RA Putz - Courage und patientenrechtliches Engagement

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Rüdiger Bastigkeit
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Gehören nicht andere angeklagt !

Beitrag von Rüdiger Bastigkeit » 03.05.2009, 17:53

Mal anders herum:

Gehören nicht eigentlich alle, die die inzwischen verstorbene Heimbewohnerin trotz entgegenstehenden Willens und mangels medizinischer Indikation am Sterben hindern wollten, auf die Anklagebank?
Menschenwürdegarantie beinhaltet auch das Recht, Sterben zu dürfen!

Rüdiger Bastigkeit
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RA Putz handelte ehrenhaft - wieso dann Verurteilung?

Beitrag von Service » 04.05.2009, 17:04

Gericht: RA Putz handelte ehrenhaft - wieso dann Verurteilung?

Gegen das gegen ihn am 30.4. ergangene Urteil (9 Monate auf Bewährung wegen Totschlags, wir berichteten) legt der Patientenrechtsanwalt Wolfgang Putz Revision beim Bundesgerichtshof ein. Der 59jährige ist guten Mutes und sehr zuversichtlich, alle seine Ziele zu erreichen. Weitestgehend ist ihm das bereits mit dem Urteil des Landgerichts Fulda: Dieses erklärte den Versuch des Pflegeheimes, eine Zwangsernährung wieder aufzunehmen, für rechtswidrig. Wie kan man sich darauf einen Reim machen?

Zusammenschau von Gita Neumann, Humanistischer Verband Deutschlands:

Seit einer Hirnblutung 2002 lag Erika G. (Jahrgang 1931) im Koma in einem Fuldaer Pflegeheim. 2006 wurde RA Putz von ihren Kindern Elke G. und deren (inzwischen verstorbener) Bruder beauftragt, ihnen zu helfen, die Mutter sterben zu lassen. Erika G. hatte gegenüber ihrer Tochter betont, dass sie nie künstlich am Leben erhalten werden wolle.

Alles war bereits einvernehmlich geklärt
Zuletzt war der alten Dame beim Umbetten der Arm gebrochen worden, im Krankenhaus amputierte man ihn (etwa, weil er im Koma eh nicht mehr gebraucht wird?). Mit Hilfe von RA Putz wollten die inzwischen - statt einer ursprünglichen Betreuerin - als Betreuer eingesetzten Kinder erreichen, dass die Kranke Ende 2007 für immer einschlafen dürfe. Alles war vorbereitet. Der Arzt sah keine Indikation mehr und hatte die Magensonde abgestellt, das vormundschaftsgerichtliche Einverständnis lag vor, die Kinder wichen nicht vom Bett ihrer Mutter.

Irrwitziges Umschwung durch Heimjuristin
Dann der absolute Umschwung drei Tage vor Weihnachten 2007: Eine Heimjuristin (sollte nicht diese sich vor Gericht verantworten müssen?) schaltete sich ein und provozierte laut Putz einen „irrwitzigen Widerstand". Putz schildert in tz online vom 1.5. die Situation so: „Die Juristin stellte ein Ultimatum: Wenn die Kinder die künstliche Lebensverlängerung nicht wieder erlaubten, würde das Heim ihnen Hausverbot erteilen und die Patientin in Eigenregie wieder künstlich ernähren." Um dies zu verhindern, hätten die Kinder dann auf seinen Rat die schon nicht mehr benutzte Magensonde über der Bauchdecke abgetrennt. Sowohl das Heim als auch Anwalt Putz informierten Staatsanwaltschaft und Polizei.

Gericht: RA Putz handelte ehrenhaft
Das Fuldaer Landgericht hat beim Vorgehen von Putz ausdrücklich als „ehrenhaft" gewürdigt, dass er den Willen der Patientin in Ausübung seines Mandates umsetzen wollte. Denn das Gericht hat in der angekündigten Wiederaufnahme der Ernährung durch das Pflegeheim einen Angriff (!) auf die Patientin gesehen. Das Vorliegen einer verbindlichen mündlichen Patientenverfügung wurde ausdrücklich vom Gericht anerkannt - was RA Putz ein ganz besonderes Anliegen ist. Zudem wurde das Fehlen einer ärztlichen Indikation bestätigt. Deshalb, so das Landgericht Fulda, wäre es auch richtig gewesen, die Zwangsernährung abzuwehren - aber eben nicht das Abschneiden des Ernährungsschlauches. Dies werteten die Richter als „aktive Sterbehilfe" (was wieder einmal die diffuse Unsinnigkeit dieses Begriffs für eine Bewertung deutlich macht!). „Die Tötung des zu Schützenden kann kein Mittel zur Gefahrenabwehr sein", so sah es das Gericht. Es verkannte dabei jedoch - nicht mal in juristisch, sondern in logisch falscher Schlussfolgerung - dass nichts anderes erreicht werden sollte, als die Wiederherstellung des vorher bestehenden Zustandes: Nämlich dass die Patientin nicht mehr ernährt wird und sterben darf.

Hilfloser Verweis auf längst überholten Weg
Wie aber hätte sich das Gericht denn vorgestellt, dass der Patientenwille und Abbruch einer nicht mehr indizierten Behandlung stattdessen durchzusetzen wäre? Oliver Tolmein hat einen Justizsprecher danach gefragt und in seinem FAZ-Blog vom 30.4.09 die Antwort, angereichert mit nötigem Kommentar, veröffentlicht:

„ ... Der Pressesprecher des Landgerichts Fulda hat die Antwort (und natürlich die Strafkammer, die Rechtsanwalt Putz verurteilt hat): Auch wer eine nicht medizinisch indizierte Behandlung bei einer einwilligungsunfähigen Betreuten abbrechen lassen will, soll demnach den Weg gehen, den der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in der „Kemptener Entscheidung" 1994 gewiesen hat. Nun erscheinen die Ausführungen des 1. Strafsenats in dieser Hinsicht heute teilweise überholt und sind zudem wenig stringent - was auch nicht so erstaunlich ist, da damals die betreuungsrechtliche Debatte des Themas gerade erst begonnen hatte. Zudem tauchte damals das Problem der medizinisch nicht indizierten Behandlung auch nicht auf (die Patient im „Kemptener Fall" lebte auch noch über neun Monate lang nach dem „versuchten Totschlag", während die Patientin im Fuldaer Fall nach knapp zwei Wochen verstarb)."

Vorwurf der Hospizstiftung: Polarisierung
Zwar gibt auch Tolmein an, mit dem Kollegen Putz in anwaltschaftlichen „Stilfragen" und mit dessen „eskalativem Vorgehen" nicht einverstanden zu sein. Es bleibt aber der Deutschen Hospizstiftung (DHS) vorbehalten, Putz vorzuwerfen, sein Verhalten habe (einschließlich der Patientin) nur „Verlierer" hinterlassen.

Die DHS fordert in einer Presseerklärung zum Fuldaer Fall um so dringlicher ein Patientenverfügungs-Gesetz. Nur so könne "Menschen der Wind aus den Segeln genommen werden, die zum Schaden der Betroffenen lieber polarisieren als zu helfen. Nur so kann Patientenschutz wirksam gefördert werden." Das Gesetz soll zukünftig gerade solche zwischen den Beteiligten strittige Fälle klären können. Damit meint die Hospizstiftung fälschlicherweise Fälle, in denen mangels Patientenverfügung der mutmaßliche Patientenwille zu ermitteln ist - darum ging es in diesem Fall aber ausdrücklich nicht. Vielmehr ist das Gericht ja von einer eindeutigen mündlichen Willenserklärung ausgegangen. Deshalb wertet Putz selbst das Urteil in weiten Teilen als Erfolg.

Was wird voraussichtlich der BGH sagen?
Bis auf den logischen Denkfehler und das Reizwort von der "aktiven Sterbehilfe". Was die diesbezügliche Verurteilung von Putz betrifft, wird der Rechtsstreit jetzt zum Bundesgerichtshof gehen und dort den 2. Strafsenat befassen. Dessen Vorsitzender Thomas Fischer - darauf weist wiederum Tolmein hin - ist Kommentator des einflussreichen Strafgesetzbuchkommentars Tröndler/Fischer, der unter „vor § 211 Randnummer 19" schreibt:
„Bei einer indizierten Therapiebegrenzung, handelt es sich hier, ohne dass es auf eine (mutmaßliche) Einwilligung ankommt, nach wohl herrschender Meinung schon tatbestandlich nicht um eine Tötung."

Eingangstür zum Hoheitsbereich der Patientin
Abschließend Putz in seinen eigenen Worten in einer eMail an den PV-Newsletter vom 3.4.:

„ Aber das Urteil sagt unter anderem ganz klar:
- Es gab keinen Patientenwillen für die Ernährung
- Es gab keine Indikation für die Ernährung
- Die Patientin hatte eine rechtsverbindliche mündliche Patientenverfügung !!!
Deswegen war es rechtens die Ernährung einzustellen um die Patientin sterben zu lassen.
Das Verhalten des Heimes war laut Schwurgericht ein rechtswidriger Angriff gegen die Patientin.
Das ist doch schon mal im Strafrecht neu und richtig!!!
Wieso es dann allerdings ein Totschlagsversuch gewesen sein soll, die Sonde zu entfernen, ist eben der Fehler. Die Patientin brauchte sie nicht mehr für ihr rechtmäßig zugelassenes Sterben, das Heim benötigte sie für seinen rechtswidrigen Angriff auf die Patientin. Warum muss man dem Heim dazu die Sonde zur Verfügung stellen. Ich habe praktisch die Eingangstür zum Bauch der Patientin, zu ihrem Hoheitsbereich verschlossen. Das Gericht sagt aber, es wäre aktive Tötung um den Angegriffenen vor der Körperverletzung zu retten."
Der Patientenrechtsanwalt hat inzwischen viel Zuspruch und unzählige Solidaritätsadressen erhalten. Weitere Stellungnahmen, Meinungen und auch die verwendeten Quellen finden Sie hier: viewtopic.php?t=11710

(Beitrag von Gita Neumann, Tel. 030 613904-19)

Quelle: Mitteilung von patientenverfuegung.de vom 4.5.2009
http://www.patientenverfuegung.de

Lutz Barth
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Re: Gehören nicht andere angeklagt !

Beitrag von Lutz Barth » 04.05.2009, 19:58

Rüdiger Bastigkeit hat geschrieben:Mal anders herum:

Gehören nicht eigentlich alle, die die inzwischen verstorbene Heimbewohnerin trotz entgegenstehenden Willens und mangels medizinischer Indikation am Sterben hindern wollten, auf die Anklagebank?
Menschenwürdegarantie beinhaltet auch das Recht, Sterben zu dürfen!

Rüdiger Bastigkeit
Nun - die Frage ist durchaus berechtigt, wenngleich doch nach wie vor diesseits in der Bewertung des konkreten Falls in Ermangelung hinreichender Aktenkenntnis Zurückhaltung geübt wird. Der uns bekannt gewordene Fall wirft zusätzliche Fragen auf, die allerdings höchst spekulativer Natur sind. Hierzu habe ich bereits im BLOG bei Oliver Tolmein Stellung bezogen.

Aber andererseits möchte ich rein fiktiv Folgendes zu bedenken geben: Kommt es überhaupt auf die medizinische Indikation an, wenn es doch der Wille der Bewohnerin war, jedenfalls so "nicht leben zu wollen"? Immerhin lag wohl eine mündliche Patientenverfügung vor.

Überdies ist die Frage der medizinischen Indikation durchaus zweischneidig. Es handelte sich offensichtlich um eine Wachkoma-Patientin, so dass nachgefragt werden muss, wie denn grundsätzlich eine Indikation in die Fortführung der künstlichen Ernährung ärztlicherseits zu stellen ist? Bei einem Wachkoma-Patienten spricht zunächst (vorbehaltlich einer Patientenverfügung) einiges dafür, in dubio pro vita zu entscheiden, sofern keine andere medizinische Indikation, zB. ein irreversibler Krankheitsverlauf über den Zustand des Wachkomas hinaus feststellbar ist.

Natürlich wäre es auch reizvoll, die "Anordnung" der Staatsanwaltschaft zur Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung rechtlich kritisch zu reflektieren. Immerhin ist doch wohl davon auszugehen, dass jedenfalls auch die StA im Rahmen ihrer Ermittlungen davon Kenntnis hatte, dass hier eine Patientenverfügung vorliegt, so dass es m.E. auf die Indikationsfrage schlicht nicht mehr ankommen dürfte.

Insgesamt wirft also der "Fall" mehrere Fragen auf, die wir eigentlich nur dann sinnig diskutieren können, wenn wir die Akte kennen. Der "Teufel steckt immer im Detail" und insofern halte ich mich mit Prognosen über den Ausgang des Revisionsverfahrens auch zurück.

Indes bin ich allerdings der festen Überzeugung, dass das Verhalten des Trägers insofern unsäglich ist, als dass hier unverhohlen "gedroht" wurde; in der Sache selbst neige ich - wie bereits in einem Kommentar oben ausgeführt - aber dazu, dass ich entgegen der Rechtsauffassung des BGH im "Kemptener Fall" den Grundrechten der Mitarbeiter einen anderen Stellenwert beimesse, ohne dass diese allerdings zur Fremdbestimmung über den Patienten resp. Koma-Patienten führen.

Vielleicht darf ich hier auf einige Beiträge von mir verweisen, die das Problem der konfligierenden Grundrechtspositionen aufgenommen haben:

Der Wachkoma-Patient und ein „öffentlichkeitswirksamer“ Rechtsstreit
- die „zulässige Sterbehilfe“ aus anwaltlicher Sicht?!
von Lutz Barth, 17.12.05

http://www.iqb-info.de/Barth%20vs.%20Pu ... atient.pdf

Im Übrigen auch diesen Ansatz fortführend, in
Unseliger Papst –Tod?
Der Wachkoma-Patient, die künstliche Ernährung und die katholische Glaubenslehre

http://www.iqb-info.de/Unseliger_Papst_Tod.pdf

Seinerzeit habe ich mich durchaus kritisch zum Fall "Peter K." geäußert, wenngleich nur in der Sache und von daher freue ich mich ganz persönlich, dass Herr Putz auch seine Teilnahme an einer Tagung zur Ärztlichen Assistenz beim Suizid zugesagt hat.

Aber genau dies ist ein Beispiel von einer "Streitkultur", die durch das für und wider einzelner Argumente geprägt ist und nicht durch fragwürdige Botschaften mancher Hobbyphilosophen, die lieber in die "Glaskugel" denn ins Gesetzbuch schauen. Insofern wünsche ich mir natürlich, dass Herr Putz freigesprochen wird, denn der Fall wirft mehr Fragen denn Antworten auf.

Da ich nun aber im Übrigen für aktive Sterbehilfe in bestimmten Situationen plädiere und diese als einen Akt der Humanität begreife, ist für mich die Frage einer "aktiven Handlung" nicht so entscheidend, wie sie nun in den Medien öffentlichkeitswirksam diskutiert wird. Hätte es denn einen Unterschied gemacht, wenn der Arzt oder die Ärztin den Schlauch durchtrennt oder dafür gesorgt hätte, dass die beim Wachkoma-Patienten ohne Frage notwendige künstliche Ernährung nicht mehr fortgesetzt wird?

Macht es einen Unterschied, ob ein Patient seinen Wunsch umsetzen darf und kann, ggf. in Situationen eines unbeschreiblichen Leids "eingeschläfert" zu werden und zwar "final" oder ob er nur phasenweise sediert wird, um so dem Leben seinen Schicksalslauf zu erhalten?

Fragen, die ganz offensiv anzugehen sind und ich möchte hierbei nicht ausschließen, dass dann einige unserer Medizinethiker sich die Frage gefallen müssen, warum diese die Notwendigkeit zur ärztlichen Assistenz beim Suizid beharrlich über Jahre hinweg geleugnet haben und so einer "Wertekultur" gefrönt haben, die keineswegs als eine humane zu klassifizieren ist. Hippokrates hilft hier uns nicht weiter, ebensowenig Kant.

Lediglich das Selbstbestimmungsrecht, dass nicht zur Fremdbestimmung führen darf, weist uns einen akzeptablen, aber eben auch von der Verfassung her gebotenen Weg, der zugleich auch die Möglichkeit eröffnet, dass Ärzte bei einem frei gewählten Suizid des Patienten in bestimmten Situationen assistieren darf. Die Vision, durch die Hand eines Arztes (und wenn gewünscht, durch engste Verwandte und Vertraute) zu sterben und an der Hand "einzuschlafen", ist vielleicht meine ureigene Vorstellung von einer ars moriendi, für die jedenfalls gute verfassungsrechtliche Gründe streiten, wenn denn das Leben meinen Vorstellungen zufolge nicht mehr "lebenswert" ist und der "Tod" nur noch als "Erlösung" erscheint, der für sich genommen nicht "durchlebenswert" ist und ich nicht gewillt bin, "eine heroische Tat" am Ende meines verlöschenden Lebens zu begehen, um - wem auch immer - die Möglichkeit zur weiteren Kommunikation über die mir unterstellte "Lebensqualität" einzuräumen. Nein - dies will ich nicht und insofern streite ich jedenfalls weiter auch für eine aktive Sterbehilfe in bestimmten Situationen und da wäre ich dankbar, auch einen Arzt an meiner Seite zu wissen, der mir diesen Abschied ermöglicht. Dass es solche Ärzte und Ärztinnen gibt, kann nach einschlägigen Umfragen nicht bezweifelt werden und insofern sollte das Tabu fallen, dass eigentlich nur deshalb ein Tabu ist, weil es in gewisser Weise eine Konzessionsentscheidung an wirkmächtige Gruppen in unserem Lande ist. Verfassungsrechtlich sprechen allerdings weder Art. 1 GG noch andere Grundrechte, geschweige denn das "Arztethos" gegen eine ärztliche Assistenz beim Suizid (auch in Form eines "aktiven" Beitrages).

Mfg.
Lutz Barth
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Im Zweifel zählt der Wille

Beitrag von Presse » 11.05.2009, 12:23

Im Zweifel zählt der Wille

Von Saskia Trebing

Bad Hersfeld. In einem spektakulären Sterbehilfe-Prozess in Fulda wurde ein Münchner Anwalt zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Er hatte seiner Mandantin geraten, die Ernährungssonde ihrer Mutter zu durchtrennen. Die Frau hatte seit fünf Jahren im Wachkoma in einem Hersfelder Altenheim gelegen. Die Tochter wurde freigesprochen.

Aus diesem Anlass haben wir mit Rechtsanwalt Tilo Scheurmann, dem Vorsitzenden des Hersfelder Anwaltsvereins, über Sterbehilfe und Patientenverfügungen gesprochen.
.... (mehr)
http://www.hersfelder-zeitung.de/breaki ... Wille.html

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RA Putz handelte ehrenhaft - wieso dann Verurteilung?

Beitrag von Nursing-Neuss » 12.05.2009, 07:00

Service hat geschrieben: ... Aber das Urteil sagt unter anderem ganz klar:
- Es gab keinen Patientenwillen für die Ernährung
- Es gab keine Indikation für die Ernährung
- Die Patientin hatte eine rechtsverbindliche mündliche Patientenverfügung !!!
Deswegen war es rechtens die Ernährung einzustellen um die Patientin sterben zu lassen. ...
Wieso es dann allerdings ein Totschlagsversuch gewesen sein soll, die Sonde zu entfernen, ist eben der Fehler. ....
Die Patientenautonomie ist verdeutlicht. Danach war es richtig, die künstliche Ernährung zu beenden. Dies war zwingend notwendig und keineswegs rechtwidrig, schon garnicht strafbar. Das Urteil des Landgerichts Fulda kann daher keinen Bestand haben. Die mittlerweile eingelegte Revision wird den Bundesgerichtshof veranlassen, eine gerechte Entscheidung zu treffen.

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Der Patient hat allein das Sagen

Beitrag von Ina Böhmer » 13.05.2009, 06:56

Das geltende Recht ist so gestaltet, dass die Heimbewohnerin nicht mehr künstlich ernährt werden wollte. Insoweit lag eine klare Willensbekundung vor, die für alle Beteiligten maßgeblich war.
Was an der Entscheidung der Tochter, dem Willen der Mutter zu entsprechen, vorwerfbar gewesen sein soll, ist mir schleierhaft. Folglich kann auch der diesbezügliche Rat des Anwalt nicht falsch gewesen sein. Er zeigte genau in die richtige Richtung. Daher waren nur Freisprüche das Gebot der Stunde. Mittlerweile gibt es die fällige Revision. Gut so!

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Patientenautonomie am Lebensende

Beitrag von ProPflege » 25.05.2009, 10:24

Patientenautonomie am Lebensende:
Zeitschrift „CAREkonkret“ berichtet am 15.05.2009 zum Strafrechtsurteil des Landgericht Fulda vom 30.04.2009 und schreibt u.a.:
„Der Pflegeexperte Werner Schell hält die Verurteilung des Münchner Anwalts für falsch“.
Vollständiger Bericht hier
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... 052009.php
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/

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Patientenverfügung - Grundsatzentscheidung des BGH

Beitrag von Presse » 14.08.2009, 11:33

Presseerklärung der
Medizinrechtlichen Sozietät
Putz & Steldinger
München

14.8.2009

Schon bald Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zur Patientenverfügung

Mit Spannung erwarten alle Fachkreise in Deutschland ein Grundsatzurteil des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zur Patientenverfügung. Wenige Monate nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes zur Patientenverfügung am 1. September 2009 wird der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs voraussichtlich im Januar oder Februar 2010 über die Revision von Rechtsanwalt Wolfgang Putz gegen ein Urteil des Schwurgerichts Fulda zu entscheiden haben. Dieser Fall bietet dem 2. Strafsenat die Gelegenheit, nicht nur bisherige Fragen der strafrechtlichen Erlaubtheit und Grenzen von passiver Sterbehilfe zu klären sondern auch zur gesamten Rechtslage nach dem neuen Patientenverfügungsgesetz Stellung zu nehmen.

Rückblick:

Das Landgericht Fulda hatte am 30. April 2009 den Münchner Medizinrechtler und Lehrbeauftragten für Recht und Ethik der Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Rechtsanwalt Wolfgang Putz, zu neun Monaten Haft auf Bewährung wegen aktiver Sterbehilfe verurteilt.

Die hiergegen eingelegte Revision wurde nun in einer 40seitigen Begründungsschrift von dem Revisionsspezialisten am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Gunter Widmaier begründet. Danach stellte das Handeln von Rechtsanwalt Wolfgang Putz die zwingend gebotene Abwehr des rechtswidrigen Handelns eines Pflegeheimes dar. Dieses Pflegeheim wollte eine nicht mehr indizierte und der Patientenverfügung widersprechende ärztliche Behandlung eigenmächtig wieder aufnehmen und so das friedliche Versterben der Patienten verhindern. Das Landgericht Fulda hat bereits entschieden, dass das Handeln des Pflegeheimes ein rechtswidriger Angriff auf die Heimbewohnerin war, die geplante Wiederaufnahme der Ernährung wäre eine strafbare Körperverletzung gewesen. Rechtsanwalt Putz sei verpflichtet gewesen, diesen strafbaren Angriff der Pflegekräfte abzuwehren, er hätte nur des falsche Mittel gewählt. Man könne nicht die Patientin töten, um sie vor einer Körperverletzung zu bewahren.

Hiergegen richtet sich die Revision, mit der Prof. Dr. Gunter Widemeier schlüssig begründet, dass es absolut korrekt war, zur Abwehr der geplanten rechtswidrigen Körperverletzung die Magensonde zu entfernen. Dies stellte keine Tötungshandlung dar, sondern garantierte nur das Fortbestehen der rechtmäßigen Situation Das Landgericht Fulda hatte klar bestätigt, dass es rechtmäßig und geboten war, die Patientin palliativ begleitet sterben zu lassen.

Zu Erläuterungen am Wochenende steht Rechtsanwalt Wolfgang Putz ggf. für Journalisten unter der Telefonnummer 0172 999 19 49 zur Verfügung.

Bitte beachten Sie auch die Pressemitteilungen zum Fulda-Fall auf unserer Homepage
--------------------------------------------
PUTZ & STELDINGER
Medizinrechtliche Sozietät
Quagliostr. 7
81543 München
Tel: 089/ 65 20 07
Fax: 089/ 65 99 89
http://www.putz-medizinrecht.de/

Cicero
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Registriert: 30.06.2007, 10:11

Landgericht Fulda liegt völlig daneben

Beitrag von Cicero » 09.09.2009, 08:08

Inzwischen habe ich mich mit der Strafsache Putz einmal etwas näher befasst und bin erstaunt, nein entsetzt, was das Landgericht Fulda in seinem Urteil vom 30.04.2009 ausgeführt hat. Das Beenden einer von der Patientin eindeutig nicht mehr gebilligten künstlichen Ernährung wird als Totschlag beschrieben und nicht als das, was es zu sein hat: Gewährleisten der Patientenselbstbestimmung und Beenden eines rechtswidrigen Zustandes.
Ich begrüße es daher sehr, dass hier im Forum schon früh klar Position gegen die Fehlentscheidung des Landgerichts Fulda bezogen worden ist. Das war richtig und mutig! Ich sehe auch die Verbindungen zu dem "alten" Urteil des Landgerichts Ravensburg aus 1986. Dort ging es auch um die Beendigung einer lebenserhaltenden Maßnahme. Im entscheidenden Punkt, Achtung der Patientenautonomie, sind beide Sachverhalte nahezu gleich. Nur ein Unterschied: Das Landgericht Ravensburg hat verfassungsrechtlich korrekt entschieden, das Landgericht Fulda wollte offensichtlich ein außergewöhnliches Handeln nicht hinnehmen und hat eine Verurteilung "hingebogen".
Inzwischen liegt die Revisionsschrift beim Bundesgerichtshof. Dort wird, das darf man vermuten, ein Freispruch heraus kommen, und zwar ohne Einschränkungen!

Cicero
Politisch interessierter Pflegefan!
Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!

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Wachkomapatienten = Anspruch auf würdigen Tod

Beitrag von Presse » 11.09.2009, 06:44

"Auch Wachkoma-Patienten haben das Recht auf einen würdigen Tod"
"vorjurlife"-Expertenforum mit dem prominenten Medizinrechtler Wolfgang Putz


München/Wiesbaden/Dresden (pts/09.09.2009/15:35) - Seit 1. September 2009 ist das Gesetz zur Patientenverfügung in Kraft. Auf dem Bundeskongress "vorjurlife" (mehr Infos: http://www.vorjurlife.de) am 27./28.11. in Darmstadt diskutieren führende Experten über die Auswirkungen, die dieses Gesetz zur Folge hat und erarbeiten Lösungen und Abläufe für alle am Prozess der Patientenverfügung (wie auch anderer Vorsorgeverfügungen) beteiligten Parteien. Zu diesen zählen u. a. Patienten/Angehörige/Betreuer, Ärzte/Kliniken, Juristen/Notare, Krankenkassen/Versicherungen, Altenpflegeheime/Hospizeinrichtungen, Politik und Interessensverbände sowie Kirchen. Im Vorfeld des Kongresses erhalten Experten das Wort, die sich seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt haben und die sich jetzt aktiv mit Lösungsvorschlägen für eine praktikable Umsetzung des Patientenwillens engagieren. Im "vorjurlife"-Expertenforum steht in dieser Woche Wolfgang Putz Rede und Antwort. Putz ist einer der prominentesten Medizinrechtler Deutschlands. Er ist zudem Lehrbeauftragter für Medizinrecht und Medizinethik an der Ludwig-Maximilians Universität in München. Für sein unbeirrtes Eintreten für die Rechte der Patienten musste er sich schon mehrfach der Überprüfung in einem Strafverfahren stellen, erstmals stand er nun sogar im April dieses Jahres selbst vor Gericht, weil er sich für den würdigen Tod der Wachkoma-Patientin Erika K. eingesetzt hatte. Dieser Fall wird Basis einer mit Spannung erwarteten Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zum komplexen Thema Sterbehilfe im Frühjahr 2010 sein. Wolfgang Putz hält am 27.11. auf dem Bundeskongress "vorjurlife" den mit Spannung erwarteten Vortrag "Nichts geht gegen den Willen des Patienten".

Herr Putz, in diesem Jahr sind Sie zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil Sie der Wachkoma-Patientin Erika K. (Fulda) zu ihrem Recht auf einen würdigen Tod verholfen haben. Jetzt ist das Patientenverfügungsgesetz in Kraft. Erwarten Sie jetzt für sich einen Freispruch vor dem Bundesgerichtshof? Fühlen Sie sich im nach hinein in Ihrem Handeln bestätigt?
Ohne jeden Zweifel wird der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Fulda aufheben und mich freisprechen. Das hat allerdings nichts mit dem neuen Patientenverfügungsgesetz zu tun. Dieses Gesetz hat lediglich die schon seit Jahren gefestigte Rechtsprechung sozusagen "in Paragrafen gegossen". So hat der Bundesgerichtshof die einzigartige Möglichkeit, schon ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten des Patientenverfügungsgesetzes die strafrechtliche Seite höchstrichterlich klarzustellen. Natürlich wird der Sieg vor dem Bundesgerichtshof eine späte Anerkennung für mich sein. Doch darauf kommt es nicht an. Es geht darum, dass wir für die Garantie der Patientenrechte in Deutschland, insbesondere für ein humanes selbstbestimmtes Sterben den wichtigsten Meilenstein schlechthin setzen. Auch Wachkoma-Patienten wie im Fall Erika K. in Fulda haben das Recht auf einen würdigen Tod.

Sie zählen zu den erfahrensten Medizinrechtlern, haben bereits mehr als 250 Mal rechtlich durchgesetzt, dass Menschen in Würde sterben können. Macht das Patientenverfügungsgesetz jetzt das Leben für Patienten, Ärzte und Juristen leichter?
Ohne Zweifel wird die Praxis für alle Beteiligten leichter, weil letzte rechtliche Unsicherheiten beseitigt wurden. Was auch ein solches Gesetz und auch das Urteil des Bundesgerichtshofs im Frühjahr nicht beseitigen können, ist der ungute Fanatismus, mit dem manche Beteiligte anderen ihre Wertvorstellungen aufzwingen wollen und - noch schlimmer - andere zum Leben gegen deren Wertvorstellungen zwingen wollen. Die wichtigste Aussage ergibt sich aus dem Grundgesetz, wonach uns die Freiheit der Selbstbestimmung auch davor schützt, zum Opfer der Menschenwürde-Definition anderer zu werden. Es gibt ein Recht auf Leben und ein Recht auf Sterben aber es gibt keine Pflicht zu leben. Was im Einzelfall der Würde und der Moral des Patienten entspricht, entscheidet nach unserer Rechtsordnung immer nur der Patient für sich selbst. Das steht jetzt endlich im Betreuungsrecht. Leider noch immer nicht im Strafrecht, weswegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Fall "Fulda" so wichtig ist. Aber schon jetzt ergibt sich aus der zivilrechtlichen Gesetzeslage, dass nicht strafbar sein kann, was zivilrechtlich geboten ist. Dies und viele andere wichtige Grundsätze für die Praxis des humanen Sterbens in Deutschland erwarten wir uns von der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs im Fuldaer Fall.

Mediziner sind verpflichtet, den Patientenwillen zu respektieren. Wo verläuft hierbei die Grenze zur aktiven Sterbehilfe?
Der Arzt darf keinerlei eingreifende Behandlung, sei es durch Stahl, Strahl oder Chemie, gegen den Willen des Patienten vornehmen. Damit macht er sich strafbar. Handelt er also nach dem Willen des Patienten korrekt und unterlässt diese Behandlung, indem er sie entweder nicht beginnt oder beendet, dann handelt er niemals strafbar. Auch nicht dann, wenn zur Beendigung etwa das Ausschalten eines Beatmungsgerätes oder einer Infusionspumpe erforderlich ist. Denn rechtlich zählt nicht der äußere Tatbestand des aktiven Abschaltens. Geboten ist vielmehr die so genannte "normative Betrachtungsweise", nach der eine eingreifende Weiterbehandlung auch durch aktives Tun beendet werden muss, weil die Fortsetzung der Behandlung gegen den Patientenwillen eine strafbare Körperverletzung wäre. Viele Laien und leider auch die Richter des Landgerichts Fulda sehen nicht, dass ein- und derselbe tatbestandliche Vorgang einmal die legale und gebotene Herbeiführung eines würdigen Sterbens nach dem Patientenwillen und ein andermal ein Tötungsdelikt sein kann. Betrachten Sie einzig und allein die Tatsache, dass ein Mensch die Beatmungsmaschine abschaltet und der Patient stirbt, so führt dies eben rechtlich nicht zu einer Bewertung. Die Bewertung ist erst möglich, wenn Sie wissen, ob es der Chefarzt war, der nach dem Willen des Patienten handelte, oder der Erbschleicher, der mit dem Mord am Erbonkel vorzeitig an die Erbschaft gelangen will.

Sehen Sie Schwachstellen im Gesetz und wenn ja, was müsste noch geändert bzw. ergänzt und/oder präzisiert werden?
Der Bundestag hat die einzigartige Chance perfekt genutzt, eine in Jahrzehnten gewachsene und erprobte Praxis sorgfältig ausformuliert in Gesetzesform zu gießen. Leider wird in den Medien fast ausnahmslos die Neuregelung nur einseitig wiedergegeben. Nach § 1901 a BGB haben nämlich mündliche Wünsche des Patienten zu seiner Behandlung und sogar dessen mutmaßlicher Wille, wie er sich nach sorgfältiger Prüfung aus seinen Wertvorstellungen ergibt, die gleiche Bindungswirkung für den Arzt wie eine schriftliche Patientenverfügung. Nachdem ich seit Jahren mit der bestehenden Rechtslage die Patientenrechte am Ende des Lebens wirksam durchsetzen konnte, kann an einem Gesetz, dass genau diese Rechtslage in Paragrafen gegossen hat, nichts mehr verbessert werden. Letzte Unsicherheiten wird die Rechtsprechung beseitigen, die auf der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Patientenrechten aufbauen und diese auf inzwischen gesetzlicher Basis fortentwickeln wird. Etwas besseres konnte den schwerstkranken Patienten in Deutschland als eine Gruppe mit der schwächsten Lobby gar nicht passieren.

Wie wichtig ist es, dass nicht nur eine Patientenverfügung schriftlich verfasst wird, sondern dass auch ein Bevollmächtigter eingesetzt wird?
Nach der gesetzlichen Neuregelung hat eine Patientenverfügung, die nicht schriftlich verfasst ist, als "Behandlungswünsche des Betreuten" exakt die gleiche rechtliche Wirkung wie eine schriftliche Patientenverfügung. Natürlich sollte man als noch entscheidungsfähiger Mensch für sich selbst möglichst eine schriftliche Patientenverfügung verfassen. Mindestens so wichtig ist aber die Bestimmung eines Vertreters, dem ich anvertraue und zutraue, Lebensende-Entscheidungen für mich zu treffen und diese dann durchzusetzen, wie das Gesetz es gebietet. Dazu ist die Vorsorgevollmacht das geeignete und wirksame Instrument. Damit ist für den Betreuungsfall vorgesorgt und es muss nicht durch das Betreuungsgericht erst ein Verfahren eingeleitet und ein rechtlicher Betreuer bestellt werden. Man sichert so, dass eine Vertrauensperson im Sinne der eigenen Wertvorstellungen ein humanes Sterben durchsetzen kann.

Wie kann einem Patientenwillen, der nur mündlich geäußert wurde, zu seinem Recht verholfen werden?
Der Bevollmächtigte und der Betreuer sind rechtlich in völlig identischer Weise dem Willen, den Vorausverfügungen, den Wünschen zur Betreuung und schließlich dem mutmaßlichen Willen des Patienten verpflichtet. Nach dem Gesetz müssen sie dem sich so ergebenden Patientenwillen Ausdruck und Geltung verschaffen. Sie müssen also gegebenenfalls nicht nur monieren, dass eine Behandlung gegen den Willen des Patienten verstößt. Sie müssen rechtlich durchsetzen, dass diese Behandlung beendet wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Wille des Patienten sich aus einer schriftlichen Patientenverfügung ergibt oder durch Zeugen glaubhaft übermittelt wird. Das war bisher nach der Rechtsprechung so und ist auch nunmehr vom Gesetz ausdrücklich gleichgestellt worden. Wie bisher muss das Betreuungsgericht nicht involviert werden, wenn sich vor Ort der Arzt mit dem Vertreter des Patienten über die Therapiezielfestlegung "Zulassen des palliativ begleiteten Sterben" einig ist. Das ist gut so, denn solange kein Streit geschlichtet werden muss sind Entscheidungen über Leben und Tod im Gerichtssaal nicht besser aufgehoben als in der Klinik!

Was muss aus Ihrer Sicht in einer sinnvollen Patientenverfügung stehen?
In einer Patientenverfügung müssen erst die Situationen dargestellt werden, in denen die Verfügung gelten soll. Sinnvoll ist der Zusatz, dass weitere, nicht ausdrücklich erwähnte Situationen im Sinne der Verfügung gelöst werden müssen. Sodann muss eine Darstellung folgen, welche Behandlungen der Patient verbietet, welche er zulässt. Es muss nicht sehr detailliert jede Behandlung erwähnt werden. Das wird unsinnigerweise immer wieder von Ärzten gefordert. Jedoch liefe der Patient damit nur Gefahr, dass er eine später zur Debatte stehende Behandlung nicht exakt trifft und so seinem grundsätzlichen Anliegen nicht Folge geleistet wird. Möglicherweise wird dies mit der häufigen Fehlberatung intendiert. Man sollte tunlichst qualifizierte Vorlagen der Justizministerien von Bund und Ländern benutzen. Andere Texte enthalten oft, ohne dass es der Verbraucher bemerken wird, tendenziell motivierte Weichenstellungen.

Eine sinnvolle Patientenverfügung hat eine ganz einfache Struktur: "In den Situationen x, y, z, ... verbiete ich alle nur lebensverlängernden Behandlungen nicht jedoch eine palliative Begleitung meines zugelassenen Sterbens." Es können dann sinnvollerweise solche Maßnahmen wie künstliche Ernährung oder künstliche Beatmung als Beispiele genannt werden. Beratung ist sinnvoll, aber vor tendenziösen Beratern, die dies geschickt kaschieren, kann nur gewarnt werden. So erklären zum Beispiel die Berater einer bundesweit agierenden Tendenz-Organisation laut Süddeutscher Zeitung etwa: "Wir erklären den Menschen schon, dass sie verhungern und verdursten müssen, wenn sie die Magensonde verbieten." Dass dies medizinisch schlicht falsch ist, wenn eine palliative Versorgung erfolgt, ist heute medizinisches Standardwissen. Es wird an unserer Münchner Ludwig-Maximilians-Universität gelehrt und abgeprüft! Nachdem nun Palliativmedizin bundeseinheitlich in den Lehrkatalog des Medizinstudiums aufgenommen wurde, wird hoffentlich bald Schluss sein mit solcher infamen Angstmache!

Was geschieht, muss geschehen, wenn ein Arzt es ablehnt, den Patientenwillen auch umzusetzen?
Da der Arzt den Behandlungsvertrag grundsätzlich kündigen kann und sogar kündigen muss, wenn er selbst nicht nach dem Willen des Patienten zu handeln bereit ist, wird man den Arzt wechseln. Man kann den Arzt aber sowohl bei den Strafverfolgungsbehörden als auch bei den Ärztekammern anzeigen, damit das Fehlverhalten straf- und standesrechtlich sanktioniert wird. Eine Behandlung gegen den Patientenwillen ist immer eine strafbare Körperverletzung. Das hat das Landgericht Fulda sehr eindeutig zu Lasten der Pflegekräfte festgestellt. Es besteht kein Zweifel, dass dies der Bundesgerichtshof erneut bestätigen wird. Es ist schließlich die Basis des Medizinrechts.

Kann ein Patient gegenüber seiner Krankenkasse sein Recht auf die Durchführung seines Patientenwillens geltend machen?
Die gesetzlichen Krankenkassen schulden dem gesetzlich versicherten Patienten die korrekte ärztliche Behandlung als Naturalleistung. Tatsächlich hat der Patient gegen die Krankenkasse einen klagbaren Rechtsanspruch auf die Behandlung nach seinem Patientenwillen, also auch auf das Zulassen seines gewünschten palliativ begleiteten Sterbens. Die Krankenkasse muss dafür Sorge tragen, dass entsprechende Ärzte zur Verfügung stehen. Einstweiliger Rechtsschutz gegen angemaßte Behandlung, also gegen verbotene Eigenmacht wird selten effektive Hilfe sein. Aber man muss einen Arzt, der rechtswidrig behandeln will, nicht ins Haus lassen. Man kann jeden Patienten verlegen, etwa aus dem Heim nach Hause, wo eine Sterbebegleitung ein sehr bewegender und unvergesslicher letzter Dienst am geliebten Angehörigen sein kann.

Können Ärzte und Kliniken haftbar gemacht werden, wenn sie gegen den Patientenwillen handeln?
Selbstverständlich! Wir haben bereits ein erstes Verfahren gegen ein Pflegeheim durchgeführt. Gegen den Patientenwillen und gegen die ärztliche Anordnung hatte dieses Pflegeheim den Patienten monatelang in seinem leidvollen Zustand zum Leben gezwungen. Dafür haben wir sowohl Schmerzensgeld als auch die entstandenen Lebenshaltungskosten eingeklagt. Da dieser Fall aber im Jahr 2002 spielte und die Rechtsprechung erst ab 2003 resp. 2005 eine klare Linie angenommen hatte, kam dem Pflegeheim damals noch ein so genannter Verbotsirrtum zugute. Deswegen wurde damals noch niemand bestraft und es kam auch noch nicht zu einer zivilrechtlichen Haftung. Das ist in Zukunft nicht mehr denkbar!

Nennen Sie uns bitte einmal die wichtigsten Gründe, warum alle Bundesbürger, auch junge Menschen, eine Patientenverfügung für sich verfassen sollten.
Die Patientenverfügung in Verbindung mit der Bevollmächtigung eine Vertrauensperson ist kein Allheilmittel aber jedenfalls die sicherste Gewähr, dass am eigenen Lebensende ein humanes Sterben nach den eigenen Wertvorstellungen stattfinden kann. Mit der Patientenverfügung schütze ich mich nicht nur selbst vor ungewollter Behandlung sondern erleichtere die schwierigen Entscheidungen meinen Angehörigen und Ärzten! Die Abfassung der Patientenverfügung und die Erteilung der Vollmacht setzen die Befassung mit der eigenen Endlichkeit, Krankheit, Sterben und Tod in Gang und fördern das Gespräch mit den Angehörigen, insbesondere den Vertrauenspersonen, die man bevollmächtigt. Das ist fast die wichtigste Funktion der privaten Vorsorge.

Gehört ein Organspendeausweis auch zu den immateriellen Vorsorgeregelungen und wenn ja, ist es sinnvoll, Patientenverfügung und Organspendeausweis in einem Dokument zusammenzufassen?
Immer wieder gibt es das Klischee, dass sich Patientenverfügung und Organspende nicht vertragen. Richtig ist, dass so genannte organprotektive Maßnahmen, etwa eine künstliche Beatmung, wie sie vor einer Organentnahme heute Standard sind, zu einer kurzfristigen Verlängerung des Lebens führen können, niemals aber zu einem Leiden oder einem dauerhaften Koma. Der Patient muss den Gesamthirntod gestorben sein, bevor Organe entnommen werden. Dass er nicht leidet, auch nicht etwa während einer kurzen Lebensverlängerung, garantiert die Palliativmedizin. Soll durch Beendigung einer künstlichen Ernährung oder durch Abschalten einer künstlichen Beatmung das palliativ begleitete Sterben eines Patienten zugelassen werden, dann ist eine Organentnahme ohnehin unmöglich bzw. unüblich.

Der Bundeskongress "vorjurlife" behandelt umfassend den gesamten Themenkomplex "immaterielle Lebensvorsorge" mit dem Schwerpunkt Patientenverfügung. Was erhoffen, was erwarten Sie als wichtigste Ergebnisse dieses Kongresses?
Vor dem Hintergrund, dass die sensibel ausgewogene Rechtslage, wie sie in jahrelanger Rechtsprechung gewachsen ist, nunmehr Gesetzeslage geworden ist, erwarte ich das Ende der Emotionen. Letztlich war die sechsjährige Diskussion um das Gesetz gesellschaftspolitisch wichtiger als das Gesetz selbst! Endlich bröckelte das Tabuthema "Sterben und Tod". Es wurde jahrelang heiß diskutiert aber das Gesetz wurde schließlich nicht mit heißer Nadel gestrickt! Der Bundeskongress "vorjurlife" ist der erste große Kongress in Deutschland nach Inkrafttreten des Patientenverfügungsgesetzes, der diesem wichtigen Thema den angemessenen Raum gibt. Alle Referenten werden mit ihrer hervorragenden Qualifikation und sicher mit der gebotenen Sachlichkeit dazu beitragen, dass der Kongress für alle Teilnehmer ein Gewinn wird!

Kontaktdaten: Wolfgang Putz
Rechtsanwalt für Medizinrecht
Lehrbeauftragter an der Ludwig-Maximilians-Universität München
Medizinrechtliche Sozietät Putz&Steldinger in München
Quagliostraße 7, 81543 München
Tel. 089 / 65 20 07 - Fax 089 / 65 99 89
kanzlei@putz-medizinrecht.de
http://www.putz-medizinrecht.de

Pressekontakt "vorjurlife"
Bundeskongress immaterielle Lebensvorsorge
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Rudolf-Vogt-Straße 1
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Fax: 0611 - 26 777 16
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Kontakt zur Messe Frankfurt Ausstellungen GmbH
Veranstalter von "vorjurlife"
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Barbara Kaelberer
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Quelle: Pressetext Deutschland, 10.9.2009

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Die Sachlage durch das neue ´Patientenverfügungsgesetz`

Beitrag von Presse » 13.09.2009, 06:51

Die Sachlage durch das neue „Patientenverfügungsgesetz“

Im Rahmen des dritten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes wurden in den §§ 1901a ff BGB die Kompetenzen des Betreuers bzw. Bevollmächtigten, des Arztes und die Rolle des Betreuungsgerichtes festgelegt. Insbesondere gewinnt die Stellung des legitimierten Patientenvertreters (Betreuers bzw. Bevollmächtigten) starke Bedeutung. Das Betreuungsgericht (bisher: Vormundschaftsgericht) ist nur in Konfliktfällen über die Auslegung des Patientenwillens bzw. der Patientenverfügung (PV) anzurufen. Existiert keine PV oder sind deren Festlegungen nicht der aktuellen Situation zurechenbar, erfolgt eine Entscheidung aufgrund des „mutmaßlichen Willens“ des einwilligungsunfähigen Patienten. Der mutmaßliche Willens wird möglichst unter Einbeziehung von Angehörigen und sonstigen Nahestehenden ermittelt, ggf. ist die Mitwirkung bzw. Genehmigung des Betreuungsgerichtes erforderlich.

Rechtsanwalt Dr. Meyer-Götz prophezeit „heikle Probleme“ in der Praxis
Bundeskongress Vorjurlife (27. und 28.11. in Darmstadt) will Lösungen erarbeiten
"... In Zukunft werden die Rechtsfragen der 'aufgedrängten Behandlung' mit der Verweigerung der Honorierung die Gerichte beschäftigen. ... Hier wird viel Arbeit auf Anwälte und Gerichte zukommen", so Dr. Heinrich Meyer-Götz, Vorstand der Dresdner Stiftung VorsorgeDatenbank.

Auch die Bewertung eines "formlos möglichen Widerrufes einer Patientenverfügung" wird der richterlichen Auslegung bedürfen. Das Gesetz wirft viele Fragen auf, die in der Praxis beantwortet werden müssen. Um die Chancen der neuen gesetzlichen Regelung für alle Beteiligten optimal zu nutzen, ist verstärkte Aufklärungs- und Beratungsarbeit zu leisten.

Die adäquate Umsetzung eines dokumentierten oder gar nur vermuteten Patientenwillens stellt Ärzte, Juristen, Angehörige, Institutionen etc. häufig jedoch vor heikle Probleme. Diese lösen Ängste und Unsicherheiten aus. Die fehlende Fokussierung allen Handelns im Gesundheitsbereich auf den Patientenwillen belastet das Gesundheitssystem und die öffentlichen Haushalte zudem mit vermeidbaren Kosten in Milliardenhöhe.

Um hier Klarheit zu schaffen haben die Messe Frankfurt Ausstellungen GmbH, Wiesbaden, eine Tochtergesellschaft der Messe Frankfurt, gemeinsam mit der Stiftung VorsorgeDatenbank, Dresden, dem Kommunikationsdienstleister PANAMEDIA, Wiesbaden und der Deutschen Diabetes-Stiftung, München beschlossen, einen Kongress mit dem Namen VORJURLIFE (Abkürzung für Vorsorge/Juristik/Life, mehr Infos auf http://www.vorjurlife.de) zum Thema "immaterielle Lebensvorsorge" zu veranstalten. Der Kongress findet erstmals am 27. + 28. November 2009 im Wissenschafts- und Kongresszentrum Darmstadtium, Darmstadt statt.

Der Bundeskongress ist eine einmalige Gelegenheit für Juristen, fachübergreifend mit Ärzten/Kliniksmanagement, Verbänden, Versicherungen, Krankenkassen, dem DRK, Hospizstiftungen u.v.m. offen über diese Fragen nachzudenken und praxistaugliche Lösungen zu erarbeiten.

Erste renommierte Referenten für "vorjurlife" stehen bereits fest:

Dr. Meo-Micaela Hahne, Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof, XII, Zivilsenat, zuständig für Entscheidungen zum Familen- und Betreuungsrecht.
Dr. Michael de Ridder, Chefarzt der Rettungsstelle des Vivantes Klinikums am Urban, Berlin, der u.a. mit dem Flechtheim-Preis des Humanistischen Verbandes Deutschlands, Landesverband Berlin (HVD Berlin) und der Humanismus Stiftung ausgezeichnet wurde.
Wolfgang Putz, Rechtsanwalt in München mit ausschließlicher Tätigkeit im Medizinrecht mit den Schwerpunkten Arzthaftungs- und Patientenrecht am Ende des Lebens, Lehrbeauftragter an der Ludwig-Maximilians-Universität München für Medizinrecht und Medizinethik. Berater von Krankenhäusern, Krankenversicherungen, medizinischen Fachredaktionen sowie des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz.
Prof. Dr. Giovanni Maio, seit April 2006 Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin in Freiburg. Seit 2006 Mitglied der Ethikkommission der Landesärztekammer. Seit 2007 berufenes Mitglied des Ausschusses für ethische und medizinisch-juristische Grundsatzfragen der Bundesärztekammer.
Prof. Dr. Christian Rumpf, Rechtsanwalt in Stuttgart für türkisches Wirtschaftsrecht, Schiedsgerichtsbarkeit, deutsches und internationales öffentliches Recht (Deutsch, Englisch, Türkisch, Französisch)
Ein zusätzlicher Höhepunkt des Kongresses "vorjurlife" ist die Verleihung des MedienPREISES "Gesundheit durch Vorsorge" am 28.11., den die Deutsche Diabetes-Stiftung gemeinsam mit der ddp Nachrichtenagentur verleihen wird.“

Dauerkarte: 345 Euro, Tageskarte: 280 Euro

Mehr Infos und Kontaktdaten siehe Quelle:
http://www.vorjurlife.de

Gebühren und Leistungen
Öffentliche Debatte um Qualität von PV und Beratung
In der öffentlichen Debatte zeichnet sich ein anderer Trend ab: Nicht die juristische Auseinandersetzung im Nachhinein, sondern die Qualität der Patientenverfügungsberatung steht hier im Vordergrund – auch um die Einschaltung von Rechtsanwälten und Gerichten zu vermeiden. Doch ist das Thema Gebühren auch im nicht-juristischen Bereich auf einmal auf der Agenda – seitdem die niedergelassenen Ärzte die Summe von ca. 235 Euro für eine qualifizierte PV ins Spiel gebracht haben.

Hinzu kämen wohlmögliche Verwahrungsgebühren. Doch wer den Umgang mit PV als Praxisprozess begreift, der von Beratung über laufende Anpassung bis zur klinischen Umsetzung reicht, dürfte den Sinn einer zentralen Hinterlegungsstelle oder Vorsorge-Datenbank skeptisch sehen.

Aktuelle Medienbeiträge zu Qualität und Gebühren bei Patientenverfügungen (Beratung, Formulierungshilfe und Abfassung):

http://www.patientenverfuegung.de/view/aktuelles

Quelle: Mitteilung patientenverfuegung.de vom 12.9.2009

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Lebensunwertes Leben.

Beitrag von Lupo01 » 03.10.2009, 14:35

Wann beginnt es? Wer entscheidet? Die §§ ?
Ich dachte immer der Arzt schwört den Eid des Aesculap?
Doch manche scheinen hier in andere Dimensionen entglitten zu sein.
Respekt vor dem Leben ist das nicht mehr.
Eine traurige Hinterlassenschaft in diesem Lande.
L01
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Kein Zwang zu leben gegen die Patientenautonomie

Beitrag von Sabrina Merck » 24.11.2009, 09:07

Der Patient ist immer "Herr des Verfahrens". Nach seinem Willen (geäußert oder mutmaßlich ermittelt) haben sich alle medizinischen und pflegerischen Maßnahmen auszurichten. Wenn ein Patient keine lebenserhaltenden Maßnahmen (mehr) will, muss dieser Wille geachtet werden. Es gibt keinen Zwang zu leben gegen die Patientenautonomie!
Ärzte sind nur Dienstleister und dürfen nicht mehr, als ihnen die Patienten erlauben. Das ist Verfassungslage und kann nicht ernsthaft bestritten werden.

Sabrina
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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Strafrechtliches Grundsatzurteil zu erwarten

Beitrag von Presse » 04.01.2010, 08:15

Wir wünschen Ihnen, liebe Abonnenten unseres pv-newsletter, ein gutes und humanes Neues Jahr 2010!

Wir hoffen, dass Sie uns „treu“ und wir unserer selbstgewählten Aufgabe gerecht bleiben, Sie nicht einseitig, aber auch nicht völlig unparteiisch auf dem Laufenden zu halten. Unser Rück- und Ausblick gilt dem Umgang mit Patientenverfügungen seit dem Inkrafttreten der diesbezüglichen Regelung am 1. 9. 2009.

Wir verfolgen die erhofften Tendenzen zur humaneren Gestaltung des Lebensendes (auch, aber keineswegs nur im Rahmen von Hospiz- und Palliativversorgung)

durch einen verbesserten Kommunikationsprozess miteinander
durch Dokumentation des verbindlichen Patientenwillens
durch die Begründung ärztlicher Indikation
durch strafrechtliche Klärung von Sterbehilfeformen
Sind bereits neue Entwicklungen zu beobachten? Welche Erkenntnisse liegen aus der juristischen Praxis und der Notfallmedizin vor? Diesen Fragen ging eine Fortbildungsveranstaltung des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) im November 09 nach. Der Titel lautete:

„Patientenwille im Spannungsfeld: Zwischen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung“.

Sie richtete sich hauptsächlich an Pflegekräfte und stieß auf enormes Interesse bei außergewöhnlich hoher Teilnehmerinnenzahl. Wie die Veranstaltung zeigte, ist die strafrechtliche Perspektive - bei aller Übereinstimmung in Grundfragen – mit der medizinethischen zumindest nicht deckungsgleich.

Die sehr lebendige Diskussion anhand von Fallbeispielen sowie die beiden Vorträge von RA Rehmsmeier und Dr. med. de Ridder können wir Ihnen jetzt hier als Videomitschnitt zur Verfügung stellen. Wir danken Frank Spade (Mitarbeiter der Bundeszentralstelle PV des HVD) für die Mitschnitte und die aufwändige Bearbeitung.

http://www.patientenverfuegung.de/fachv ... ntenwillen

Ausblicke 2010 – Fachwelt erwartet Grundsatzurteil
Im Frühjahr 2010 soll es eine entsprechende Fortbildungsveranstaltung mit RA Rehmsmeier geben, die sich vorwiegend an Ärzte, Klinikmanager u. ä. richtet. Fragen des konkreten Prozesses zur Ermittlung und Befolgung des Patientenwillens werden ebenso behandelt wie Fragen der Haftung und des immer noch nicht eindeutig geklärten Sterbehilfe-Strafrechts.

Strafrechtliches Grundsatzurteil zu erwarten
Mit Spannung zu erwarten ist in Deutschland ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Wenige Monate nach Inkrafttreten des neuen „Gesetzes zur Patientenverfügung“ am 1. September 2009 wird der 2. Strafsenat des BGH voraussichtlich im Februar 2010 über die Revision von Rechtsanwalt Wolfgang Putz gegen ein Urteil des Schwurgerichts Fulda zu entscheiden haben. Dieser Fall bietet laut Putz dem 2. Strafsenat die Gelegenheit, „nicht nur bisherige Fragen der strafrechtlichen Erlaubtheit und Grenzen von passiver Sterbehilfe zu klären, sondern auch zur gesamten Rechtslage nach dem neuen Patientenverfügungsgesetz Stellung zu nehmen.

Rückblick: Das Landgericht Fulda hatte am 30. April 2009 den Münchner Medizinrechtler und Lehrbeauftragter für Recht und Ethik der Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München Rechtsanwalt Wolfgang Putz zu neun Monaten Haft auf Bewährung wegen aktiver Sterbehilfe verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision wurde nun in einer 40seitigen Begründungsschrift von dem Revisionsspezialisten am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Gunter Widmaier begründet. Danach stellte das Handeln von Rechtsanwalt Wolfgang Putz die zwingend gebotene Abwehr des rechtswidrigen Handelns eines Pflegeheimes dar. Dieses Pflegeheim wollte eine nicht mehr indizierte und der Patientenverfügung widersprechende ärztliche Behandlung eigenmächtig wieder aufnehmen und so das friedliche Versterben der Patienten verhindern...“

Mehr siehe Quelle:
http://www.putz-medizinrecht.de/start.p ... ungen.html

Quelle: Mitteilung vom 03.01.2010
Humanistischer Verband Deutschlands
Bundeszentralstelle Patientenverfügung
10179 Berlin, Wallstraße 65

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Strafrechtssache Putz - Mündliche Verhandlung 02.06.2010

Beitrag von WernerSchell » 28.02.2010, 07:54

Strafrechtssache Putz - Mündliche Verhandlung 02.06.2010

Die öffentliche Verhandlung in der Strafrechtssache Putz, die auf Antrag des Generalbundesanwalts stattfindet, ist vom 2. Strafsenat beim BGH auf den 02.06.2010 terminiert worden.
Ich gehe von einer Aufhebung des Fehlurteils des Landgerichts Fulda vom 30.04.2010 aus.

Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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