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Verschärfung der sozialen Frage aus: K. Dörner, a.a.O. S. 27

Das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts bringt einschneidende quantitative und qualitative Verschärfungen der sozialen Fragestellung. Wieder müssen wir den Landschaftswandel von mehreren Seiten beleuchten.

Zunächst zum Proletariat: Es hatte während der ersten Phasen der Industrialisierung eine Art Zwischenstellung zwischen der bürgerlichen Gesellschaft und den industriell unbrauchbaren, den nur-noch-sozialen Menschengruppen. Da man das Proletariat zumindest nicht vollständig der einen oder anderen Seite zuordnen konnte, wirkte es ungewollt auch als Bindemittel zwischen beiden Welten, hemmte Tendenzen der völligen Ausgrenzung der Unbrauchbaren. Das änderte sich jedoch mit dem Fortschreiten der Industrialisierung. Je mehr auch qualifizierte Facharbeiter benötigt wurden, je mehr das Proletariat durch Bildung von Gewerkschaften und Parteien sich als Arbeiterklasse organisierte und sich gegenüber den Untemehmem zu einem eigenen politischen Machtfaktor emanzipierte, wurde es allmählich ein wenn auch antagonistischer Bestandteil der bürgerlichen Gesellschaft. Dies wird besonders deutlich durch die Aufnahme in die Solidargemeinschaft der Bismarck'schen Sozialgesetzgebung, wurde gefördert durch den zunehmenden Nationalismus in der weltwirtschaftlichen Phase des Imperialismus und fand einen symbolischen Höhepunkt zu Beginn des Ersten Weltkriegs in dem Ausruf Kaiser Wilhelms: "Ich kenne keine Parteien mehr". Dieser Prozeß, durch den das Proletariat sich vom verdinglichten Ausbeutungsobjekt zur selbstbewußten Arbeiterklasse befreite, hatte aber zur wohl unvermeidfichen Voraussetzung die möglichst scharfe Abgrenzung und Distanzierung von den industriell Unbrauchbaren, den Menschen, nach denen nur die Soziale Frage gestellt werden konnte. Als Kampfmittel sowohl der Gewerkschaften als auch der Arbeiterparteien entstand das böse und höchst folgenschwere Wort vom "Lumpenproletariat", mit dem man zum Zwecke einer klassenbewußten Arbeiterpolitik, später Arbeitnehmerpolitik, nichts zu tun haben durfte und daher auch wollte.

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