Presseschau zum BGH-Urteil vom 25.06.2010:
Prozess um Sterbehilfe: Freispruch für Rechtsanwalt
Karlsruhe (dpa). Mit einem Grundsatzurteil zur Sterbehilfe hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Selbstbestimmungsrecht von Patienten gestärkt. Ärzte dürfen demnach auch dann lebensverlängernde Maßnahmen abbrechen, wenn der unmittelbare Sterbevorgang noch nicht begonnen hat. Nach dem am Freitag verkündeten Urteil kommt es nicht darauf an, ob der Abbruch durch aktive Handlungen erfolgt, also beispielsweise das Entfernen eines Ernährungsschlauchs. Auch bei bewusstlosen Patienten sei allein deren mutmaßlicher Wille entscheidend. Der BGH sprach damit einen auf Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalt frei. Er hatte seiner Mandantin geraten, den Ernährungsschlauch durchzuschneiden, über den ihre seit Jahren im Wachkoma liegende Mutter versorgt wurde. Die Patientin hatte, bevor sie ins Koma fiel, den Wunsch geäußert, nicht künstlich ernährt zu werden. Das Pflegeheim in Bad Hersfeld, in dem die Frau lebte, lehnte es jedoch ab, die Ernährung zu beenden.
Das Gericht entsprach damit den Anträgen von Verteidigung und Bundesanwaltschaft, die beide Freispruch gefordert hatten. Das Landgericht Fulda hatte den Anwalt wegen versuchten Totschlags zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt. Der inzwischen verstorbenen Patientin war nach der Tat ein neuer Schlauch gelegt worden, so dass sie zunächst überlebte.
Mehr zum Thema in den PRint-Ausgaben von CAREkonkret
Quelle: Mitteilung vom 25.9.2010
Vincentz Network, Hannover,
http://www.vincentz.net
Stellungnahme der EKD zum BGH-Urteil zur Sterbehilfe/ Stärkung des Patientenwillens und größere Rechtssicherheit für Ärzte und Angehörige
Hannover (ots) - Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßt, dass durch das heutige Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) das Recht des Patienten auf die Umsetzung seines Willens gestärkt wird. Zugleich trägt diese Entscheidung zu einer größeren Rechtssicherheit bei Ärzten, Pflegepersonal und Angehörigen bei.
Der Abbruch lebenserhaltender Behandlung ist künftig nicht mehr strafbar, wenn ein Patient dies in einer Patientenverfügung festgelegt hat. Dabei ist zwar das Unterbrechen der künstlichen Ernährung (im vorliegenden Fall das Durchschneiden des Schlauches) - rein äußerlich betrachtet - ein aktives Tun. Es beendet aber eine Behandlung gegen den Patientenwillen und stellt dadurch einen Zustand her, der dem "natürlichen" Sterben eines Menschen entspricht. Der BGH hat klargestellt, dass dies keine aktive Tötungshandlung darstellt, sondern eine zulässige Hilfe zum Sterbenlassen, da der Patient letztlich nicht an der fehlenden Ernährung, sondern an seiner Krankheit stirbt, zu der in der Endphase die Unmöglichkeit der natürlichen Nahrungsaufnahme gehört.
Nach Auffassung der christlichen Ethik gibt es keine Verpflichtung des Menschen zur Lebensverlängerung um jeden Preis und auch kein ethisches Gebot, die therapeutischen Möglichkeiten der Medizin bis zum Letzten auszuschöpfen. Einen Menschen sterben lassen ist bei vorher verfügtem Patientenwillen nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten. Zur Endlichkeit des Lebens gehört auch, dass man das Herannahen des Todes zulässt, wenn seine Zeit gekommen ist.
Demgegenüber ist und bleibt die gezielte Tötung eines Menschen in der letzten Lebensphase aus christlicher Sicht ethisch nicht vertretbar, auch wenn sie auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin erfolgt. Gesetzliche Regelungen und gesellschaftliche Konventionen, die der Tötung auf Verlangen oder der Beihilfe zur Selbsttötung den Weg ebnen, sind ein Irrweg, den die christlichen Kirchen entschieden ablehnen. Sie werden sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass an den bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Tötung auf Verlangen festgehalten wird und keine Lockerung erfolgt.
Quelle: Pressemitteilung vom 25. Juni 2010
Pressestelle der EKD
Silke Römhild
Pressekontakt:
Evangelische Kirche in DeutschlandReinhard MawickHerrenhäuser Strasse 12
D-30419 HannoverTelefon: 0511 - 2796 - 269E-Mail:
reinhard.mawick@ekd.de
Kauch: Sterbehilfe-Urteil stärkt Selbstbestimmungsrecht von Patienten
BERLIN. Zum Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Sachen Sterbehilfe erklärt der Berichterstatter der FDP-Bundestagsfraktion für Palliativmedizin, MICHAEL KAUCH:
Das Urteil des BGH stärkt in erfreulicher Klarheit das Selbstbestimmungsrecht sterbender Patienten. Denn es sichert die Durchsetzung einer Patientenverfügung rechtlich erneut ab - auch dann, wenn sich das Behandlungsteam wie im vorliegenden Fall nicht an den
Willen der Patientin halten will.
Der Deutsche Bundestag hatte im vergangenen Jahr nach jahrelanger Diskussion in freier Abstimmung das Gesetz über Patientenverfügungen
verabschiedet. Damals hatten die Liberalen nahezu geschlossen für das Gesetz gestimmt.
Quelle: Pressemitteilung vom 25.06.2010
Marc Jungnickel
Pressesprecher und
Leiter der Pressestelle
der FDP-Bundestagsfraktion
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Freispruch kein Freibrief für eigenmächtiges Handel
MB-Vorsitzender Henke zum sogenannten Sterbehilfe-Urteil des BGH
Berlin - Der Marburger Bund warnt davor, das heutige Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen als Aufruf zu eigenmächtigem Handeln Angehöriger in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen misszuverstehen. „Der Freispruch für den Rechtsanwalt ist kein Freibrief für eigenmächtiges Vorgehen bei der Entscheidung über die Fortsetzung von lebenserhaltenden Maßnahmen“, sagte der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke. Das Gericht habe lediglich die geltende Rechtslage klargestellt, nach der es einzig und allein auf den Willen des Patienten ankommt, ob ärztliche Maßnahmen beendet werden können. Gebe es keine schriftliche Patientenverfügung, seien die Behandlungswünsche oder der mutmaßliche Wille des Patienten anhand konkreter Anhaltspunkte, etwa früherer mündlicher Äußerungen, zu ermitteln. Diese seit Jahren entwickelte Praxis sei 2009 im Patientenverfügungsgesetz konkretisiert worden.
„Aus dem Zustand des Wachkomas darf nicht abgeleitet werden, dass solche Menschen per se nicht mehr leben wollen. Es gibt Berichte über positive Reaktionen etwa auf Musik oder zarte Berührung, die auf eine eigene Erlebensfähigkeit hindeuten. Wachkoma-Patienten sind keine Sterbenden, ihr Leben ist nicht sinn- oder wertlos. Sie haben ein Recht auf bestmögliche Pflege und Physiotherapie. Ehe lebenserhaltende Maßnahmen beendet werden, muss auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften festgestellt werden, welche Handlungsweise dem Willen des Patienten entspricht“, so Henke. "Die Tötung von Menschen bleibt weiterhin verboten".
Quelle: Marburger Bund - Bundesverband
Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.
Pressemitteilung Nr. 68 vom 25. Juni 2010
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Hans-Jörg Freese, Pressesprecher,
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Bundesgerichtshof stärkt Patientenrechte
Ministerin und Kirche loben Sterbehilfe-Urteil
zuletzt aktualisiert: 25.06.2010 - 13:16
Karlsruhe (RPO). In einem Grundsatzurteil zur Sterbehilfe hat der Bundesgerichtshof einen Rechtsanwalt vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Der Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung auf der Grundlage eines Patientenwillens ist damit nicht mehr strafbar. Die Evangelische Kirche und Bundesjustizministerium lobten das Urteil. Im Gerichtssaal gab es Beifall.
.... (mehr)
http://www.rp-online.de/politik/deutsch ... 73759.html
Erklärter Patientenwille ist entscheidend
„Der Bundesgerichtshof ändert seine Rechtsprechung in Sachen Sterbehilfe. Das Durchtrennen eines Schlauchs für die künstliche Ernährung wird nicht mehr bestraft. Entscheidend für den Behandlungsabbruch sind die Wünsche des Erkrankten …“
Quelle:
http://www.ftd.de/politik/deutschland/: ... 34186.html
„... Das Urteil geht weit über den Einzelfall hinaus. Die Besucher im Bundesgerichtshof in Karlsruhe applaudierten nach der Urteilsverkündung. Erstmals gaben die Bundesrichter die Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe auf, sondern sprachen vom Behandlungsabbruch.
Die Vorsitzende Ruth Rissing-van-Saan sagte dazu, die Unterscheidung sei juristisch ungenau. Es hänge oft von Zufällen ab, ob eine lebensverlängernde Behandlung unterlassen oder später aktiv beendet werde. Der übergeordnete Begriff sei der Behandlungsabbruch. … "
Quelle:
http://www.tt.com-anwalt-wurde-freigesprochen
Grundsatzurteil aus Karlsruhe - BGH stärkt Recht auf menschenwürdiges Sterben
„Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die juristische Handhabe für die passive Sterbehilfe erleichtert. Der Abbruch lebenserhaltender Behandlungen ist künftig nicht mehr strafbar, wenn ein Patient dies in einer Verfügung festgelegt hat. Das entschied der 2. Strafsenat in Karlruhe in einem Grundsatzurteil.
Das Gericht sprach damit einen Rechtsanwalt vom Vorwurf des gemeinschaftlichen versuchten Totschlags frei...."
Quelle:
http://www.tagesschau.de
Verbände bewerten humanes Sterben gegensätzlich
Die Deutsche Hospiz-Stiftung meldet Bedenken an und appelliert an die Politik, das Patientenverfügungsgesetz (worauf sich das BGH-Urteil von heute maßgeblich stützt), zu ändern. Dies wurde bereits von dem FDP-Politiker Michael Kauch entschieden zurückgewiesen.
Der Humanistische Verband Deutschland hingegen begrüßt das Urteil und sieht darin eine Fortschreibung der geltenden Rechtsprechung. Statt von missverständlicher "aktiver" Sterbehilfe sollte in Zukunft nur noch von Tögung auf Verlangen (§ 216 StGB) oder Tötung aus Mitleid gesprochen werden, wenn ein Strafdelikt gemeint ist.
Hintergründe und Zitate zum Streit zwischen den beiden Positionen hier:
http://www.patientenverfuegung.de/humanes-sterben
Quelle: Mitteilung vom 25.06.2010 -
http://www.patientenverfuegung.de
Bundesgerichtshof stärkt Patientenwillen am Ende des Lebens
Im Prozess um angebliche Sterbehilfe hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag den Münchner Medizinrechtler Wolfgang Putz freigesprochen. Mit ihrem Grundsatzurteil unterstrichen die Karlsruher Richter die Verbindlichkeit einer auch nur mündlichen Patientenverfügung und stärkten Angehörige und Betreuer in ihrem Einsatz für ein menschenwürdiges Sterben. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=609 ... tung&n=253
Freispruch im Sterbehilfe-Prozess
Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) hob heute die Verurteilung eines Fachanwalts für Medizinrecht auf und sprach ihn frei. Zur Vorgeschichte: Entsprechend einem von Frau K. im September 2002 geäußerten Wunsch bemühten sich die beiden Kinder der Patientin um die Einstellung der künstlichen Ernährung, um ihrer Mutter ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Nach Auseinandersetzungen mit der Heimleitung kam es Ende 2007 nach Angaben des BGH zu einem Kompromiss, wonach das Heimpersonal sich nur [mehr]
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/lette ... m&id=36156