www.wernerschell.de
Pflege - Patientenrecht
& Gesundheitswesen

www.wernerschell.de

Aktuelles

Forum (Beiträge ab 2021)
Archiviertes Forum

Rechtsalmanach

Pflege

Patientenrecht
Sozialmedizin - Telemedizin
Publikationen
Links
Datenschutz
Impressum

Pro Pflege-Selbsthilfenetzwerk

>> Aktivitäten im Überblick! <<

Besuchen Sie uns auf Facebook

Unterrichtsreihe zum Thema "Sterbehilfe"


Das "Gemeinschaftsfremdengesetz" - Vorschlag für eine Detailstudie

Ziel des Gesetzes: Optimierte Zusammenfassung aller Eingriffsmöglichkeiten gegen sozial abweichendes Verhalten im Vorfeld der Euthanasie. "Wer sich "nach Persönlichkeit und Lebensführung, insbesondere wegen außergewöhnlicher Mängel des Verstandes oder des Charakters außerstande zeigt, aus eigener Kraft den Mindestanforderungen der Volksgemeinschaft zu genügen", sollte als Gemeinschaftsfremder polizeilich überwacht, sterilisiert, in Lagerhaft genommen und gegebenenfalls mit dem Tode bestraft werden können. Endziel war der jeder Form von Devianz entledigte "Volkskörper"".

N. Frei, Der Führerstaat, München 1989, S. 148

Unter Federführung der SS (Reichskriminalpolizeiamt) fanden seit 1940 Überlegungen statt, die in den zurückliegenden Jahren stark erweiterten polizeilichen und rechtlichen Möglichkeiten des Vorgehens gegen sozial unerwünschte und als "volksschädigend" angesehene Personen(-gruppen) in einem "Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder" zusammenzufassen und zu systematisieren. Kompetenzstreitigkeiten, vor allem aber die dann notwendig werdenden umfangreichen Anpassungsänderungen des Reichsstrafgesetzbuchs und der strafverfahrensrechtlichen Vorschriften, verzögerten das Gesetzesvorhaben. Im Frühjahr 1944 waren sich die beteiligten Instanzen über den Wortlaut des Gesetzes einig (es sollte unterzeichnet werden vom "Führer", vom Vorsitzenden des Ministerrats für die Reichsverteidi-gung , von den Reichsministern für Justiz, Inneres, Arbeit, Finanzen, vom Chef des OKW, vom Chef der Reichskanzlei und vom Leiter der Partei-Kanzlei). Für Anfang August 1944 war bereits ein einwöchiger Fortbildungslehrgang zu den Neuregelungen vorgesehen; der Münchner Rechtsprofessor Mezger, der das Justizministerium per Postkarte (siehe unten) über seine Verbrecher-Klassifikation unterrichtete, sollte den zweistündigen Einführungsvortrag halten über "Das Gemeinschaftsfremdengesetz im Lichte der Kriminalbiologie".

Die Kriegsentwicklung - der Sommer 1944 sah den 20. Juli und den Höhepunkt des alliierten Bombenkrieges - verhinderte dann aber die Verabschiedung des Gesetzes. Gleichwohl bildete die nachstehende Gesetzesbegründung, in ihrer letzten Fassung in der Gefängnisdrucke-rei Tegel gedruckt, eine sprachlich wie inhaltlich aussagekräftige Zusammenfassung der herrschenden Lehre.

Zitiert nach: Bundesarchiv Koblenz, R 22/944, Bl. 228f.


Dr. Edmund Mezger                                        München, 25.3.44
Professor der Rechte an der Universität                  Kaulbachstr. 89

Postkarte

Herrn Ministerialdirigent Grau
Reichsjustizministerium
(1) Berlin
Wilhelmstrasse 65

Sehr verehrter Herr Ministerialdirigent!

Ich habe mich nun in der von uns erörterten Frage der Einteilung der 
Verbrecher eindeutig für folgenden Aufbau entschieden:

I.	Situationsverbrecher
1.	Konflikts	"
2.	Entwicklungs	"
3.	Gelegenheits	"

II. Charakterverbrecher	
4. Neigungs	"
5. Hang	        "
6. Zustands	"

Mit verbindlichen Grüßen
Heil Hitler!
Ihr erg.
Dr. Mezger

zit. nach Frei, a.a.O., S.203

Nächste Seite: Das "Gemeinschaftsfremdengesetz" - Gesetzesbegründung