RA Putz - Courage und patientenrechtliches Engagement

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Brigitte Bührlen
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Otto Normalbürger reibt sich die Augen!

Beitrag von Brigitte Bührlen » 26.04.2009, 19:31

Otto Normalbürger reibt sich die Augen!

Ist das "Recht" für die Interessenvertretung des einzelnen Bürgers der Exekutive gegenüber da oder ist es das nicht?
Wenn ich meinen Willen äußere vor Zeugen, wie kann es sein, dass er nicht maßgeblich zu beachten ist?
Es ist wohl viel dran an dem Spruch : "auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand"
Ist die Spanne zwischen Recht und Gerechtigkeit himmelweit??

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Bührlen

Rita Reinartz
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Unterstützung für Tochter und Anwalt !

Beitrag von Rita Reinartz » 27.04.2009, 08:18

Ich denke, dass Tochter und Anwalt Unterstützung brauchen. Die Justiz, die sich offensichtlich aufgemacht hat, eine Handlung in die Strafrechtsecke zu schieben, die dort nicht hingehört, muss sich kritisieren lassen. Das jetzt laufende Verfahren war und ist nicht nötig, weil die beschriebenen Maßnahmen verfassungsrechtlich völlig korrekt waren. Damit entfallen strafrechtliche Folgerungen.
Den für das Gerichtsverfahren Verantwortlichen empfehle ich die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung zur Patientenautonomie am Lebensende.

Rita Reinartz
Menschenwürdegarantie bedarf bei der Umsetzung entsprechender Rahmenbedingungen. Insoweit gibt es aber Optimierungsbedarf!

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Ist das Durchschneiden der Magensonde "aktives Tun"

Beitrag von Presse » 30.04.2009, 06:49

Ärzte Zeitung, 30.04.2009:

Ist das Durchschneiden der Magensonde "aktives Tun"?
Landgericht in Fulda spricht im "Sterbehilfeprozess" das Urteil / Verteidigung: Tochter wollte Willen der Mutter durchsetzen


FULDA (mwo). War es Selbsthilfe oder Selbstjustiz? Das Landgericht in Fulda will am heutigen Donnerstag im so genannten "Sterbehilfeprozess" entscheiden.

Die angeklagte Verwaltungsangestellte hatte auf Anraten ihres ebenfalls mitangeklagten Anwalts den Infusionsschlauch ihrer Mutter durchschnitten. Noch im Pflegeheim wurde die Tochter verhaftet.
... (mehr)
http://www.aerztezeitung.de/politik_ges ... sid=545488

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"Sterbehilfe"-Prozess in Fulda

Beitrag von Presse » 30.04.2009, 14:45

Frankfurter Rundschau - online:

Sterbehilfe-Prozess
Freispruch für die Tochter, Strafe für den Anwalt

Fulda.­ Im Prozess um aktive Sterbehilfe hat das Landgericht Fulda am Donnerstag eine 54-jährige Frau aus Kassel vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Den mitangeklagten Anwalt aus München verurteilte das Gericht zu neun Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldbuße von 10000 Euro. Weitere 10000 Euro muss der Anwalt an den Hospizverein in Fulda zahlen. Auf Anraten des Anwalts hatte die Frau den Ernährungsschlauch ihrer 76-jährigen Mutter gekappt, die seit fünf Jahren im Wachkoma gelegen hatte. Damit habe sie ihrer Mutter ein würdevolles Sterben ermöglichen wollen.
...
Die Deutsche Hospiz Stiftung forderte ein praxistaugliches Patientenverfügungsgesetz, das auch für Klarheit sorgen müsse, wenn keine Patientenverfügung vorliege.
... (weiter)
http://www.fr-online.de/frankfurt_und_h ... nwalt.html

Weiterer Bericht mit Fotos unter
http://www.osthessen-news.de/beitrag_C.php?id=1165437

______

Deutsche Hospiz Stiftung zum "Sterbehilfe"-Prozess in Fulda: Patientenschutz und Profilierungssucht vertragen sich nicht

Fulda. "Patientenschutz heißt, praktische Lösungen zu finden. Wenn künstliche Ernährung nicht oder nicht mehr medizinisch indiziert ist, weil sie den unmittelbaren Sterbeprozess bloß erschwert und verlängert, wenn sich das Pflegeheim in dieser Situation aber weigert, die Ernährung einzustellen, muss eben ein anderes Pflegeheim gefunden werden. Einfach den Schlauch der Magensonde zu kappen, ist hingegen keine praktikable Lösung", erklärt der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, anlässlich des heute in Fulda zu Ende gegangenen "Sterbehilfe"-Prozesses.

Fataler Rat des Anwaltes machte alles komplizierter und erleichterte nichts

"Dieser unverantwortliche Rat des Rechtsanwalts hinterlässt nur Verlierer. Sowohl die pflegebedürftige Mutter als auch die Tochter, die dem anwaltlichen Rat folgte, wurden in eine vermeidbare Krise gestürzt", kommentiert Brysch. Die schwerstkranke Mutter wurde in ein Krankenhaus verlegt, bekam dort auf der Intensivstation eine neue Magensonde gelegt. Ihre Tochter erhielt Besuchsverbot. Zusätzlich hat der Anwalt sie auf einen strafrechtlich riskanten Weg geführt. "Offensichtlich wollte er einen spektakulären Prozess provozieren, wenngleich er wohl eher auf die Rolle des Verteidigers statt des Angeklagten spekuliert hat. Der Mann ist bekannt als Überzeugungstäter in Sachen Sterbehilfe", resümiert Brysch. Profilierungssucht und Patientenschutz schließen sich allerdings gegenseitig aus."

Patientenverfügungsgesetz ist dringend erforderlich

Als Konsequenz aus dem Prozess fordert Brysch die Politik auf, nun endlich Gestaltungswillen zu zeigen und ein praxistaugliches Patientenverfügungsgesetz zu verabschieden. "Einmal mehr haben wir gesehen, wie unsicher Angehörige, Pflegepersonal, Ärzte und Heimleitungen in rechtlichen und ethischen Fragen des Lebensendes sind. Ein Patientenverfügungsgesetz, das auch für rechtliche Klarheit sorgt, wenn keine Patientenverfügung vorliegt, ist dringend erforderlich. Nur so kann Menschen der Wind aus den Segeln genommen werden, die zum Schaden der Betroffenen lieber polarisieren als zu helfen. Nur so kann Patientenschutz wirksam gefördert werden."

Quelle: Mitteilung vom 30.04.2009
Matthias Hartmann: Tel.: 030/ 2 84 44 84 2 hartmann@hospize.de

Lutz Barth
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Revision soll eingelegt werden!

Beitrag von Lutz Barth » 30.04.2009, 16:12

"Der Mann ist bekannt als Überzeugungstäter in Sachen Sterbehilfe", resümiert Brysch laut vorstehender Mitteilung und da darf denn schon einmal angemerkt werden, dass neben RA Putz es auch Andere gibt, die sich nachhaltig im Diskurs über die Sterbehilfe für diese engagieren.

Es ist der Sache wohl kaum dienlich, wenn hier Personen als "Überzeugungstäter" stigmatisiert werden, während demgegenüber ansonsten die Deutsche Hospiz Stiftung beredt schweigt, wenn es darum geht, namhafte Ethiker und Hobbyphilosophen mit ihren Wort - und Schriftenmeldungen zu disziplinieren. Darf daran erinnert werden, dass manche renommierte Persönlichkeiten in aller Öffentlichkeit die nicht nachvollziehbare Auffassung vertreten, dass die "Patientenverfügung" den Hospizgedanken "zerstöre" und im Übrigen diejenigen, die da meinen, eine Patientenverfügung verfassen wollen, "egozentrische Individualisten" seien. Es käme in diesem Zusammenhang stehend wohl auch keiner auf die Idee, der Deutschen Hospiz Stiftung eines ihrer Kerngeschäfte, nämlich die Beratung im Hinblick auf Patientenverfügungen, zu untersagen, weil dies gleichsam dem Willen unserer Oberethiker entsprechen würde.

Überdies ist laut Medienberichten angekündigt, eine Revision gegen das Strafurteil einlegen zu wollen. Insofern hat der Prozess zunächst nur ein "vorläufiges Ende" gefunden und wir dürfen gespannt sein, ob die nächste Instanz nicht eine andere rechtliche Bewertung vornimmt. Der vermeintlich "unverantwortliche Rat" des Angeklagten ist so unverantwortlich gar nicht, spiegelt er doch in gewisser Weise in nachvollziehbarer Weise zugleich auch eine gewachsene Rechtsauffassung wider, die nicht unsympathisch erscheint. Dass hierüber gestritten werden kann, mag durchaus sein, so dass wir alle im Kern "Überzeugungstäter" sind, zumal einige aus dogmatischen Erwägungen heraus auch die aktive Sterbehilfe in Form der ärztlichen Assistenz beim Suizd nicht nur für zulässig, sondern vor allem auch für verfassungsrechtlich geboten erachten.
Sind wir deshalb alle als "Dr. Tod" zu diskreditieren?
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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Urteil im Prozess gegen RA Putz

Beitrag von Service » 30.04.2009, 18:28

Urteil im Prozess gegen RA Putz

Fünf Jahre lag die 77jährige Erika K., der zudem ein Arm amputiert werden musste, im Wachkoma. Dann erst durfte sie sterben. Als sie noch sprechen konnte, hatte sie ihren Kindern gegenüber klar zum Ausdruck gebracht, keinerlei lebensverlängernde Maßnahmen mehr zu wünschen. Sie kam aber nicht mehr dazu, diesen Patientenwillen schriftlich zu fixieren.
Hier Foto der 77jährigen Erika K. im Wachkoma:
http://www.abendzeitung.de/muenchen/101687

Schließlich kappte die Tochter den Schlauch der Magensonde - in Erfüllung des Patientenwillens und auf anwaltschaftlichen Rat hin. Einigungsversuche mit dem Pflegeheim (in Bad Hersfeld) waren gescheitert, Absprachen nicht eingehalten worden ... Noch am Sterbebett wurde die Tochter verhaftet. Sie und ihr Anwalt Wolfgang Putz mussten sich strafrechtlich wegen "versuchtem Totschlag" verantworten.

Heute ist das Urteil ergangen: Strafe für den Anwalt , Freispruch für die Tochter
Fulda - Im Prozess um aktive Sterbehilfe hat das Landgericht Fulda am Donnerstag eine 54-jährige Frau aus Kassel vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Den mitangeklagten Anwalt aus München verurteilte das Gericht zu neun Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldbuße von 10000 Euro. Weitere 10000 Euro muss der Anwalt an den Hospizverein in Fulda zahlen. Auf Anraten des Anwalts hatte die Frau den Ernährungsschlauch ihrer 76-jährigen Mutter gekappt, die seit fünf Jahren im Wachkoma gelegen hatte. Damit habe sie ihrer Mutter ein würdevolles Sterben ermöglichen wollen.

Die Mutter hatte sich einen würdevollen Tod gewünscht, eine Patientenverfügung gab es aber nicht. Der Träger des Pflegeheims hatte entschieden, die Frau künstlich am Leben zu erhalten. Sie starb zwei Wochen später eines natürlichen Todes.

Die Staatsanwältin hatte auf eine Bewährungsstrafe für die Tochter und dreieinhalb Jahre Haft für den Rechtsanwalt der Frau plädiert. Er habe sich zum Herrscher über Leben und Tod erhoben und sowohl den Arzt als auch das Pflegeheim erheblich unter Druck gesetzt. Beide Verteidiger plädierten auf Freispruch ihrer Mandanten.

Die Deutsche Hospiz Stiftung forderte ein praxistaugliches Patientenverfügungsgesetz, das auch für Klarheit sorgen müsse, wenn keine Patientenverfügung vorliege. "Einmal mehr haben wir gesehen, wie unsicher Angehörige, Pflegepersonal, Ärzte und Heimleitungen in rechtlichen und ethischen Fragen des Lebensendes sind", sagte Vorstand Eugen Brysch. ..." (Quelle: Frankfurter Rundschau online vom 30.4.09)

Siehe (mit Prozessfotos): http://www.osthessen-news.de/beitrag_C.php?id=1165437

Quelle: Mitteilung von patientenverfuegung.de
http://www.patientenverfuegung.de

Putz & Steldinger, RA

Totschlagsverfahren wegen aktiver Sterbehilfe ...

Beitrag von Putz & Steldinger, RA » 30.04.2009, 18:48

Medizinrechtliche Sozietät
Putz & Steldinger München


Totschlagsverfahren gegen Rechtsanwalt Wolfgang Putz wegen aktiver Sterbehilfe
Landgericht Fulda spricht Tochter der Patientin frei und verurteilt RA Wolfgang Putz wegen versuchten Totschlags


Vor dem Schwurgericht Fulda wurde seit dem 21.04.2009 gegen den Münchner Rechtsanwalt für Medizinrecht Wolfgang Putz und die Tochter der verstorbenen Erika K., Frau Elke G. aus Kassel, wegen aktiver Sterbehilfe verhandelt. Heute sprach das Schwurgericht die Angeklagte Erika G. frei, Rechtsanwalt Wolfgang Putz wurde wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Erika K. (geb.1931) lag seit einer Hirnblutung im Oktober 2002 im Koma in einem Pflegeheim. 2006 beauftragten die Kinder die Rechtsanwälte Putz & Steldinger in München, das Sterben ihrer Mutter zu ermöglichen. Der Frau war zuletzt noch beim Umbetten der Arm gebrochen worden, weil sie unter Osteoporose litt. Im Krankenhaus amputierte man den Arm, weil die Mutter als Komapatientin den Arm ja nicht mehr brauche. Die Kinder informierte man erst später.

Die weitere künstliche Lebenserhaltung war längst nicht mehr medizinisch indiziert und widersprach dem klar geäußerten Patientenwillen. Dafür konnten die Rechtsanwälte bei der gerichtlich bestellten Betreuerin jedoch kein Verständnis wecken. So beantragten sie beim zuständigen Vormundschaftsgericht Bad Hersfeld, die Betreuerin als ungeeignet zu entlassen.

Das Vormundschaftsgericht Bad Hersfeld überprüfte den Fall, entließ die Fremdbetreuerin und setzte beide Kinder als Betreuer ein, damit diese dann einvernehmlich mit dem Hausarzt das Sterben nach dem Willen der Patientin zulassen konnten. Kurz vor Weihnachten 2007 war es nach umfangreichen Vorbereitungen soweit: Der Hausarzt hatte die künstliche Lebensverlängerung eingestellt, die beiden Kinder kümmerten sich seit Tagen im Heim um die sterbende Mutter. Das Heim erlaubte ihnen die Übernachtung im Zimmer der Patientin.

Am 21.12.2007, Freitag vor Weihnachten, schaltete sich jedoch eine Juristin des Heimbetreibers ein und teilte den Rechtsanwälten mit, man wolle das Sterben im Heim in Bad Hersfeld nun doch nicht zulassen. Die Patientin müsse verlegt werden. Die Heimleitung bot den Kindern 1.000,00 Euro, wenn sie die Mutter freiwillig verlegen würden. Da es schon im Vorfeld nicht gelungen war, die Mutter anderweitig unterzubringen und auch im Sterbprozess keine Verlegung mehr möglich war, stellte die Juristin ein Ultimatum: Wenn die Kinder die künstliche Lebensverlängerung nicht wieder erlauben würden, dann würde das Heim den Kindern Hausverbot erteilen und in Eigenregie die Patientin wieder künstlich ernähren. Um dies zu verhindern, schnitten die Kinder sodann auf rechtlichen Rat des Rechtsanwaltes Wolfgang Putz die schon nicht mehr benutzte Magensonde über der Bauchdecke ab. Das Heim und die die Rechtsanwälte Putz & Steldinger informierten Staatsanwaltschaft resp. Polizei.

In der Folge veranlasste die Staatsanwaltschaft eine Neuanlage der Sonde und ordnete die Fortsetzung der Lebensverlängerung an. Eine Woche später starb die Patientin - an dem Tag, an dem sie in ein Hospiz in Bad Hersfeld verlegt werden sollte, um dort nun doch nach erneuter Einstellung der Sondenernährung sterben zu können.

Die Staatsanwaltschaft sah in dem Handeln der Kinder (der Sohn ist inzwischen verstorben) und des Rechtsanwaltes Wolfgang Putz das Verhindern der Lebensrettung und damit eine verbotene aktive Sterbehilfe. Das Gericht schloss sich dieser Bewertung an.

Das Gericht sah zwar in der angekündigten Wiederaufnahme der Ernährung durch das Pflegeheim einen rechtswidrigen Angriff auf die Patientin. Es gab RA Wolfgang Putz Recht, dass für die weitere künstliche Ernährung eine ärztliche Indikation und der Wille der Patientin fehlte. Die mündliche Patientenverfügung akzeptierte das Gericht als verbindlich. Das Gericht sah jedoch im Durchschneiden der Sonde eine verbotene aktive Sterbehilfe. „Die Tötung des zu Schützenden kann kein Mittel zur Gefahrenabwehr sein“, so das Gericht. Das Gericht verkennt dabei jedoch, dass nichts anderes erreicht werden sollte, als die Wiederherstellung des vorbestehenden Zustandes, nämlich dass die Patientin nicht mehr ernährt wird und sterben darf. Das Gericht hat bestätigt, dass RA Wolfgang Putz die Patientin in Erfüllung des Anwaltsmandats sterben lassen wollte. Er habe sich nicht zum Herrn über Leben und Tod aufgespielt, er wollte lediglich den Willen der schwerkranken Patientin umsetzen. Diese Intention bezeichnete das Gericht als ehrenhaft.

Die Tochter der Patientin wurde aufgrund eines unvermeidbaren Verbotsirrtums freigesprochen.

Gegen seine Verurteilung wird RA Wolfgang Putz Revision beim Bundesgerichtshof eingelegen. RA Putz ist für Anfragen derzeit telefonisch unter 0172/999 19 49 erreichbar.

Pressemitteilung vom 30. April 2009
PUTZ & STELDINGER
Medizinrechtliche Sozietät
RA Wolfgang Putz
RAin Beate Steldinger
RA Alexander Sessel
Quagliostr. 7
81543 München
Tel: 089/652007
Fax: 089/659989
http://www.putz-medizinrecht.de

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Euthanasie?

Beitrag von Lupo01 » 01.05.2009, 03:24

Um das Recht auf Leben scheint es hier nicht zu gehen.
L01
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Lutz Barth
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„aktives Handeln!?

Beitrag von Lutz Barth » 01.05.2009, 09:32

Rechtsanwalt in Sachen Sterbehilfe zu neun Monaten verurteilt

v. Oliver Tolmein, 30.04.09

Quelle: Faz.net, Oliver Tolmein v. 30.04.09 >>> http://faz-community.faz.net/blogs/biop ... entmessage <<< (html)

Vgl. dazu auch die kurze Stellungnahme v. Lutz Barth, 01.05.09
im BLOG Patientenverfügung und Patientenautonomie – Über den mündigen Patienten!
>>> http://patientenverfuegung-patientenaut ... -oder-ein/ <<<
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Cicero
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Landgericht Fulda macht mit Fehlurteil Schlagzeilen

Beitrag von Cicero » 02.05.2009, 08:44

Der Ausgang des Fuldaer Strafrechtsprozesses, Verurteilung von RA Putz wg. versuchten Totschlages, ist mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze zur Patientenautonomie (am Lebensende) nicht nachvollziehbar.
Das Beenden der künstlichen Ernährung durch die Tochter der Heimbewohnerin war das Wiederherstellen des Zustandes, der aus Rechtsgründen hätte bestehen müssen: Keine künstliche Ernährung. Von aktiver Sterbehilfe kann doch hier ernstlich keine Rede sein. Dies auch deshalb nicht, weil die künstliche Ernährung überhaupt nicht mehr indiziert war (unstreitig!).
Wenn dies aus Rechtsgründen so gesehen werden muss (!), scheidet eine Verurteilung von RA Putz aus.
Nun wird der BGH für die notwendige Klärung sorgen müssen, vielleicht sogar das BVerfG?
Dass möglicherweise ein Gesetz zur Patientenverfügung sinnvoll oder sogar notwendig ist, lasse ich einmal dahingestellt. Die Strafrechtssache Putz ist für sich jedoch allein kein Grund, ein Gesetz zu fordern. Für die Beurteilung des hier in Rede stehenden Sachverhaltes bietet die Verfassung, ergänzt durch die einschlägige Rechtsprechung, genügend Klarheit. Offensichtlich war in Fulda - weder bei Staatsanwaltschaft noch beim Gericht - das notwendige Wissen um diese Rechtsituation verfügbar.

Cicero
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Mehr Menschlichkeit in der Pflege ...

Beitrag von PflegeCologne » 03.05.2009, 06:59

Hallo,

ich halte es mit dem Leitgedanken von "Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk"

... dem Leben nicht mehr Jahre, sondern den Jahren mehr Leben schenken.
Der Menschlichkeit nicht mehr Pflege geben, sondern der Pflege mehr Menschlichkeit.


http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/

Lb Grüße
PflegeCologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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@PflegeCologne

Beitrag von Lutz Barth » 03.05.2009, 09:56

Nachgefragt!

Und was soll aus dem "Leitgedanken" folgen?

Mfg.
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Patientenwille ist entscheidend! Was denn sonst?

Beitrag von Dieter Radke » 03.05.2009, 10:01

Cicero hat geschrieben: .... Der Ausgang des Fuldaer Strafrechtsprozesses, Verurteilung von RA Putz wg. versuchten Totschlages, ist mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze zur Patientenautonomie (am Lebensende) nicht nachvollziehbar. Das Beenden der künstlichen Ernährung durch die Tochter der Heimbewohnerin war das Wiederherstellen des Zustandes, der aus Rechtsgründen hätte bestehen müssen: Keine künstliche Ernährung. Von aktiver Sterbehilfe kann doch hier ernstlich keine Rede sein. Dies auch deshalb nicht, weil die künstliche Ernährung überhaupt nicht mehr indiziert war (unstreitig!).
Wenn dies aus Rechtsgründen so gesehen werden muss (!), scheidet eine Verurteilung von RA Putz aus. ....
Hallo Forum, Diskutanten,

mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Kommentierungen zum Urteil des LG Fulda.
Ich persönlich trete - unter Achtung der gegebenen Rechtslage - für die Patientenselbstbestimmung ein. Der Patient soll bestimmen können, wann er keine Behandlung (hier: Ernährung) mehr zulassen will. "Der Wille des Patienten ist das höchste Gesetz" (so der BGH). Weder Arzt, Pflegekräfte, Betreuer, Bevollmächtigte noch Heimträger oder Vormundschaftsrichter dürfen diesen Grundsatz missachten. Befindlichkeiten anderer Personen sind für die Achtung der Patientenentscheidung nicht relevant. Daher hat der BGH auch die Gewissensentscheidung von Pflegekräften im Zusammenhang mit dem Abbruch einer künstlichen Ernährung für unbeachtlich angesehen.
--- Und dies mit allen Konsequenzen. Wenn durch eine Patientenentscheidung der Tod eintritt, ist dies zu achten. Auch in solchen Fällen ist kein Raum für Bevormundungen. Ich trete ausdrücklich nicht ein für aktive Sterbehilfe. Aber die Achtung des Patientenwillens, Maßnahmen, auch ggf. medizinisch notwendig erscheinende Maßnahmen, zu unterlassen, muss Vorrang haben. Nur eine solche Betrachtung entspricht der Menschenwürdegarantie - als Wertevorgabe für unser gesamtes Rechtssystem.
Bei Beachtung solcher Erwägungen findet ich die Fuldaer Entscheidung mit Cicero ebenfalls als Fehlurteil an. Dieses gehört korrigiert!
Es mag sein, dass ein gut formuliertes Gesetz zur Patientenverfügung hilfreich für die Handhabung der Patientenautonomie sein kann. Aber ein Gesetz, dass verfassungswidrig diese Autonomie einschränkt (Bosbach-Entwurf) brauchen wir nicht.
Aus dem oben vorgestellten Leitgedanken kann m.E. gefolgert werden, dass u.U. eine Lebensverlängerung gegen den Patientenwillen kein zu schützender Wert darstellt. Es zählen weder Tage noch Wochen, sondern allenfalls die Lebensqualität - under Patientenwille gibt insoweit die entscheidenden Hinweise.

Es grüßt
Dieter Radke
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Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 03.05.2009, 10:37

Guten Tag, Herr Radtke.

Dies setzt allerdings voraus, dass die BGH-Rechtsprechung ihrerseits eine verfassungsrechtliche Prüfung standhält. Hier habe ich denn meine Zweifel, da der Hinweis des BGH`s, wonach auch das Grundrecht der Gewissensfreiheit der Pflegenden nicht zu berücksichtigen sei, einer kritischen Reflektion nicht standhält. Der Hinweis ist zu allgemein gehalten, wie sich unschwer aus Art. 4 insbesondere i.V.m. Art. 140 GG ergeben dürfte.
Diesbezüglich habe ich bereits in einem Beitrag versucht, darzulegen, dass im Zweifel der Träger berechtigt wäre, den Heimvertrag aufzukündigen, da insoweit die Gewissensentscheidung der Mitarbeiter zwar nicht dem Selbstbestimmungsrecht der Bewohner/Patienten Grenzen zu setzen vermag, gleichwohl aber das Grundrecht der Gewissensfreiheit nicht "auf Null" reduziert werden darf. Im Rahmen der praktischen Konkordanz sind hier die miteinander konfligierenden Grundrechtspositionen sachgerecht zum Ausgleich zu bringen.

Ein solches gilt insbesondere auch in den Fällen, in denen die Träger resp. die Mitarbeiter konfessionsgebunden sind und insofern die "Heiligkeit des Lebens" zu einer der Zentraldogmen innerhalb der verfassten Amtskirche erhoben worden sind.

Ungeachtet dessen wird im Übrigen auch die Erwartung gehegt, dass das Patientenverfügungsgesetz verfassungskonform ist; dass ein Gesetz erforderlich ist, dürfte eigentlich unbestritten sein, weil hier der Vorbehalt des Gesetzes (Parlamentsvorbehalt) zu beachten ist.

Ich selbst trete überdies für aktive Sterbehilfe in bestimmten Situationen ein, da die bisherigen ethischen Grundsatzüberlegungen mit Blick auf die Frage eher durch eine "Doppelmoral" charakterisiert sind. Sofern der Patient nicht mehr zur Ausführung des Suizids in der Lage ist, sollte in der ärztlichen Assistenz ein Akt der Humanität erblickt werden, zumal wir nicht aufgerufen sind, dass "Leid anzunehmen" und noch weniger "zu ertragen". Dies erscheint mir denn auch einer der zentralen Punkte in dem Verfahren zu sein: selbstredend ist hier eine "aktive" Handlung zu erblicken, die allerdings vom Egebnis her nicht moralisch verwerflich ist. Insofern sollte das Strafrecht entsprechend geändert werden, denn entgegen der Auffassung von Cicero ist die Rechtslage eben nicht klar, zumal die Verfassung "nur" einen metajuristischen Bezugsrahmen liefert und im Übrigen das Zivilrecht nicht das erlauben kann, was das Strafrecht verbietet. Dieser Satz mag "abgedroschen" klingen, dürfte aber insofern seine Bedeutung erlangen, weil hier eine privatautonome Umsetzung des geäußerten Willens in Form einer aktiven Handlung vorgenommen wurde, mögen auch gute Gründe dafür streiten, dass bereits die Tatbestandsmäßigkeit eines versuchten Tötungsdelikts zu verneinen ist.

Insgesamt sollten wir also für eine gesetzliche Regelung einschließlich etwaiger Ergänzungen im Strafrecht plädieren, zumal auf Dauer dem BGH nicht die Kompetenz zukommt, hier "Richterrecht" zu entwickeln.

Mfg.
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

Dieter Radke
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Klare Regeln zur Patientenautonomie vonnöten

Beitrag von Dieter Radke » 03.05.2009, 12:32

Lutz Barth hat geschrieben: .... Insgesamt sollten wir also für eine gesetzliche Regelung einschließlich etwaiger Ergänzungen im Strafrecht plädieren, zumal auf Dauer dem BGH nicht die Kompetenz zukommt, hier "Richterrecht" zu entwickeln. ...
Hallo Herr Barth,
"unterm Strich" kann ich Ihren engagierten Statements gut zustimmen. Klare Regeln in der Verfassung bzw. in ergänzenden Gesetzen sind vorrangig anzustreben.
Gesetze müssen aber den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Insoweit darf man Sorge haben, ob der Bundestag bei der aktuellen Diskussion über ein Patientenverfügungsgesetz nicht zu enge Grenzen setzen wird. Käme es z.B. zu einem "Bosbach-Gesetz", wäre umfassender Streit vorgrammiert (dazu wurde schon diskutiert), nichts wäre gewonnen.
Gruß Dieter Radke
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