Totschlagsverfahren wegen aktiver Sterbehilfe ...

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Wachkomapatientin lebend mumifiziert ...

Beitrag von WernerSchell » 31.05.2010, 06:44

Siehe auch die Beiträge (mit Foto und weiteren Hinweisen dazu) unter
Pflegeheim lässt Wachkomapatientin lebend mumifizieren
viewtopic.php?t=5084
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Sterbehilfe im Streit ...

Beitrag von WernerSchell » 01.06.2010, 14:57

Aus Forum:
viewtopic.php?p=52250#52250

02.02.2010, 22.15 - 23.00 Uhr PHOENIX RUNDE

Wer bestimmt über den Tod? - Streit um Sterbehilfe

Ein Befürworter des selbstbestimmten Sterbens steht vor Gericht. An diesem Mittwoch fällt der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil zur Sterbehilfe.

Aus Angst vor Schmerzen sind viele Menschen für aktive Sterbehilfe, während andere befürchten, dass so Schwerstkranke einfach entsorgt werden. Was ist ein würdiger Tod?

Anne Gesthuysen diskutiert in der PHOENIX RUNDE mit Günther Jonitz (Bundesärztekammer Berlin), Matthias de Ridder (Chefarzt in Berlin Kreuzberg), Eugen Brysch (Deutsche Hospiz Stiftung) und Matthias Karmann (Journalist, DIE WELT),

Wiederholung um 0.00 Uhr und am Donnerstag, 09.15 Uhr

Quelle: Pressemitteilung vom 1.6.2010
Pressekontakt: PHOENIX
PHOENIX-Kommunikation
Telefon: 0228 / 9584 193
Fax: 0228 / 9584 198
pressestelle@phoenix.de

Anmerkung der Moderation:

Das vor dem BGH per Revision angefochtene Fuldaer Urteil vom 30.04.2010 wurde von hier als Fehlentscheidung bewertet. Siehe dazu im Netz:

-- Urteil des Landgerichts Fulda – 1 Strafkammer – Schwurgerichtskammer - vom 30.04.2009 – 16 JS 1/08 – 1 Ks – Strafsache Rechtsanwalt Wolfgang Putz wegen versuchten Totschlags hier: (PDF) http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... 042009.pdf

Urteilsschelte im Forum Werner Schell unter
-- Totschlagsverfahren wegen aktiver Sterbehilfe ...
viewtopic.php?t=11786
-- RA Putz - Courage und patientenrechtliches Engagement
viewtopic.php?t=11710
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Sterbehilfe-Verfahren gegen RA Wolfgang Putz

Beitrag von WernerSchell » 02.06.2010, 14:51

Sterbehilfe-Verfahren gegen RA Wolfgang Putz
Freispruch durch den Bundesgerichtshof steht außer Zweifel – Patientenautonomie gestärkt


Sehr geehrte Damen und Herren,

die Sozietät Putz & Steldinger, München, hat am 02.06.2010 mitgeteilt:

In der heutigen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof wurden die offenen Fragen zur strafrechtlichen Zulässigkeit der passiven Sterbehilfe und die Abgrenzung zur verbotenen Patiententötung erörtert.
Der Verteidiger des Angeklagten und die Staatsanwaltschaft hielten ihre Plädoyers. Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft beantragten einen Freispruch. Beide Seiten erläuterten dem Gericht ausführlich ihre Gründe, warum das Urteil des Landgerichts Fulda und die Verurteilung von RA Wolfgang Putz nicht haltbar ist.
RA Wolfgang Putz bat in seinem „Letzten Wort“ um eine klare Entscheidung bzw. um klare Entscheidungsgründe, um damit den Ärzten die belastende strafrechtliche Unsicherheit zu nehmen. Bis heute werden nicht indizierte oder vom Patienten eindeutig nicht gewünschte Behandlungen zur Verlängerung des Lebens durchgeführt, weil sich Ärzte unter Verweis auf eine widersprüchliche Rechtsprechung vor strafrechtlicher Verfolgung fürchten.
Das Urteil wird am 25.06.2010 verkündet werden und wird hoffentlich endlich die notwendige strafrechtliche Rückendeckung für die Palliativmedizin bringen und klarstellen, dass die Selbstbestimmung des Patienten bis zum Ende des Lebens zu achten ist.
Quelle: PUTZ & STELDINGER - Medizinrechtliche Sozietät
Quagliostr. 7 81543 München Tel. 089/ 65 20 07 Fax. 089/ 65 99 89
http://www.putz-medizinrecht.de

Der Verfahrensablauf zeigt, dass es am 25.06.2010 zu einem Freispruch kommen wird. Wir fühlen uns damit sehr bestätigt, weil wir die angegriffene Fuldaer Verurteilung von Anfang an als Fehlurteil bezeichnet und auf eine Aufhebung gesetzt haben. Damit wird die Rechtslage zu Gunsten der Patienten gestärkt.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
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Patientenwille hat grundlegende Bedeutung

Beitrag von WernerSchell » 03.06.2010, 06:51

Sehr geehrte Damen und Herren,

es gibt mittlerweile zahlreiche Medienberichte zur mündlichen Verhandlung am 02.06.2010 vor dem Bundesgerichtsgericht. U.a. berichtet das Deutsche Ärzteblatt:
Bundesgerichtshof will Grenzen der Sterbehilfe klären
Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) will die rechtlich umstrittene Abgrenzung zwischen passiver und verbotener aktiver Sterbehilfe klären und dazu ein Grundsatzurteil am 25. Juni verkünden. Bei der Verhandlung am Mittwoch wurde deutlich, dass die Umsetzung des Patientenwillens dabei stärker in den Vordergrund rücken wird. Ärzte und Betreuer, die diesem Willen Geltung verschaffen, wären dann womöglich besser vor Strafe geschützt. ....
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... laeren.htm

Dass das Deutsche Ärzteblatt in seinem Artikel ausgerechnet die Deutsche Hospiz Stiftung mit ihrem neben der Sache liegenden Statement erwähnt, lässt vermuten, dass hier noch einmal Stimmung gegen den RA Putz gemacht werden soll.

Ich gehe davon aus, dass die Fehlentscheidung des Landgerichts Fulda vom 30.04.2010 vom Bundesgerichtshof am 25.06.2010 mit einem klaren Freispruch beantwortet wird. Alles andere wäre eine weitere Fehlbeurteilung und mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben (Art. 1 und 2 GG) nicht hinnehmbar.

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Einschätzung der Bundesanwaltschaft. Das Deutsche Ärzteblatt dazu:
"Wenn es der Wille eines unheilbar Kranken ist, auf lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten, und wenn sein Betreuer und Arzt diesen Willen umsetzen, dürfe das nicht als strafbares Töten auf Verlangen bewertet werden. Einen Schlauch wie im aktuellen Fall durchzuschneiden, sei dann zwar aktives Tun, es sei aber „gerechtfertigt“, weil der Patientenwillen „Vorrang“ habe.
Genau so ist es!

Zum Thema gibt es Beiträge in diesem Forum unter
viewtopic.php?t=14254
viewtopic.php?t=11710
viewtopic.php?t=11786
viewtopic.php?t=5084

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
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Patientenwille hat grundlegende Bedeutung

Beitrag von WernerSchell » 03.06.2010, 08:40

Lutz Barth hat geschrieben:Auch wenn ich erklärtermaßen die verfassungsrechtliche Position der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung bei weitem nicht teile – so wie im Übrigen namhafter Ärztefunktionäre und Medizinethiker ebenfalls nicht – scheint mir doch der „Teufel im Detail“ zu stecken.
Kann „Selbstjustiz“ die Lösung sein und wenn ja, wo verlaufen dann die Grenzen?
In rechtlichen Kategorien gewendet werden sicherlich die Grenzen des „Notwehrrechts“ einschließlich des wohl nach wie vor umstrittenen Putativnotwehrexzess vor dem selbstbestimmten Willen eines schwersterkrankten, zumal komatösen Patienten, auszuloten sein und dies sind beileibe keine einfachen Fragen.
Hierbei steht außer Frage, dass auch das Pflegeheim tatbestandlich eine Körperverletzung begangen haben dürfte, wenn und soweit eine (Weiter)Behandlung vom Willen des Patienten nicht mehr getragen war. Ungeachtet dessen bleiben gleichwohl die Grenzen eines „Notwehrrechts“ durchaus diskutabel, zumal hierbei auch die Biografie des Einzelschicksals eines Schwersterkrankten in den letzten Lebensjahren von nicht untergeordneter Bedeutung ist, will heißen: War das „Durchtrennen“ die ultima ratio einer Gefahrenabwehr im Sinne der klassischen Notwehr für ein hochrangiges Rechtsgut?
Sehr geehrter Herr Barth,

die Deutsche Hospiz Stiftung spricht von "Wild-West-Methoden" und plädiert für die Achtung des Patientenwillens. Genau um die Achtung und vor allem Gewährleistung dieses Patientenwillens ging es im konkreten Fall. - Das war auch keine Selbstjustiz.

Dass die wachkomatöse Patientin nicht künstlich ernährt werden wollte, war allen Beteiligten klar. Die Magensondenernährung wurde daher allseits als rechtswidrig beschrieben.

Unter den gegebenen Umständen war es daher vertretbar, wie geschehen, einen rechtmäßigen Zustand zu gewährleisten bzw. wieder herzustellen. Ich erinnere an diesem Zusammenhang daran, dass ich eine Verbindung zu dem seinerzeitigen Ravensburger Fall sehe. Diesen Zusammenhang hat dankenswerterweise auch der Bundesanwalt in seinem Statement vor dem BGH erwähnt.

Nicht RA Putz bzw. die Tochter als Betreuerin haben rechtswidrig gehandelt, sondern andere, die die Willensentscheidung der Patientin nicht sehen bzw. nicht respektieren wollten.

Ich sehe nach all dem einem Freispruch entgegen. Offen ist lediglich, wie deutlich sich der 2. Strafsenat des BGH für eine Stärkung der Patientenrechte einsetzen wird. Sollte es insoweit in Teilen der Begründung unbefriedigende Ausführungen geben, wird insoweit auf den Gesetzgeber einzuwirken sein, dass er im Rahmen des Patientenrechtegesetzes "nachbessert".

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
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Freispruch für RA Putz - Behandlungsabbruch rechtens

Beitrag von WernerSchell » 03.06.2010, 08:49

Wie vorhersehbar, wird es in der Revisonsverhandlung von RA Wolfgang Putz um Sterbehilfe einen eindeutigen Freispruch geben. Unsere Prozessbeobachterin Jaqueline Janquel informiert uns heute mittag aus Karlsruhe darüber, dass – neben der Verteidigung von Putz – auch Oberstaatsanwalt Lother Maur Freispruch beantragt hat. Das endgültige Urteil mit grundsätzlicher Begründung des 2. Strafsenats soll in drei Wochen verkündet werden. Atmosphärisch und seitens des Richter dürfte über den Freispruch aber kein Zweifel mehr bestehen.

Der Humanistische Verband Deutschlands hatte den erwarteten Freispruch vorab begrüßt und gab heute um 14.30 Uhr eine Presseerklärung dazu heraus.

Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) begrüßt eine damit verbundene Grundsatzentscheidung. Damit sei allerdings kein Freibrief zum Behandlungsabbruch ohne sorgfältige Einzelfallprüfung erteilt.

„Der Courage von Putz ist es zu verdanken, dass nunmehr eine andauernde, unerträgliche Streitsituation am Sterbebett beendet ist“, kommentiert Gita Neumann, Bundesbeauftragte des HVD für Patientenverfügung und Humanes Sterben den Fall. „Niemand kann jetzt mehr behaupten, dass es als so genannte aktive Sterbehilfe strafbar sein soll, was als Behandlungsabbruch gemäß dem Patientenwillen vom bürgerlichen Gesetzbuch gefordert wird“, erläutert die Expertin.

„Die dramatischen Streitfälle am Bett von Schwerkranken und Sterbenden, die alle Beteiligten schwer belasten, werden sich nunmehr erheblich reduzieren lassen“, führte Gita Neumann weiter aus. „Dazu muss aber eine möglichst präzise Patientenverfügung vorliegen oder der Wille des Betroffenen auf anderem Weg sorgfältig ermittelt sein. Das neue BGH-Urteil ist keinesfalls als Freibrief zu werten, einwilligungsunfähig gewordene Patienten sterben zu lassen, schon gar nicht, indem einfach die Magensonde durchgeschnitten wird.“

Mehr:
http://www.patientenverfuegung.de/view/aktuelles

Lebensschützer werfen Rechtsanwalt Putz umgekehrt vor, ein "Überzeugungstäter in Sachen Sterbehilfe" zu sein. Eugen Brysch von der Deutschen Hospizstiftung meint gar, Putz gehe es vorrangig darum, sich selbst profilieren.

Quelle: Pressemitteilung vom 02.06.2010
http://www.patientenverfuegung.de
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Patientenwille hat Verfassungsrang und gilt

Beitrag von WernerSchell » 03.06.2010, 15:32

Lutz Barth hat geschrieben:.... es steht nicht in Abrede, dass es zuvörderst gilt, den patientenautonomen Willen nicht nur zu respektieren und zu schützen sondern ggf. auch durchzusetzen. Die dogmatisch interessante Frage hierbei jedoch ist - ungeachtet des konkreten Einzelfalls - ob der Rechtsstaat hierzu einen Weg vorzeichnet, um entsprechende Positionen durchsetzen zu können und ob dieses ggf. auf das Strafrecht durchschlägt, zumal ich anderenorts bereits zu bedenken gegeben habe, dass der übergeordnete Konflikt einer Lösung bedarf, nämlich die Frage, ob ggf. der Träger resp. das Pflegepersonal sich auf ihr Recht zur freien Gewissensentscheidung berufen kann und somit aus der Perspektive beider "Parteien" die Möglichkeit bestanden hätte, den Heimvertrag aufzukündigen, zumal dem Sachverhalt insofern (auch) entnommen werden kann, dass mit der Leitung der Einrichtung "verhandelt" wurde.
Nun - es gab eigentlich Nichts zu "verhandeln", wenngleich doch hieraus der Schluss gezogen werden kann, dass wenn schon "verhandelt" wird, auch eine andere Lösung hätte in Betracht gezogen werden können.
Andererseits verdeutlicht dieser Fall, dass in der Praxis weiterhin für Aufklärung Sorge zu tragen ist, denn unter medizinrechtlichen Aspekten betrachtet wirft der Sachverhalt keine nennenswerten rechtlichen Probleme auf und zwar ungeachtet der neuen Rechtslage (PatVG): Ein Behandlungszwang entgegen dem Willen (von Sonderkonstellationen abgesehen) besteht eben ausdrücklich nicht und demzufolge war das Verhalten des Trägers mehr als bedenklich (insbesondere mit der Androhung eines Hausverbots).
Gleichwohl plädiere ich für eine angemessene Vorgehensweise, die im Dialog zwischen allen Beteiligten zu klären ist und sofern sich dann ein Träger "weigert", ggf. die künstliche Ernährung einzustellen, käme in der Tat eine Verlegung nach Kündigung des Vertrages in Betracht. Ich neige dazu, eben auch die ethische Gewissensentscheidung der Pflegenden resp. der Leitung zu akzeptieren, wenngleich natürlich ein solches Szenario bereits im Aufnahmegespräch eine adäquate Berücksichtigung finden sollte, damit derartige Konflikte später erst gar nicht auftauchen.
Sehr geehrter Herr Barth,

danke für Ihre ergänzenden Ausführungen. Natürlich sehe ich die vielfältigen Aspekte, die es möglicherweise zu bedenken gilt. Aber im Zweifel muss gewährleistet sein, dass der Patientenwille schlichtweg Beachtung findet bzw. durchgesetzt wird. Die Umsetzung einer Patientenentscheidung darf nicht zu einem Art Hindernisrennen verkommen, wo zahlreiche Beteiligten - nahezu beliebig -, ihre eigenen Hürden einfügen.
Eine Patientenverfügung richtet sich, und da gehe ich über die neuen Formulierungen im BGB hinaus, an jedermann!
Wenn sich alle sonst im System möglicherweise zuständigen Personen oder Institionen, rechtswidrig, verweigern, einem klar geäußerten Patiíentenwillen zu folgen, kann es auch einmal zu außergewöhnlichen Folgerungen kommen, wie hier geschehen.
Sie wissen, dass ich in diesem Zusammenhang bereits 2009 auf die Entscheidung des LG Ravensburg aus dem Jahre 1986 verwiesen habe. Hierzu habe ich übrigens einen Film verfügbar, den ich seit Jahren, wenn es passt, in Lehrveranstaltungen vorstelle.
Ich fühle mich in diesem Punkt sehr bestätigt, weil der Vertreter der Bundesanwaltschaft in seinem Statement, genau diesen früheren Fall als Parallelsituation gesehen hat.
Der Patientenwille hat Verfassungsrang und darf nicht zum Spielball von taktischen Spielchen von Heimträger und anderen Bedenkenträgern werden.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
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Patienewille und die Hürden

Beitrag von WernerSchell » 03.06.2010, 16:24

Die Rückmeldung aus Forum:
viewtopic.php?t=11710&start=60

Verehrter Herr Schell.

Wie Sie wissen, plädiere ich seit Jahren für die Wahrung patientenautonomer Entscheidungen, zumal mit der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts zugleich dem Grundrechtsträger die hohe Last der Eigenverantwortung zukommt.

Selbstverständlich gilt daher die Patientenverfügung "für jedermann", wenngleich hiermit noch nicht zum Ausdruck gebracht worden ist, dass ein "Jeder" auch dazu verpflichtet ist, diese Entscheidung umzusetzen, zumal das Selbstbestimmungsrecht nicht zur Fremdbestimmung führt.

Es wurde und wird bis dato ein Grundrechtskonflikt in der Debatte gleichsam vernachlässigt, der aber m.E. von durchaus beachtlicher Bedeutung ist: Die divergierenden "Gewissensentscheidungen". Der seinerzeitige Hinweis in der Rechtsprechung des BGH, wonach die Gewissensentscheidung jedenfalls nicht zur Fortführung der Behandlung führen darf, ist zwar durchaus richtig, löst aber die miteinander konfligierenden Grundrechtsinteressen und damit die möglichen Konflikte nicht vollständig auf.

Ich bin der festen Überzeugung, dass derartige Fallkonstellationen sehr wohl an Art. 4 GG ausgerichtet werden können und m.E. auch sollten, wie sich unschwer aus einer Analyse der bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur zur Reichweite des "kirchlichen Selbstbestimmungsrechts" ergeben dürfte.

Ein Konsens lässt sich insbesondere dann erreichen, wenn wir mehr Toleranz zu üben bereit sind und im Sterbehilfekurs lediglich darauf drängen, dass die patientenautonome Entscheidung in jedem Falle zu akzeptieren ist, es aber gleichwohl Fälle gibt, in denen eine "Mitwirkung" zur ernsten Gewissensnot etwa der Pflegendne oder Ärzte führen könnte.

Die von Ihnen ins Feld geführten "Hürden" sind in unserer Verfassung bereits errichtet, wie sich u.a. aus Art. 4 (u.a. i.V.m. Art 140 GG - Kirchen) ergibt und da wäre es mir schon wichtig, auf einen schonenden Ausgleich konfligierender Grundrechtspositionen zu drängen, in dem zugleich auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden sollte, eine andere Gewissensentscheidung zu akzeptieren, die eben die patientenautonome Entscheidung unberührt lässt.

Mit freundlichen Grüßen
L. Barth
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Cicero
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RA Putz vor Freispruch

Beitrag von Cicero » 05.06.2010, 09:50

RA Wolfgang Putz hat in seiner Strafsache (Urteil des LG Fulda) nichts anderes - als am 25.06.2010 - einen Freispruch zu erwarten. Darauf deuten alle Abläufe des Prozesses vor und nach dem Revisionsverfahren vor dem BGH hin. Dieser Freispruch ist auch deshalb alternativlos, weil die Maßnahmen, die das Sterben der Wachkomapatientin ermöglichen sollten, ihrem klar geäußerten Willen entsprach. Es ist nicht zur lässig, sondern sogar verpflichtend, das Handeln diesem Willen zu unterwerfen. Das gibt uns die Verfassung ( Art. 1 und 2 GG) klar vor. Alle anderen Deutungen gehen an der Rechtslage vorbei. Die Richter des BGH werden die Verfassungslage klar vor Augen haben und sich daran orientieren.
Entgegenstehende Erwägungen - Gewissens- oder Religionsgründe usw. - sind von minderer Bedeutung, da sonst das Menschenrecht auf Selbstbestimmung in seinem Kern verletzt würde.
Übrigens bin ich der Meinung, dass der Auftritt von Herrn Brysch, der sich als Patientenvertreter ausgibt, in der PHOENIX-Runde am 02.06.2010 an Peinlichkeit kaum zu überbieten war.

Cicero
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RA Putz vor Freispruch - Brysch liegt daneben

Beitrag von PflegeCologne » 06.06.2010, 10:18

RA Putz vor Freispruch - Brysch liegt daneben
Cicero hat geschrieben: .... Übrigens bin ich der Meinung, dass der Auftritt von Herrn Brysch, der sich als Patientenvertreter ausgibt, in der PHOENIX-Runde am 02.06.2010 an Peinlichkeit kaum zu überbieten war. ....
Hallo Cicero,
ich schließe mich dieser Beurteilung ohne Einschränkungen gerne an. Man kann über Rechtsfragen immer mal streiten. Aber wenn der Patientenwille durch Gericht, Betreuer, Arzt ... zweifelsfrei ausgemacht worden ist, kann und darf man ihn nicht ignorieren. Der BGH wird die richtige Antwort geben!
MfG Pflege Cologne
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Sterbehilfe - BHG wird entscheiden

Beitrag von Presse » 07.06.2010, 06:31

Weitreichendes Urteil: Bundesgerichtshof entscheidet ueber Sterbehilfe

Muenchen / Karlsruhe / Berlin (ALfA). Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat sich am 2. Juni mit den grundsaetzlichen Fragen der Sterbehilfe befasst. In dem Verfahren wird ueber die Revision des Muenchner Rechtsanwalt fuer Medizinrecht und Lehrbeauftragter fuer Recht und Ethik der Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universitaet Muenchen, Wolfgang Putz (59), verhandelt, der im April 2009 vom Landgericht Fulda wegen aktiver Sterbehilfe zu neun Monaten Haft verurteilt worden war. Die Strafe wurde damals gegen Zahlung von 20.000 EUR zur Bewaehrung ausgesetzt. In dem BGH-Verfahren geht es im Kern darum, Fragen der strafrechtlichen Erlaubtheit und Grenzen von passiver Sterbehilfe zu klaeren und auch zur gesamten Rechtslage nach dem neuen Patientenverfuegungsgesetz vom 1. September 2009 Stellung zu nehmen.

Hintergrund des Verfahrens ist der Fall der damals seit fuenf Jahren im Wachkoma in einem Pflegeheim liegenden 76-jaehrigen Erika K. Um ihrer Mutter nach eigenem Bekunden ein Sterben in Wuerde zu ermoeglichen, hatte die Tochter Elke G. Ende 2007 auf Behandlungsabbruch gedraengt. Putz veranlasste daraufhin im Dezember 2007 die Einstellung der kuenstlichen Ernaehrung. Dieser Anordnung hatten sich die Heimbetreiber in Bad Hersfeld jedoch nach einer bereits beendeten aerztlichen Infusionstherapie widersetzt und die kuenstliche Ernaehrung wieder aufgenommen. Auf Anraten von Putz durchschnitt die Tochter schliesslich den Schlauch der Magensonde, um das nach Ansicht des Anwalts rechtswidrige Handeln des Pflegeheimes wirksam zu verhindern.

Das Landgericht Fulda bewertete dies im anschliessenden Verfahren als versuchten Totschlag. Die Mitangeklagte Elke G. wurde in diesem Verfahren rechtskraeftig freigesprochen, weil sie sich laut Urteil vom 30. April 2009 angesichts des Rechtsrats durch den Anwalt in einem unvermeidbaren Erlaubnisirrtum befunden und deshalb ohne Schuld gehandelt haben soll. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem damaligen Verfahren fuer eine dreieinhalb-jaehrige Haftstrafe plaediert, da sie sowohl den behandelnden Arzt als auch das Pflegeheim erheblich unter Druck gesetzt haben soll. Laut Staatsanwaltschaft haetten Tochter und Anwalt gemeinschaftlich einen Rettungsversuch vereitelt und sich der aktiven Sterbehilfe schuldig gemacht. Die Patientin war bereits kurz nach Verlegung in eine Klinik, in der sie eine neue Magensonde bekam, an ihrer schweren Krankheit verstorben.

Nach der Urteilsverkuendung des Landgerichts Fulda ging Putz mit seiner auf die Sachruege gestuetzten Revision vor den Bundesgerichtshof, um einen Freispruch fuer sich zu erwirken. Die Staatsanwaltschaft legte ebenfalls Revision ein. Sie beanstandete die Strafzumessung des Landgerichts und wollte im Revisionsverfahren eine Erhoehung des Strafmasses fuer Putz erwirken. Wie Putz in einer Pressemitteilung vom 15. Mai zur BGH-Verhandlung ausfuehrt, sieht er in seinem Handeln "die zwingend gebotene Abwehr des rechtswidrigen Vorhabens des Pflegeheimes". Das Landgericht Fulda habe festgestellt, dass es rechtmaessig und geboten war, die Patientin palliativ begleitet sterben zu lassen. Weiter habe es festgestellt, dass die geplante eigenmaechtige Wiederaufnahme der Ernaehrungstherapie durch das Pflegeheim eine Koerperverletzung gewesen waere. Er sei daher verpflichtet gewesen, diesen "strafbaren Angriff der Pflegekraefte" abzuwehren. Sowohl Verteidigung als auch Oberstaatsanwaltschaft beantragten vor dem BGH nun Freispruch. Oberstaatsanwalt Lothar Maur beantragte Freispruch, da der Anwalt im Sinne des Patientenverfuegungsgesetzes, d.h. nach dem Willen der Kranken, gehandelt habe.

Der Bundesgerichtshof muss sich nun mit der Frage befassen, inwieweit sich zwei Gesetze widersprechen. Zum einen das 2009 beschlossene Patientenverfuegungsgesetz, das den Sterbewillen der betroffenen Person respektiert und unabhaengig davon gilt, in welchem Gesundheitszustand sie sich befindet. Zum anderen das Verbot der Toetung auf Verlangen. Das Urteil des Landgerichts Fulda war vier Monate vor Inkrafttreten des Patientenverfuegungsgesetzes gefaellt worden. Der BGH hatte nach der Hauptverhandlung eine Entscheidung vertagt und die Urteilsverkuendung auf den 25. Juni angesetzt.

Weitreichende Folgen des zu erwartenden Urteils

Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung in Berlin hat unterdessen vor den Folgen des BGH-Urteils gewarnt. "Patienten im Wachkoma sind keine Sterbenden. Sie sind Schwerstkranke, die ein Recht auf umfassende Versorgung und Pflege haben. Wenn sich die Richter des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofes jetzt grundsaetzlich zum Abbruch lebenserhaltender Massnahmen bei entscheidungsunfaehigen Patienten aeussern, muessen sie dies in den Vordergrund ihrer Ueberlegungen stellen", erklaerte der Geschaeftsfuehrer der Stiftung, Eugen Brysch in einer Presseaussendung vom 1. Juni. "Die Entscheidung der Richter ist weitreichend. Sie wird auch die hunderttausende demenziell Erkrankten betreffen, die ebenso wenig Sterbende sind wie Patienten im Wachkoma."

Solche "Wild-West-Methoden" wie Putz sie angewandt hatte, duerfe man nicht zulassen. "Vor allem aber muss klar gestellt werden, dass es beim Abbruch lebenserhaltender Massnahmen einzig und allein auf den Willen des schwerstkranken Patienten ankommt", erklaerte Brysch. "Die entscheidenden Fragen muessen lauten: Woher wissen wir, ob das Opfer wirklich sterben wollte? Und inwiefern hatte sich im konkreten Fall, fuenf Jahre nachdem die Patientin ins Wachkoma gefallen war, ihre Situation grundsaetzlich geaendert? Schon das Landgericht Fulda haette hier Klarheit schaffen muessen. Doch der Wandel der aerztlichen Einschaetzung, ob kuenstliche Ernaehrung medizinisch angezeigt ist oder nicht, wurde nicht in Frage gestellt. Das ist gefaehrlich. Denn ob kuenstliche Ernaehrung Koerperverletzung ist, darf nicht davon abhaengen, wie lange sie andauert und wie gross die Last fuer Angehoerige ist", warnte Brysch.

Weitere Informationen
Bundesgerichtshof entscheidet am 25. Juni ueber Sterbehilfe
Von Oliver Tolmein
FAZ.NET Blog Biopolitik 02.06.10
http://faz-community.faz.net/blogs/biop ... hilfe.aspx

Quelle: Pressemitteilung vom 06.06.2010
Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA) e.V.
Geschaeftsstelle Augsburg:
Ottmarsgaesschen 8
D-86152 Augsburg

Telefon: 08 21 / 51 20 31
Telefax: 08 21 - 15 64 07
E-Mail: bgs@alfa-ev.de
Internet: http://www.alfa-ev.de

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Selbstbestimmungsrecht gehört in den Mittelpunkt

Beitrag von WernerSchell » 07.06.2010, 06:49

Auch gegen einen Freispruch von RA Putz gerichtete Medienberichte können die Sach- und Rechtslage nicht ändern. Es muss dabei bleiben, dass die einzige richtige Entscheidung des BGH ein Freispruch ist. Dazu nochmals in Kürze:

Brysch & Co. wollen den Patientenwillen geachtet sehen und rennen doch damit bei allen Patientenvertretern offene Türen ein. In der Strafsache Putz war der Patientenwille eindeutig auf Unterlassen der Ernährung gerichtet. Dem wurde entsprochen. Das hat sogar das Landgericht Fulda in seiner Fehlentscheidung festgestellt und von einer rechtswidrigen Maßnahme gesprochen. "Klamaukhafte" Statements sollten in diesen Zusammenhängen tunlichst unterbleiben. Das Selbsthilfebestimmungsrecht der Patienten gehört in den Mittelpunkt aller Betrachtungen!

Werner Schell
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Frage der Würde - BGH-Beschluss am Freitag

Beitrag von Presse » 24.06.2010, 06:52

Frage der Würde - BGH-Beschluss am Freitag

Von der Urteilsverkündung des II. Strafsenat des Bundesgerichtshofs am Freitag, den 25. 6., ist viel zu erwarten: Dass damit endlich der umstrittene Begriff der aktiven Sterbehilfe eindeutig eingrenzt werden kann.

Eine gute Reportage, worum es geht (heute um 18.40 im Deutschlandsender ausgestrahlt, Autorin: Ingrid Füller) können Sie hier in Auszügen nachlesen. Es zeichnet sich ab: Zwar geht es vorrangig um die Abgrenzung eines Tötungsdeliktes zum gebotenen Sterben-lassen. Doch wird damit auch die entflammte Debatte um den ärztlich assistierten Suizid neu entfacht.

Interviewt worden sind von Ingrid Füller u. a. Michael de Ridder (Autor des Buches: Wie wollen wir sterben) und Frank Ulrich Montgomery (Vizepräsident der Bundesärztekammer).

Frank Ulrich Montgomery:
"Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich das Bild der Ärzte in der Ärzteschaft gegenüber der Frage des ärztlich assistierten Suizids nicht mehr so einheitlich klar ablehnend verhält wie in der Vergangenheit. Und wir werden über diese ethischen Grundlagen in zwei Ausschüssen, die sich mit ethisch-juristischen Grundsatzfragen befassen, diskutieren. Dort sitzen Theologen, Ethiker, Ärzte und Juristen zusammen und diskutieren über diese Fragestellung, ergebnisoffen. Aber ich würde jetzt dem Ergebnis dieser Diskussion nicht vorgreifen wollen. Ich will damit nur sagen, wir sind gar nicht so verkrustet, wie man auf den ersten Blick vielleicht glaubt, sondern wir diskutieren über diese ethischen Probleme, weil sie uns täglich begegnen, und weil sie uns natürlich auch täglich bewegen."

Michael de Ridder:
"Es wird gesagt, es wird das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestört, wenn der Arzt zum `Agenten des Todes´ wird. Das ist für mich eine unhaltbare Formulierung. Wir haben gerade eine Situation in Deutschland geschaffen, die das Selbstbestimmungsrecht des Patienten stärkt. Und wir reden nicht von Fremdbestimmung, die manche schon am Horizont aufstehen sehen, völlig grundlos, dass hier die Ökonomisierung des Sterbens sich schon andeutet. Dafür gibt es auch nach Meinung vieler anderer Experten überhaupt keine Hinweise. Und von daher sind das eigentlich Versuche, die Selbstbestimmung des Einzelnen zu hintertreiben, auch im Interesse ganz anderer Institutionen wie beispielsweise der Kirchen. Der Arzt kann Vertrauen immer missbrauchen, und er hat es in der Vergangenheit vielfach missbraucht, indem er nämlich Patientenverfügung, Patientenwunsch und Patientenwille missachtet hat. Und da liegt für mich die wirkliche Gefahr und nicht darin, dass hier der Patient ungewollt vom Arzt vom Leben zum Tod befördert wird."

Der Fall Erika K. - Siehe Foto mit Link zur Hintergrundgeschichte auf http://www.humanessterben.de .
“ … Schon im Jahr 2005 hatte der zwölfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem anderen Fall erklärt, kein Pflegeheim habe das Recht, eigenmächtig die künstliche Ernährung eines Bewohners durchzuführen - gegen dessen Willen und gegen das Verbot von Arzt und Betreuer. Und das im vergangenen Jahr verabschiedete Patientenverfügungsgesetz garantiert ebenfalls, dass der Wille des Patienten bis zum Lebensende verbindlich zu befolgen ist. Allerdings ließ damals der Gesetzgeber offen, ob und unter welchen Umständen der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme ein Tötungsdelikt sein kann. Diese Lücke zwischen Zivil- und Strafrecht hat in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt. Nun wird erwartet, dass der zweite Strafsenat des Bundesgerichtshofs diese Fragen klärt - und damit ein Grundsatzurteil mit weit reichenden Folgen fällt.

… Die Zeichen für Wolfgang Putz stehen gut, denn sowohl die Verteidigung als auch die Bundesanwaltschaft haben in der mündlichen Verhandlung vor dem BGH auf Freispruch plädiert.

Selbst Vertreter ärztlicher Standesorganisationen, die sich im Allgemeinen sehr zurückhaltend zum Thema Sterbehilfe äußern, hoffen, dass der Bundesgerichtshof Rechtsanwalt Putz von der Anklage wegen "versuchten Totschlags durch aktives Tun" freispricht.

Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Hamburger Ärztekammer und Vizepräsident der Bundesärztekammer:

"Ich halte das Entfernen einer Magensonde dann, wenn eine eindeutige Patientenverfügung vorliegt, nicht für einen aktiven Vorgang, mit dem man das Leben aktiv beendet. Das ist keine aktive Euthanasie. Obwohl ich, das mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, schon der Meinung bin, dass zwischen Behandlung und Ernährung und Zurverfügungstellung von Flüssigkeit durch eine Magensonde ein Unterschied ist. Das ist für mich eine lebensnotwendige life-line, eine solche Magensonde, und kein Behandlungsvorgang an sich."

Den Behandlungsvorgang sieht der Vizepräsident der Bundesärztekammer im Legen der Magensonde. Danach wird die Sonde seiner Ansicht nach zu einem ganz normalen Ernährungsinstrument, das mit Behandlung nichts zu tun hat. Ein feiner Unterschied, der für Laien nicht leicht nachvollziehbar ist.

"Widersprüchlich, wie viele Positionen in dem ganzen Kontext, sind natürlich, dass ich den aktiven Vorgang, das dann einfach raus zu ziehen, nicht gut finde. Aber wenn dann eine Patientenverfügung vorliegt, die klar sagt, dass der Patient gar keine Magensonde hätte haben wollen, halte ich es für genauso legitim, dann nicht wiederum eine neue zu legen."

Die Widersprüche und unterschiedlichen Interpretationen zeigen, wie notwendig das für übermorgen erwartete Urteil des Bundesgerichtshofs ist. … “

Quelle vollständig: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hint ... k/1209594/
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Weitere Nachrichten:
Katholischer Bischof fordert vom Gesetzgeber Korrekturen bei Patientenverfügungsgesetz: http://www.bild.de

Wie weiter mit der Christlichen Patientenverfügung – Reduzierung auf Gesundheitsvollmacht? http://www.glaubeaktuell.net

Niederlande: Pille für lebensmüde "Vergessene" gefordert: http://www.taz.de

Schweizer Bundesgericht kippt Vereinbarung zwischen EXIT und Staatsanwaltschaft
http://www.nzz.ch/nachrichten

Forschung und Fortschritt – für wen? Komapatienten sollen mit Computer kommunizieren http://derstandard.at
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Quelle: Mitteilung vom 23.06.2010
http://www.patientenverfuegung.de

Presse
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Registriert: 10.11.2006, 12:44

Sterbehilfe - Der Anwalt der Sterbenden

Beitrag von Presse » 24.06.2010, 16:50

Sterbehilfe - Der Anwalt der Sterbenden
Er wollte einer alten Frau einen friedlichen Tod ermöglichen. Nun steht Rechtsanwalt Putz wegen versuchten Totschlags vor Gericht. Kurz vor dem Urteil spricht der Jurist über seine Beweggründe – und die Selbstherrlichkeit der Medizin.
Von FOCUS-Online-Redakteurin Catrin Gesellensetter
.... (mehr)
http://www.focus.de/finanzen/recht/tid- ... 21963.html

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Registriert: 10.11.2006, 12:44

Sterbehilfe - Urteil des BH zu erwarten

Beitrag von Presse » 25.06.2010, 06:33

BGH urteilt über Sterbehilfe
Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof steht vor einem Grundsatzurteil zur Sterbehilfe. Dabei dürfte die Grenze zwischen zulässiger passiver Sterbehilfe und „aktivem Töten“ präzisiert und die Relevanz des Patientenwillens grundlegend geklärt werden.
.... (mehr)
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... ehilfe.htm

aerzteblatt.de
Sterbehilfe: BGH will Grenzen klären
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=41437

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