungsfehler zu vermeiden.

Wurde ein Tupfer vergessen, muss jemand nicht gezählt oder sich verzählt haben. Ich kann daran viel "Schlichtes", aber keine Interpretationsmöglichkeiten entdecken.

MfG

Michalke

Berti
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Tupfer vergessen – kein grober Behandlungsfehler

Beitrag von Berti » 21.03.2004, 12:58

Hallo Michalke,
es kann darüber nachgedacht werden, ob die vorgestellte Entscheidung die Rechtslage richtig "getroffen" hat. Jedenfalls in dem konkreten Fall war das Gericht der Meinung, dass ein g r o b e r Fehler nicht vorlag. Ein (einfacher) Fehler wurde auf jeden Fall gemacht! Und das bleibt festzuhalten.
Gruß Berti

Gast

Zählfehler sind grobes Fehlverhalten !

Beitrag von Gast » 21.03.2004, 16:58

.... Wenn ein Arzt bei einer Operation im Körper des Patienten einen Fremdkörper zurücklässt, so kann ihm nicht zwangsläufig der Vorwurf eines groben Behandlungsfehlers“ gemacht werden. So sah es das Oberlandesgericht (OLG) in einem Rechtsstreit (Az.: 10 U 629/97). .... 
Hallo Leute,
ich denke, das vorgestellte Urteil ist höchst interessant. Es ist aber hinsichtlich der entscheidenden Beurteilung wohl eher eine Ausnahmeentscheidung.
Bauchtücher und Tupfer müssen sorgsam behandelt und gezählt werden. Diesbezüglich Fehler sind wohl weiter regelhaft ein grobes Fehlverhalten. Denn jeder Mitarbeiter im OP-Bereich kennt die Notwendigkeit der Kontrolle und der möglichen Folgen bei Fehlern.
Herzlichst
Benno

WernerSchell
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Tupfer im Bauch

Beitrag von WernerSchell » 17.04.2015, 09:09

Tupfer im Bauch: Patientenschützer sprechen von Hunderten Todesfällen
Dass OP-Besteck im Körper von Patienten vergessen wird, kommt immer wieder vor. Laut einer Schätzung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit
führt das in Deutschland zu 600 bis 700 Todesfällen pro Jahr.
Quelle: Der Spiegel
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 28959.html
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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